Читать книгу Vampire & Monsters - Fritz Dominik Buri - Страница 6
Schlafen im Hotel
ОглавлениеIch erschrak, denn ich hatte Markus nicht kommen sehen. Der Mann erwiderte sein Hallo mit einem jugoslawischen Akzent, was kann ich für Sie tun, fuhr er fort, während sein Blick nun auf Markus ruhte.
Seine Stimme klang angenehm dunkel und warm zugleich.
«Wir hätten gerne ein Doppel und ein Einzelzimmer. Haben Sie das»?
Der Mann nickte und lächelte. «Ja mein Herr, wir haben für Sie und ihre Begleiter ein Doppel und ein Einzelzimmer». Dabei machte er eine Andeutung mit der rechten Hand, die nach oben in den ersten Stock zeigte.
Inzwischen war auch Rebi am Empfang angekommen. Frag ihn erst was so ein Zimmer kostet, wandte sie sich an Markus, sah dann mich, dann wieder Markus an und schliesslich den alten Mann hinter dem Empfangskorpus, dessen Blick nun vom einen zum anderen von uns dreien hin und her wanderte.
«Ein Einzelzimmer samt Frühstück, 45 Euro und ein Doppelzimmer samt Frühstück, 95 Euro», erwiderte der alte Mann und wartete dann unsere Reaktion ab.
Hatte ich ihn richtig verstanden, fragte ich mich und sah dabei meine beiden Begleiter Rebi und Markus an, die wie ich im ersten Moment nichts sagten. Ihren Gesichtern war anzusehen, dass sie sich wohl, wie ich auch fragten, ob sie den alten Mann richtig verstanden hatten?
In der Schweiz kannst du nicht für 45 Euro in einem Hotel von dieser Art übernachten und dazu bekommst du noch das Frühstück inklusive?
Gut abgemacht, Markus und ich würden das Doppelzimmer nehmen und Rebi das Einzelzimmer. Wir checkten ein und der alte Mann am Empfang überreichte uns die Zimmerschlüssel. Dabei erklärte er uns, dass sich unsere Zimmer im zweiten Stock links vom Lift oder der Treppe befinden würden. Wir gingen zurück zum Wagen um unser Gepäck zu holen.
Die Zimmerschlüssel passten zum Ganzen, es waren grosse schwere Eisenschlüssel mit ebenso grossen goldenen Messingtafeln auf denen in alter Schrift die Zahlen eingearbeitet waren. Markus hatte den Zimmerschlüssel, wir hatten das Zimmer 14 und Rebi das Zimmer 8.
Hey das ist ja cool, lachte Rebi, als wir wieder draussen waren und uns eine Zigarette angesteckt hatten. Die Zimmerpreise sind ja geschenkt und habt ihr gesehen wie cool das ganze Hotel ist? Sogar der alte Mann ist angezogen wie aus einem alten Film.
Wir lachten und nickten, ihre Beobachtungen waren richtig und der alte Mann sah wirklich aus wie aus einem alten schwarz-weiss Film.
Wie sind wohl die Zimmer wollte Rebi wissen und dabei konnte ich ihrem Gesichtsausdruck entnehmen, dass sie bereits sehr gespannt war, was uns erwarten würde. Waren die Zimmer ebenfalls mit alten schweren Möbeln ausgestattet, vielleicht sogar noch mit Kamin und Öllampen, wäre möglich und würde zum Gesamtbild passen. Wir würden es bald wissen!
Wir luden unser Gepäck aus und bezogen unsere Zimmer. Die Zimmer waren, wie der Eingangsbereich, aus der Zeit der Belle Epoche eingerichtet. Schwere Möbel und angenehme Ohrensessel, samt Sofa, waren zu einer Sitzgruppe formiert und vor dem Kamin aufgestellt worden.
Wow, einen eigenen Kamin im Zimmer, das war einfach zu abgefahren um wahr zu sein. Der Kamin brannte natürlich nicht, doch Holz lag dafür ein einem extra dafür vorgesehenen Eisenkorb bereit. Vielleicht würden Markus und ich noch dem Kamin anmachen, vielleicht auch nicht, waren wir doch ziemlich müde von der langen Fahrt.
Wir hatten alle so richtig Hunger, inzwischen war es halb sieben Uhr abends geworden, ausser den Sandwiches hatten weder ich noch meine Begleiter etwas Warmes gegessen, mein Magen meldete sich daher nun immer häufiger und lauter.
Das Bett war ein Himmelbett, wie man es ebenfalls aus den alten Filmen kannte. Oder sollte ich besser schreiben, aus alten Vampir Filmen, wie die Dracula Filme aus den siebziger Jahren, mit Christopher Lee als Graf Dracula oder Roman Polanskis Tanz der Vampire?
Die Wände waren mit einer Blumentapete tapeziert, wo grosse gerahmte Ölbilder mit Jagdszenen versehen, aufgehängt waren.
Allmählich begriff ich, dass der Name Hotel Imperial wohl doch nicht so ganz danebenlag. Das Hotel hatte uns doch ein erstauntes Oh nach dem anderen entlockt.
Mir war aufgefallen, dass das ganze Haus eine gewisse Wärme und Ruhe ausstrahlte, die auf den Besucher sehr angenehm wirkt und man sich in den Gemäuern schnell wohl fühlt, eben beruhigend. Ein Haus das Ruhe ausstrahlte und doch über eine ganz besondere Aura zu verfügen schien, vielleicht bildete ich mir das alles auch nur ein, weil ich einfach froh war, endlich am Ort zu sein, weil ich Hunger hatte und endlich was Essen und ein Bier trinken wollte, vielleicht weil das Hotel speziell war, vielleicht war es aber auch ein bisschen von allem.
Schlafen in einem Himmelbett, dachte ich, als ich das Bett sah. Das hätte ich mir heute Morgen bei unserer Abfahrt wohl auch nicht träumen lassen, dass wir an einem solchen Ort nächtigen würden, weder ich noch meine beiden Begleiter.
Doch das Schicksal schien es gut mit uns zu meinen, dass es uns genau hier von der Autobahn hatte abfahren lassen, um nach einer Übernachtungsmöglichkeit zu suchen. Als ob uns eine unsichtbare Hand bis zu diesem Hotel geführt hat. Vielleicht war das aber auch nur eine verklärte Sicht meinerseits sagte ich mir.
Dann kamen diese Gefühle wieder. Sie schlichen sich bei mir ein, diese Gefühle, die ich für einen Augenblick vergessen hatte, nachdem wir die Hallen des Hotels betreten hatten.
Ich bekam leichte Kopfschmerzen und ein flaues Gefühl in der Magengegend. Seltsame Bilder zogen vor meinem geistigen Auge vorbei, schemenhafte Bilder von schwarzen Reitern in schwarze Umhänge gekleidet, mit schwarzen Kapuzen, unter denen keine Gesichter zu sehen waren, nur ein schwarzes Loch. Die schwarzen Reiter hatten etwas von den Kerlen aus Herr der Ringe, was waren sie doch gleich nochmal gewesen, Könige die sich dem Ring unterworfen hatten und nun als Geister durch die Gegend reiten mussten, immer getrieben auf der Jagd nach dem Ring der Macht? Ich wusste es nicht, ich wusste allerdings, ungesehen des flauen Gefühls im Magen hatte ich Hunger und wenn ich Hunger habe, werde ich gerne kribbelig.
Nein, ich wollte diese Bilder nicht in meinem Kopf haben und genauso wenig dieses flaue Gefühl. Ich wollte mich auf das Turnier auf Schloss Bram freuen und vor allem wollte ich im Moment nur eines; dieses Haus mit seiner behäbigen Eleganz und Stattlichkeit auf mich wirken lassen.
Ich verbannte die Bilder, von den schwarzen Reitern auf ihren schwarzen Pferden, aus meinen Bewusstsein, ganz weit weg. Ich schob sie an einen Ort oder Schublade meines Verstandes, wo diese Gedanken eingeschlossen und verwahrt bleiben würden.
Ich begann mich abzulenken in dem ich zum Kamin ging, vor dem die Sitzgruppe aufgebaut war. Ich hatte Holzscheite gesehen und hatte beschlossen mich zu beschäftigen. Damit würde es mir am besten gelingen, die Gedanken zu verbannen, wenn ich den Kamin befeuern würde.
Ich beliess es jedoch dabei, Rebi hatte angeklopft und war in unser Zimmer gekommen, ehe weder ich noch Markus hätten hinein oder ja rufen konnten, stand sie bereits im Zimmer. Sie sah sich um und erblickte, wie ich auf dem Sofa neben dem Kamin sass. Habt ihr auch einen Kamin fragte sich freudenstrahlend, sie schien von dem Ambiente dieses Ortes wie verzaubert zu sein. Ja, dann hast du auch einen Kamin und auch ein Himmelbett wollte Markus wissen, der gerade auf dem Bett lag und ihr zulächelte. Sicher war die knappe Antwort.
Das ist ja geil hier, schwärmte sie. Dann schaute sie sich um, hier lässt es sich aushalten dabei schien sie mehr mit sich selbst zu reden und immer wieder nickte Rebi wenn sie wieder etwas gesehen hatte, was ihr gefiel.
Der Hunger machte sich nun immer mehr bemerkbar. Ich konnte das Knurren meines Magens deutlich hören und selbst Rebi war es nicht entgangen. Sie lachte und meinte, «dass mein Mägelchen wohl Nachschub brauchen würde».
Nun, so konnte man es in der Tat nennen, es war Zeit etwas zu essen. So schön das Zimmer auch war, wir würden später noch Zeit haben und morgen konnten wir ausschlafen und ausgiebig frühstücken, bevor wir weiterfahren würden. Also, hatten wir noch Zeit uns daran zu erfreuen, doch nun wollte mein Magen erfreut werden, und zwar ziemlich rasch.
Wir gingen in den Speisesaal und dort stellten wir einmal mehr fest, dass sich das Personal gewohnt war, deutschsprechende Gäste zu bewirten. Die Speisekarte war nebst der üblichen Landessprache, auch in Englisch und Deutsch übersetzt.
Der Speisesaal war wie der Rest des Hotels im gleichen Baustil gehalten, die runden Tische mit ihren feudalen Sesseln liess einem richtig tief darin versinken, eine breite Fensterfront sorgte dafür, dass man zum Essen die wunderschöne Landschaft bewundern konnte. Das Hotel lag etwas abseits, inmitten einer grünen intakten Landschaft wie es schien, ideal für Menschen sie dem Stress und der Hektik der Grossstädte entfliehen wollten, um an einem Ort wie diesen herunterzufahren und neue Energie zu tanken. Dabei müssen sie Acht geben, dass sie nicht von Vampiren ausgesaugt werden, dachte ich flüchtig.
Ich entschied mich für eine hiesige Spezialität und liess mich einfach mal überraschen was ich zu essen bekommen würde. Jeder von uns dreien bestellte etwas Anderes, irgendwie normal, so verschafft man sich schliesslich einen besseren Überblick, nicht wahr?
Das Essen war ausgezeichnet, würzig und scharf so wie ich es mag und auch meine Begleiter waren mit ihrem Essen zufrieden. Sogar unsere Madame, die sonst gerne mal reklamiert, wenn ihr das Essen nicht schmeckt, sagte an diesem Abend nichts und liess es sich sichtlich schmecken.
Der Wein hätte gehaltvoller sein dürfen, für meinen Geschmack, doch er war in Ordnung. Doch ich gab mich mit der Metapher, du kannst nicht immer alles haben zufrieden. Nach dem Essen hatten wir noch alle einen Marillen Schnaps getrunken, er war leicht süsslich und erinnerte mich an einen Williams. Lecker, so dass ich als einziger von uns noch einen zweiten Schnaps bestellt hatte.
Danach verliessen wir drei den geräumigen Speisesaal und gingen wir wieder hinauf in unser ebenfalls geräumiges Schlafzimmer mit Kamin, sogar einen Balkon hatte es.
Was ist, wenn nachts ein Vampir angeflogen kommt und sich dann via Balkontüre in unser Zimmer Zutritt verschaffen will? Da wird es nur helfen, im geschlossenen Raum zu schlafen, schlussfolgerte ich meine Überlegung. Vorher bestellten wir noch drei Flaschen Bier, die wir mit nach oben nahmen, denn wir wollten das Ambiente, in den bequemen Sesseln, vor dem Kaminfeuer einfach geniessen und dazu ein Bier trinken.
Rebi wollte ihren geliebten Prosecco. Ich wusste, dass sie gerne Prosecco trinkt und zu ihrer Freude hatte es auch welchen. Der Oberkellner brachte ihr etwas Prosecco in einem Glas zum Versuchen. Sie nahm den Schluck und verzog anerkennend ihr Gesicht, indem sie lächelte, was wiederum so viel hiess, ist gekauft. Schien also genau ihr Gusto getroffen zu haben, tja unsere Madame wie ich sie manchmal liebevoll nenne, wusste was gut war, ich selbst hatte auch schon mehrere Male ihre Kochkünste versuchen dürfen, jedes Mal eine Freude.
Der ist super, liess sie Markus und mich wissen. Also nahmen wir eine ganze Flasche mit hoch, sollte das Bier fertig sein, so würden wir uns dem Prosecco anschliessen, Rebi hatte schon gesagt, bevor sie die ganze Flasche bestellte, dass wir ihr helfen sollten, eine ganze Flasche wäre doch etwas zu viel.
Wir hatten uns angesehen und genickt.
Irgendwie hatte sich in diesem Teil von Europa, der Feldzug gegen die Raucher noch nicht durchgesetzt. Uns war bereits am Empfang aufgefallen, dass überall Aschenbecher herumstanden und unten im Restaurant hatten wir beobachtet, dass die Gäste an einigen Tischen rauchten.
Das freut doch jedes Raucherherz und wir schlossen uns dem an. Wir waren alles Raucher und so sassen wir an diesem Abend gemütlich vor dem Kaminfeuer, rauchten, quatschten und liessen es uns gut gehen, angetan von der Umgebung.
Es ging gegen elf Uhr zu und wir waren von der Fahrt alle ziemlich müde, so verabschiedete sich Rebi und verschwand in ihr Zimmer. Die Flasche Prosecco hatten wir zwischenzeitlich ausgetrunken. Ich bin kein Prosecco Kenner doch das Zeug hatte wirklich gut geschmeckt, musste ich zugeben. Die Müdigkeit hatte sich erst in der letzten Stunde bemerkbar gemacht, die bequemen Sessel hatten ihr übriges getan, also hingen wir drei alle ziemlich müde von der Fahrt und dem langen Tag in unseren Sesseln, gähnten rauchten und schlürften am Prosecco.
Ich war gerade im Bad und wusch mich, als ein eiskalter Hauch mich erfasste und zu umweben schien. Ich zuckte reflexartig zusammen und schaute mich nach allen Seiten um. Hatte Markus die Fenster geöffnet?
Nein, ich sah Markus, immer noch in seinem Ohrensessel sitzend, vor sich hindösen und nirgends war ein Fenster offen, was den plötzlichen kalten Hauch hätte erklären können.
Dann, genauso überraschend wie mich der eiskalte Hauch erfasst und umwoben hatte, schien er sich wieder gelöst zu haben. Mir erschien es, als hätte sich ein Badetuch, das nicht aus Baumwolle, sondern aus einem eiskalten Hauch bestanden hatte, um mich gelegt, um nach wenigen Sekunden später von mir abzufallen.
Erst jetzt bemerkte ich, wie ich am ganzen Körper zitterte. Doch damit nicht genug, in meinem Kopf kamen wieder die schwarzen Reiter zum Vorschein. Sie schienen diese günstige Gelegenheit auszunutzen, um aus dem Verschluss, unter dem ich sie die letzten Stunden so gut gehalten hatte, nun wieder zu entweichen.
Mein Zittern rührte nicht vom kalten Luftstrom her, anfänglich bestimmt, doch nun hatte sich eine fremde unsichtbare Macht meiner bemächtigt, die sich wie ein schwerer dunkler Umgang um mich zu legen schien. Mein Zittern wurde genährt von einer Angst, der Angst vor den schwarzen Reitern. Ich glaubte, mich würden unsichtbare Hände am Hals würgen, ich begann zu husten und wand mich, dies half sofern, dass der Druck um meinen Hals etwas nachliess, nicht ganz doch nicht mehr ganz so stark wie noch eben.
Die Toten reisen schnell auf ihren schwarzen Pferden, umhüllt von ihren dunklen Umhängen unter deren Kapuzen keine Gesichter zu sehen waren.
Du bildest dir das alles nur ein, hörte ich eine innere Stimme, die krampfhaft bemüht war mich wachzurütteln und mir verständlich zu machen, dass ich zwar über eine gute Fantasie verfügte, mich jedoch von ihr nicht zum Narren halten sollte. Nein versuchte ich mir einzugestehen, die Druck um meinen Hals war sehr real und keine Einbildung, jemand oder etwas hatte mich gewürgt!
Mach irgendwas, dass dich wieder normal denken lässt, riet mir die Stimme in meinem Kopf. Scheisse nochmals, ich konnte das verstehen, doch was sollte ich machen, alles fühlte sich so recht, so real an.
Ist es aber nicht du Doof Mann!
Fick dich, schrie ich. Herrgott, das war mir einfach so rausgerutscht. Ich weiss auch nicht wieso ich das im Badezimmer geschrien hatte, doch es half mir dabei wieder einen klaren Verstand zu bekommen und die Geister aus meinem Kopf zu vertreiben.
Als ob das die richtige Aktion gewesen war, ich erschrak und wäre beinahe ausgerutscht, im letzten Moment konnte ich mich mit der linken Hand an der Wand festhalten.
Sie waren vertrieben, weg, doch mein lautes Fluchen hatte Markus aus seinem Dämmerschlaf gerissen. Verwundert rief er von seinem Sessel aus, in dem er bereits halb gedöst hatte, was los sei und ob alles in Ordnung sein würde?
Ich überlegte einen Moment und antwortete nicht sofort. Aha, eine nervende Fliege war der Übeltäter, das war immer gut und war auch plausibel.
Ach nichts rief ich zurück, da war nur so eine blöde Fliege, die mich die ganze Zeit genervt hatte, ich habe sie erschlagen, also alles Paletti, mein Alter.
Dann ist ja gut, hörte ich Markus sagen. Ich wusste nicht warum ich ihm das so vorgegaukelt hatte. Doch, ich wusste es sehr genau, es war einfacher eine kleine Notlüge aufzutischen, als in gewissen Fällen die Wahrheit zu sagen, die dann eine ganze Reihe von Erklärungen nach sich ziehen würde. Das war der wahre Grund. Und zudem, fick dich ist kein schöner Ausdruck doch bei einer nervigen Fliege konnte es durchaus vorkommen, dass man zu solchen verbalen Kraftausdrücken griff.
Ich verliess das Badezimmer und ging zu Bett. Markus machte Anstalten aufzustehen und sackte im gleichen Moment wieder in seinen Sessel zurück.
Er grunzte ein paar für mich unverständliche Worte und machte einen erneuten Versuch aufzustehen, was ihm dann, es schien ihn echte Anstrengung zu kosten, auch gelang.
Mit einem leicht torkelnden Gang lief er in Richtung Badezimmer und verschwand.
Ich schloss meine Augen und schlief wenig später ein, von Markus bekam ich nichts mehr mit.
Am nächsten Morgen machten wir uns wieder auf den Weg, nachdem wir gefrühstückt und unsere Zimmer geräumt hatten.
An diesem Tag war es neblig, regnerisch und windig. Ein Tag, an dem man am besten in der warmen Stube blieb und das Haus nur dann verliess, wenn es unbedingt sein musste. Wenn wir mehr Zeit gehabt hätten, dann hätten wir noch einen weiteren Tag an diesem schönen Ort zugebracht und uns einfach einen entspannten Tag gemacht, bei gutem Bier Prosecco und Essen, ja, das wäre uns sehr lieb und angenehm gewesen, doch Schloss Bram erwartete uns schliesslich.
In unserem Fall musste es sein, wir hatten noch fast achthundert Kilometer bis Kronstadt zu fahren. Es war kurz nach neun Uhr vormittags, als wir die schmale Einfahrt des Hotel Imperial entlangfuhren, um wieder auf die Hauptstrasse einzubiegen, die uns zurück zur Autobahn brachte.
Wenn also alles gut gehen würde, sollten wir gegen vier Uhr nachmittags in Kronstadt eintreffen. Eine gute Zeit, um sich nach dem Schloss Bram zu erkundigen und dann in der Nähe ein Hotelzimmer zu suchen.
Das Turnier würde morgen Vormittag um zehn Uhr beginnen. Ich war froh über diese Info, denn wir waren schon zu Turnieren gefahren, an denen es um acht Uhr bereits losging, was jedes Mal bedeutete in aller Herrgottsfrühe aufzustehen. Und das war etwas, das mich hasste, so sehr ich den Fechtsport auch liebe, doch mit den frühen Turnierbeginn Zeiten konnte ich mich einfach nicht anfreunden. Daran hat sich übrigens bis heute nichts geändert.
Ich gebe es zu, vielleicht liegt es an meinem Naturell, meiner Veranlagung oder an beidem, oder am Umstand, dass ich mich gewohnt bin abends zu arbeiten. Ich arbeite lieber abends länger, wenn ich dafür nicht schon morgens zeitig aus den Federn muss. Manchmal lässt sich das jedoch nicht vermeiden, aber meistens lässt es sich so einrichten.
Wieder war es Rebi die am Steuer sass und ich auf dem Beifahrersitz. Markus hatte es sich auf dem Rücksitz bequem gemacht und schaute wie ich die Gegend an, wie wir an sanften Hügeln und kleineren Ortschaften vorbeifuhren, deren Namen wir nicht aussprechen konnten. Wir fuhren teilweise an schroffen Hügellandschaften links und rechts der Autobahn entlang vorbei. Der Nebel hing immer noch wie eine schwere nasse Decke über dem Land, der anfängliche Regen war inzwischen in ein Nieseln übergegangen. Rebi meinte irgendwann in die Stille hinein, wo wir inzwischen den Klängen von Simple Minds lauschten, wenn auch dezent, dass wir allmählich wieder Tanken mussten. Wie lange reicht das Benzin noch wollte ich wissen. Rebi wägte mit dem Kopf ab, ich weiss nicht genau, der Strich der Benzinuhr ist jetzt da, dabei zeigte sie mit dem rechten Zeigefinger auf die Anzeige, hundert Kilometer oder mehr oder weniger, ich weiss es nicht genau.
Wir fanden eine Tankstelle an der Autobahn, fuhren raus, tankten voll und nutzten die Gelegenheit für eine Zigarettenpause. Gleichzeitig kauften wir noch Sandwiches Zigaretten und Wasser, Zigaretten brauchten wir nicht, dafür hatte jeder von uns vorgesorgt. Nachdem wir geraucht und Wasser getrunken hatten während wir im Nieselregen gestanden waren, was erträglich war, fuhren wir schliesslich weiter.
Es war ungefähr halb elf Uhr als wir an die rumänische Grenze fuhren. Beim Grenzübergang hatte sich ein kleiner Stau gebildet, so dass es nur im Schritttempo Richtung Zollhäuschen ging. Zwei oder drei Grenzbeamte, mit eingezogenen Schultern und hochgeschlagenen Krägen, schauten missmutig und winkten die Wagen durch.
Zwischendurch hielten die Beamten einen Wagen an um die Ausweise zu kontrollieren, ehe sie den Wagen samt Insassen durchwinkten.
Uns halten sie bestimmten an, sagte Rebi, während wir den Beamten immer näherkamen. Sie hatten unseren Wagen bereits ins Visier genommen, gleich würden sie die Nummernschilder sehen, dann die Insassen und spätestens dann würde unweigerlich die Hand nach oben gehen. Ein Zeichen für uns, HALT!
Keine Hand ging nach oben, Rebi und ich nickten dem Beamten zu und diese nickten ebenfalls. Das ging einfacher als gedacht und so hatten wir endlich rumänischen Boden unter den Rädern, …. und das alles wegen eines Turniers!
Das Wetter wurde zunehmend garstiger je näher wir uns unserem Ziel kamen. Vielleicht, so fragte ich mich, während ich das Wetter beobachtete, gehörte das Alles dazu!
Gemäss Navi haben wir noch ungefähr vierhundertachtzig Kilometer bis zum Ziel, wir waren gut in der Zeit und dies gab uns allen ein gutes Gefühl, an uns zog die regnerische Landschaft Rumäniens vorbei.
Die Visionen der schwarzen Reiter, das flaue Gefühl in der Magengegend, welches mich auf etwas Schreckliches hinweisen wollte, wobei ich nicht wusste was es war, dann der eiskalte Luftschauer, gestern Abend, kamen wieder hoch.
Heftige Windböen liessen den Regen gegen die Seitenwände unseres Wagens prasseln. Gelegentlich wurde unser Wagen von einer derart heftigen Windböe erfasst, dass es uns kräftig durchschüttelte. Es war immerhin ein SUV und Rebi hatte aufgrund der Wetterverhältnisse das Tempo etwas gedrosselt.
Dies hatte zur Folge, dass unser Zeitplan etwas in Verzug geriet und es würde nach vier Uhr nachmittags werden, bis wir in Kronstadt eintreffen würden. Mist! Doch gegen die Naturgewalten hatten wir nichts auszurichten und mussten uns ihnen beugen.
Wir fuhren unverdrossen weiter, es war gerade Mittagszeit als ich auf meine Uhr schaute. Ich fragte Rebi, wie viele Kilometer wir noch bis Kronstadt zu fahren hatten, gemäss unserem Navigationsgerät?
Nicht mehr ganz dreihundert Kilometer, war die Antwort. Ich rechnete nach, hundert Kilometer im Schnitt pro Stunde, ergab bei dreihundert drei Stunden, also waren wir doch ganz gut unterwegs und würden vielleicht noch vor vier Uhr ankommen, doch war mir klar, dass wir nicht bis zum Ort Autobahn haben würden, wir würden sicher von der Autobahn fahren und dann mehrere Kilometer über Land. Doch egal, ob wir eine halbe Stunde früher oder später in Kronstadt ankommen würden, würde keinen grossen Unterschied machen, zumal besser als wenn wir erst gegen Mitternacht ankämen und überall vor verschlossenen Türen stehen würden.
Ich fragte Rebi ob ich oder Markus, sie mit Fahren ablösen sollten, doch sie schüttelte ihren Kopf und verneinte. Alles bestens, es geht schon danke, war ihre Antwort.
Gut, sonst sagst du es uns einfach.
Mache ich.
Dann schwiegen wir wieder. Es kam eine Verkehrstafel in Sicht, an der zwei orange blinkende Lampen angebracht waren, so wie man das von Strassenarbeiten her kennt.
Auf dem Schild stand irgendetwas, was keiner von uns dreien entziffern konnte, dafür verstanden wir die Bedeutung des Signals. Es bedeutete Umleitung!
Rebi fuhr langsam weiter bis zur nächsten Ausfahrt. Dort stand ein Polizeiauto hinter einer Absperrung, zwei Polizisten standen vor der Absperrung und deuteten an, dass alle Fahrzeuge die Autobahn zu verlassen hatten.
Vielleicht war aufgrund des Unwetters ein Baum auf die Fahrbahn gefallen oder Geröll behinderte die Weiterfahrt. Deswegen hatte die Polizei diesen Teil der Autobahn vorsorglich abgesperrt, um Unfälle zu vermeiden.
Aha dachte ich bei mir selbst, daran hatte ich nicht gedacht, Umleitungen. Auch diese konnten dafür sorgen, dass eine geplante Fahrt länger dauerte, andererseits sagte ich mir aber auch, dass wir gut in der Zeit waren.
Rebi fuhr von der Autobahn ab und folgte den aufgestellten Schildern, dessen Wort bestimmt Umleitung auf Deutsch hiess.
Die Gegend war karg und öde und machte einen wenig einladenden Eindruck auf mich. Vielleicht lag es am Sturm, dass ich diesen Eindruck von der Gegend hatte, sie erschien mir feindselig und abweisend zugleich.
Vielleicht, so fragte ich mich, würde es hier ganz anders aussehen, wenn der Himmel blau wäre und die Sonne scheinen würde. Jetzt jedoch war der Himmel grauschwarz, mit schweren Gewitterwolken durchzogen und es sah auch nicht danach aus als würde sich das Wetter in nächster Zeit bessern.
Wir folgten einer einsamen Waldstrasse, umgeben von einer moorartigen Sumpflandschaft mit kahlen Bäumen, die wie Skelette aussahen und wir waren der einzige Wagen weit und breit, kein anderes Auto folgte uns oder begegnete uns auf der Gegenfahrbahn.
Mein mulmiges Gefühl in meiner Magengegend meldete sich wieder, so als hätte es auf den richtigen Augenblick gewartet, um in mein Bewusstsein zu dringen. Es wollte mir sagen; die Toten reisen schnell, hast du das bereits vergessen?
Nein ich hatte es nicht vergessen. Wie schnell die Toten reisen war mir egal, ich wollte diese düstere einsame Gegend hinter mich bringen und wenn es dabei nötig war schnell zu reisen, dann würden wir schnell reisen.
Eine fürchterliche Gegend, sagte Rebi auf einmal in die Stille des Innenraums hinein. Alles wirkt wie tot, findet ihr nicht auch?
Ja, dieses Gefühl hatte ich auch und die dunkel, in diesem Tageslicht fast schwarz wirkenden Bäume, die mehr an Skelette erinnerten, verstärkte diesen Eindruck noch zusehends. Oh ja, das war eine Gegend, in der man lieber nicht nachts mit einer Panne stecken bleibt.
Immer noch waren wir das einzige Fahrzeug weit und breit. Ich suchte die Umgebung ab, um irgendwo in der Ferne ein Licht zu sehen, ein Anzeichen auf Zivilisation, oder dass wir nicht mutterseelenalleine hier im Nirgendwo unterwegs waren.
Nichts.
Das anfängliche mulmige Gefühl in meiner Magengegend schien sich in Panik auszuweiten. Ich versuchte ruhig zu bleiben, es würde niemandem etwas nutzen, wenn wir alle nun panisch würden. Wir würden einfach weiterfahren und irgendwann wir auf Anzeichen von Zivilisation treffen.
Wir sind doch hier richtig, wollte Rebi plötzlich wissen, seither ist kein Schild mehr gekommen, oder?
Auch wenn sie es vielleicht nicht bewusstgemacht hatte, aus ihrer Stimme war Unsicherheit und eine leichte Angst deutlich vernehmbar, also hatten wir alle Schiss. Beruhigend einerseits und beklemmend andererseits.
Nein, sagte ich mit schwacher, fast krächzender Stimme, ich spürte wie mein Mund sich ganz trocken anfühlte. Ich räusperte mich und suchte nach der Wasserflasche, die hier irgendwo auf dem Fussboden zwischen meinen Beinen liegen musste.
Ich beugte mich nach vorne und tastete mit meinen Fingern den Boden ab, bekam sie schliesslich zu fassen und trank einige grosse Schlucke, dann reichte ich die Flasche an Rebi weiter, die ebenfalls gierig, einige grosse Schlucke nahm. Markus meldete sich von hinten zu Wort. Rebi gab mir die Flasche wieder zurück und ich reichte sie an Markus nach hinten weiter.
Ja, sagte ich schliesslich mit fester Stimme, nachdem ich meinen trockenen Mund mit Wasser benetzt hatte. Ich habe mir vorhin gedacht, dass ich hier keine Panne mit dem Wagen haben möchte, hier so komplett im Nirgendwo und … ich machte eine kurze Pause bevor ich weiter sprach … ist euch aufgefallen, dass es hier weit und breit kein Haus gibt, oder seht ihr irgendwo Lichter?
Nein, sagten beide und schüttelten ihre Köpfe. Ich kann mich euch nur anschliessen, sagte Markus und beugte sich zu uns nach vorne, eine echt gruselige Gegend, ich bin froh, dass ihr beide dabei seid, das gibt mir ein gutes und sicheres Gefühl.
Danke gleichfalls, antwortete ich.
Danke gleichfalls, sagte auch schliesslich Rebi, nach wenigen Augenblicken und fügte an, gut haben wir drei uns, stimmt’s? Sie begann zu lachen, Markus und ich lachten ebenfalls und dieses Lachen tat so richtig gut. Die Spannung, die bis eben noch im Wagen geherrscht hatte, lies spürbar nach. Es war eine bedrückende nicht genauer erklärbare Angst, die Angst vor etwas das nicht sichtbar doch latent im Raum vorhanden zu sein schien.
Ich weiss, dass alles liest sich ein bisschen verrückt, und jeder das meinen Bericht sehen und lesen wird, wird wohl das eine oder andere Mal sich ernsthaft fragen, ob wir einfach zur paranoid waren (zumindest mein Teil), doch so ist und war es nicht. Wenn Sie sich jemals vor etwas gefürchtet haben, etwas das für Sie real war, sagen wir, für den gefühlsmässigen Teil, dann können Sie mich besser verstehen, so wie Sie nachts durch eine dunkle Gasse in einer Gegend laufen, die für ihre Überfälle und hohe Kriminalitätsrate bekannt ist. Auch wenn Sie niemanden sehen, doch Sie können die Angst fühlen, sie nagt förmlich an Ihnen und lässt ihr Adrenalin ansteigen, ihr Puls wird unweigerlich schneller und Sie bekommen einen Kloss im Hals, stimmt’s?
Eine heftige Windböe, die unseren Wagen von der rechten Seite wie ein unsichtbarer Faustschlag erfasste, brachte unser Lachen abrupt zum Erliegen. Rebi umfasste das Lenkrad noch fester, doch sie konnte nicht verhindern, dass der Wagen nach links ausscherte und dabei von der Strasse abkam. Für einen Moment starrten wir alle gebannt auf die Strasse die sich immer mehr zur Seite neigte, neben der Strasse erkannte ich einen kleinen Graben, nicht gross doch gefährlich genug. Rebi schien im selben Moment dieselbe Feststellung zu machen, ihr Oberkörper zuckte im Fahrersitz nach oben, dabei sass sie mit einem steifen Kreuz am Lenkrad.
Die Reifen auf der linken Seite touchierten den Graben, so dass der Wagen für ein paar Sekunden in eine leichte Schräglage geriet. Reflexartig fasste ich nach dem Türgriff auf meiner Seite und umklammerte ihn, während Rebi Gegensteuer gab, um den Wagen wieder auf die Strasse zu bringen. Der schwere Wagen schien einen Satz nach links zu machen, flüchtig sah ich zu Rebi blickte in einen versteinerten Gesichtsausdruck. Nach einigem Rumpeln und Holpern waren wir wieder auf der Strasse und der Wagen war nicht mehr in Schieflage. Ich liess meinen Türgriff, den ich bis eben noch wie ein Ertrinkender seinen Rettungsring umklammerte, wieder los.
Hörbar erleichtert hörte ich Markus ausatmen, Rebi ging von Gas und fuhr rechts ran, ich brauche eine Zigarette sagte sie trocken und brachte den Wagen zum Stehen. Ich auch, sagten Markus und ich fast synchron. Ich stieg aus, meine Beine zitterten unkontrolliert, kalter nasser Schweiss hatte meinen ganzen Oberkörper erfasst, ich versuchte so ruhig wie möglich zu bleiben, dann sah ich Rebi. Ihr Gesicht war nicht mehr versteinert wie noch vor wenigen Augenblicken, doch ich konnte gut erkennen, dass ihr der Schreck in die Knochen gefahren war, sie zitterte wie ich leicht am ganzen Körper. Dann erkannte ich kleine Schweissperlen die sich auf ihrer Stirne gebildet hatten, sie trat ein paar Schritte vom Wagen weg, eine Andeutung die mir zu verstehen geben sollte, dass sie einen Moment alleine sein wollte, um sich von dem Schreck zu beruhigen und dabei wollte sie nicht gestört werden. Markus stand an den Wagen gelehnt, rauchte verhalten an seiner Zigarette und starrte zum Himmel.
Schweigend und in seinen eigenen Gedanken versunken standen wir drei einfach nur da, oder liefen herum doch wechselten wir kein Wort untereinander, das war auch gut so, manchmal braucht man Momente für sich selbst um seine Gedanken und Gefühle für sich selbst neu zu ordnen.
Über unseren Köpfen hatte sich die Wetterlage verschlechtert, aus dem blauen Himmel war eine durchzogene Mischung aus grau – schwarzen – milchigen Gebilden geworden, von Westen her schoben sich schnell schwarze schwere Regenwolken immer näher in unsere Richtung, ich konnte deutlich erkennen, dass es dort wo die Regenwolken gerade vorbeizog, Regen fiel. Es wäre nur noch eine Frage der Zeit, bis uns diese Wetterfront eingeholt haben würde und es auch hier regnete, der Wind hatte aufgefrischt, Blätter und kleine Zweige aus dem nahegelegenen Wald wurden durch die Luft gewirbelt.
Ich begann zu frösteln, drückte meine Zigarette mit der Fussspitze aus und sah zu, wieder ins Auto zu kommen, hinter mir nahm Markus auch wieder Platz, durch die Frontscheibe konnte ich erkennen, dass Rebi sich dem Wagen näherte und einstieg.
Soll ich fahren fragte ich? Nein, es geht schon, Rebi schüttelte sich, dabei konnte ich erkennen, wie ihre feinen Armhärchen aufstanden, sie griff nach der Wasserflasche und trank ein paar grosse Züge, nachdem sie die Flasche abgesetzt hatte, kam ein tiefer Rülpser über ihre Lippen. Hoppla sagte ich lachend, oh sorry und dabei hielt Rebi ihre Hand vor dem Mund, der ist mir eben rausgerutscht und dabei kicherte sie.
Dann fuhren wir weiter.
Vor uns tat sich ein Wald auf, zu beiden Seiten der Strasse auf, die Bäume schienen einen dunklen Gang zu bilden, unser Wagen hielt direkt darauf zu. Ich muss gestehen, dass mir diese Szene und die Erkenntnis, dass wir hier auf eine dunkle Öffnung zusteuerten, Unbehagen verursachte. Dieser Wald machte auf mich den Eindruck eines riesigen schwarzen Lochs, in das wir gleich hineinfahren würden, welches uns verschlang. Dann, wie aus dem Nichts wurde der Himmel über uns, der inzwischen so schwarz wie die Nacht war, von einem grellen Lichtstrahl durchbrochen der die ganze Umgebung die eben noch dunkel und schwarz vor uns lag, einen kurzen Moment hell aufleuchten liess.
Dann hatten wir den Wald auch schon erreicht und fuhren geradewegs hinein, sofort wurde es um uns herum dunkler. Die Äste schienen Arme zu haben, die nach dem Wagen zu fassen versuchten, jedoch daran abglitten und deswegen versuchten danach zu schlagen. Mehrmals waren peitschenähnliche Geräusche an der Karosserie zu hören, als dünne tiefhängende Zweige gegen den Wagen schlugen.
Dann entlud sich durch ein derart gewaltiges Donnern der Blitz über uns, dass jeder von uns zusammenzuckte, Rebi stiess einen spitzen Schrei aus und bewegte das Lenkrad, der grosse schwere Wagen schlingerte für einen Moment, dann fuhren wir weiter durch den Wald, der Regen prasselte wie ein Trommelfeuer auf das Dach und gegen die Scheiben, immer wieder folgen kleine Äste und Zweige durch die Luft und blieben entweder auf der Strasse liegen oder wurden mit einem hörbaren Geräusch gegen den Wagen geschleudert.
Rebi hatte die Geschwindigkeit des Wagens nun erheblich gedrosselt, die Strasse wurde zusehends schmaler, je länger wir dieser Strasse folgten, würde uns ein Wagen entgegenkommen müssten wir versuchen zur Seite auszuweichen, auch wurde die Sicht durch den Sturm immer schlechter, wir Beide, Rebi und ich starrten vor uns auf die Strasse während der Wind heulte und der Regen gegen den Wagen peitschte. Die Anspannung war förmlich zu spüren, keiner sagte ein Wort. Das flaue Gefühl, das sich in mir breitgemacht hatte, liess sich nun definitiv nicht mehr verdrängen, es stieg erneut aus den Tiefen meiner Empfindungen hoch. Da half auch kein Fick-dich-Schrei oder ein wütender Faustschlag auf das Armaturenbrett des Wagens. Mich begann eine Welle von bedrückender Erkenntnis heimzusuchen, die Erkenntnis, dass ich für meine übersehenen und ignorierten Wahrnehmungen nun bestraft würde.
Wir hätten die Reise nach Rumänien abbrechen können, die Signale in meinem Kopf und Bauch waren Hinweise dafür gewesen, doch ich hatte sie aus purem Egoismus ignoriert. Ich wollte auf Schloss Bram fechten, obwohl etwas in mir drin mich davor warnte.
Nun wurde ich für meine Ignoranz bestraft. Die Woge der Panik, die mich nach und nach überkam, wie ein Fieberschub der einen Körper befällt. Ich fühlte wie mein Mund wieder ganz trocken war, während sich um meinen Hals ein Gefühl des Zuschnürens bemerkbar machte. Du bist ein Idiot sagte ich zu mir selbst, das Unwetter der beinahe Abflug in den Strassengraben, das waren alles Zeichen, nein es waren keine Zeichen, es waren mehr als das, es waren Vorzeichen, Vorboten die jeder normale Mensch erkennen würde, wenn er nicht so verbohrt von etwas war und einfach seinen Gefühlen folgte.
Deutlich konnte ich fühlen wie mein Herz anfing schneller zu schlagen und das Blut ruckartig durch meine Halsschlagader gepeitscht wurde. Ich versuchte so ruhig und konzentriert wie möglich zu bleiben, indem ich mich ganz ruhig verhielt. Ich schloss meine Augen in der Hoffnung, dadurch ruhiger zu werden, immer wieder sagte ich mir selbst, alles wird gut, ihr kommt gut an euer Ziel. Positive Selbstsuggestion nennt man wohl so was, würden die Psychologen meinen, normalerweise half mir diese Art der Selbstprogrammierung auch und ich entspannte mich, doch diesmal wollte es mir nicht gelingen, mich nicht aus seinen Klauen lassen!
Der Wald hatte uns inzwischen verschlungen und hielt uns in seinem Dämmerlicht gefangen. Seit wir in den Wald gefahren waren, war es noch dunkler als sonst geworden, immer noch schien es, als wollten die herabhängenden Äste nach unserem Wagen schnappen. Im Innern des Wagens war es nun ganz still geworden, keiner sprach ein Wort, der Sturm spielte seine ganz eigene Melodie, Rebi konzentrierte sich auf die Strasse vor uns und ich schloss meine Augen.
Da vorne ist wieder ein Umleitungsschild, hörte ich Rebi neben mir, ich öffnete meine Augen und sah es ebenfalls.
Die Blechtafel zeigte von der Strasse, auf der wir uns befanden, in Richtung eines Waldweges. Ich spürte wie der Wagen spürbar langsamer fuhr als wir uns dem Umleitungsschild näherten. Seltsam, in der Schweiz wäre eine solche Strasse als Nebenstrasse durchgegangen, ich konnte mir nicht vorstellen, dass dies eine Hauptstrasse sein sollte. Ok, in Schottland waren die Autobahnen auch nicht das, was wir in der Schweiz oder in Deutschland darunter verstanden, denn im Vergleich zu der Schweiz oder Deutschland fuhren keine Traktoren auf den Autobahnen, im Vergleich zu Schottland. Andere Länder, andere Sitten eben.
Was soll denn das nun, fragte ich in die Stille des Innenraumes. Sollte das eine Abkürzung sein, die auf einer Strasse im Nirgendwo, in einen noch abgelegeneren Ort im Nirgendwo führte?
Auf Höhe der Beschilderung hielt Rebi den Wagen an und schauten dem Verlauf des Weges nach, der ins Innere des Waldes zu führen schien. Das ist komisch murmelte Rebi, muss das so sein? Sie sprach mit sich selbst, doch schien ihre Frage auch an uns Beide gerichtet zu sein, Markus lehnte sich zwischen Fahrer und Beifahrersitz nach vorne um mehr zu sehen. Das ist ja ein Waldweg stellte er nüchtern fest, die Strasse auf der wir gefahren sind ist ja auch eine bessere Nebenstrasse, oder nicht?
Keiner antwortete, doch hatte er mit seiner Aussage recht, hier schien es vielleicht normal zu sein!