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Die Teufelsgrube bei Holzkirchen

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Holzkirchen ist den meisten Menschen wohl zunächst deshalb ein Begriff, weil ganz gewiss keiner, der die Autobahn München-Salzburg gen Süden (oder im Stau retour) benützt, die breit angelegte »Raststätte Holzkirchen« übersehen kann. Ein letztes Nachgucken, ob der Luftdruck in den Reifen stimmt, ein erster Gang auf die Toilette, wenn die Kinder quengeln…

Natürlich ließe sich in dieser ur-oberbayerischen Gegend nahe dem Taubenberg, zwischen Wolfratshausen, Bad Tölz und Miesbach auch herrlich wandern und die Natur und deren Geheimnisse er-»fahren«. Gehend erfahren, natürlich. Eine knappe Stunde unterhalb Holzkirchen fahrt die Straße durch einen breiten und tiefen Graben, der sich dadort in nordwestlicher Richtung der Isar entgegenge»graben« hat.

Aber mit diesem Graben, der einen klassischen »magischen Ort« darstellt, da hat es eine gar schauerliche Teufelsbund-Sage auf sich.

In jener Gegend stand dereinst eine Mühle in einsamer und verlassener Gegend, der Müller war ein Sonderling, und seine Gedanken drehten sich bald schon so absonderlich im Kreise wie das Rad der Mühle.

Eines Tages aber, da wollte dieses Mühlenrad nicht mehr so recht laufen, was wohl sicher an der Tatsache lag, dass einfach zu wenig Wasser da war, welches die stets nach flüssiger Nahrung gierige Schaufel hätte betreiben können. Der Müller aber, das war ein gieriger und profit-besessener Mann. Er dachte an nichts als an Rentabilität und hatte nur das eine Interesse: Dass doch die Mühle bald wieder mahlen sollte! Dazu war ihm wirklich jedes Mittel recht. Aber auch jedes, auf Teufel komm raus.

So griff er also zum aller-allerletzten Mittel, das ein Mensch, der anständig ist, tun mag; das heißt, er griff zum ersten Mittel, das ein gewissenloser Zeitgenosse willens ist, einzugehen. Denn der Teufel bietet sich recht schnell an, wenn er merkt, dass eine Menschenseele aus lauter Profitgier bereit ist, sich selber zu verkaufen.

Und schon war er da, der Sparifankerl, genau so, wie er das immer tut. Er tritt auf als zuvorkommender Verhandlungspartner, ja, man möchte gar oft meinen, als lieber Freund. Er versteht sofort die Sorgen seines Gegenüber und weiß genau, wo diesen der Schuh drückt. Das braucht gar nicht gesagt zu werden, der Teufel versteht es auch so. Das nämlich ist seine Masche. Aber er will etwas dafür.

Denn das Verständnis, das er zeigt, das ist teuflisch!

Teuflisch gut, aber deswegen nicht weniger teuflisch. Und davon, was der Seelenfänger hinterher haben will für seine Dienste, davon sagt er wohlweislich kein einziges Wort.

Wollen tut er immer nur das eine: Das ist die Seele jenes Menschen, der so dumm ist, sie ihm auszuliefern.

Der Müller also, der zu wenig Wasser für seine Mühle hatte, er schloss mit dem Teufel einen Bund ganz besonderer Natur, den man auch in unseren heutigen Tagen zur Genüge kennt, wenn es um den Profit geht: Man schert sich nicht um Gottes herrliche Natur und untergräbt die himmlische Weltordnung.

Untergräbt!

Das war es. Der gewissenlose Müller hieß dem Teufel, einen Graben anzulegen, eine Mordsgrube aus der Isar in die Mangfall hinüber.

Die Idee war gar nicht schlecht, man braucht sich dazu nur eine Landkarte Oberbayerns anzugucken. Holzkirchen liegt ziemlich genau zwischen Isar und Mangfall, und im Südosten beschreibt die Mangfall ihren berühmten »Knick« unweit vor Aying, weil sie es, des Geländes halber, nun vorzieht, östlich gen Rosenheim, dem Inn zu, weiterzufließen.

Nun also sollte der Allesuntergraber während der Nacht, bis zum ersten Schrei des Hahnes, einen Graben anlegen, von der Isar zur Mangfall hin, damit des gierigen Müllers Mühle fortan mit Wasser versorgt sei.

Man schlug ein. Der Böse versprach das seine, und der Müller versprach seine Seele.

Oh, wie erschrak der Müller da trotz seiner Dreistigkeit, die ihn eben noch zu unverantwortlichem Tun und zum Blutsbund des Verderbens hinein in alle Ewigkeit getrieben hatte! Denn noch vor Einbruch der Nacht begann das Teufelswerk fortzuschreiten. Ein Schauder und ein Grauen des Todes erfasste den Ruchlosen, als er sah, wie von unsichtbaren Händen die Erde bewegt ward, dunkler Grund und graue Gesteinsmassen sich verschoben, ganze Gehölze knickten und brachen und der Boden unter den Füssen zu zittern und zu erbeben begann.

Noch war der Morgen fern, aber der ungeheure Graben schien fast vollendet. Als der Müller dies sah, wie hier die Natur und das, was Gott mit der Landschaft vorgehabt hatte, eines eitlen Wunsches willen der Vernichtung entgegen schritt, wie ein Stück seiner eigenen Heimat in so einschneidender Weise verändert ward, da packte ihn eiskalter Schauder und abgrundtiefe, ehrliche Reue.

Er bereute so sehr und so aufrichtig, was er getan oder vielmehr was er veranlasst hatte, dass sein Herr und Schöpfer alsbald Erbarmen zeigte und eingriff.

Was übrigens immer geschieht, wenn die Reue echt ist.

Der Müller, in Angst und Panik, er nimmt seine Beine unter die Arme, er entflieht dem schaurigen Geschehen – hin zur Hohnersteige. Da schlägt er mit einem Stock einen so entsetzlichen Krawall, dass das Federvieh erwacht und auseinanderstiebt.

Und, infolge des Riesenlärmes, beginnt auch schon der Hahn zu krähen! Viel zu früh. Aber er kräht.

Dieses in scheinbarer Panik und doch von höherer Macht gesteuerte Tun, das vorzeitige Wecken des Gockelhahnes nämlich, der sofort den vermeintlich anbrechenden Tag ankräht, all dieses lässt die teuflischen Gesellen, die im Unsichtbaren tätig sind und den Graben ausheben, augenblicklich zur Ruhe kommen. Sah doch der Teufelsbund vor, dass bis zum ersten Schrei des Hahnes alles vollendet sein müsse.

Die Gesellen der Nacht fliehen so schnell sie können, denn sie fürchten nichts so sehr als das helle Licht der Lebensbejahung, das sich in der aufgehenden Sonne kundtut.

So bleibt der Graben bestehen, unvollendet und wasserleer.

Das Wunderbare aber, das uns daran so sehr freuen soll: Der Müller ist gerettet!

Seine echte und ehrliche Reue hat eine Macht des Guten auf den Plan gerufen, die im Nu den Bund mit den Mächten des Grauens zu lösen imstande war.

Der Teufelstritt

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