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4. Die Zeit nach dem Studium

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Nach meiner Rückkehr aus Europa als Reaktion auf den »Komm nach Hause«-Brief meines Bischofs wurde ich in einer Pfarrgemeinde eingesetzt, in der die Straßen in jenem Teil der Stadt nicht gepflastert waren, der als »Unteres Ende« bezeichnet wurde, und aus dem die Bessergestellten in andere Stadtteile weggezogen waren. Pfarrer Patrick Culleton war ein wahrer Gottesmann. Ich begann, einen Kurs in der Fastenzeit zu geben, und diese arme Kirche, auf die die anderen Gemeinden oben auf dem Hügel herabsahen, füllte sich bald mit Menschen. Einige Priester verboten später ihren Gemeindemitgliedern, ins »Untere Ende« zu gehen, »wo dieser junge Priester predigt. Bleibt in eurer eigenen Pfarrgemeinde.«

Soweit ich es beurteilen konnte, sollte nun mein Leben so aussehen. Ich war intellektuell veranlagt, liebte die Lehrtätigkeit, jetzt aber war ich Mitarbeiter in einer Gemeinde. In den Zeitungen erschienen Artikel gegen den Bischof. »Warum verschwendet er ein derartiges Talent? Nachdem Geld dafür ausgegeben wurde, einen Mann auszubilden, warum steckt man ihn in ›eine solche Gemeinde‹?« Ich bat meine Eltern, nie in Gesprächen Partei gegen den Bischof zu ergreifen. Ich beklagte mich nie, und ich kann aus ganzem Herzen versichern, dass das für mich der Wille Gottes war. Ich sollte meinen Wunsch nach einer intellektueller ausgerichteten Berufung vergessen und mich damit zufriedengeben, Kaplan zu sein. Das verschaffte mir großen Seelenfrieden. Es war für mich als junger Priester die erste Prüfung meines Gehorsams. Der Wille Gottes kam durch den Bischof als Nachfolger der Apostel zum Ausdruck und das genügte mir. Ich begann, im Beichtstuhl die Beichtenden zu bitten, täglich die heilige Messe zu besuchen, und stellte glücklicherweise fest, dass die Zahl der Gläubigen an der Kommunionbank sich von vier auf neunzig erhöhte. Eine Erneuerung der Pfarrgemeinde fand statt, und ich war glücklich darüber. Nach ungefähr einem Jahr rief mich der Bischof an: »Vor drei Jahren habe ich Bischof Shahan von der Katholischen Universität von Amerika versprochen, dass Sie Mitglied der Fakultät werden.« Ich fragte: »Warum ließen Sie mich nicht dorthin gehen, als ich aus Europa zurückkam?« – »Weil Sie dort so viel Erfolg hatten, wollte ich einfach sehen, ob Sie gehorsam sind. Also machen Sie sich jetzt davon. Sie haben meinen Segen.«

Ich wurde an die Theologische Fakultät der Katholischen Universität von Amerika in Washington berufen und dem Lehrstuhl für Apologetik zugeteilt. Der Ruf ging von Bischof Shahan aus, dem brillanten, begabten, heiligmäßigen Rektor der Universität. Am Ende des zweiten Jahres lud Bischof Shahan die Theologische Fakultät zu einer Besprechung ein. Wichtig für das Verständnis der Geschichte ist der Umstand, dass Bischof Shahan schwerhörig war. Er benutzte ein kleines Hörrohr, um Unterhaltungen folgen zu können, die in seiner Nähe stattfanden. Bei der Diskussion ging es um die Frage, ob das Graduiertenkolleg der Theologischen Fakultät, das es damals an der Universität bereits gab, eine Einrichtung für das Grundstudium eröffnen und Seminaristen aufnehmen sollte. Die Maßnahme wurde damit begründet, dass das Graduiertenkolleg der Theologischen Fakultät nur wenige Doktoranden hatte. Man ging davon aus, dass die Professoren nicht genügend ausgelastet und herausgefordert seien. Um das zu ändern, sollte diese Einrichtung für das Grundstudium verschiedene Kurse für Seminaristen anbieten.

Bevor wir zur Konferenz gingen, brachte fast jeder Professor Einwände gegen eine solche Idee vor. Aber das geschah, bevor wir an der Konferenz teilnahmen. Als der Bischof den Vorschlag vorgebracht hatte, streckte er der Reihe nach jedem Professor sein Hörrohr entgegen, um dessen Meinung zu erfahren. Zu meiner Überraschung stimmten alle dem Vorschlag des Bischofs zu.


Auf der Rückreise von Europa an Bord der SS Normandie, Juni 1936 (Fulton J. Sheen Archiv).

Da ich der jüngste Professor war, wurde ich zuletzt gefragt. Ich nahm das Hörrohr des Bischofs und sagte zu ihm: »Exzellenz, scheinbar soll das Niveau der Universität gesenkt werden, um der momentanen Situation gerecht zu werden, anstatt die Universität auf ein höheres Niveau zu bringen in Bezug auf das Graduiertenkolleg. Warum verbessern wir nicht das Niveau der Lehre am Graduiertenkolleg? Dann werden die Bischöfe aus dem ganzen Land ihre Priester hierherschicken.«

Ich saß am unteren Ende des Tisches, an dem auch der Bischof saß. Er nahm sein Hörrohr ab, rollte es auf wie eine zusammengerollte Schlange und stieß es über die ganze Länge des Tisches zu mir hinunter. Dann stand er auf und sagte mit gerötetem Gesicht: »Wenn ich an diese Universität keine Professoren bekommen kann, die mit meiner Meinung übereinstimmen, dann entlasse ich sie und hole mir Professoren, die mir zustimmen.« Und er verließ den Raum.

Die anderen Professoren kamen anschließend zu mir und sagten: »Nun, Sie haben sich jetzt selbst extrem geschadet. Erst seit einem Jahr sind Sie hier an der Universität und schon sind Sie zu einem Ausgestoßenen geworden.« Ich war äußerst besorgt, setzte die Vorlesungen die nächsten ein oder zwei Wochen lang fort, ohne von Bischof Shahan etwas zu hören. Eines Tages, als ich über den Rasen zu meiner nächsten Vorlesung ging, fuhr der Bischof in seinem Auto vorbei. Er hielt an und forderte mich auf, neben ihm Platz zu nehmen. Aber er sagte nichts. Er bedeutete mir, ihm in sein Büro zu folgen. Wir gingen in den zweiten Stock des McMahon Hörsaals hinauf, dann ging er in das Schlafzimmer, wo er seine Soutane, sein Brustkreuz und das Zingulum anlegte und seinen Pileolus aufsetzte. Anschließend kam er heraus und nahm auf einem Stuhl Platz.

Dann sagte er zu mir: »Knien Sie nieder, junger Mann.« Ich kniete vor ihm nieder, und er legte mir die Hände auf den Kopf und sagte: »Junger Mann, diese Universität hat in den letzten Jahren niemanden in ihre Reihen aufgenommen, dem es bestimmt wäre, mehr Licht und Glanz in ihr zu verbreiten als Sie. Gott segne Sie.«

An der Theologischen Fakultät gab es auch weiterhin Probleme, eines davon hatte mit dem neuen Rektor, Bischof James H. Ryan, dem Nachfolger von Bischof Shahan, zu tun. Der berühmte John A. Ryan, der so viel über soziale Gerechtigkeit geschrieben hatte, war damals Professor für Moraltheologie an der Universität. Er wollte Dr. Haas als Nachfolger an seinem Lehrstuhl bestimmen, der später Bischof wurde. Bischof Ryan führte den Vorsitz bei der Versammlung. Er sagte, es sei seine Pflicht, das Niveau der Universität zu erhalten. Dr. Haas hatte an der Universität in Philosophie promoviert, Bischof Ryan bestand jedoch darauf, dass die Professoren der Theologischen Fakultät ein Doktorat in Theologie erworben haben mussten, um den akademischen Anforderungen gerecht zu werden. Wenn Dr. Haas somit nach Rom gehen würde, um eine Abschlussarbeit in Theologie vorzulegen und dort promoviert zu werden, würde Bischof Ryan seinem Ruf an die Theologische Fakultät zustimmen.

Dr. John A. Ryan stimmte dem Vorschlag, Dr. Haas zur Promotion nach Rom zu senden, bevor er an die Theologische Fakultät berufen wurde, nicht zu. Daraus entwickelte sich eine Spannung zwischen der Theologischen Fakultät und dem Rektor. Es war eine Frage von Ryan vs. Ryan. Letztlich verfasste die Theologische Fakultät ein Schreiben gegen Ryan, den Rektor. Kopien dieses Briefs wurden an mehrere Bischöfe und an Mitglieder des Kuratoriums gesandt. Bevor das Schreiben versandt wurde, erhielt jeder Professor der Theologischen Fakultät die Aufforderung, es zu unterzeichnen. Ich weigerte mich. Ich hielt es für unfair, eine Beschwerde über den Rektor der Universität an die Bischöfe zu senden, bevor er selbst angehört worden war. Ich schlug vor: »Warum können wir nicht, bevor wir den Brief versenden, ein Gespräch mit dem Rektor vereinbaren, bei dem ihm die Vorwürfe zur Kenntnis gebracht werden, die Sie formuliert haben, und ihm die Möglichkeit geben, darauf zu reagieren? Wenn er das nicht kann, dann versenden Sie den Brief, allerdings werde ich das Dokument nicht unterzeichnen, ohne dass Sie James H. Ryan die Möglichkeit gegeben haben, Rede und Antwort zu stehen.«

Am nächsten Tag hing am Schwarzen Brett der Theologischen Fakultät ein Aushang, dass sämtliche Seminare von Dr. Fulton J. Sheen an der Theologischen Fakultät ausgesetzt wurden. James H. Ryan, der Rektor, kannte den Grund – dass ich ihn nämlich verteidigt hatte. Er versetzte mich daraufhin an die Philosophische Fakultät, wo ich dann mehr als zwanzig Jahre lang lehrte.

In den Sommermonaten, die auf diesen Zwischenfall folgten, reiste ich nach Rom und war eines Abends zum Abendessen bei Kardinal Pacelli, dem späteren Papst Pius XII., eingeladen. Er war damals Kardinalstaatssekretär. Am nächsten Morgen besuchte ich ihn in seinem Büro. Er sagte zu mir: »Bitte erzählen Sie mir, was Sie über die Universität wissen und über die Opposition gegen den Rektor, James H. Ryan.« Ich antwortete: »Eminenz, bitte erlassen Sie es mir, einen Kommentar über die Universität und ihren Rektor abzugeben.« Daraufhin ließ der Kardinal das Thema fallen und zog aus einem Stapel mehrere deutsche Zeitungen heraus, die er vorzulesen und zu übersetzen begann. Über eine Stunde lang äußerte er sich mit beträchtlicher Heftigkeit gegen Hitler und den Nationalsozialismus.

Als ich nach einer Stunde das Büro des Kardinalstaatssekretärs verließ, wartete draußen kein anderer als Rektor James H. Ryan. Er fragte einen der Anwesenden nach dem Namen der Person, in deren Gesellschaft der Kardinalstaatssekretär eine solch lange Zeit verbracht hatte. Man sagte ihm, es sei Msgr. Fulton J. Sheen gewesen.

Was glauben Sie, musste wohl James H. Ryan gedacht haben, als er einige Zeit später von seiner geliebten Universität in das Erzbistum Omaha versetzt wurde? Hatte jemand in Rom sich negativ über ihn geäußert? Das musste ja dann wohl der Professor gewesen sein, der über eine Stunde lang mit dem Kardinalstaatssekretär gesprochen hatte. Bei Gott beteuere ich, dass ich mit Kardinal Pacelli nie über die Universität oder über Bischof Ryan gesprochen hatte, doch die Geschichte, dass ich es getan hätte, machte die Runde. Das Gerücht verbreitete sich so weit, dass Erzbischof McNicholas von Cincinnati später, als mein Name als möglicher Universitätsrektor fiel, dazu meinte: »Ich würde Sheen nicht einmal die Leitung einer Hundehütte anvertrauen.« Er war so erbittert wegen meines angeblichen unfairen Verhaltens gegenüber Bischof James H. Ryan, dass er beim Nationalen Eucharistischen Kongress in Cleveland, bei dem als Sprecher Mr Scott aus Los Angeles, Gouverneur Al Smith und ich auftraten, aufstand – er hatte mit uns in der Second Base15 des Stadions gesessen –, quer über das Innenfeld ging und das Baseballstadion verließ, um sich meine Rede nicht anhören zu müssen.

Ich wusste, dass er immer der Meinung war, ich hätte dem Rektor großes Unrecht zugefügt, indem ich mich bei Kardinal Pacelli über ihn beklagt hätte. Da ich jedoch ein reines Gewissen hatte, machte ich es mir zur Angewohnheit, Erzbischof McNicholas jedes Jahr einen Besuch abzustatten, wenn ich in Cincinnati Vorlesungen hielt. Er begrüßte mich immer herzlich, und jedes Gespräch endete, wie es unter Priestern üblich sein sollte. Das war allerdings nicht das einzige Zwischenspiel in den langen Jahren, in denen ich lehrte und Vorlesungen hielt.

15 Die Second Base oder 2B ist die zweite Station auf dem Baseballfeld, die ein Runner berühren muss, um einen Punkt zu erzielen (Anm. d. V.).

Unerschütterlich im Glauben

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