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2. Wahrheiten

66 nach Christus - Sommer (19. Augustus)

Imperium Romanum – Mogontiacum

Sie kehrten in das Haus zurück und stiegen langsam die Stufen zum Speisesaal hinauf. Wo auf dem großen Tisch zuvor weiße Leinen voller Blut lagen, prangte nun ein hastig angerichtetes Mahl mit Fleisch, Fisch, Gemüse, Obst und auch Wein. Wer auch immer die Anordnung erteilte, dachte an vier Speisende.

Finleys Haushälterin stand am Kopfteil der Tafel. „Herr, ich hoffe das dies genügt, denn mehr war in der kurzen Zeit nicht aufzutreiben und für so viele Personen fehlen mir die Vorräte.“

Finley nickte. „Es wird gehen… Rufe die beiden Legionäre!“

Die Frau, in ihrer Winzigkeit, schwebte durch den Raum und erreichte die Tür. Sie war klein, fast dürr und deshalb, trotz ihres Alters, noch immer flink. Für gewöhnlich wirkte sie nicht nur, sie war Unscheinbar…

Die Legionäre betraten hinter ihr den Raum, als sie kurz darauf zurückkehrte.

„Setzt euch, Milites, und füllt euch den Magen. Ein guter Dienst ist es wert, durch zumindest ein gutes Mahl und einen Becher Wein belohnt zu werden… Ich denke mir, dass derartig im Contubernium nicht aufgetischt werden kann? Deshalb greift zu, zeigt auch hier den Mut und die Entschlossenheit, die euch den vergangenen Tag begleitete.“ Finley sah Arpagius an, musterte dann auch Grattus und ergänzte: „Mein junger Freund Gerwin ist nicht eben der Begleiter, den man sich oft wünschen sollte… In seiner Begleitung marschiert auch der Tod mit. Das weiß auch ich zu gut, um denen nicht Anerkennung zukommen zu lassen, die einen anstrengenden Tag überstanden. Zögert nicht und dankt euren eigenen Göttern…“

Finley hatte genug gesprochen. Weil Gerwin schon saß und zulangte, nahm auch Grattus einfach Platz und wählte unter den Speisen.

Der Noriker zögerte, nicht weil ihm der Hunger, der Durst oder der Mut fehlte… Er hatte eine derartige Pracht an Speisen noch nie vor sich aufgebaut gesehen. Ihm fehlte einfach der Glaube, dass dieses Mahl auch für ihn sein sollte.

„Nun komm schon, Arpagius, auch du hörtest die Einladung. Wenn unser Gastgeber schon so energisch bittet, solltest auch du dich seinem Wunsch nicht verwehren…“ Grattus Grinsen und seine vom Spott getragenen, nachfolgenden Worte brachen den Bann, der sich auf Arpagius Schultern breit gemacht hatte.

„Oder stört dich, dass noch vor kurzer Zeit der Treverer in seinem Blut vor dir auf dem gleichen Tisch lag… Ich wusste nicht, dass dich etwas Blut derartig abschreckt…“

„Spinner!“ war des Noriker Antwort. Der Mann nahm den noch freien Platz ein und seine nachfolgenden Bemühungen bewiesen, dass ihn das bisschen Blut nur wenig bekümmerte.

Die ersten Geräusche waren dem Schmatzen und Schlürfen gewidmet und weil feinere Tischpartner fehlten, störte sich auch keiner an den Essgewohnheiten einfacher Miles Legionarius.

Der Wein verleitete zur Bewunderung, denn solchen edlen Tropfen genossen die Legionäre noch nie. Ihr Urteil, sich in verklärten Augen, in bewundernden Worten und im heftigen Nachfüllen ausdrückend, darf als echtes Bekenntnis von Genießern erkannt werden.

Welcher Milites Caligatae war in der Kenntnis einer guten Herkunft und des Jahrganges eines Weines gänzlich ohne jede Erfahrung? Allein die über die Jahre des Dienstes genossene Menge des Weines sprach dafür. Dabei darf jedoch nicht verkannt werden, dass der von Legionären getrunkene Wein sich an ein anderes Getränk annäherte, dass sich als Posca sehr dicht an Essig anlehnte. Zwischen Posca und dem Wein des Finley bestand ein gewaltiger Unterschied, der sich dann auch in der Bewunderung der Miles äußerte.

Das Mahl der Männer verlief ruhig, endete in Rülpsern und Wohlgefühl. Als Finley in die Hände klatschte, erschien die Haushälterin, erhielt die Anweisung zum Abräumen, zur Versorgung der Verletzten Treverer im Obergeschoß, der beiden Gefangenen in der Kammer unter ihnen und zur Unterbringung der Legionäre in einer der Dachkammern.

Finley und Gerwin zogen sich in den Arbeitsraum des Secretarius zurück.

„Nun, mein junger germanischer Freund, solltest du mir berichten, was mein Wissen bereichert. Doch bedenke dabei, nur über deine Wahrheiten zu sprechen. Was du hörtest, sahst oder erlebtest soll mir helfen, die richtigen Schlüsse zu ziehen…“ Finley schwieg einen Augenblick, besann sich und setzte fort: „Die Wahrheit Anderer dagegen ist so eine Sache… Sprichst du über deren Wahrheit und ich trage diese weiter, könnte sich eine Kette von Mitteilungen ergeben, die letztlich immer zum Verursacher der Wahrheit zurückführt… Das dürfte insofern unangenehm werden, weil diese Kette der Nachrichten immer auch zu deren Ausgangspunkt verfolgt werden könnte…“

Gerwin nickte. Er hatte es nicht eilig, Finley zu berichten, sah jedoch ein, dass dessen Bestreben nicht von Neugier getragen, sondern der Vorausschau unangenehmer Ereignisse und dem Vorbeugen darauf, gewidmet war. Er trank noch einmal aus seinem Weinglas und dann begann er.

Finley war ein ausgezeichneter Zuhörer, der sich in Geduld übte und erst als Gerwins Bericht zu Ende war und sich der Germane in Schweigen hüllte, mit seinen Fragen begann.

„Du wirst mir sicher den Namen des Mannes nicht nennen, der hinter dem Anschlag auf den Legat steckt?“

„Nein, werde ich nicht!“ erwiderte Gerwin.

„Du kannst jedoch nicht verhindern, dass ich gewisse Schlüsse ziehe und damit in der Lage bin, in eine bestimmte Richtung zu vermuten…“

Gerwin wartete ab.

Als Finley weiterhin schwieg, erinnerte er ihn an dessen kurz zuvor gesprochene Worte. „Deine Vermutung unterscheidet sich stark von genauem Wissen… Also wirst du deine Vermutung mit Vorsicht behandeln.“ Gerwin lauerte und schwieg deshalb kurze Zeit. „Das ist auch gut so, denn es ist tatsächlich sehr gefährlich, dringt die Kunde vom Überleben der Treverer in die falschen Ohren. Diesen Optio und den Wegelagerer bringe ich in der Frühe zu Verginius Rufus. Ich denke, der wird so einige Fragen an diese Männer haben… Sollte denen der Wille zur Mitteilung fehlen, wird der Carnifex helfen, die richtigen Antworten zu liefern…“

„Daraus schließe ich, dass die Verletzten wohl bei mir bleiben sollen?“

„Vorerst zumindest und das hat zwei Gründe. Zum Einen brauchen die beiden Auxiliaren etwas Zeit, damit ihre Wunden zu heilen beginnen. Der Medicus wird außerdem täglich nach den Männern sehen… Und auch du, mein keltischer Freund, wirst einige Zeit benötigen, die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen…“ Gerwin trank, blickte versonnen in sein Glas und sprach einfach weiter. „Bestimmt ist auch dir aufgefallen, dass die Wunde des einen Treverer von meinen kleinen Freunden stammt…“ Der Hermundure zögerte. „Ich war glücklicherweise nicht gründlich genug, sonst könnte sich der Auxiliar nicht weiter unter der Sonne bewegen… Ich kann diese Wahrheit ganz für mich vereinnahmen und dennoch solltest du diesen Zusammenhang Anderen gegenüber verschweigen… Wenn ihn mein Dolch ritzte, dann gehörte er zu den Wegelagerern. Das wiederum wirft die Frage auf, warum ein Auxiliar mit Wegelagerern gemeinsame Sache gegen einen Legat machte?“

Finley nickte. „Darauf war ich schon gekommen. Denn immerhin beschriebst du den Tod eines Centurio oder Decurio und brachtest einen Optio als Gefangenen zu mir…“

„Gefangene sind sie alle! Die oben in der Dachkammer genauso wie die im Raum neben uns… Der Unterschied liegt nur darin, dass die Beiden im Dachgeschoß den Namen des Mannes offenbarten, der hinter dieser Sache stecken soll. Damit würden sie, falls sie die Absicht einer Flucht hegen, zu toten Männern…“

Finley verstand.

„Nun, der Optio bezweckte, weil er den Tod des Legats nicht mehr erreichen konnte, den Tod möglicher Verräter. Und dass die Treverer zu Verrätern ihrer Sache wurden, dürfte meinen kleinen Freunden geschuldet sein… Sie hatten nur eine Wahl, sprechen oder für immer schweigen…“

Finley wusste, was Gerwin meinte.

„Weißt du, großer grauer Mann der Güte, dass im ersten Moment des Überfalls kein Unterschied zwischen den Angreifern zu erkennen war. Sie trugen alle Lumpen und waren schmutzig. Als ich einer mir beigebrachten Notwendigkeit folgte, starb der Anführer der Bande. Bei ihm erblickte ich, unter diesen Lumpen, die an seinem Körper hingen, eine Lorica Hamata und auch seine Waffen waren tadellos. Das konnte ich, nachdem ich die toten Wegelagerer besichtigt hatte, von diesen nicht behaupten. Auch deren Haar unterschied sich zu stark. Irgendwie kam mir der Gedanke, dass es sich um Treverer handeln könnte und tatsächlich widersprach mir keiner der Gefangenen…“

„Du sprachst gerade von einer Notwendigkeit…“

Gerwin blickte in verwunderte Augen des Älteren.

„Mein Herzog sagte mir einmal, dass wenn irgendwie möglich, der feindliche Anführer als Erster sterben sollte… Du erinnerst dich an den Überfall der Chatten auf Amantius Wagenzug nach Gesoriacum?“

Finley nickte.

„Der Anführer war so klug, den Angriff aus einer gewissen Entfernung zu beobachten. Er wusste jedoch nicht, dass er sich dadurch auch als deren Anführer heraushob… Ebenso glaubte er wohl nicht daran, dass sich ein Angegriffener aus der Bedrohung zu lösen vermochte… Immerhin verfügte er über die Übermacht und wusste dies auch!“

Finley nickte eine Zustimmung und schwieg.

„Die ganze Bande war, von diesem Augenblick an, führungslos. Weil die Wegelagerer von der Begleitmannschaft des Legat niedergemacht werden konnten, griffen die übrigen Auxiliaren ein. Deren Ziel war aber eindeutig der Legat, was die Kerle vor meine kleinen Freunde brachte…“

„Dann liegt dir am Schutz der Treverer dort oben…“ Finley nickte mit seinem Kopf in diese Richtung „…und den Treverer hier unten wirst du ausliefern. Warum?“ Finley wirkte irritiert.

„Sie verfolgten alle das gleiche Ziel… Nur weiß der Mann, der den Überfall befahl, nicht, dass Gefangene in unsere Hände fielen… Als überlebende Gefangene sind sie zum Verrat gezwungen… Der Optio wollte verhindern, dass diese Männer sich auch weiterhin ihres Lebens erfreuten. Nun stelle dir aber einmal vor, dass möglicherweise ein römisches Gericht, ein Statthalter oder gar der Kaiser diese Taten untersucht… Was denkst du, welchen Wert dann Zeugen besitzen?“

„Das erklärt viel! Die Oben sind also Zeugen…“

„… an deren Schutz mir und dem Legat viel liegt…“

Finley begriff diese Tatsache und auch darüber hinaus, dass sein hier gezeigtes Verhalten zu einem enormen Vorteil für seinen Herrn, den Händler Amantius, führte.

„Diesen Sinn erkenne ich und kann ihn auch, zum Nutzen meines Herrn, mit Münzen begünstigen… Nur warum willst du den Optio opfern? Schicke den Wegelagerer ins Jenseits, berichte dem Legat und schenke auch dem Optio deinen Schutz!“

Gerwin schüttelte sein Haupt. „Das geht nicht, mein Freund!“

„Warum nicht?“

„Der Wegelagerer trägt weit weniger Schuld als der Optio… Er wurde mit Gold oder Münzen geködert. Schlägt der Überfall fehl und er überlebt, streicht er mit Recht, unabhängig davon, ob Erfolg oder Misserfolg, den Lohn dafür ein. Der Optio aber gehört zu denen, die den Erfolg vor den Gewinn stellen. Er bleibt ein Feind des Legat und dass kann ich nicht dulden, denn letztlich gefährdet der Kerl meine Absichten… Und dann ist mit diesem Optio noch ein weiterer Vorteil verbunden, den ich dir aber deshalb verschweigen werde, weil dies nicht meine Wahrheit ist…“

Finley vernahm die Worte und weil ihn nicht Neugier trieb, hüllte er sich in Schweigen.

„Der Optio wird auch gegenüber dem Carnifex zu Schweigen versuchen…“ fügte der Hermundure leise an. „Spricht er über den Auftraggeber, dann ist er ohnehin ein toter Mann. Weil er aber auch von den gefangenen Treverern weiß, dürfte sein Überleben fast unmöglich werden… Ich kann ihn aber auch nicht als Zeugen verwenden, weil er ohne Zwang nicht sprechen wird… Er ist schon jetzt für den Legat ohne Bedeutung und dennoch kann Verginius Rufus noch einen Sinn aus dem Mann ziehen… Das aber ist wiederum dessen Wahrheit!“

„Was denkst du, wie lange werde ich die Treverer verbergen?“

„Zehn Tage sollten reichen… Nur hängt das auch von dir ab.“

„Von mir…“ Finley wunderte sich.

„In etwa zehn Tagen sind die Treverer über den Berg… Der Medicus wird dann wissen, ob die Männer eine längere Reise überstehen. Diese Reise wird der Beinverletzte, zu dem Zeitpunkt, noch nicht zu Fuß zurücklegen und der Andere wird nicht reiten können… Wenn die Treverer dennoch in Sicherheit gebracht werden müssen, was bleibt dann noch?“ Gerwin sah den Älteren an.

Finley schwieg. Was wollte sein jüngerer Freund?

„Ich denke mir das so. Du bist im Besitz einer Truhe Münzen, die Amantius gehören. Daraus entnimmst du den notwendigen Betrag und kaufst eine Flussliburne. Den Trierarch dafür bringe ich dir und ich gebe dir die Garantie, dass du einen Besseren, weder hier noch flussauf, zur Mündung des Rhenus zu, kaum finden wirst… Es bliebe noch die Mannschaft, die eine weitere Auslage erfordert. Gibst du dem Trierarch jetzt und in Zukunft genügend Aufträge, wird er den von dir ausgelegten Betrag bald zurückzahlen können. Dies bedeutet, du machst, in meines Vaters Sinn, ein gutes Geschäft. Außerdem hilfst du mir und damit wieder dem Mann, der mich anstatt eines Sohnes wünscht…“

„Woher weißt du von der Truhe…“

„Was denkst du?“

„Davon weiß nur Amantius, vielleicht noch Samocna, nur würde der nie über diese Wahrheit sprechen…“ Finleys Verwunderung schien grenzenlos.

„Nun, großer Kelte, Samocna würde mir gegenüber kaum darüber sprechen… Warum aber sollte der Mann darüber schweigen, der mich zum Sohn begehrt?“

„Davon wissen nicht mal die beiden Frauen… Warum hat er mir gegenüber dann noch nie über deine Rechte gesprochen?“

„… und das muss auch so bleiben!“ folgte Gerwins Forderung.

„Gut, ich greife in die Truhe und Amantius zürnt mir…“ begann Finley vorsichtig.

„… dann verweist du auf mich und jeder Zorn wird sofort erlöschen…“ vollendete Gerwin.

„Dessen bist du dir sicher?“ Dem Wunsch des Germanen zu folgen, schien Finley nicht geneigt.

„Wie viele Truhen kennst du?“ Gerwin lächelte.

„Ich weiß von zwei!“ beharrte der Kelte.

Gerwin nickte. „Die bei dir, die in Samocnas Hand und die, welche Amantius selbst verwahrt… Aber das sind ja schon drei…“ wunderte sich Gerwin. „Finley, ich könnte dir auch noch die Größe und Anzahl dieser Truhen in Amantius Verwahrung beschreiben, genauso wie den Ort, an dem sie verborgen sind… Doch das ist nicht meine Wahrheit…“

Der große Kelte blickte irritiert zu Boden. Er war von Verlegenheit gezeichnet. Gerwin war selbst vertrauenswürdig genug und dennoch musste er, in Amantius Schuld und Vertrauen stehend, ablehnen. Es war nicht sein Gold. Ohne auch nur einen Beweis des Wohlwollens, war die Auslage einer solchen Summe unmöglich.

„Ich mache dir einen Vorschlag.“ Gerwin verstand die Bedenken des großen Kelten. „Du suchst die geeignete Liburne, sendest einen Boten zu Amantius und den Kauf schließt du erst ab, wenn der Bote zurück ist. In fünf Tagen wird der Bote sicher zurück sein. Dann steht auch der Trierarch vor dir. Er wird seine Mannschaft selbst aussuchen und falls die Treverer reisen können, bringt sie diese Liburne zu ihrem Ziel!“

„Gerwin, verstehe mich richtig. Wäre es mein Geld, sei es mir eine Ehre…, doch Amantius… Es wäre ein nicht eben niedriger Betrag…“

„Mein Freund, das verstehe ich. Nur glaubst du, ich würde dir gegenüber von Geld und Truhen sprechen, ohne das Recht dazu zu besitzen? Selbst wenn ich die ganze Truhe fordern sollte, stimmte Amantius bedenkenlos zu! Mache dir keine Sorgen, denn wenn es ein gutes Geschäft werden soll, muss es klug durchdacht sein… Ich brauche jetzt diese Liburne, um die Treverer in Sicherheit bringen zu können. Dabei kam mir dieser Gedanke, weil das Ziel an einem Fluss liegt und beide Verletzte, kaum bis dorthin reiten könnten… Glaube mir, der neue Trierarch wird ein sehr glücklicher und sehr treuer Mann sein…“

„Dann kannst du mir dessen Namen sicher nennen…“ Finley begriff, dass dieser Name von Bedeutung war. Schließlich musste der Trierarch die Billigung von Amantius besitzen.

„Das könnte ich, werde ich aber nicht. Du wirst dich gedulden. In fünf Tagen…“

„Du kennst den Mann?“ Die Frage war von Vorsicht begleitet.

„Ja!

„Warum verschweigst du mir dann seinen Namen?“

„Du sprachst von eigenen Wahrheiten… Solange mir des Mannes Zustimmung fehlt, ist es noch nicht meine Wahrheit und ihn hierher zu bringen, erfordert auch einige Zeit. Übe dich in Geduld!“

„Nun gut, das scheint mir vernünftig. Ich werde eine Liburne suchen. Wird dein Trierarch mit meiner Wahl einverstanden sein?“

Zur Antwort lächelte Gerwin nur.

„Was geschieht mit deinen Legionären, dem Optio und dem Wegelagerer?“

„Auf den Optio und den Wegelagerer wartet der Legat und im Anschluss ganz bestimmt auch der Carnifex… Die Legionäre begleiten mich bis kurz vor eines der Nebentore. Ich möchte nicht, dass deren Gesichter, als die meiner Getreuen, bekannt werden. Sie werden sich wieder zurückziehen und abwarten, bis deren Centurio sie abholt. Das aber ist nicht deine Sorge. Ihre Gesichter und Erscheinungen solltest auch du schnell vergessen…“

Gerwin ließ Finley genügend Zeit, seine Wünsche zu begreifen.

„Wenn wir in aller Frühe abrücken, entsteht am Tor sicher der Eindruck, dass die Zahl, der in der Dunkelheit am Vortag Gekommenen mit der Anzahl der das Tor passierenden Fremden, übereinstimmt. Das sollte von der Dunkelheit begünstigt sein und zumindest neugierige Fragen verhindern… Dass wir dich aufsuchten, besaß mehrere Gründe. Die Versorgung der Verletzungen, das Verbergen der Treverer und die Abstimmung zu meinem Plan. Dass ich Gefangene mitbrachte, ist deinen Wächtern nicht entgangen und dass ich mit diesen wieder durch das Tor hinaus reiten werde, bleibt denen auch nicht verborgen. Sollten dennoch Zweifel an der Zahl auftreten, solltest du einem eventuellen Gerücht wirksam begegnen.“

Finley nickte einfach.

„Was den Medicus betrifft, könntest du die Geschichte des Beinbruches eines Wagenlenkers übernehmen. Vom Optio, dessen Schulterknochen ich brechen musste…“ Gerwin deutete auf die Stelle an seinem Körper und Finley verstand, „…weiß der Medicus nichts. Was ich zerbrach, schiente ich selbst. Der Wegelagerer trug keine Verletzungen davon… Bist du dir der Verschwiegenheit dieses alten Griechen sicher?“

„Ich denke schon…“ brummte Finley. „Er machte zu gute Geschäfte mit uns, als dass er gewillt wäre, in Zukunft darauf verzichten zu wollen…“ Der Secretarius schüttelte seinen Kopf. „Ich traue diesem Alten und für den Fall, dass er doch meines Vertrauens unwürdig wäre, weiß ich ein Gegenmittel. Orbettino wird ihn beobachten…“

„Ist der Streuner nicht ein Mitwisser zu viel?“ Gerwin traute dem Burschen nicht.

„Er wird nicht erfahren, warum er das tun soll…“

Wenn Gerwin gegenüber dem Streuner und dem Medicus misstrauisch blieb, galt dies nicht Finley, den er ungemein schätzte und genau wusste, dass der große Kelte an Treue und Zuverlässigkeit kaum überboten werden könnte. Außerdem glaubte Gerwin, dass ihn der große Mann mochte.

„Die nächsten Tage wirst du mich sicher nicht sehen. Gut wäre es, würdest du dich mit Viator treffen. Er sollte von unserem Erlebnis wissen. Außerdem wüsste ich es zu schätzen, wenn er bei unserer nächsten Begegnung auch dabei wäre… Für deine Mühen danke ich dir!“

Gerwin stand auf und begab sich die Treppe hinauf in Amantius Schlafraum. Ihm hätte eine der beiden Dachkammern genügt, doch die waren durch die Treverer und seine Legionäre besetzt. Also begab er sich zu Amantius Zimmer. Er entkleidete sich, erfrischte sich am bereitstehenden Wasser, wusch den Schweiß und Dreck vom Körper und streckte sich auf dem Bett aus.

So sicher, so sauber und so weich schlief er selten. Die Anstrengungen des Tages oder war es seine Jugend, verhalfen ihm zu einem tiefen Schlaf.

Die Legende vom Hermunduren

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