Читать книгу Sag der Straße der Sünde auf Wiedersehen! 3 mitreißende Romane - G. S. Friebel - Страница 10
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ОглавлениеEs war ein schöner Herbstmorgen. Wenn man jetzt außerhalb der Stadt einen Spaziergang machte, konnte man durch das raschelnde Laub wandern, man fühlte den nahen Winter, aber irgendwie war alles noch so schön und heiter.
In der Puffstraße veränderte sich kaum etwas. Vielleicht im Winter, wenn sich Schnee zu ihnen verirrte, das war auch alles. Die Häuserfronten behielten das ganze Jahr über das gleiche Gesicht, und in den Hinterhöfen schepperten die Mülltonnen. Hier musste man schon ziemlich lange laufen, um Bäume und Blumen zu finden. Manchmal hatte man das Gefühl, auf einem toten Stern zu leben.
Lilly saß im Frühstückszimmer und lackierte sich die Fußnägel. Die Frühschicht stand draußen. Sie bedauerte sie immer. Oft mussten sie den ganzen Tag stehen und brachten sehr wenig herein. Und immer wenn sie eines der Mädchen hörte, wie es mit einem Jüngling die Treppe hinaufstieg, schwor sie sich, noch in diesem Jahr Schluss zu machen. Für immer.
Gerda kam herein, mit einem Jäckchen und einem schicken Hütchen.
»Wo willst du denn hin?«
»Ich brauch Lippenstift, Puder und kauf mir eine Zeitung. Soll ich dir was mitbringen?«
»Bring mir zwei Paar Strümpfe mit, meine Größe kennst du ja. Hab’ sie schon wieder zerrissen.«
»Ist gut.«
Für ihre kleinen Bedürfnisse brauchten sie nicht weit zu laufen. Gleich hinter der Mauer waren ein paar Geschäfte, und die lebten nicht schlecht von den Nutten und deren Zuhältern. Natürlich rümpften sie die Nase über dieses Volk, das Geld nahmen sie aber liebend gern an.
Linda hatte gerade ihren zweiten Fuß in Angriff genommen, als Gerda wieder auftauchte.
»Es wird frisch, kann ich dir flüstern. Wenn das heute Abend auch so kalt ist, dann muss Schiel die Außenheizung einschalten, sonst stell ich mich nicht ’raus.«
Sie bewohnten ein sehr modernes Liebescenter. Im Winter war die Außenrampe durch Infrarot beheizt. Zuerst hatten die Zuhälter die hohen Kosten gescheut, aber der viele Ausfall durch Grippe war höher als die Stromrechnung, und so hatten sie nichts dagegen einzuwenden gehabt. Sie konnten buchstäblich das ganze Jahr, alle 365 Tage, draußen ihrem Gewerbe nachgehen. Und es sah im Winter besonders reizvoll aus. Unten im Hof standen die vermummelten Freier und starrten entgeistert auf die halbnackten Mädchen auf der Rampe. Die schienen überhaupt keine Kälte zu empfinden. Und sie wunderten sich auch, wenn sie oben in den Zimmern waren und sie wirklich keinen Eisklumpen im Arm hielten. Da machte das Lieben noch mal so viel Spaß. Und viele gingen im Winter nur zur Nutte, um sich ein wenig aufzuwärmen.
Gerda klatschte die Zeitung auf dem Tisch, legte die übrigen Utensilien daneben.
»Seit wann liest du Zeitung?«, staunte Tiger-Lilly.
»Seit du vorhast, uns ins Theater zu entführen«, war die Antwort. »Jetzt will ich auch wissen, was es gibt.«
Tiger-Lilly lachte.
»Kannst du denn überhaupt lesen? «
»Hast du meinen gestrigen Auftritt vergessen?«
»Richtig, du bist ja gebildet. Na, dann lies mal vor, aber nur interessante Sachen, ja?«
»Mord haben sie heute nicht, Bankraub auch nicht, nur Politik. Wollen wir doch mal sehen, wer alles gestorben ist, nee, die kenne ich auch nicht. Gucken wir mal unter Verschiedenes, da kannst du dich halb krank lachen, was die nicht alles dort schreiben. Carola und ich haben uns neulich köstlich amüsiert.«
Gerda las vor. Es begann mit »Pudel entlaufen« und »Heimplätze gesucht«. Dann suchten ein paar Kegel-Schwestern noch mehr Schwestern, und jemand hatte billig Äpfel abzugeben und Omas alte Garderobe.
»Warte mal, hier ist eine längere Anzeige. Mal sehen, was die wollen«, sagte Gerda. Und dann las sie vor: » Zum Auerhahn«, 25. 9., 20 Uhr, Bierglas fiel um, schwarzhaarige Dame, zwischen Mutter und einer anderen Dame sitzend, wird von Herrn (vom gegenüberliegenden Tisch), den sie freundlich lächelnd verabschiedete, um Nachricht gebeten. Unter Nr. 3458.«
»Mensch, kommst du dahinter? Das ist ja richtig verschlüsselt, ich versteh kein Wort«, sagte die Bohnenstange.
Tiger-Lilly hatte mit ihrer Pinselei aufgehört. Sie stierte ein paar Löcher in die Luft.
»Moment mal, lies doch noch einmal vor.«
Gerda tat es, machte aber immer noch ein dummes Gesicht.
»Mensch«, schrie Lilly auf, »bist du denn blöd, der meint uns!«
»Waaas?«
» Kannst du dich denn nicht mehr erinnern? Wir waren doch gestern um die Zeit im Auerhahn. Ich kann mich genau erinnern, dass der Bunker so hieß. Carola fiel ein Glas um, und da kam doch dieser Typ und hat uns geholfen.«
Gerda sah Lilly an, und Lilly sah Gerda an, und dann platzten sie los. »O du meine Güte, richtig, jetzt ist alles klar wie Kloßbrühe. Herrje, kannst du mir sagen, weswegen er das in die Zeitung hat setzen lassen?«
»Vielleicht will er für seine Freundlichkeit bezahlt werden«, meinte Lilly nachdenklich.
Gerda lachte, bis ihr die Tränen über das Gesicht liefen. »Er hält Carola tatsächlich für deine Mutter, hahahaha.«
Lilly musste auch lachen.
»Komm, den Wisch zeigen wir ihr, dann wird sie grün vor Wut.«
Sie mussten ordentlich trommeln, bis Carola endlich mit verschlafenem Gesicht aus der Tür blickte.
»Mitten in der Nacht, seid ihr verrückt?«, schimpfte sie los.
»Du hast wohl einen Heiermann verschluckt, es ist gleich elf«, sagten die beiden Dirnen ungerührt. »Los, mach deinen Bunker auf, wir wollen ’rein.«
»Ich bin verdammt müde und will noch schlafen.«
»Dann hast du also die Flasche leer gesoffen?«, sagte Lilly kalt. »Na, dann schleifen wir dich erst mal unter die Dusche, da wirst du wieder munter.«
Mit dem Schleifen wurde natürlich nichts, nur ein Elefant hätte Carola von der Stelle schieben können. Aber sie ging schon freiwillig, weil sie aus alter Erfahrung wusste, es lohnte sich überhaupt nicht, sich zu wehren.
»Bringt mir Kaffee ’rauf, unterdessen mach ich mich fertig.«
Gerda, gutmütig, wie sie war, ging auch tatsächlich hinunter. Wenig später saßen sie dann zusammen.
»Wo brennt’s denn?«, gähnte Carola. »Also ehrlich, heut geh ich nicht in die Stadt.«
»Brauchste auch nicht, Carola. Lies mal die Zeitung.«
»Mir wird heute aber auch nichts erspart. «
Tiger-Lilly und Gerda kicherten. Carola nahm die Zeitung und begann die kleine Anzeige zu lesen. Zuerst begriff sie auch nichts, aber dann begann es langsam in ihr zu dämmern.
»Momentchen mal«, rief sie. »Wie hieß denn gestern dieser ominöse Schuppen noch mal?«
»Zum Auerhahn«, sagte Lilly und Gerda zugleich.
»Ist das vielleicht dieser komische Typ, der Lilly immer so angegluptscht hat?«
»Ja!«
»So ’ne Frechheit, mich als Mutter zu bezeichnen, wirklich!« Sie schnaufte wie ein Nilpferd. »Das ist wirklich gemein, also so alt bin ich auch wieder nicht.«
»Haben wir dir nicht immer gesagt, wenn du so viel frisst, wird man dich bald für eine alte Schachtel halten?«
»Halt du dein Lästermaul«, schimpfte Carola zurück. »Wie kommst du dazu, den Knilch so freundlich zu verabschieden?«
»Weil er uns geholfen hat. Dein schönes neues Kostüm wäre ruiniert gewesen, wenn er nicht sofort aufgesprungen wäre. Wir waren ja wirklich blöde Gänse.«
Carola las sich nochmals die Anzeige durch und begann zu kichern. »Und was machen wir jetzt?«
»Wieso?«, meinte Gerda verdutzt, »was sollen wir denn machen?«
»Der will doch von Lilly eine Nachricht.«
»Bist du verrückt?«
Carola grinste. »Warum nicht? Den Spaß können wir uns doch wirklich machen. Ist doch nichts dabei.«
»Nee«, sagte Lilly resolut. »Das mach ich nicht, ich geh nicht mehr in den Schuppen.«
»Sollst du ja auch gar nicht, er will doch eine schriftliche Nachricht haben. Hier steht doch die Nummer.«
Die drei sahen sich an, und dann lachten sie wieder. Die Bohnenstange meinte: »Also, Lilly, den Spaß machen wir uns wirklich. Er weiß ja gar nicht, wer wir sind. Du, das wird eine Gaudi.«
»Hol mal Papier und Bleistift, den Brief setzen wir zusammen auf.« Carola dirigierte die beiden.
»Ich kann aber nicht gut schreiben«, maulte Tiger-Lilly. »Hab’ nie Lust dazu gehabt. Wenn der meine Klaue sieht!«
»Ich werde schreiben«, sagte Gerda.
»Und ich diktiere«, sagte Carola.
Lilly begann sich langsam für die Sache zu erwärmen. Sonst war sie ja auch für jeden Spaß zu haben. Und aus der Ferne! Warum eigentlich nicht?
Carola lehnte sich zurück und dachte nach. »Es muss eine kurze Nachricht sein und den Eindruck erwecken, als seist du ein züchtig erzogenes Mädchen, Lilly. Also, Gerdachen, schreib mal folgendes: Werter Herr, ich habe die Anzeige in der Zeitung gelesen. Leider weiß ich nicht, weshalb Sie mit mir in Kontakt treten möchten. Da Sie mir und meiner Mutter einen Gefallen erwiesen haben, möchte ich jetzt nicht als unhöflich gelten und schreibe Ihnen diese Zeilen. Wenn Sie mir eine Antwort zukommen lassen wollen, so schicken Sie diese bitte postlagernd.«
Lilly sah Carola bewundernd an.
»Du bist ja Klasse, ehrlich.« Und auch Gerda sagte: »Besser hätte ich es auch nicht gekonnt.«
Carola sonnte sich in der Bewunderung der beiden Mädchen. Gönnerhaft sagte sie nur: »Und jetzt schreib das fein ab, und dann in einen Umschlag und ab die Post.«
Während sich Gerda also an die Arbeit machte, unterhielten sich Lilly und Carola.
»Glaubst du, dass er antworten wird?«
» Na klar, der will doch Kontakt mit dir aufnehmen.«
»Und was soll ich dann tun?«
»Tja, also, warten wir doch erst mal die Antwort ab, und dann können wir uns noch immer etwas überlegen, Kleinchen. Auf alle Fälle haben wir unseren Spaß.«
»Ich weiß nicht«, meinte Lilly nachdenklich.
»Ach, die Kerle sind doch alle gleich, die wollen doch nur eins. Und er wird sich an dir die Zähne ausbeißen, verstanden? Er kriegt dann einen richtigen Denkzettel, dafür sorge ich schon.«
Gerda hatte den Brief zugeklebt. Nun noch die Adresse und die Anzeigennummer, und der Brief konnte abgeschickt werden. Am Nachmittag und auch am Abend mussten die drei immer wieder an ihren Streich denken. Gespannt warteten sie auf eine Antwort.
»Glaubst du, dass sie morgen schon da ist?«, wollte Lilly wissen.
»Nee, morgen kriegt er doch erst diesen Brief, das heißt, wenn er zur Zeitung geht, und dann schreibt er die Antwort und schickt sie ab. Also, wenn wir ein fixes Bürschchen haben, dann übermorgen.«
Zwei Tage später ging Tiger-Lilly zur Post. Sie hatte ihren Ausweis mitgenommen. Etwas mulmig war ihr schon zumute. Carola hatte ihr genau erklärt, was sie tun musste. Mit den Behörden standen Dirnen in der Mehrzahl auf dem Kriegsfuß. Dann kamen sie sich hilflos vor und wurden oft aggressiv. Selbst die Post war für sie ein unheimlicher Gegner.
Mit zitternder Stimme fragte sie nach einem Brief. Und wirklich, der Beamte schaute nur flüchtig ihren Ausweis an und schob dann einen Brief durch den Schlitz. Fassungslos sah sie darauf nieder. Dann nahm sie ihn und lief damit in den Puff zurück.
Carola und Gerda warteten schon oben. Lilly schwenkte ihn durch die Luft. Carola nahm ihn und riss den Umschlag auf.
»Rosa Briefpapier, das lässt tief blicken«, kicherte sie los. Und auch Gerda, die ja eine unglückliche Liebe hinter sich hatte, grinste. Lilly fühlte sich ziemlich überflüssig.
»Guck dir das an«, schnaufte Carola, »der trieft nur so vor Liebe. Mädchen, der hebt dich heiß und schwer. Hier schreibt er, es sei bei ihm Liebe auf den ersten Blick. Und er hätte sich todunglücklich gefühlt, als er das Lokal verlassen musste ohne ein Zeichen von dir. Darum sei er auf die Idee gekommen, dich durch die Anzeige zu suchen, und jetzt sei er überglücklich, dass du geantwortet hättest. Er möchte dich wiedersehen. Sein Herz sei entzündet, und nur du könntest es löschen.«
»Steht da wirklich so ein Quatsch?«, staunte Tiger-Lilly.
»Und ob, lies ihn selbst.«
Lilly tat es und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. »Wie im Roman, ehrlich Da reden sie auch so geschwollen.«
»Das ist nicht geschwollen, das sind seine Gefühle«, belehrte Carola sie ernsthaft. Gerda wollte sich vor Lachen ausschütten.
»Jetzt wird die Sache richtig lustig.«
»Was machen wir jetzt?« Tiger-Lilly nagte an ihrer Unterlippe.
»Jetzt? Zuerst besorgen wir uns auch feines Briefpapier, wir nehmen lila, das ist vornehm. Und dann schreiben wir zurück.«
»Du bist verrückt«, sagte Lilly.
»Nee, der wartet doch auf eine Antwort. Er schreibt doch selbst, dass er die Ungeduld kaum zügeln kann.«
Wenig später wurde Gerda losgeschickt. Sie kam auch mit lila Papier zurück. »Na, dann wollen wir mal wieder einen feinen Brief aufsetzen.«
Und Carola begann zu diktieren: »Sehr geehrter Herr Winzer. Ich habe mich sehr über Ihren Brief gefreut. Auch ich habe die ganze Zeit an Sie denken müssen.«
»Das stimmt nicht«, protestierte Tiger-Lilly.
»Ich diktiere jetzt, und du hältst deinen Mund. Also, Gerdachen, machen wir weiter. Ich bin damit einverstanden, dass wir uns einmal wiedersehen. Meine Mutti ist sehr streng, und ich kann höchstens nachmittags abkommen. Wenn Sie mir Zeit und Ort schreiben, dann schreibe ich zurück, ob ich kann oder nicht. Herzliche Grüße, Ihre Linda.«
Tiger-Lilly machte ein böses Gesicht.
»Und wer geht dann zum Treffpunkt?«
»Du natürlich, und du erzählst uns dann auch haargenau, was alles passiert ist.«
Gerda schickte den Brief ab, und sie warteten wieder voller Spannung auf die Antwort. Werner hatte geschrieben, dass er Versicherungskaufmann sei. Sein Alter war achtundzwanzig Jahre.
Lilly konnte nicht umhin, immer öfter an ihn zu denken. Sie versuchte, sein Gesicht in ihr Gedächtnis zurückzurufen. Sollte sie wirklich den Ulk mitmachen? Und wenn es herauskam?
Dann kam der Brief. Er schlug einen Treffpunkt mitten in der Stadt vor der Oper vor. Dort war kein so hektischer Betrieb, und man würde sich bestimmt nicht verfehlen.
»Ich werd sicher aus der Rolle fallen«, protestierte Lilly in einem fort. »Ich weiß ja gar nicht, wie man sich benimmt. «
»Vor ein paar Tagen hast du noch eine dicke Lippe riskiert«, sagte Carola mit Recht. »So, jetzt musst du auch in den sauren Apfel beißen.«
Die Bohnenstange meinte: »Da gibt es so ein Benimmbuch. Das werden wir kaufen und dann mit Lilly ein wenig üben.«
»Ihr seid wirklich total verrückt«, schrie diese. »Dazu hab’ ich keine Zeit, und außerdem will ich auch nicht.«
»Nur dieses eine Mal«, bettelten die beiden. »Los, sei kein Frosch, wir haben uns so viel Arbeit gemacht. Und außerdem ist das eine sehr gute Übung für dich.«
Ralph, der Puffwirt, wurde losgeschickt, um das Buch zu kaufen. Der sah die drei Nutten nur sprachlos an. »Wat wollt ihr denn damit?«
»Geht dich einen Dreck an, hier haste das Geld, und nun troll dich.«
Abends sahen sie das Buch gemeinsam durch. Gerda suchte die richtigen Stellen heraus. Dann übten sie mit Lilly, wie man sich als junges, unschuldiges Mädchen einem Herrn gegenüber benimmt. Lilly war sehr gelehrig, und langsam machte ihr die Sache auch Spaß. Es gab ihr Gelegenheit, sich an den Männern zu rächen, es ihnen mal zu zeigen, wie man sie doch so leicht an der Nase herumführen kann.
Am nächsten Tag sollte das große Abenteuer stattfinden. Gerda hatte schon die entsprechende Nachricht abgeschickt.
Um einundzwanzig Uhr standen die drei auf der Rampe und unterhielten sich lachend über die Sache. Dann aber kam für Carola ein Stammfreier, und sie verschwand mit ihm. Wenig später tauchte aus der Einfahrt Hans Conzen auf. Lilly entdeckte ihn sofort. Sie wollte sich aus dem Staub machen, aber er war schneller.
»Ich habe doch gesagt, dass ich wiederkomme«, sagte er lächelnd.
Sie machte ein abweisendes Gesicht.
»Heute habe ich aber nicht so viel Zeit wie das letzte Mal«, sagte sie schnell.
»In Ordnung, ich bin ja schon froh, dass ich dich überhaupt antreffe. Gestern war ich schon mal hier, habe dich aber nicht gesehen.«
»Ich hab’ dir doch gesagt, dass ich eine Reihe von Stammkunden habe«, sagte sie hochnäsig.
Weshalb sie so abwehrend zu ihm war, wusste sie auch nicht. In ihrem Zimmer gab Hans ihr das Geld für eine Stunde. Sie zog sich flink aus, und auch er war jetzt nicht so hölzern wie das erste Mal. Linda dachte: Diesmal darf es mich nicht wieder so erwischen, das halte ich nicht aus. Er soll sich bloß nichts einbilden. Ich bin nicht seine Geliebte. Männer sind zum Ausnehmen da, mehr aber auch nicht.
Vielleicht spürte Hans ihren Widerstand, vielleicht auch nicht. Er war wie das erste Mal überaus zärtlich mit ihr. Er musste ja so viel lernen. Aber sie hatte ihm gezeigt, wie man die Liebe genießt. Damals hatte sie schnell mit ihm fertig werden wollen und alle Raffinessen angewandt. Nun wiederholte er wie ein guter Schüler die Lektion, mit dem Erfolg, dass Linda sich wieder vergaß und die Liebe erlebte wie noch nie. Sie konnte einfach gar nicht anders, und am Ende fühlte sie sich völlig ausgepumpt.
Als sie ihn nach unten zurückbrachte, sagte sie: »Komm nicht mehr wieder.«
»Warum nicht?«, fragte er ruhig.
»Weil ich nie mehr mit dir schlafen werde.«
Er sah sie aufmerksam an. Dann aber ging er fort, ohne noch ein Wort darauf zu erwidern.
In dieser Nacht war Tiger-Lilly nicht wiederzuerkennen. Sie machte ihren Namen alle Ehre. Zum ersten Mal konnte sie nicht genug bekommen. Wie rasend stürzte sie sich auf jeden Mann, hätte ihn am liebsten mit Haut und Haar verschlungen. Sie wollte einfach alles vergessen, nicht mehr denken müssen.