Читать книгу Sag der Straße der Sünde auf Wiedersehen! 3 mitreißende Romane - G. S. Friebel - Страница 9

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Lilly stand vor dem Schrank und überlegte, was sie heute anziehen sollte. Da hatte sie neulich dieses fesche Indianerkleid aus weichem Leder gekauft. Zwar hatte sie nicht viel Lust heute, aber die Kunden erwarteten nun mal von ihr Leder auf der Haut. Ein Blick in den Kalender sagte ihr, dass sie heute drei Stammfreier haben würde. Aber die würden erst um Mitternacht auftauchen. Sie hatte also noch Zeit. Und sie würde sich mal neues Gemüse angeln. Wenn sie Glück hatte, würde sie mal einen jungen Mann bekommen. Die hatten in der Regel nicht viel Geld, die alten Böcke zahlten viel mehr. Alt, das hieß in ihrer Sprache ab siebzig, und davon gingen eine ganze Menge zu Dirnen. Man sollte es nicht glauben. Und dann konnten sie nicht, wie sie gerne wollten. Es auf die Nutte zu schieben, das war ja dann so leicht. Oft musste sie regelrecht schwitzen bei der Arbeit und war froh, wenn sie so einen Macker zur Zufriedenheit bedient hatte. Dann hatte sie fürs Erste die Nase davon voll und machte einen großen Bogen um sie.

Als Tiger-Lilly unten auf die Rampe kam, waren Carola und Gerda noch nicht da. Die anderen Dirnen betrachteten sie mit scheelen Augen. Sie hatten schon gehofft, sie würden heute nicht mehr kommen. Ohne einen Ton zu sagen, stellte sie sich auf ihren Stammplatz. Gaby musste Platz machen. Nun stand sie längst nicht mehr so günstig.

»Wie ist das Geschäft?«, fragte sie Gaby.

»Es geht, ist noch zu früh. Die kommen nur vereinzelt heute. Das ist kaum auszuhalten. Ich hab’ schon einen Krampf im Bein und kann kaum noch stehen.«

»Dann geh doch mal rein«, riet ihr Lilly.

»Du hast Nerven, der Alte schlägt mich tot, wenn der mich hier nicht sieht. Bin ich verschwunden, denkt er doch, ich hab’ einen Kunden oben und registriert ihn, und wenn dann am Morgen die Kasse nicht stimmt, nee, das hab’ ich einmal getan …«

Aber dann entstand auf einmal Bewegung in der Einfahrt. Es hatte sich sofort herumgesprochen, dass sie draußen war. Lilly dachte: Das ist wie im Zoo. Wenn da die Löwen rauskommen, drängen sich alle um ihr Gehege, und dabei gibt es noch so viele andere Tiere im Garten.

Dann klappte die Tür. Carola und Gerda waren auch da, Carola wieder so bunt wie ein Papagei. Das übliche Dreigespann. Sofort wurden sie von den Stammkunden jubelnd begrüßt.

»Und wir dachten schon, ihr würdet gar nicht mehr kommen. Wir waren heute schon hier, sind dann wieder abgedampft«, sagten zwei Männer. »Mensch, Carola, wenn ich dich sehe, dann erst weiß ich, ich bin in Hamburg. Wie ist es mit uns, Süße?«

»Prächtig«, lachte sie.

Er sprang auf die Rampe. »Gelten die Preise noch immer?«

»Na klar«, lachte sie ihn an. »Wir bleiben stabil.«

Gelächter im Hof.

Gerda wurde auch umringt, und Lilly stand da und wurde von zwei älteren Männern angegafft. Das war ja das komische an der Sache. Muttchen bekam die jüngeren Typen und sie die älteren Kerle. Es. war wirklich alles verkehrt. Aber die jungen Männer konnten auf der Straße jedes junges Mädchen umsonst bekommen, da hatten sie eben Appetit auf etwas anderes. Und die älteren Männer machten sich lächerlich, wenn sie draußen hinter blutjungen Geschöpfen herliefen, wonach ihnen aber der Sinn stand. Obwohl sie auch schon fünfundzwanzig war, wirkte sie in ihrer Aufmachung immer so um die siebzehn bis neunzehn.

Aber sie wollte heute keine alten Kerle auf der Bude haben. Und dann musste sie plötzlich an das Gespräch von heute Mittag denken. Sie wollte auch mal die Liebe wirklich kennenlernen. Dann entdeckten ihre Augen einen jüngeren Mann. Er hielt sich im Hintergrund. Alles an ihm sagte ihr, dass er heute zum ersten Male auf dieser Straße war, sich vielleicht alles nur ansehen wollte und nicht so recht wusste, wie die Spielregeln hier waren.

Der nächststehende Alte glaubte sich schon angesprochen, aber da merkte er, dass sie ihn nicht mal ansah. Über seinen Kopf hinweg lächelte sie den Fremden an.

»Möchten Sie nicht näherkommen?«

Er wurde rot, verlegen, und stotterte: »Ich?«

»Ja, ich meine Sie. Sie interessieren mich, mein Herr.«

Sie benutzte nie das Du im Hof, höchstens zu ihren ganz guten Stammkunden. Sie fand es so ordinär. Und viele hassten ordinäre Dirnen. Die solche haben wollten, die mussten ein paar Häuser weiter gehen, dort gab es die heruntergekommenen Schlampen.

Ihre Augen waren so zwingend, dass er in ihren Bann geriet, und sie strengte sich in der Tat sehr an. Und dann kam er wirklich zu ihr auf die Rampe.

»Ich werde Sie nicht enttäuschen.«

Sein Adamsapfel ging auf und nieder. Verwirrt sah er nach allen Seiten, bloß nicht auf Lilly.

»Wenn Sie mitkommen möchten.«

Herrje, dachte sie, so einen Stockfisch habe ich auch schon lange nicht mehr gehabt. Aber wir werden das Kind schon schaukeln. Als sie oben in ihrem Zimmer waren, sah er sich verdutzt um. Vielleicht hatte er eine Spelunke oder dergleichen erwartet, ein unaufgeräumtes, schlecht gelüftetes Zimmer, nach Puder und Schminke riechend. Sie hatte ein sehr modernes und großes Zimmer und hatte es mit hellen, schönen Möbeln eingerichtet. In der rechten Ecke stand das französische Bett, mit einer Felldecke bezogen. Daneben ein großer Spiegel. Einige Kunden wollten sich bei der Liebe beobachten.

Er stand da, mit hängenden Armen, und sah sie verwirrt an.

»Du musst mir jetzt fünfzig Mark geben«, sagte Lilly.

Hastig nestelte er das Geld aus der Tasche.

»So, und jetzt zieh dich aus, aber nur die Hose, ja. Wenn du ganz nackt eine Nummer schieben willst, dann musst du natürlich mehr bezahlen.«

Er stand noch immer stocksteif da, und die Augen wollten ihm aus dem Kopf fallen, als Lilly ihren Reißverschluss öffnete. Sofort fiel das kleine Lederröckchen zu Boden, und sie stand unten herum nackt vor ihm. Hastig leckte er sich über die Lippen.

Lilly kümmerte sich nicht um den Kunden, sondern ging zum Schrank und holte ein frisches Handtuch heraus. Das tat sie bei jedem. Die Decke sollte noch lange so schön bleiben. Als sie sich umdrehte und er noch immer verdattert an der Tür stand, sagte sie verdutzt: » Sag mal, hast du vielleicht noch nie mit einer Frau geschlafen?«

»Nein«, krächzte er hervor. »Noch nie.«

»Warum denn nicht? Du bist doch bestimmt schon dreißig.«

»Neunundzwanzig«, stotterte er.

»Sag mal, hast du vielleicht Angst vor Frauen?«

»Ich, ich weiß es nicht, meine Mutter sagte immer, sie seien so böse und schlecht.«

Lilly schnappte unwillkürlich nach Luft.

»Und jetzt bist du gekommen, und sie weiß nichts davon?« Das hat mir gerade noch gefehlt, setzte sie in Gedanken hinzu, ausgerechnet ein Muttersöhnchen. O du mein Gott, heute bleibt mir aber auch nichts erspart. Ich wäre besser gar nicht hinuntergegangen.

»Sie ist vor drei Wochen gestorben, und da fühlte ich mich so einsam und …«

Lilly kam auf ihn zu. »Hast du Geld genug? «

»D-d-doch ja, ich glaube schon«, stotterte er und wollte ihr ausweichen, aber hinter ihm war die Tür, und er konnte nicht weiter.

»Gib mir noch einen Fünfziger, und ich lehre dich die Liebe. Ich bin eine gute Lehrmeisterin, du sollst es nicht bereuen. Wie heißt du überhaupt?«

Die meisten Kunden sagten einen falschen Namen. Dieser aber nicht, das merkte sie auch sofort.

»Ich heiße Hans, Hans Conzen«, stotterte er hervor.

Er gab ihr tatsächlich noch einen Fünfzigmarkschein. So, nun hatte sie mehr Zeit für dieses verklemmte Bubichen. Einesteils tat er ihr schrecklich Leid, und sie musste wieder daran denken, wozu die Dirnen nicht da waren.

»Was muss ich eigentlich tun?«, stöhnte er auf.

»Spürst du ein Brennen in dir?«

»O ja«, sagte er hastig, »als ich da unten im Hof stand und dich sah, da war mir richtig komisch. Ehrlich, so hab’ ich noch nie empfunden. Und auch jetzt ist mir ganz wirr im Kopf.«

»Du brauchst keine Angst zu haben, Hans. Liebe ist schön, wirklich. Wenn man sie richtig auskostet, kann sie wundervoll sein.« Was red ich für dummes Zeug. Ich selbst versteh nichts von der Liebe, ich meine, von der wirklichen, und jetzt sag ich, dass ich sie ihm beibringen will.

Mit geschickten Händen fing sie an, ihn aus seiner Kleidung zu pellen. Das war gar nicht so einfach. Das Bubichen war so verklemmt, dass er sich selbst noch nie nackt gesehen hatte. Als er sich dann im Spiegel sah, und dazu seine Männlichkeit, die jetzt auch ein ganz anderes Aussehen angenommen hatte, war er tödlich erschrocken. Er wusste nicht, dass das zur Liebe gehörte.

Lilly hatte sich mittlerweile auch ganz ausgezogen, das gehörte zum Preis. Dann zog sie ihn auf das breite Bett und fing an, ihn zu streicheln und zu liebkosen. Er war völlig perplex, und das schöne nackte Mädchen neben ihm raubte ihm fast den Verstand. Instinktiv ahnte er jetzt, wie die Begattung vor sich ging. Aber er wagte nicht, die Dirne zu berühren. Lilly musste es ihm erst sagen, dass auch er sie streicheln müsse.

Linkisch und zittrig griffen seine Hände nach den zarten Brüsten, ein tiefes Stöhnen drang aus seiner Brust, und dann umfing er sie und war plötzlich wie toll, als wolle er sie mit Haut und Haaren verschlingen. Lilly selbst hatte ein ganz eigenartiges Gefühl in ihren Lenden. Das hatte sie noch bei keinem Kunden erlebt. Er war so tolpatschig, so rührend, und sie fühlte sich auf einmal wieder als ganz kleines Mädchen. Über dem Spiel vergaß sie Zeit und Stunde. Und das Brennen hörte nicht auf, und sie fühlte eine Flamme in sich emporsteigen. Lilly vergaß sich selbst, und der Verstand hörte auf zu arbeiten. Sie sah nur noch den Mann, und sie wollte von dieser Qual erlöst werden.

So zog sie ihn ungestüm auf sich, presste sich an ihn, flüsterte ihm zu, was er tun müsse, und als er begriff, tat er alles, aber dann wurde auch er von der Welle gepackt und emporgehoben. Sie waren eins und fühlten die Liebe wie noch nie. Für den Mann war es das allererste Mal, und er stürzte nach der Vereinigung in einen tiefen Abgrund. Lilly erwachte und wusste nicht, hatte sie jetzt geschlafen oder war sie ohnmächtig geworden. Ihr Herz flatterte noch immer wie ein gefangener Vogel in ihrer Brust. Das Blut weit siedend heiß, und es ebbte nur ganz langsam ab, wurde wieder normal.

Da lag sie nun, den Blick zur Decke gerichtet, noch immer verblüfft. An ihrer Seite dieser komische Mann. Er hielt die Augen geschlossen. Sie hatte das Gefühl, als seien Stunden vergangen, und dabei war noch nicht mal eine halbe Stunde vorüber.

Lilly wollte sich erheben, da öffnete Hans die Augen und sah sie zärtlich an. Nun war keine Unsicherheit mehr an ihm, sein Gesicht wirkte männlich straff, kantig.

Er streckte die Hand nach Lilly aus, berührte ihr Haar, ihre Schultern. »Sag mir, ist das die Liebe?«

»Die körperliche«, sagte sie vorsichtig. »Dann gibt es noch die seelische, aber die kann ich dir nicht geben.«

»Warum nicht?«, fragte er ruhig.

Sie lachte rau auf. Zuerst wollte sie antworten: Die kenne ich ja selbst nicht mal. Aber dann sagte sie bloß: »Ich bin eine Dirne, wir können unsere Kunden nicht seelisch lieben, das ist unmöglich.«

»Du bist das bezauberndste Geschöpf, das ich kenne, Lilly. Du bist sehr schön, mir ist, als wärst du eine Zauberin.«

»Ach nein, das kann jede Frau, weißt du.«

»Oh, du weißt nicht, wie ich unter meinem Wesen gelitten habe. Die ganze Zeit habe ich gespürt, dass meine Mutter unrecht hat, aber solange sie lebte, war ich in ihrem Bann. Da gab es niemanden, der mir geholfen hätte, mich daraus zu befreien.«

»Du hast es nie versucht, Hans.«

»Doch, verzweifelt sogar, aber sie haben mich ausgelacht und einen verklemmten Bubi genannt, Holzklotz und vieles mehr. Du hast sofort erkannt, dass ich Hilfe brauche, echte Hilfe.«

Lilly erhob sich mit einem Ruck.

»Lass mich in Ruhe«, schimpfte sie los und schlüpfte gleichzeitig hinter den Vorhang der Waschkabine.

Der Mann sah nicht, wie sie am ganzen Körper zitterte. Zugleich hatte sie erschreckte, weit aufgerissene Augen. Lilly war richtig verstört. Das war ihr noch nie passiert. Bisher hatte sie über die Freier immer gelacht, stand hoch über ihnen. Nun dies! Er sollte endlich mit seinem blöden Reden aufhören und gehen. Sie wollte ihre Ruhe haben. Der Tag hatte sie sowieso eine Menge Nerven gekostet.

Als Hans Conzen sich wieder angezogen hatte, blieb er noch für einen Augenblick im Zimmer stehen. Er lächelte auf sie herab.

»Ich danke dir für alles«, sagte er mit weicher Stimme.

Herrje, fluchte sie innerlich, erst hab’ ich lauter lausige Kerle, und jetzt auf einmal einen, der fast zu nett ist.

»Schon gut«, antwortete sie etwas versöhnlicher.

»Darf ich wiederkommen?«

Sie sah ihn kurz an. Jeder Kunde, dem es bei einer Dirne gut gefallen hat, sagte diese Worte. Und bis jetzt war sie auch immer stolz darauf gewesen, aber dieser hier sollte lieber nicht wiederkommen. Sie hatte einfach Angst davor.

»Ich bin sehr beschäftigt«, wich sie rasch aus. »Ich kann nicht sagen, ob ich dann Zeit für dich habe. Heute, das war mal eine Ausnahme.«

»Ich kann warten«, sagte er heiter. »Ich habe so lange gewartet, nun kommt es auf ein paar Tage mehr oder weniger auch nicht mehr an, Lilly.«

»Hör zu«, brauste sie wieder auf. »Ich hab’ dir alles gezeigt, du wirst jetzt allein fertig mit dem Leben. Was du jetzt brauchst, ist ein Weib, ein Mädchen, und das jeden Abend. Zeig es ihnen, nun kannst du es doch. Du wirst nicht versagen. Geh hin und such dir ein schnuckeliges Ding und mach es glücklich. Mit deinen 29 Jahren wird es höchste Zeit, dass du an eine Familie denkst. Mehr Ratschläge kann ich dir nicht geben.«

»Ich habe dich um keinen gebeten«, sagte er lachend. »Aber ich werde es mir merken.«

»Fein!«

Sie stiegen die Treppe hinunter. Auf der Rampe gab er ihr die Hand und lächelte ihr vertraulich zu, dann ging er fort.

Muttchen kam angewalzt. »Mann, da hast du ja einen Weltmeister bei dir gehabt. Wart ja ziemlich lange oben. Wir hatten schon ein wenig Angst.« Und als sie das merkwürdige Gesicht Tiger-Lillys bemerkte, meinte sie erschrocken: »Ist doch alles in Ordnung?«

»Klar«, schnaubte Linda. »Natürlich ist alles in Ordnung, und das war kein Weltmeister, sondern eine mickerige Mamitype, mit dem hatte ich meine Arbeit. Der wusste auch gar nichts, ehrlich. Und das in seinem Alter.«

»Warum regst du dich denn so auf?«

»Ich reg mich doch gar nicht auf, Muttchen. Was hast du denn?«

»Du bist so komisch, ehrlich. Komm mal mit rauf, ich muss mir erst einen hinter die Binde kippen, das Essen hat durstig gemacht. Oder willst du noch stehen? «

»Der Kerl hat mir alle Lust genommen. Nee, ich geh mit rauf, und anschließend schmeiß ich mich in die Falle.«

Wenig später saßen sie bei Carola. Linda hatte sich eine Zigarette angesteckt und rauchte nervös. Sie war keine wirkliche Raucherin, nur manchmal hatte sie das Bedürfnis. Und von dem Schnaps trank sie auch einen gehörigen Schluck. Das löste ihre Zunge.

»Und nun spuck’s aus, sonst erstickst du daran.«

Linda erzählte, was ihr mit dem Freier passiert war. Carola hörte aufmerksam zu. Und als sie geendet hatte, meinte sie: »Aber das ist es ja, was Bohnenstange und ich heute gemeint haben. Nun hast du es also auch gefühlt.«

»Aber ihr habt doch noch von ganz anderen Dingen gequatscht, von Gefühlen und Herzklappern und so, und dass man verdammt närrisch ist, wenn man den Typ nur hört.«

»Das kommt später. Hauptsache ist, dass du wirklich fühlen kannst. Wäre wirklich schade gewesen, wenn du das nicht gekonnt hättest. Ist doch ein feines Gefühl, nicht?«

Linda stand auf und ging ruhelos hin und her. »Ich fühle mich scheußlich, wenn ich ehrlich sein will. Ich hab’ keinen Boden mehr unter den Füßen. Es ist ein blöder Kerl, und er soll sich bloß nicht mehr bei mir blicken lassen. Ich schlag ihm sämtliche Zähne ein.«

»Kindchen, reg dich doch ab. Du bist immer noch du, du vergibst dir doch nichts dabei.«

»Ach, Muttchen, das Leben ist zum Kotzen. Kannst du mir sagen, warum wir überhaupt leben?«

»Um uns abzustrampeln und dann zu krepieren, anschließend fressen uns die Würmer auf. Dazwischen ist aber eine Lücke, und die muss man eben mit schönen Dingen ausfüllen. Zum Beispiel einen Schluck aus der Flasche, gutes Essen, ein prima Jungchen, mit dem man fein lieben kann, dann lohnt sich das Leben schon.«

Linda spürte, sie wurde immer hilfloser, und diesmal konnte ihr Muttchen auch keinen Rat geben. Das war das erste Mal.

»Ich geh jetzt pennen, bin wirklich müde.«

»Wann führen wir denn die feinen Kleider wieder aus?«

»Weiß ich noch nicht«, sagte Linda.

»He, kneifen gibt es nicht, umsonst hab’ ich die vielen Flöhe nicht der Alten da im Geschäft in den Hals geworfen..«

»Nein, nein, natürlich nicht«, sagte Tiger-Lilly schnell. Dann verließ sie das Zimmer, schloss ihre Tür ab, riss sich die Kleider vom Leib und kroch ins Bett. Sie wollte schlafen, aber sie konnte nicht aufhören, an die Begebenheit zu denken, und im Halbschlummer webten sie sich zusammen, das Gesicht des Freiers und des Mannes im Lokal, der ihnen behilflich gewesen war.

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