Читать книгу Sag der Straße der Sünde auf Wiedersehen! 3 mitreißende Romane - G. S. Friebel - Страница 11
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Оглавление»Mann, nun beeil dich doch. Du bist wirklich eine Transuse«, schimpfte Carola los. »Sonst kommst du noch zu spät.«
»Ja, ja, ja«, maulte Lilly und kam die Treppe herunter.
Am Morgen hatte sie die geänderten Kleider aus dem Geschäft abgeholt, davon trug sie jetzt eins. Weiß, mit ein paar Rüschen und einem kleinen roten Rand am Rocksaum. Tiger-Lilly sah einfach entzückend aus. Das Haar hatte sie so lange gebürstet, bis es glänzte. Nur ganz sparsam hatte sie Schminke aufgetragen. Wie ein ganz junges Mädchen wirkte Linda nun. Niemand konnte ihr ansehen, dass sie schon fünfundzwanzigJahre alt war und eine ziemlich lange Zeit im Bordell arbeitete.
»Es wird ihn glatt umbügeln«, lachte Gerda. »Eigentlich sind wir doch gemein, nicht? «
»Quatsch«, sagte Tiger-Lilly. Seit dem gestrigen Erlebnis war sie dafür, sich an ihm zu rächen, Oh, er würde sein blaues Wunder erleben.
»Also«, sagte Carola noch einmal. »Du nimmst ein Taxi, steigst aber vorher aus und gibst ihm nicht deine Adresse. Und wenn er noch so bettelt. Wenn er dich wiedersehen will, soll er postlagernd schreiben. Vergiss das nicht.«
»Herrje, ich bin doch kein verliebtes Balg«, brauste sie auf.
Sie hatte eiskalte Augen und ein grausames Herz, als sie davonging. Carola und Gerda blieben zurück.
»Was meinst du, vielleicht war es doch nicht gut, dass wir das gemacht haben«, meinte Gerda jetzt nachdenklich.
»Wieso denn nicht?«
»Und wenn sie sich jetzt verliebt?«
»Quatsch«, sagte Carola und wedelte mit den dicken Händen durch die Luft. »Nicht die Bohne, da brauchen wir keine Angst zu haben. Lilly ist nicht dafür reif.«
Tiger-Lilly saß im Taxi und starrte auf die Straße. Sie dachte im Augenblick an nichts. Erst als es mit einem Ruck hielt, sie das Fahrgeld zahlen musste und ausstieg, kam sie in die Wirklichkeit zurück. Sie hatte sich vorgenommen, nicht länger als eine Stunde bei dem Macker zu verbringen. Womöglich würde sie noch früher gehen, wenn er ihr mit seinem Gefasel auf den Wecker fiel. Gerda hatte ihr gesagt, dass verliebte Männer lauter dummes Zeug reden würden.
Langsam schlenderte sie an den Schaufenstern vorbei. Die Auslagen verlockten sie ungemein. Vielleicht würde sie später irgend etwas für sich kaufen. Vielleicht hatte das Geschäft, in das sie so gern ging, wieder ein neues Lederkleid.
Dann hatte sie die Oper erreicht. Sofort erkannte sie den jungen Mann wieder. Für ein paar Sekunden stockte ihr Fuß. Aber da hatte er sie schon erkannt, kam auf sie zugerannt. Sie sah seine Augen, sie waren braun und so weich wie Samt.
»Oh, Sie sind ja noch schöner, als ich Sie in Erinnerung hatte«, sagte er bewundernd.
Lilly brachte vor Verblüffung keinen Ton über die Lippen. Und sie wurde noch verlegener, als er ihr drei lange Rosen überreichte.
»D-d-danke«, stotterte sie. Es war noch nie vorgekommen, dass man ihr Blumen geschenkt hatte.
»Seit ich Ihren Brief in Händen hielt, konnte ich nicht mehr klar denken. Ich lebe wie in einem Traum. Seit ich Sie in dem Lokal traf, habe ich nur noch an Sie gedacht.«
»Wirklich?«
Tiger-Lilly fühlte den Boden unter ihren Füßen schwanken. Obgleich Gerda ihr alles mögliche gesagt hatte, war ihr Gehirn jetzt vollkommen leer. Sie konnte ihn nur anstarren. Das Denken hatte für Minuten ausgesetzt. Er war der erste Mann, mit dem sie außerhalb ihrer gewohnten Umgebung Kontakt hatte, und das verwirrte sie völlig.
»Darf ich Sie zu einer Tasse Kaffee einladen? Hier auf der Straße spricht es sich so schlecht.«
»Gern«, sagte sie mit schwacher Stimme.
Wenig später saßen sie in einem Meinen Café. Er sprach unaufhörlich. Sie begriff nur eins, seine Anbetung war echt, ungekünstelt. Lilly wusste einfach nicht, wie sie sich wehren sollte. Der Mann war wirklich vollkommen verwirrt. Er betete sie an, ihr Haar, ihre Augen, ihre Grübchen.
Und sie hörte ihn sagen: »Glauben Sie, dass wir uns jetzt öfters sehen können? «
»Wieso?«
»Ich meine doch wegen Ihrer Mutter.«
Pause.
Dann sagte er: »Heutzutage sind doch die Mädchen alle so frei und halten nichts auf ihre Eltern. Und darum fand ich es ja so nett, dass Sie mit Ihrer Mutter ausgingen. Und auch in den Briefen erwähnten Sie sie. Sie glauben gar nicht, wie stolz ich bin, dass ich so ein Mädchen wie Sie kennengelernt habe. Verzeihen Sie, aber ich muss es noch einmal sagen, Sie sind das bezauberndste Geschöpf, das ich bis jetzt kennengelernt habe.«
Lilly war so verwirrt, dass sie sogar rot wurde, und er fand es entzückend. Längst war eine Stunde vorbei, und sie saß noch immer bei ihm, sah seine Samtaugen auf sich gerichtet und war in seinem Bann. Als es für sie unerträglich wurde, sagte sie schnell: »Ich muss jetzt gehen.«
»Darf ich Sie nach Hause begleiten?«
»Nein«, sagte sie hastig. »Nein, Nein!« Und ihre Stimme klang erschrocken.
»Werden wir uns wiedersehen?«
»Wenn Sie wollen.«
»Übermorgen um die gleiche Zeit?«
»Ja«, sagte Lilly. Sie sagte es einfach, nur um aus seinen Bann zu gelangen. Es war ihr alles so unheimlich.
Während Werner Winzer die Rechnung beglich, schlüpfte sie aus dem Café und war sofort im Menschengewühl verschwunden. Er blickte sich noch nach allen Seiten um, sah sie aber nicht mehr und ging traurig heim. Dabei fiel ihm ein, dass sie ihm noch nicht einmal ihre Adresse gesagt hatte.