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HASSO

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Der große Bauernhof mit der beeindruckenden wunderschönen großen Villa, welche über eine breite Prinzessinnentreppe verfügte, wurde von der Leitung der LPG genutzt. Hier befand sich das Büro des Vorsitzenden dieses kleinen landwirtschaftlichen Betriebes, in dem meine Mutter putzen durfte. Diese LPG verfügte über ein paar Milchkühe, Pferde und etwas Land. Das Futter wurde also für die Tiere selbst angebaut, um sie versorgen zu können. Auch verschiedene Sorten Getreide und Zuckerrüben wurden bestellt. Aus diesem Getreide wurde nicht nur Mehl gemacht, die Braugerste war wichtig für des Bauern Lieblingsgetränk: das Bier. Aus den Rüben produzierte man neben der Silage als Winterfutter für die Rinder auch Zucker in den umliegenden Zuckerfabriken.

Manchmal nahm Mutti mich mit in das LPG-Büro und ich schaute ihr beim Saubermachen zu oder bewunderte die hohen Räume und wunderschönen geschnitzten Geländer oder Möbel, das Telefon. Oh, ich wollte so gern jemanden anrufen. Aber wie geht das? Der kleine Finger blieb beim Wählen in dieser schwer zu bewegenden Wählscheibe stecken. Es ging schwer. Wir kannten auch niemanden, der ein Telefon besitzt, sagte Mutti. Dann ruf ich die Polizei an, antwortete ich. Ups. Da hatte ich was gesagt! Schon gut, schon gut, dann lass ich es eben, dachte ich mir. Ich gab auf. Der Onkel von der LPG würde sowieso bestimmt schimpfen.

Die ursprünglichen Eigentümer waren enteignet und lebten im Westen. Jetzt residierte der Bauer in diesem Gebäude. Es wurde der Sitz des LPG-Vorstandes vom Typ 1 und später Typ 3. 1952 vereinten sich die Bauern in eine Gemeinschaft und brachten nur ihren Boden für die gemeinsame Bewirtschaftung ein. In der Weiterentwicklung sollten die vorhandenen Maschinen und Tiere in das Gemeingut gegeben werden. Anfangs freiwillig bis hin zur Zwangskollektivierung. Die LPG war ein rechtlich selbstständiger Betrieb. Deren Mitglieder erhielten leistungsbezogene Löhne und zum Jahresende eine Gewinnbeteiligung. Die staatliche Verteilungspolitik übte Druck auf die privaten Großbauern aus, sodass diese Vereinigung Proteste und Unfrieden hervorrief.

Und hier wohnten wir also – im Nebengelass des Gutshofes und es war unser Zuhause. Der Hofhund Hasso lag an einer langen Kette vor dem Hofeingang, auf dem Hof oder nahe seiner Hütte. Er war mein einziger Freund, der sich immer freute, mich zu sehen. Ich achtete darauf, dass er Wasser zu trinken bekam. Essen für ihn zu beschaffen, war nicht so schwer. Es blieb immer etwas übrig. Damals fraßen die Hunde noch alles, auch die Reste unserer Mahlzeiten. Es gab kein separates Hundefutter. Er wurde deshalb nicht eher blind oder fettleibig als die verwöhnten Tiere von heute.

Eigentlich war es die Aufgabe meiner älteren Geschwister, den Hund zu versorgen. Aber die vergaßen unseren Hasso, weil sie stets verabredet waren und mit den anderen Kindern am Bach oder im nahegelegenen Park herumtollten. Sie waren nicht schüchtern. Sondern dreist, frech und lustig. Deshalb scharrten sie stets Freunde um sich. Wenn ich mich auf Ursel oder Michi verlassen hätte, wäre das arme Tier verhungert. Also übernahm ich diese Aufgabe. Hasso wurde mein bester Freund. Ich baute auf dem Hof kleine Hürden. Wir spielten Zirkus. Hasso sprang für mich über die aufgebahrten Stöcke. Irgendwann kam mitten in unserem Spiel mein Bruder Michi um die Ecke und wollte sofort mitmachen. Es machte riesigen Spaß. Wir spielten Zirkus und waren glücklich. Es war ein schöner Nachmittag. Wir alberten und lachten. Als Dankeschön bekam Hasso frisches Wasser und ein Leberwurstbrot von mir.

Das sollten wir wiederholen.

Ein Kuckuckskind

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