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Der Hund und seine Sachen

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Haben Sie je Tiere in freier Wildbahn gesehen, die einen Koffer hinter sich herzogen? Man wundert sich, dass alles, was draußen kreucht und fleucht, ohne ein einziges Accessoire die schärfsten Jahreszeiten überlebt.

Ganz anders der Hund - denkt sein Besitzer - und müllt seine Speisekammer mit angebrochenen Leckerlitüten aller erdenklichen Sorten voll, stolpert im Wohnzimmer über Quietschetierchen jeglicher Größe und Form. Der Hund besitzt ein Wohnzimmerbettchen, ein Schlafzimmerbettchen, ein Reisebettchen und ein Bettchen für einen Schattenplatz auf der Terrasse. Und das ist noch längst nicht alles.

Dabei hatte es so harmlos angefangen: mit Halsband, Leine, Futter- und Wassernapf, Bettchen, zwei Spielzeugen. So könnte es ein Hundeleben lang bleiben.

Doch an dieser Stelle prallten zwei Interessen aufeinander und vereinen sich aufs Schönste: Die Heimtierbedarfsindustrie will Umsatz und der Hundebesitzer diesen roten Gummiball mit den gebleckten Zähnen. Nicht wirklich nötig, aber hübsch, wie so vieles in seinem Haushalt, was er nicht vermissen würde, hätte er es nicht gekauft.

Solange es kleine Beträge sind, möglichst im einstelligen Euro-Bereich, schnappt er deswegen im Tierfutterladen rechts einen Gummi-Hamburger, links einen Neonbeißring, und da sind ja auch Schweineohren, Rinderkopfhaut, getrocknete Fischchen und Elchfleischhäppchen.

Und weil der Hund mit dem Schwanz wedelt und sich offensichtlich freut, wird alles - na gut! - zusammen mit dem Hundefutter auf dem Kassenlaufband platziert.

Der Hund fixiert währenddessen die Kassiererin. Sein Besitzer lächelt stolz: ¨Er weiß doch längst, dass es hier Leckerli gibt!¨

Die Kassiererin turtelt mit dem Hund, greift in ein Glas unter dem Tresen, und alle in der Schlange freuen sich, dass er Männchen macht und nach der Belohnung schnappt. Man ist in heiterer Stimmung, und das hebt auch die Kauflaune. Der Hundebesitzer verdrängt, dass die geschenkte Kleinigkeit einen Bruchteil von dem kostet, was die Kassiererin gerade von seiner EC-Karte abgebucht hat.

Doch die Kassiererin bezahlt die Leckerli nicht aus eigener Tasche, sondern kriegt sie vom Arbeitgeber gestellt, der sich dabei durchaus etwas denkt. Zusätzlich platziert dieser gleich hinter der Ladentür einen Fressnapf, aus dem sich alle Hunde frei bedienen dürfen. Deswegen zerren sie beim nächsten Besuch schon draußen an der Leine, weil sie unbedingt rein wollen in dieses Geschäft. Außer dem Futter suchen sie dort eigentlich nichts.

Der Hundebesitzer lässt sich willig mitziehen. Wieder findet er vieles, was sein Viech seiner Meinung nach brauchen kann: Tierhaarbürste, Kacktütenbehälter, Lutschflüssigkeit mit Leberwurstgeschmack, Regenmäntelchen, Knabberdrops mit Omega 3, Wurfgeschosse aus Plastik, LED-Halsbänder für die Dunkelheit, getreidefreies Dosenfutter, für Welpen, Jagdhunde, und ¨Senioren¨. Eine ganze Wand hängt voller gelber Leinen, grüner Leinen, strassbesetzter und totenkopfverzierter Leinen, jeweils mit passendem Geschirr, und im Internet gibt es noch Abertausend Alternativen. Als Design am weitesten verbreitet sind stilisierte Pfotenabdrücke und Knochen.

¨Na, willste das haben?¨ fragt der Hundebesitzer sein Tier und wackelt mit einem überdimensionalen Plüschhuhn vor ihm herum. Klar, dass der Hund aufgeregt danach schnüffelt, auch wenn er den grellbunt dargestellten Vogel gar nicht als solchen erkennt.

Die Beute wird nach Hause getragen und ausgepackt, der Hundebesitzer gibt hocherfreute Laute von sich, die den Hund wieder neugierig machen. Den Gummiball mit den gebleckten Zähnen schubst er unter das Sofa, wo er erst beim nächsten Frühjahrsputz neben drei weiteren Bällen staubverklebt wieder auftaucht. Die anderen Sachen quieken nach einem Tag nicht mehr, werden zerbissen oder vom Besitzer in irgendwelche Ecken gestopft.

In jedem Zimmer gibt es ein Fach für den Hund:

Im Schlafzimmer Reise- und Ersatzbettchen, Heizdecke, Hundehandtücher.

Im Badezimmer: Zeckenmittel, Krallenzange, Augensalbe, Wurmtabletten, Desinfektionsmittel, Shampoo.

In der Küche: Bürste, Hundefutter, Kackbeutel, Intelligenzspielzeug aus unbehandeltem Holz, drei unausgepackte Bälle aus einem Supermarktangebot, Vitaminergänzungskekse.

Im Flur: Winter- und Regenmäntelchen, Leinen, Halsbänder, Hornpfeife, Dummy-Beutel, die Kiste mit den Spielzeugen.

Ach ja, und beim Schreibtisch noch der Ordner mit Versicherung, Hundesteuer und Impfpass, und die Abstellkammer hatten wir ja schon.

Der Hundebesitzer findet, dass das meiste notwendige Anschaffungen sind. Mit Leuten, die ihren Hunden Schleifchen ins Haar binden, will er aber nichts zu tun haben: „Diese Vermenschlichung!“

Dann pfeift er seinen Vierbeiner heran und geht mit ihm Gassi.

Und der Hund, dessen Habe inzwischen mehrere Umzugskartons füllt, tollt von der Leine befreit, nur mit seinem Fell bekleidet auf einer Wiese herum und denkt immer noch, er brauche nichts außer Futter.

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