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Endlich Freitag!

Seit Gründung der Frauen-WG, vor fünf Jahren, gönnten wir uns den traditionellen Wellness-Tag in einer Saunalandschaft. Raus aus dem Trott, dem Alltagswahnsinn entfliehen. Einfach mal abschalten und Körper, Geist und Seele in Einklang bringen.

Bereits am Abend zuvor verstauten wir unsere Sachen in Alinas Wagen. Wir wollten die vor uns liegenden Stunden ohne großen Zeitverlust beginnen. Wie immer holte mich meine Freundin nach der Arbeit von der Bushaltestelle ab.

Nachdem wir schwerfällig viele Bahnen durch das 25 Meter-Becken geschwommen waren und unsere erschöpften Körper aus dem Wasser hievten, kamen wir zu dem angenehmeren Teil unseres Besuches.

Gerade in der kalten Jahreszeit sorgte das Saunieren in der heißen Holzstube für wohltuende Entspannung und sollte unser Immunsystem stärken.

Ich beobachtete Alina eingehend, wie sie gerade ihr Handtuch auf der Holzbank zurechtrückte und sich immerzu die Augen rieb. Mir war aufgefallen, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Sie stieß einen Seufzer aus und blinzelte mich aus dem Augenwinkel an. Als unsere Blicke sich trafen, schaute sie verlegen zur Seite. Sie holte tief Luft und setzte zum Gespräch an, hielt jedoch augenblicklich inne, als eine andere Frau die Sauna betrat und ihr Handtuch in Millimeterarbeit akkurat in der unteren Reihe ausbreitete.

Offensichtlich fiel es Alina schwer, im Beisein dieser Fremden eine Unterhaltung zu führen. Ich dachte kurz darüber nach, was sie wohl haben könnte. War sie vielleicht ernsthaft erkrankt, oder ging es mal wieder um das leidliche, heiß diskutierte Thema Geldnot? Hatte meine beste Freundin einen finanziellen Engpass mit der dämlichen Begründung - habe so viel gearbeitet, aber keine Knete -?

Die dazugekommene Frau bemerkte unsere abrupte Verschwiegenheit und fühlte sich offensichtlich als Störfaktor, denn sie stand nach einem sehr kurzen Saunagang – die Sanduhr war noch nicht mal zur Hälfte durchgelaufen – auf, lächelte uns freundlich an, verabschiedete sich höflich, öffnete die Glastür und ging hinaus. Ein kalter Wind berührte dabei unsere erhitzten Körper. Nun waren Alina und ich wieder allein. Schweigend saßen wir nebeneinander auf der Holzpritsche. Ich wartete darauf, dass Alina das Gespräch wiederaufnahm, doch sie starrte wortlos vor sich hin. Sie schien in ihrer eigenen Welt versunken. Ich sagte zunächst kein Wort, aber in mir fing es an zu brodeln, denn ich konnte es noch niemals leiden, wenn Alina mit Etwas hinterm Berg hielt und herumdruckste. Die Stille wurde von mir unterbrochen:

„Also was ist los?“

„Ach“, sagte sie mit gedämpfter Stimme. „Ich hatte gestern Post im Briefkasten.“

„Sag bloß! Das soll vorkommen“, gab ich gereizt von mir.

„Es war meine Abrechnung und … ehrlich gesagt, weiß ich gerade nicht, wie ich diesen Monat über die Runden kommen soll. Die Provisionen der bereits getätigten Vertragsabschlüsse, und das waren beileibe nicht wenig, fließen erst in die nächste Abrechnung mit ein, obwohl ich die Zentrale eindringlich darum gebeten hatte, meine eingereichten Unterlagen ausnahmsweise bevorzugt zu bearbeiten“, beendete sie ihren Satz mit zitternde Unterlippe.

Aha, daher wehte also der Wind! Ich wusste genau, was jetzt kam. Auf finanzielle Unterstützung war ich eingestellt, aber mit ihrem Heulanfall hatte ich nun gar nicht gerechnet. Sie hörte nicht mehr auf, benutzte immer wieder den Zipfel ihres Handtuches, um sich die mit Schweiß vermischten Tränen abzuwischen. Meine Freundin, das muss ich zugeben, hätte eine hervorragende Schauspielerin abgeben können.

Ich musterte sie zunächst abwartend.

„Es gibt“, sagte ich ihr, „keinen Grund zum Heulen. Alina, wie oft warst du schon in der finanziellen Klemme?“

„Oft, sehr oft sogar“, erwiderte sie leise.

„Siehst du, das ist also nichts Neues und vor allem kein Grund zu jammern! Reiß dich zusammen und hör auf, dich selbst zu bemitleiden. Bisher haben wir noch alles hingekriegt oder etwa nicht?“

In Alinas braune Augen trat ein Leuchten. Die Tränen in ihrem Gesicht verebbten.

Mit meiner indirekten Zusage, ihr zu helfen, war alles wieder gut.

DU lässt mich nicht im Regen stehen

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