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Erster Tag: Münster - Casablanca

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CASABLANCA

22.30 Uhr

Angekommen in Marokko! Ich sitze auf dem Hotelbett und kann noch gar nicht fassen, dass ich wirklich in Casablanca bin. Der Anreisetag zieht an mir vorüber …

Um sechs Uhr stand ich auf, um acht fuhr der Zug. Verspätung in Köln, doch hatte ich Zeit genug für den nächsten Zug eingeplant. Im Frankfurter Flughafen kam es mir kilometerweit vor, bis ich Pass- und Gepäckkontrollen erreichte. In endlosen Warteschlangen nahm ich all die unterschiedlichen Menschen wahr, Hautfarben, Haarfarben, Frisuren, Kleidung und das Sprachengewirr. Ich liebe dieses Gefühl von „weite Welt ganz nah“.

FRANKFURT – FLUGHAFEN

13.30 Uhr: Gleich bin ich an der Reihe. Endlich Passkontrolle. Jemand zupft mich am Ärmel. “Excuse me.“ Eine kleine Frau in bodenlangem Gewand mit Kopftuch. “Where you go? When? When?“ Die junge Frau neben ihr hat ein auffallend schönes Gesicht. Sie trägt ein hautenges weißes Kleid über einer weißen langen Hose, einen goldenen Gürtel um die schmale Taille und ein großes weißes Kopftuch. Es ist eher ein Schleier.

“To Maroc. At three p.m.“

“In two hours, oh, we in thirty minutes to Djibouti, can we go before you?” Ich bin überrascht. Sie muss die ganze Schlange hinter mir schon gefragt haben. Die junge Frau spielt mit ihrem Schleier, zieht ihn fester ums Gesicht.

“Well, everybody else has been waiting for a long time.”

“Oh, please, you´re good woman, please.” Sie berührt mich am Arm. Ich mag es nicht. Als ich mich umdrehe, sehe ich hier und da ein Achselzucken. Eine Frau sagt: „Bei allen haben sie ´s versucht.“

„Na dann. Okay.“ Ich nicke der älteren Frau zu. Sie bedankt sich überschwänglich. Beide Frauen stellen sich vor mich und werfen sich vielsagende Blicke zu. Ich habe den Eindruck, dass sie gleich anfangen zu kichern und frage mich, ob ich ihr Verhalten frech oder mutig finde. Der Flug nach Djibouti wird auf der nächsten Anzeigetafel für 16 Uhr angekündigt.

15.30 Uhr: Im Flugzeug der Royal Air Maroc mit grünem Stern auf rotem Grund sitze ich neben zwei sehr attraktiven Marokkanerinnen, jung, intelligent und fröhlich, mit denen ich zeitweise ins Gespräch komme. Beide bestätigen, nachdem sie den Ablauf meiner Reise vernommen haben, dass ich eine tolle Reise mit den schönsten Seiten und Sehenswürdigkeiten Marokkos vor mir habe. Als wir über Länder sprechen, die wir bereist haben, erfahre ich, dass beide häufig Urlaub im Ausland machen - Frankreich, Türkei, Kroatien, Italien, - und dass die Ältere als Tochter eines Diplomaten einige Zeit in Kanada gelebt hat. Demnächst wird sie ein Jahr in China verbringen. Beide Frauen sind gerade für sechs Monate in Rumänien gewesen, “for a training“. Was das war, verraten sie mir nicht, weichen meiner Frage elegant aus und sagen, sie freuen sich sehr auf ihre Heimat und das Wiedersehen mit ihren Familien in Rabat. Fließend und mit großer Leichtigkeit sprechen sie Englisch, Französisch, Arabisch - wer weiß, was noch? “By the way, we´ve heard about racism in Germany. A friend - she is from Turkey - has left Germany because people treated her badly. It must have been very hard for her. Is it true that many Germans are racists?“ Die meisten Menschen bei uns seien keine Rassisten, sage ich, aber es gebe zu viele.

Ich erfahre, dass Arabisch von rechts nach links geschrieben und gelesen wird und stelle fest, dass man die arabische bzw. marokkanische Tageszeitung, die mir beim Einsteigen von den Stewards angeboten wurde, nach links aufblättern muss, wenn man nicht mit der letzten Seite anfangen will. Dort sehe ich Fußball, was sonst. Auf der ersten Seite den König von Marokko.

Im Laufe des Fluges verstärkt sich mein Eindruck, die beiden hübschen Marokkanerinnen neben mir könnten Stewardessen sein, da sie mit den Mitgliedern der Crew anscheinend gut bekannt sind. Meine Fantasie macht sie zu entfernten Verwandten des marokkanischen Königshauses, die inkognito in der Business Class fliegen, um einmal unter normalen Menschen und nicht nur bei ihren adligen Langweilern zu sitzen, mit denen sie verkuppelt werden sollen. Die eingeweihte Crew liest ihnen natürlich jeden Wunsch von den Augen ab. Oder sind sie Agentinnen, die in Rumänien eine gefährliche Mission erfüllt haben und nun erleichtert den Heimflug antreten?

Vor einiger Zeit habe ich gelesen, dass Frauen mit langer Hose in einigen Gebieten Marokkos eine Beleidigung bedeuten. Touristinnen sollten sich grundsätzlich mit bedeckten Armen und Schultern zeigen und lange Kleider oder Röcke tragen. Das erzähle ich diesen jungen, modern gekleideten Frauen und frage sie nach angemessener Kleidung. Etwas ungläubig schauen sie mich an und lächeln nachsichtig: "You can wear everything you like.“

Beim Anflug sieht das Land für mich überraschend grün aus. Endlose Flächen in verschiedenen Grün- und Brauntönen, unterschiedlich in Größe und Form: Dreiecke, Rechtecke mit Schrägen, nichts Abgezirkeltes, nichts Gerades. Ein Flickenteppich, Patchwork. Interessant finde ich die andere Sicht auf die Weltkarte am Bordbildschirm: „Unser“ Norden liegt jetzt im Süden bzw. Afrika „oben“ und Europa „unten“ auf der Karte. Jeder Kontinent könnte sich auf diese Weise als Nabel der Welt fühlen.

Ein Teppich aus Andacht

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