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MEKNÈS

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Ankunft im Hotel. Zimmerschlüssel annehmen, Koffer abstellen, erfrischen.

17.00 Uhr: In leichtem Nieselregen schlendern wir zur Medina* von Meknès und dort durch überdachte Gassen, in denen dichtes Gedränge herrscht. Oliven, Zitrusfrüchte und Süßwaren, um nur einiges aus dem unübersehbaren Warenangebot zu nennen, sind sehr dekorativ und üppig aufgehäuft, duftende Gewürze wie spitze Hüte aufgetürmt. Unglaublich die Mengen langer Schals und Taschen in Pink, Türkis, Lila und allen denkbaren Farben. Keine Angst vor Bunt! Schuhputzer fallen mir in den Souks* auf und ein rot-bunt gekleideter Wasserträger mit einem großen, roten Hut. Wegen ihrer farbenfrohen, traditionellen Erscheinung lassen sich Wasserträger gern von Fremden gegen Geld fotografieren. Aber Wasser tragen und verkaufen sie heute nicht mehr.

Als wir in den Nieselregen heraus kommen, hören wir viele Stimmen in einem Sprechchor und sehen eine Menschenansammlung mit wenigen Plakaten. „Eine Demonstration“, erklärt Mohamed und horcht auf die Slogans. „Über Unruhen wurde in Deutschland in Zeitungen und im Fernsehen berichtet“, sagt ein weißhaariger Herr. „Haben die Marokkaner mit der Regierung oder dem König Probleme? Wie in anderen Ländern Nordafrikas?“ - „Nein. In Rabat und anderen großen Städten wird oft demonstriert. Es gibt viele arbeitslose junge Akademiker, die nach dem Studium keine Stelle finden, ja? Das macht sie unzufrieden. Deshalb gehen sie auf die Straße. Wir dürfen demonstrieren. Aber das hat nichts mit unserem König zu tun. Wir lieben ihn. Er hat viel Gutes getan.“

Am Mausoleum des Moulay Ismail, einem der wichtigsten Gebäude der Stadt Meknès, ziehen wir im Vorraum der Grabmoschee die Schuhe aus. Neben unzähligen weiteren Schuhpaaren stellen wir sie ab. Fremd, ungewohnt. Ich befürchte, meine Sandalen in dem Chaos nicht wieder zu finden, vermute Gespenster mit Vorliebe für ausgelatschte Schuhe, die meine verschwinden lassen könnten...

Reich geschmückt und atemberaubend schön ist das Innere des Mausoleums, das wir mit vielen Besuchern aus aller Welt bestaunen. Moulay Ismails Nachfolger bauten und restaurierten die Stätte zum Gedenken an den mächtigsten Alaouitenherrscher*. Außerhalb des Gedränges erfahren wir von Mohamed weiteres zu Moulay Ismail: „Meknès war seine Stadt, die er im 17. Jahrhundert zur Hauptstadt ernannte. Er war der grausamste Herrscher der marokkanischen Geschichte und baute Meknès mit Tausenden von Sklaven zu seinem Traum von Macht aus: Paläste, Gärten, Moscheen, eine noch heute bestehende 40 Kilometer lange Stadtmauer, Verliese, in denen gefoltert wurde. Sein großes Heer bestand aus schwarzen Sklaven, die zwangsweise rekrutiert wurden. Wegen seiner Prunksucht wird er oft mit dem französischen Sonnenkönig verglichen. Über sein Privatleben gibt es viele Geschichten. Ausschweifend soll er gelebt haben, angeblich hatte er 800 Söhne - Mädchen wurden nicht mitgezählt - und einen Harem von 500 Frauen.“

Und diesem furchterregenden Tyrannen bauten seine Nachfolger eine solche Grabstätte! Damit man die Gräueltaten nie vergisst? Oder weil sie sich in der Pracht all dessen sonnten, das in seiner Zeit erbaut wurde?

19.30 Uhr: Ich stoße das leicht klemmende Holzfenster meines Zimmers auf und habe einen schönen Blick auf einen winzigen Teil von Meknès und in den Palmengarten des Hotels, der im Regendunst liegt. Leise tröpfelt es auf Blüten und Blätter. Dabei geht mir durch den Kopf :

Ruhm

Zu allen Zeiten

erschufen Menschen

himmlische Wunderwerke

zum Ruhme Gottes

mit dem Herzblut der Meister

und dem Leben

unzähliger Arbeiter und Sklaven.

Meist gab es

einen Herrscher oder Papst

der sich mit Macht

vom Ruhme Gottes

etwas abzweigte

vor der Ewigkeit.

Im Dumont finde ich Informationen zur islamischen Kunst: Es gilt ein Bilderverbot. Der Mensch soll nicht so tun, als ob er der Schöpfer wäre, indem er Bildnisse von Menschen herstellt. Aufgrund dieses Glaubens hat sich eine besondere Formensprache entfaltet, deren wichtigste Elemente das Ornament, die Arabeske und die Kalligraphie sind. Fliesenmuster, stilisierte Schriftbänder mit Koransuren, in Gips geschnittene florale Motive, Stuckfriese, Schnitzereien in Zedernholz - all dieses will die Welt in die Ordnung einer heiligen Geometrie transzendieren.

21.15 Uhr: In einer bunten Tonschale, Tajine genannt, - flach, rund, mit konischem Deckel - servierte man uns zum Abendessen das marokkanische Nationalgericht „Tajine“: gekochtes Gemüse, heute mit gewürzter Hühnchenbrust und -keule. Vor dem Hauptgang gab es Suppe, dazu Baguette und zum Nachtisch süßen, fetten Kuchen. Alles schmeckte köstlich. Mohamed erklärte: „Tajine gibt es in vielen Variationen: mit Lamm, Rind, Hühnchen, auch Fisch, mit unterschiedlichen Gewürzen und Gemüsesorten der Saison.“

In der großen Eingangshalle des Hotels hängen riesige Lüster aus unzähligen kleinen Glasteilchen in Tropfenform. Eine schwere, ziselierte Messinglampe schmückt die Mitte des Raumes. Fein gearbeitet sind Steinornamente an den Säulen, die Kuppel ist mit Schnitzereien verziert, Keramik-Dekor auf den Fliesen. Ein Brunnen leuchtet im Keramikmuster. Orientalische Pracht nach maurischer Baukunst, wie sie in Sakralbauten - den Moscheen, Medersen* und Mausoleen* - zu finden ist. Aber es gibt sie auch, in bescheidenerem Ausmaß, in Herrenhäusern und Empfangssälen zum Beispiel von Hotels. Die Monarchie seit König Hassan II. setzt sich sehr für die Wiederbelebung des kulturellen Erbes ein. Kultstätten wie das Mausoleum in Rabat und die Moschee in Casablanca wurden mit enormen Kosten neu errichtet, alte Medersen und Moscheen renoviert.

Ich vermute, dass die Löhne in Marokko auch für die Handwerksspezialisten überwiegend niedrig sind. Denn sonst könnten Menschen wie ich sich ein Hotel mit dieser palastähnlichen Eingangshalle nicht leisten. Zuhause würde ich höchstens zum Staunen hinein gehen, vielleicht nicht einmal das. Doch möchte ich kein schlechtes Gewissen haben, weil ich hier bin, wenn es auch nur wenige Menschen sein mögen, die hier im Land vom Tourismus profitieren.

Ein Teppich aus Andacht

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