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Zweiter Tag: Casablanca - Rabat - Meknès

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Zum Frühstück habe ich eine marokkanische, lecker gewürzte Gemüsesuppe mit etwas Reis darin probiert, dazu süßen Thé à la menthe - zuhause soll mir mal einer mit Pfefferminztee kommen, brrr - und ein leicht zimtiges braunes Brötchen. Völlig ungewohnt und überraschend gut.

In unserem Reisebus sitze ich hinter der mittleren Tür rechts. Kann es sein, dass die vordersten Plätze erkämpft wurden? Beim Einsteigen habe ich gefragt, ob wir zum Fotografieren aus dem Bus irgendwann die Plätze tauschen könnten. Oh, das geht aber gar nicht! Denn: „Wir legen doch unsere Sachen an diesem Platz ab, da müssten wir ja ständig umräumen.“ Und: „Da müsse Se sisch bei de nekste Reise frühe anstelle.“

Die Sonne hält sich zur Zeit bedeckt. Dichte graue Wolken begleiten uns. Auf der Fahrt von Casablanca zur etwa hundert Kilometer entfernten Hauptstadt Rabat fahren wir an Feldern und Wiesen vorbei. Das muss die Gegend sein, die ich aus dem Flugzeug gesehen habe: Patchwork. „Hier gibt es viel Landwirtschaft, ja?“, erklärt Mohamed, unser marokkanischer Reiseleiter in perfektem Deutsch, wobei er das „ja?“ ganz kurz ausspricht und die Stimme fragend anhebt. „Getreide, Gemüse, Zitrusfrüchte, Wein. Der Norden ist sehr fruchtbar.“ In geringer Entfernung zur Straße liegen viele ärmliche Behausungen im Regennebel.

Unser Busfahrer heißt - „Raten Sie mal.“ - auch Mohamed, wie die meisten Männer und Jungen im Land, und wird uns vom Reiseleiter als langjährig erfahren vorgestellt. Er lebt mit seiner Familie in Taroudant. Der dunkelhäutige Begleiter, zuständig für die Sauberkeit im Bus, heißt Mose und kommt ebenfalls aus dem Süden Marokkos. Er wird immer nachzählen, ob wir alle da sind, bevor er das Zeichen zur Weiterfahrt gibt. Wir erfahren, dass seine Vorfahren schwarzafrikanische Sklaven waren. Dann stellt sich unser Reiseleiter vor. „Also, ich bin Mohamed und komme aus Agadir, ja? Dort lebe ich mit meiner Frau und zwei kleinen Töchtern, zwei und vier Jahre alt ...“

„Eine Frau oder mehrere?“, ruft jemand aus der Gruppe.

„Eine. Ein Unheil reicht. Sagt man so bei Ihnen?“

„Häm, hm“, kommentiert vorn eine Frauenstimme, während einige Männer lachen.

„Aber das war jetzt ein Scherz, ja? Ich bin 45 Jahre alt, habe Germanistik und Deutsche Geschichte studiert und bin seit 1992 Reiseleiter. Ich werde Ihnen in den nächsten Tagen einiges über Marokko erzählen, ja? Also über Familie, Schulen, Wirtschaft, Islam und so weiter. Außerdem jeden Morgen einen Witz - zum Wachwerden.“

Ein Teppich aus Andacht

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