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Die Tage bis zur Beerdigung verbrachte Elena hauptsächlich im Haus – in ihrem Haus. Sie verließ es nur, um die Kinder in den Kindergarten zu bringen und wieder abzuholen. Julia hatte sie darin bestärkt, die beiden am vierten Tag nach dem Unfall wieder in den Kindergarten zu schicken. Es tat ihnen gut – sie waren abgelenkt und ihre Anspannung ließ etwas nach. Irina, Julia und ihre Eltern kümmerten sich täglich um Elena und schotteten sie gegen andere Besucher ab. Aber die Zeiträume, in denen Elena alleine war, verbrachte sie ausschließlich mit Manuel. Sie lag stundenlang in ihrem Ehebett und schnupperte an seiner Bettwäsche, roch im Bad an seinem zuletzt benutzten Handtuch – das alles würde sie niemals waschen. Welche Möglichkeit gab es, diesen Geruch zu speichern, zu vakuumieren? Sie lief immerzu an seiner Parfümflasche riechend durch das Haus – von Bild zu Bild. Sie redete mit ihm – pausenlos. „Bitte komm wieder zurück, mein Liebling. Du kannst mich doch nicht alleine lassen. Bitte, bitte komm wieder – ich brauche dich so sehr. Ich kann ohne dich nicht leben. Deine Kinder brauchen dich.“ Sie setzte sich in seinen Kleiderschrank und streichelte lange seine Klamotten. Dort fand Julia sie dann auch eines Tages und sah sie mit großen Augen an.

„Ja, Schwesterherz, ich werde wohl verrückt werden. Ich halte diesen Schmerz nicht aus. Es tut mir leid.“

Julia nahm ihre Hand und zog sie aus dem Schrank. „Elena, denk bitte an die Kinder. Du darfst trauern, du sollst trauern – auch deine Kinder sollen trauern, aber bitte mach ihnen keine Angst. Dein Verhalten in dieser schwierigen Ausnahmesituation kann sehr negative Auswirkungen auf ihr ganzes Leben haben. Du trägst gerade eine unermesslich große Verantwortung. Du musst dafür Sorge tragen, dass deine Kleinen diese Phase möglichst unbeschadet überstehen. Bitte denk auch darüber nach, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Für dich selbst und auch für die Kinder.“

„Weißt du, was Lois heute Morgen beim Frühstück gesagt hat?“, fragte Elena. Julia schüttelte den Kopf. „Papa hat mir aber versprochen, dass wir am Samstag gaaaaanz viel Fußball spielen – mit einem neuen Ball. Und jetzt ist er lieber im Himmel. Er hat gelogen.“ Nun liefen auch bei Julia die Tränen. „Selina hat gestern gefragt, ob Papi sie auch sieht, wenn es regnet. Julia, wie soll man so etwas aushalten? Was antwortet man einem kleinen Kind auf solche Fragen?“

„Noch mal, Elena – bitte nimm therapeutische Unterstützung in Anspruch. Heutzutage ist das wirklich keine Schande mehr. Ich weiß auch nicht, was die richtige Antwort wäre. Sicher werden noch eine ganze Weile solche Fragen und Situationen kommen.“

„Du meinst eine Weile – bis sie sich an ihren Papa nicht mehr erinnern können?“

„Nein, so war das nicht gemeint. Die Erinnerung kann, nein, muss erhalten bleiben, aber der Schmerz muss weniger werden – er muss auszuhalten sein. Dafür bist hauptsächlich du verantwortlich. Du sorgst dafür, dass die Kinder mit viel Liebe an ihren Papa zurückdenken, ohne dabei zugrunde zu gehen. Ist es für dich in Ordnung, wenn ich mich um psychologischen Beistand für euch kümmere?“

„Lass mal, Julia – bitte gib mir noch etwas Zeit. Ich möchte nicht – noch nicht – mit einem wildfremden Menschen über Manuel sprechen.“

Phantombesuch

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