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Prolog: Tom

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Wenn ich träume, wird es in meiner Nähe gefährlich: Ich rede, schreie und rudere dann gerne wild mit den Armen. Wenn jemand neben mir liegt, kann es passieren, dass ich nach ihm greife und ihn vielleicht sogar schlage. Das ist auch für mich anstrengend, ich wache dann Schweiß überströmt auf. Als Kind bin ich oft mitten in der Nacht weinend aufgewacht. In wiederkehrenden Träumen jagen mich irgendwelche gruseligen Gestalten durch die Nacht. Oder ich wurde von einer unheimlichen Alten, die mich an eine meiner Verwandten erinnerte, in einem gelben Backsteinhaus gefangen gehalten. Solche Träume habe ich zum Glück nicht mehr – anstrengend sind meine Nächte allerdings immer noch. Ich träume von meinem ersten Mann in meinem Leben, einem amerikanischen Soldaten, der mich in die körperliche Liebe zwischen Männern eingewiesen hatte, mein Lehrmeister wahr.

Was ich an Träumen mag, ist ihre visuelle Kraft. Bilder haben mich schon immer sehr beeindruckt. Heute nutze ich meine Träume als Quelle für Erinnerungen. Früher habe ich meine Träume auch aufgeschrieben und an ein paar von ihnen lasse ich den Leser teilhaben.

Aber diese Träume sind Vergangenheit, meine Vergangenheit.

Ich bin ein minimalistischer Mensch. Abends beim Bier behaupte ich gern, dass ich keine 28 Schokoladensorten bräuchte und überhaupt von allem zu viel da sei in unserer Welt. Ich vergesse dabei die Fahrräder. Ich bin grundsätzlich anfällig für alle Fahrradsorten, bin froh über die Vielzahl, will sie kaufen, besitzen, sie wenigstens im Keller haben, auch wenn ich sie sehr selten mal fahre.

Einzig das Genre Klapprad, die mit den kleinen Rädern, hatte mich bislang völlig kaltgelassen. Für mich fuhren damit Lehrer, die sich kindhaft geben wollen. Ich selbst bin Ingenieur. Das erste Klapprad, das ich als Erwachsener fuhr, zog ich aus einer Art Bahnhofsschließfach. Es war ein Leihrad, die Firma heißt Brompton Dock. Dass es pink-lila sein wurde , hatte mir vorher niemand verraten. Ich war für 2 Monate beruflich in London. Die berühmten Boris Bikes, benannt nach dem Bürgermeister, fand ich zu klobig. Dann lieber diese Falträder von Brompton, gebaut nahe London. Fast jeder zweite Londoner Radfahrer hat so eins, sie nehmen es überall mit rein, ins Pub, ins Kino. Wen man in Marseille ist, trinkt man ja auch mal Pastis, selbst wann man Anis nicht mag.

Wenn man so ein Rad fährt, das war die Erkenntnis des ersten Tages, merkt man gar nicht, wie klein es ist. Am zweiten Tag entfalte ich das Rad so verkehrt, dass ich es unterm Arm mit nach Hause tragen musste. Im Pub, ein paar Tage später, lachten mich ein paar Männer aus, wegen der Farbe. Ich verteidigte es, so gut ich eben konnte. Ich mochte es trotz der scheußlichen Farbe. Ich habe eine Schwäche für Fahrräder, die bei Fahrradhipstern in jedem Fall durchfallen würden. Besucher lobten das Rad, es sei weniger hässlich als befürchtet. Dem Ingenieur in mir gefiel, dass das Rad sich in Sekundenschnelle auf- und zuklappen ließ.

Bevor ich aus London abreiste kaufte ich mir so ein Rad – in schwarz. Dieses Rad habe ich auch zu meinem aktuellen Auslandseinsatz in Amman mitgenommen. Zur Arbeit nahm ich nach kurzer Zeit allerdings wieder das Taxi, zu nah kamen mir einige der Autos und Busse. Immer wieder kam es zu tödlichen Unfällen. Kein Spaß.

Ich fahre das Rad nur noch zum Bäcker. Unter Gejohle der Schulkinder, den zum einen sind Fahrradfahrer in Jordanien selten und auf einem solchen Vehikel fällt man auf, wie ein Clown auf einer Beerdigung. Abends nehme ich es immer mit auf mein Zimmer.

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