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Verwandt mit Queen Victoria Der erste Skandal im Hause Mensdorff-Pouilly
ОглавлениеDer Name Mensdorff-Pouilly taucht auch in unseren Tagen auf – wenn auch nicht immer zur großen Freude der alten Adelsfamilie. Die Geschichte der Dynastie reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück, und sie beginnt in der französischen Region Lothringen. Als ein Baron Pouilly 1789 vor der Französischen Revolution ins Ausland flüchtete, nahm er, um unerkannt entkommen zu können, den Namen Mensdorff an. So kam es zu dem heute noch verwendeten Doppelnamen der Familie, deren verwandtschaftliche Beziehungen bis ins britische Königshaus reichen. Der prominenteste Angehörige des Hauses war Alexander Mensdorff-Pouilly, der es unter Kaiser Franz Joseph zum Außenminister brachte.
Er gelangte in diese Position, weil es dem Kaiser vorteilhaft erschien, dass der Graf mit dem britischen Königshaus verwandt war: Alexander Mensdorffs Großvater, der Herzog Franz von Sachsen-Coburg-Saalfeld, war gleichzeitig auch der Großvater der Queen Victoria. Zu dieser hatte Mensdorff mehr als verwandtschaftliche Beziehungen: Victoria wollte den Grafen ursprünglich sogar heiraten, wie der Mensdorff-Chronik zu entnehmen ist. Das wurde aber vom britischen Parlament abgelehnt, da er »nur ein Graf« war.
Die Mensdorffs waren 1818 in den österreichischen Grafenstand erhoben worden. Als der Kaiser dem Grafen Alexander Mensdorff 1864 die Stelle als Außenminister anbot, wehrte dieser ab: »Majestät, ich bin Offizier, aber kein Diplomat!« Doch da Franz Joseph keinen Widerspruch duldete, blieb ihm nichts anderes übrig, als den Posten anzunehmen. Immerhin ist aus Mensdorffs Amtszeit eine versuchte Großtat zu melden: Ehe die Monarchie in die Schlacht von Königgrätz taumelte, warnte der Außenminister mit prophetischen Worten, dass »dieser Krieg zur Zerstörung Österreichs führen könnte«. Hätte der Kaiser auf ihn gehört, wäre dem Land eine der schlimmsten Niederlagen seiner Geschichte erspart geblieben. Königgrätz war tatsächlich der Anfang vom Ende.
Doch Graf Mensdorffs Regierungszeit endete unrühmlich: Der Außenminister traf 1866 auf Schloss Nikolsburg mit dem deutschen Reichskanzler Bismarck zu Verhandlungen zusammen. Als Bismarck dort abends sein Zimmer betrat, ertappte er Mensdorff, wie er in seinen geheimen Unterlagen stöberte. Bismarck verlangte die sofortige Entlassung des Grafen, zumal dieser illegal in sein Zimmer eingedrungen war. Der Eklat führte zu Mensdorffs Abberufung. Er selbst war nicht allzu traurig darüber und soll, als er des ungeliebten Postens enthoben wurde, gesagt haben: »Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich schon früher in Bismarcks Zimmer eingestiegen!«