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5)Der Leopard, der nie gesichtet wurde

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Freilich, die Leute hassen die Wahrheit;

sie würden lieber einem Tiger auf ihrer Straße begegnen.

Robinson Jeffers, Kassandra1

Y iscuid oet mynud

Erbin cath paluc

Pan gogiueirch tud.

Puy guant cath paluc.

Nau uegin kinlluc.

A cuytei in y buyd

Nau ugein kinran

The Black Book of Carmarthen, ca. 1250

Die Szenerie hätte besser nicht sein können. Jenseits der Felder griff Maiden Castle, eine mit Türmchen versehene Festung aus lebendigem Fels, nach dem Himmel. Dahinter lag das Dorf Wolf’s Castle – Casblaidd –, das sich als eine von nur zwanzig Ortschaften, an denen Owain Glyndŵr geboren wurde (er starb an nicht weniger zahlreichen), hervortut und von dem gesagt wird, in seiner Nähe sei der letzte Wolf in Wales erlegt worden. Unter uns erstickte ein fahler verschlungener Bruchwald das Tal.

»Diese Lücke in der Hecke hier, da könnte er durchgekommen sein. Dann kam er die Böschung runter, schlenderte über die Straße und verschwand im Gebüsch.«

Ich spähte in den Bruchwald auf der anderen Seite des Fahrwegs. Die Bäume waren von Efeu überwuchert. Ihre bemoosten Stämme ragten verstreut aus dem Gelände oder lehnten aneinander, dunkel bekuttet wie betrunkene Klosterbrüder. Unter ihnen ein undurchdringliches Dickicht aus Brombeergestrüpp und Farn.

»Man würde ihn da drin wohl kaum zu sehen bekommen, oder?«

»Und Sie sind sich sicher, dass es einer war?«

Michael Disney blickte sich um, die hohe Böschung, die er heruntergekommen war, der schmale Streifen schadhaften Asphalts, das niedrige verschlungene Waldland, und zuckte die Achseln.

»Das ist kein Thema für mich. Ich habe gesehen, was ich gesehen habe, und das ist es. Die Leute können es glauben oder nicht. Ich muss niemanden überzeugen.«

»Sie arbeiten in der Gemeindeverwaltung. Hat man Sie jemals beschuldigt, Aufträge an Land zu ziehen?«

»Nein, das ist nicht mein Aufgabenbereich. Ich bin bei der Handelsaufsicht. Wenn Sie so wollen, ist dafür eigentlich niemand zuständig.« Ein scheues Lächeln, als wollte er seine Berufsbeschreibung illustrieren. »Warum sollte ich mich einer Situation aussetzen, in der ich mich lächerlich mache und Spott auf mich ziehe? Ich hätte absolut nichts davon, außer vielleicht ein kleines bisschen fragwürdige Berühmtheit.«

Michael war auf dem Rückweg von einer Inspektionsfahrt die Straße in Richtung A40 entlanggefahren. Er hatte die Geschichten gehört, Fotos von den bei Princes Gate, ein paar Kilometer hinter Haverfordwest gefundenen Fährten in den örtlichen Zeitungen gesehen, und kein Wort davon geglaubt.

»Wenn ich damals davon geträumt oder daran gedacht hätte, sähe die Sache womöglich anders aus. Aber so war es nicht. Ich fuhr einfach so dahin – und plötzlich überquert einer die Straße. Er war wohl um einen Meter hoch und vielleicht eins achtzig lang. Ich würde sagen, größer als ein mittelgroßer Hund, aber mit Sicherheit kein Hund. Er strotzte vor Kraft, mit einem schwarzen, glänzenden Fell, unglaublich muskulös, Schultern wie ein Pferd. Aber was wirklich merkwürdig aussah, war der Kopf. Einen solchen Kopf habe ich noch nie gesehen, noch nicht einmal im Zoo.«

Michael Disney, ehemaliger Polizist, Gemeindebeamter, gehörte zu seiner eigenen Verblüffung plötzlich zu den etwa 2000 Leuten, die jährlich in der freien Natur Großbritanniens eine große Katze sehen.

Als Michael das inzwischen als »Panther von Pembrokeshire« bekannte Tier zu Gesicht bekam, hatte es laut Wales on Sunday bereits zehn bestätigte Sichtungen gegeben.2 Zu denen, die behaupten, die Kreatur gesehen zu haben, gehören Landwirte oder Landarbeiter, die mit der weniger exotischen Tierwelt der Gegend vertraut sind. Auch der Bauer und – unabhängig davon – seine Frau, deren Land an die Straße grenzte, auf der wir standen. Alle hatten das Tier übereinstimmend so beschrieben wie Michael, groß, pechschwarz, glänzend, mit einem langen Schwanz, zweifellos eine Katze. Eine Person behauptete, es mit einem Lamm im Maul gesehen zu haben. Eine weitere berichtete, dass es »eine Hecke übersprang wie ein Rennpferd«.3 Es wurde verantwortlich gemacht für die grausigen Gerippe von Schafen und Kälbern, die man in abgelegenen Winkeln der bäuerlichen Besitzungen gefunden hatte. Aber erst als der ehemalige Polizist seinen früheren und aktuellen Kollegen von dem Biest berichtete, begann man, es ernst zu nehmen. Die County Times beschrieb die Sichtungen nun als »100 Prozent authentisch«.4

Drei Wochen später, als fünf Menschen es bei Rudbaxton gesehen hatten, schickte die Polizei eine bewaffnete Einsatztruppe auf den Weg. Ein Sprecher der Polizei in Dyfed-Powys meinte, dass man den Menschen geraten hätte, auf Abstand zu bleiben, sollten sie den »Pembrokeshire Panther« zu Gesicht bekommen, und bei der Gemeindeverwaltung Meldung zu machen. »Wir müssen die Sache ernst nehmen, auch wenn es streng genommen keine Polizeiangelegenheit ist, solange niemand in unmittelbarer Gefahr schwebt.« Er bemerkte noch, dass die walisische Regierung als Reaktion auf Berichte wie den von Michael eine Großkatzen-Sichtungs-Einheit aufgestellt habe. Das prüfte ich nach: So unwahrscheinlich die Kreatur auch sein mag, die Einheit existiert tatsächlich.

Ich kam zu der Überzeugung, dass Michael ein ehrlicher, verlässlicher und unaufgeregter Mensch ist, der kein Interesse an öffentlicher Aufmerksamkeit hat – sie schien ihm eher unangenehm zu sein. Ich bin mir sicher, dass er wie die anderen Leute auch, die behaupteten, das Biest gesichtet zu haben, getreulich beschrieben hat, was er gesehen hat. Ich bin mir aber genauso sicher, dass es den »Panther von Pembrokeshire« nicht gibt.

In Großbritannien existiert heute wohl kaum eine anständige Gemeinde, die sich nicht einer solchen Kreatur rühmte – oder von ihr besessen ist. Selbst die Londoner Vorstädte behaupten, von großen Katzen heimgesucht zu werden. Es gibt das Biest von Barnet, das Biest von Cricklewood, einen Kristallpalast-Puma und einen Sydenham Panther. Im Laufe der Geschichte hat es immer wieder Berichte über mysteriöse britische Katzen gegeben. Die früheste schriftlich niedergelegte Kunde – Cath Palug (Palugs Katze oder Kratzekatze) – findet sich im Black Book of Carmarthen, das, wie der Hase (bzw. der Panther) eben so läuft, genau 50 Kilometer von dem Ort entfernt niedergeschrieben wurde, an dem Michael seine Kreatur gesehen hat. Das Fragment am Anfang dieses Kapitels ist alles, was von dem Bericht auf uns gekommen ist: »Sein Schild war bereit / Gegen die Katze Palug / Als die Leute ihn willkommen hießen. / Wer erstach die Katze Palug? / Neun mal zwanzig Helden / Fielen ihr zum Fraß / Noch vor der Morgendämmerung.« Das gleiche Tier taucht allerdings auch in den Welsh Triads auf, worin seine Attribute eine noch schwierigere Herausforderung für die Biologie darstellen: Es wurde zusammen mit einem Wolf und einem Adler von einer riesigen Sau geboren.

Während der letzten Jahre haben die Sichtungen stark zugenommen. In ihrem wunderbaren Buch Mystery Big Cats bemerkt Merrily Harpur, dass die »Katzenhysterie«, wie sie sie nennt, zwischen 2000 und 4000 mal im Jahr vorkommt.5 Auf meinen Reisen durch die Provinz habe ich festgestellt, dass auch viele Menschen, die die Katzen gar nicht gesehen haben, fest von ihrer Existenz überzeugt sind. Die Biester wurden selbst von Leuten gesichtet, die schon von Berufs wegen besser als etwa Michael oder die Landwirte Pembrokeshires einordnen können müssten, was sie sehen: Wildhüter, Parkranger, Wildtierexperten, ein Tierpfleger im Ruhestand. Merrily Harpur merkt an, dass etwa drei Viertel aller gesichteten Katzen schwarz sind, und in der Regel werden sie als glänzend und muskulös beschrieben. Interessant ist auch ihre Beobachtung, dass als wahrscheinlichster Kandidat ein Leopard mit Melanismus infrage kommt (der Leopard ist die Art, in der die schwarze Variante zwar selten, aber am häufigsten vorkommt), dass sie aber auf keinen einzigen Bericht von einem in freier Wildbahn beobachteten gewöhnlichen gefleckten Leoparden gestoßen ist.

Obwohl die Sichtungen Übereinstimmungen zeigen und die Zeugen verlässlich sind, ist die Beweislage für eine tatsächlich existierende Population von Großkatzen im Vereinigten Königreich um nichts gesicherter als die für das Monster von Loch Ness. Anders gesagt, trotz der abertausend Tage, die Kryptozoologen damit verbracht haben, dem Biest auf die Spur zu kommen, trotz der versammelten Bemühungen der Polizei, der Royal Marines und von der Regierung bestallter Wissenschaftler existiert es nicht.

Obgleich manche Großkatzenarten zu den scheuesten und umsichtigsten Wildtieren gehören, ist es für Experten leicht, Belege zu finden, dass es sie gibt. Es sind Tiere mit regelmäßigen Gewohnheiten. Sie haben ihre Territorien, Unterschlüpfe, in denen sie ihren Nachwuchs aufziehen, Stellen, an denen sie Duftmarken, und Bäume, an denen sie Kratzspuren anbringen. Wo sie sich aufhalten, hinterlassen sie Fährten, Losung und Haare, wobei Erstere ohne Weiteres zu erkennen sind und die anderen durch DNA-Tests erhärtet werden können.

Sogar Tiere, die nur selten beobachtet werden, hinterlassen so viele Spuren, dass sie eingehend erforscht werden können. Einmal verbrachte ich ein paar Tage mit Biologen in einem Waldschutzgebiet im Amazonas. Die ganze Nacht über hörten wir Jaguargebrüll; aber der Teamleiter meinte, auch wenn davon auszugehen sei, dass die Tiere uns beobachten, würden wir sie nie zu Gesicht bekommen. Eines Tages ging ich zu einem Bach ein paar Schritte vom Lager entfernt, um zu schwimmen. Ich war etwa zwanzig Minuten im Wasser und ging dann den sandigen Pfad zurück. In meinen Fußabdrücken befanden sich die Trittsiegel eines Jaguars.

Der Wildlife Photographer of the Year-Wettbewerb wurde 2008 von einem Fotografen gewonnen, der eines der am schwersten auffindbaren Tiere der Welt – den Schneeleoparden – an einem der unzugänglichsten Orte der Welt, in der Himalayaregion Ladakh, auf über 3000 Metern Höhe aufgenommen hat. Dem Fotografen ging es nicht nur darum, die Existenz des Leoparden zu dokumentieren. Nachdem Steve Winter dreizehn Monate lang experimentiert hatte und Hunderte nur unbefriedigende Bilder seines Zielobjekts geschossen hatte, gelang ihm durch eine ausgeklügelte Aufstellung von Kamerafallen und Lampen schließlich ein perfekt komponiertes Porträt. »Ich wusste, das Tier würde auftauchen«, berichtete er. Seine Ausrüstung wartete nur darauf, dass »der Schauspieler die Bühne betritt und den Sensor auslöst«.6

Doch trotz überall in Großbritannien an geeigneten Orten aufgestellten Kamerafallen, trotz aller Bemühungen von hunderten Enthusiasten, die sich ausgerüstet mit Teleobjektiven und Wärmebildkameras auf die Pirsch begaben, ist in diesem Land noch kein einziges unzweifelhaftes Bild eines Panthers geschossen worden. Die Fotografien und Filmfetzen, die ich gesehen habe – das Beste, was die Verfechter der geheimnisvollen Katzen zuwege bringen können –, zeigen etwa zur Hälfte eindeutig Hauskatzen. Bei etwa einem Drittel handelt es sich um Pappfiguren, Kuscheltiere, unbeholfene Photoshop-Bearbeitung oder – wie die umgebende Vegetation verrät – um Bilder, die in den Tropen geschossen wurden. Die Übrigen sind aus so großer Entfernung oder so undeutlich aufgenommen, dass sie nahezu alles wiedergeben könnten: Hunde, Hirsche, Füchse, Müllsäcke, auf allen vieren gehende Yetis. Mit am verblüffendsten an der ganzen Geschichte ist, dass von denen, die sich aufgemacht haben, eine Großkatze in Britannien aufzuspüren, eigentlich niemand eine zu Gesicht bekommen hat. Fast ausnahmslos geschahen die Sichtungen unerwartet. In den meisten Fällen erschienen die Katzen Menschen, die sich noch nie mit ihnen beschäftigt hatten oder nicht an ihre Existenz glaubten. Die Pasteur’sche Maxime, wonach das Glück den auswählt, der darauf vorbereitet ist, scheint hier nicht zuzutreffen.

Auch die unermüdlichen Bestrebungen, diese Tiere zu fangen oder zur Strecke zu bringen, haben nichts Überzeugenderes ergeben. Wie Harpur anmerkt, sind »mehr Anstrengungen und mehr Ausgaben für die Jagd nach anomal großen Katzen aufgebracht worden, als für die imperiale Tigerjagd«. Und das Ganze hat kaum mehr erbracht als ein paar glücklose Geschöpfe, die aus dem Zoo, dem Zirkus oder aus Privathaltungen entkommen sind und die in fast allen Fällen ein paar Stunden nach ihrer Sichtung eingefangen worden waren. In Harpurs Buch gibt es einen wunderbaren Bericht über einen Polizisten, der in der Nacht ausgeschickt wurde, um der Sichtung eines Löwen in einem Spa in Leamington nachzugehen. Auf seiner Runde hielt er an und fragte einen Milchmann, ob er das Tier gesehen habe. Kurz darauf, so schrieb er in seinen Bericht, »nahm ich einen vorbeihuschenden Schatten wahr und ein plötzliches Gewicht« im Fond des Wagens. »In einer fließenden Bewegung war der Löwe durch das Hinterfenster auf die Rückbank gesprungen.« Ohne Weiteres machte sich das Tier dort breit und der Beamte fuhr es zur Wache, wohl wissend um den Atem in seinem Nacken.

Nach einer Reihe von Viehrissen fing 1980 in Easter Ross, Schottland, ein Landwirt ein Pumaweibchen in einer Köderfalle. Anfangs schien es sich um ein wildes und bösartiges Tier zu handeln, das seine Häscher anfauchte und anspuckte. Aber dies legte sich schnell, als der Puma im Highland Wildlife Park in Kincraig untergebracht worden war. Harpur berichtet, wie das Tier, sobald sich jemand seinem Käfig näherte, zu schnurren begann und sich an den Stäben rieb. Offenbar gehörte die Berglöwin zu einem Paar, das in den Highlands von einem Mann, der ins Gefängnis musste, freigelassen worden war. Das andere Tier war später in der Nähe von Inverness tot aufgefunden worden.

Seither wurde nur ein einziges großes Raubtier gefangen, obwohl hunderte ähnlicher Fallen aufgestellt worden waren. Ein Kryptozoologe namens Pete Bailey, der schon fünfzehn Jahre lang auf der Jagd nach dem Beast of Exmoor war, kroch in eine seiner Fallen, um den Köder zu wechseln, und löste den Mechanismus aus. Zwei Nächte lang saß er dort fest, bevor er befreit wurde, und aß das rohe Fleisch, das er für die Katze ausgelegt hatte. Wir jagen das Biest, doch das Biest sind wir selbst.

Was ist dabei herausgekommen? Keine Fotos, keine Fänge, kein Kot, keine Kadaver (bis auf ein paar Schädel, die, wie sich später herausstellte, in die Wildnis geraten waren, nachdem sie sich von einem Leopardenfell und einer Wandtrophäe entfernt hatten), nicht einmal ein eindeutiger Fußabdruck. Die Biester Großbritanniens sind einer fünfwöchigen Jagd durch Royal Marines, Polizeihubschraubern und bewaffneten Einsatzkräften (was über die Ermittlungsanstrengungen bei Autodiebstählen weit hinausgeht), einer Reihe von Großkatzenexperten und Schatzsuchern und dem massiven Einsatz der besten Verfolgungs-, Anlock- und Aufspür-Techniken entwischt, über die der Mensch verfügt. Anderswo hat diese Technik funktioniert, hier jedoch nicht.

1995 schickte die Regierung zwei Ermittler in das Bodmin-Moor nach Cornwall, wo es angeblich die meisten Belege für das Vorkommen von Großkatzen gibt. Sie verbrachten sechs Monate mit Feldarbeit, untersuchten Kadaver und Fährten, erkundeten die Stellen, an denen das Biest von Bodmin gesichtet und fotografiert worden war. Die Unternehmung trägt Züge einer königlichen Untersuchungskommission des neunzehnten Jahrhunderts. Der Bericht enthält Fotografien eines strammen Kerls mit einem großen Schnauzbart und einer Messlatte in der Hand, der die Höhe der natürlichen Begebenheiten demonstriert, an denen das Biest aufgenommen worden war.7 Der Text dazu liest sich stellenweise wie die letzten Kapitel von Der Hund von Baskerville. Der Bericht ist gründlich, erschöpfend und niederschmetternd für diejenigen, die zwar der Meinung sind, dass es andere angebliche Großkatzen wohl nicht gibt, aber von der Existenz des Biests von Bodmin überzeugt sind. Die Ermittler untersuchten die berühmte, überall im Fernsehen ausgestrahlte Videosequenz, die eine Katze beim Sprung über eine Trockenmauer zeigt. Das sieht beeindruckend aus, bis man den vom Ministerium abgestellten Mann mit seiner Messlatte neben der Mauer stehen sieht und realisiert, dass das Hindernis kniehoch ist. Eine monströse Katze, die auf einem Torpfosten hockt, schrumpft von einer Schulterhöhe von knapp einem Meter auf dreißig Zentimeter, sobald die Messlatte in die Nähe kommt. In einem Fall, in der das Biest beim Überqueren eines Felds gefilmt wurde und keine zweckdienlichen Landmarken zur Verfügung standen, mit denen man es hätte vergleichen können, brachten die Ermittler eine schwarze Hauskatze an den Ort des Geschehens, setzten sie an der gleichen Stelle ab und fotografierten sie aus der Perspektive, aus der das Video aufgenommen worden war. Die Miezekatze sieht etwas größer aus als das Monster. (Unverdrossen insistieren die Verfechter des Biests von Bodmin nun darauf, dass die Originalbilder Baby-Großkatzen zeigen, deren Eltern rätselhafterweise nicht mit im Bild sind. Standbilder aus diesen Videos werden in Britannien noch immer als Beweis angeführt, dass Großkatzen durch die Insel streifen.)

Die Ermittler verglichen eine schauerliche nächtliche Nahaufnahme des Biests mit dem Bild eines echten schwarzen Panthers und bemerkten ein offenkundiges, aber bislang unbemerktes Problem. Der Panther im Käfig besitzt wie alle Großkatzen runde Pupillen, während die Kreatur auf der Fotografie vertikale Schlitze hat, ein Merkmal, das nur bei den kleineren Arten wie etwa der Hauskatze vorkommt. Sie untersuchten die drei Gipsabgüsse, die von im Moor gefundenen Trittsiegeln abgenommen worden waren. Zwei stammten von einer Hauskatze, eines von einem Hund. Sie suchten die grausigen Schafkadaver auf, die, wie die Ortsansässigen unbeirrt behaupteten, von dem Biest zerfetzt worden seien. Dass sie zerfetzt waren, daran bestand kein Zweifel, aber die Bösewichte waren Krähen, Dachse, Füchse oder Hunde gewesen (deren Spuren um manch eines der Gerippe buchstäblich überall verteilt waren), und in den meisten Fällen waren die Schafe zerrissen worden, nachdem sie aus anderen Gründen verendet waren. Die Wissenschaftler räumten zwar ein, es sei unmöglich zu beweisen, dass keine Großkatze existieren würde, aber sie waren auch auf keinen eindeutigen Beweis gestoßen, der für das Gegenteil sprach. Die regierungsamtliche Organisation Natural England sowie die durch die Waliser Regierung einberufene Großkatzen-Sichtungs-Einheit – beide hatten Sichtungen in Großbritannien untersucht – waren zu dem gleichen Schluss gekommen. Ich würde noch einen Schritt weiter gehen: Wenn eine lebensfähige Population dieser Tiere existieren würde, gäbe es häufig genug eindeutige Beweise. Wenn diese Beweise fehlen, spricht das dafür, dass eine solche Population nicht existiert. Mit der verschwindend geringen Ausnahme der hin und wieder entlaufenen Exemplare (die allesamt rasch wieder eingefangen oder zur Strecke gebracht worden sind und von denen kein Einziges schwarz war) sind die Biester, die von so vielen vernünftigen, aufrichtigen, seriösen Leuten beobachtet wurden, reine Imagination. All dies hat aber nicht die geringste Wirkung gezeitigt, weder was die Anzahl der Sichtungen anbelangt noch im Hinblick auf die atemlose Leichtgläubigkeit, mit der die Zeitungen darüber berichteten. Ein Artikel in der Daily Mail behauptete, dass »riesige Tatzenabdrücke« im Schnee »endlich den Beweis erbringen« könnten, dass das Biest von Stroud existiert.8 Die Frau, die auf sie gestoßen war, erzählte der Zeitung, das Ganze sehe aus, als »hätte jemand an jeder Zehenspitze, wo seine Klauen eine Vertiefung in den Schnee gedrückt haben, einfach einen Pfeil geworfen.« Dies bestätigt, was die Fotos nahelegen: die Fußabdrücke stammten von einem Hund. Katzen ziehen beim Gehen ihre Klauen ein. Ein langer Bericht im Scotsman mit dem Titel: »Gigantische Pfotenabdrücke – streift eine Großkatze in der Hauptstadt umher?«, behauptete, dass von einem Rentner gesichtete Spuren im Schnee nahelegten, auch Edinburgh werde nun wie London von einer monströsen Raubkatze heimgesucht.9 Ein »Experte«, der eigens konsultiert wurde, meinte, »es ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen«, dass die Fußabdrücke von einem Biest verursacht worden seien. Wenn, dann dürfte es sich um eine furchterregende Kreatur gehandelt haben: ein einbeiniger Nachtmahr, der auf seinen Zehenspitzen durch die Straßen hüpft. Oder es war jemand, der schlicht seine Finger in den Schnee gedrückt hatte.

Ein ebenso plausibler Artikel stand im Guardian. Er berichtet von einem Mann, der behauptet, vom Panther von Sydenham angegriffen worden zu sein.10 Das Biest »sprang auf meine Brust, riss mich zu Boden«, erzählte er.

Ich sah seine riesigen Zähne und das Weiße seiner Augen nur Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. Es fauchte und knurrte und ich war mir sicher, gleich würde es mich ernsthaft verletzen. Ich versuchte, es loszuwerden, aber ich konnte mich nicht rühren, es war schwerer als ich.

Ein Bericht der BBC behauptete, dass der Panther den Mann »für etwa 30 Sekunden in seinen Klauen« hatte und er deshalb »überall am Körper zerkratzt« war.11 Wäre er wirklich so von einem Leoparden angegriffen worden, wäre seine Kehle durchbissen gewesen, bevor er überhaupt mit den Augen hätte blinzeln können.

Meine Lieblingsgeschichte aus der Daily Mail trägt den Titel: »Ist dies das Biest von Exmoor? Kadaver eines rätselhaften Tiers am Strand angespült.«12 Begleitet von einer Fotografie eines verwesten Kopfes (und einer weiteren eines fauchenden schwarzen Panthers) stand in dem Bericht, dass »große Reißzähne aus dem riesigen Kiefer ragten und in der Nachmittagssonne glänzten. Dann das Gerippe. Bis zu eineinhalb Meter lang, kräftige Brust und möglicherweise die Überreste eines Schwanzes.« Die Zeitung hatte mit einem Polizisten vor Ort gesprochen, der die kryptische Bemerkung fallen ließ: »Wie es aussieht, könnte es fast definitiv ein Biest von Exmoor sein.« Erst am Ende der Seite enthüllte der Bericht, dass es sich um eine verwesende Robbe handelte. Zweifellos haben diese fesselnden Geschichten das Biest-Fieber angeheizt, aber viele, die die Großkatzen in Britannien gesehen haben wollen, behaupten auch, vor ihrer Begegnung nie von den Tieren gehört zu haben. Es steht außer Frage, dass, abgesehen von ein paar Witzbolden, die meisten im besten Glauben von ihren Sichtungen berichteten. In vielen Fällen wurde ein Tier von mehreren Leuten gleichzeitig beobachtet, die alle das Gleiche aussagen. Was also geht da vor sich? Warum sind in den vergangenen drei Jahrzehnten die Meldungen über Großkatzen in Großbritannien von jährlich ein paar Dutzenden auf Tausende angestiegen?

In der wissenschaftlichen Literatur findet sich keine Erörterung dieses Phänomens: Ich bin auf keinen einzigen Zeitschriftenartikel gestoßen, der sich mit den Großkatzen-Sichtungen befasst hätte. Kein angefragter Psychologe war in der Lage, mir jemanden zu nennen, der das Phänomen untersuchte.

Vielleicht mag die Tatsache, dass die meisten der gemeldeten Katzen schwarz sind, erklären, was hier geschieht. Schwarz ist die einzige Farbe, die alle Großkatzenarten gemeinhin mit der Hauskatze teilen. Erblickt man etwas, das man für einen fuchsroten Leoparden oder einen gescheckten Löwen halten mag, wird man höchstwahrscheinlich seine Wahrnehmung hinterfragen, bevor man das Gesehene als solches hinnimmt. Man wird wahrscheinlich auch zurückhaltender sein, wenn man anderen von seinem Erlebnis berichtet. Das Missverhältnis zwischen Farbgebung und Größe steht dem Bestätigungsprozess im Wege, mit dem das Gedächtnis das Gesehene verstärkt und womöglich übertreibt. Dieses Hindernis wird weniger wahrscheinlich auftreten, wenn die Katze schwarz ist, was immerhin die Möglichkeit bietet, dass es sich um einen Panther handelt. Die Hauskatzen-Hypothese dürfte zudem erklären, warum offenbar kein Mensch einen Leoparden mit Leopardenfell gesehen hat.

Die Größe eines Tiers zu beurteilen, ist schwierig. In der Zeitschrift The Skeptic weist David Hambling darauf hin, dass die Leute häufig die Tiere, die sie sehen, für weit größer halten, als sie tatsächlich sind.13 Als zum Beispiel Scharfschützen der Polizei einen entflohenen Karakal im County Tyrone in die Enge getrieben hatten, erschossen sie ihn in dem Glauben, es sei ein Löwe. Löwen wiegen zwanzig Mal mehr als Karakale. Die Kellas-Katze Schottlands ist ein schwarzes Biest, das wirklich existiert. Sie ist eine Kreuzung der Schottischen Wildkatze mit einer verwilderten Hauskatze. Oft wurde berichtet, sie habe die Größe eines Leoparden. Tatsächlich maß das größte je erlegte oder gefangene Exemplar 110 cm vom Kopf bis zum Schwanz, was immer noch kleiner ist als die größten Wildkatzen. Besonders schwierig dürfte es sein, die Größe eines schwarzgefärbten Tiers zu beurteilen.

Der Psychologe Richard Wiseman erklärt in seinem Buch Paranormalität:

Viele Menschen denken, dass menschliche Beobachtung und Erinnerung wie ein Videorekorder oder eine Filmkamera funktionieren. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein […]. Zu jedem Zeitpunkt haben Ihre Augen und Ihr Gehirn nur die Verarbeitungskapazität, um einen sehr kleinen Teil Ihrer Umgebung anzusehen […], um sicherzustellen, dass wertvolle Zeit und Energie nicht für bedeutungslose Details verschwendet werden, identifiziert Ihr Gehirn rasch dasjenige, von dem es meint, dass es sich um die bedeutsamsten Aspekte Ihrer Umgebung handelt, die es als wichtig erachtet, und konzentriert nahezu seine gesamte Aufmerksamkeit auf diese Bestandteile.14

Das Gehirn, so Wiseman, scannt die Szenerie, wie eine Taschenlampe ein dunkles Zimmer ableuchtet. Die Lücken füllt es aus und konstruiert aus den Teilinformationen ein vermeintlich komplettes Bild.

Dieses Bild kann sich in unser Gedächtnis einnisten und wir behandeln es, als sei es so konkret und eindeutig wie eine Fotografie in einem Album. Wenn wir uns auf eine Katze konzentrieren und ihre Umgebung außer Acht lassen, kann es vorkommen, dass durch den Auswahlprozess das Biest vergrößert und die Szenerie geschrumpft wird. Ich frage mich zudem, ob es in unserem Gehirn so etwas wie eine Schablone in Form einer Großkatze gibt. Da für unsere Vorfahren Großkatzen einst die gefährlichsten Raubtiere waren,* dürfte es ein starkes evolutionäres Interesse geben, sie zu erkennen, bevor das Bewusstsein das Bild verarbeiten und interpretieren kann. Es könnte sein, dass alles, was vage zu dieser Schablone passt, den Großkatzenalarm auslöst: Es schadet uns wenig, Katzen zu sehen, die nicht existieren, aber diejenigen nicht zu sehen, die existieren, umso mehr.

All dies erklärt jedoch nicht, warum Sichtungen von Großkatzen in den letzten Jahren häufiger geworden sind. Auch wenn das Phänomen anscheinend besonders stark in Großbritannien auftritt, ist es nicht nur auf die Insel beschränkt. Es sind auch zahlreiche Sichtungen in anderen Teilen Europas, in Australien und in Gebieten Amerikas gemacht worden, in denen es schon lange keine Pumas oder Jaguare mehr gibt. Seit Jahrhunderten leben verwilderte Hauskatzen auf dem Land, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, und mir sind auch keine Anzeichen bekannt, dass heute ein größerer Anteil als früher schwarz sein sollte. Es könnte sein, dass ihre Population mit dem Nachlassen der Jagdtätigkeit angewachsen ist, aber das müsste mit dem Umstand aufgerechnet werden, dass wir weniger Zeit im Freien verbringen. So ist es eher unwahrscheinlich, dass die um sich greifende Katatonie auf eine zunehmende Begegnung mit Miezekatzen zurückgeht.

Jede Gesellschaft ist von bestimmten paranormalen Phänomenen affiziert, und diese Phänomene reflektieren offenbar unsere Sehnsüchte. Sehnsüchte, die uns nicht unbedingt völlig bewusst sind. Im viktorianischen England glaubten zahlreiche Menschen, dass ihnen die Toten erscheinen und mit ihnen kommunizieren würden. Sie sahen Gespenster, hörten Stimmen und wähnten, sie könnten durch Séancen und Tischerücken mit den Verblichenen Botschaften austauschen. Die Menschen dieser Epoche waren vom Tod besessen. Man muss nur über einen alten Friedhof spazieren und die tragischen Geschichten jener Zeit lesen: Kinder und Ehepartner wurden bisweilen innerhalb weniger Tage von den Epidemien, die seinerzeit in den überfüllten Städten grassierten, dahingerafft. Damals befand sich das Land in einem Zustand nie endender Trauer. Die Vorstellung, dass die Toten in das diesseitige Leben zurückkehren könnten, muss ebenso tröstlich gewesen sein wie der Glaube, sich im Jenseits wieder mit ihnen vereint zu finden. Heute sind Nachrichten über Kontakt mit den Toten nur noch selten.

Als der Wettlauf ins All zwischen den USA und der Sowjetunion auf der ganzen Welt die Fantasie der Menschen beschäftigte, nahmen die Sichtungen von UFOs und Aliens, die zuvor so gut wie unbekannt waren, um ein Vielfaches zu. Es war eine Zeit, in der wir große Hoffnungen in das Veränderungspotenzial der Technik setzten. Damals stellten sich viele Menschen vor, auf anderen Planeten zu leben und durch Galaxien und die Zeit zu reisen. Es war auch die Zeit, in der die Welt kleiner wurde und uns bewusst wurde, dass das Zeitalter der Entdeckungen auf der Erde und der Begegnung mit noch unbekannten Menschengruppen zu Ende ging; dass der Planet Erde womöglich ein weniger aufregender Ort wurde und sicherer war als bislang. Aliens und ihre Fertigkeiten füllten die Lücke, elektrisierten uns mit der Möglichkeit, dass Begegnungen mit unbekannten Kulturen weiterhin möglich seien, und stellten zugleich das Versprechen dar, dass auch wir jene Beherrschung von Technik und Physik erreichen würden, die wir den Außerirdischen zuschrieben. Heute hören wir nicht mehr so viel über UFOs – vielleicht weil unser Glaube an die erlösende Kraft der Technik nachgelassen hat. Könnte es also sein, dass herbeifantasierte Großkatzen einem unerfüllten Bedürfnis entspringen? Jetzt, da unser Leben zahmer und vorhersehbarer geworden ist, da Fülle und Vielfalt der Natur zurückgehen, da unsere körperlichen Herausforderungen so gering geworden sind, dass die größte Kraft- und Geschicklichkeitsprobe, mit der wir es heute zu tun bekommen, das Öffnen einer schlecht entworfenen Nusspackung ist, könnte es da nicht sein, dass uns diese illusorischen Kreaturen etwas liefern, das uns mangelt?

Vielleicht verleihen die Biester, die so viele Menschen heute in den dunklen Ecken des Landes auf der Lauer wähnen, unserem Leben einen Kitzel, den wir uns sonst nur künstlich verschaffen können. Vielleicht wecken sie alte genetische Erinnerungen an Konflikte und schieres Überleben, Erinnerungen, die Begegnungen mit großen Raubkatzen beinhalten dürften – womöglich die heikelsten Zusammenstöße, denen unsere Ahnen ausgesetzt waren. Sie verweisen auf den geheimen Wunsch nach einem Leben, das wilder und stürmischer ist als das Leben, das wir heute führen. Mit gelben Augen und fauchend stieren unsere Sehnsüchte aus dem Dickicht unseres Verstands.

Ich nehme an, und ich verallgemeinere natürlich, dass die Konkretisierung unserer inneren Großkatzen nicht das einzige Phänomen ist, das auf ein solches Verlangen verweist. Man vergegenwärtige sich nur die verbreitete und andernfalls unerklärliche Reaktion auf den Tod von Raoul Moat. Moat wurde 2010 aus dem Durham-Gefängnis entlassen, nachdem er eine Freiheitsstrafe wegen Kindesmisshandlung abgesessen hatte. Mit einer abgesägten Schrotflinte und vielleicht von »Roid Rage« gepackt – jener explosiven irrationalen Wut, wie sie Bodybuilder bei Einnahme von Steroiden befällt – zog er los, um mit seiner früheren Freundin und der Polizei eine vermeintliche Rechnung zu begleichen. Er schoss seiner Ex-Partnerin in den Bauch und tötete ihren Freund, dann feuerte er einem Polizisten ins Gesicht, der dadurch erblindete.

Polizeibeamte aus acht Polizeieinheiten wurden mobilisiert, um ihn dingfest zu machen, aber fast eine Woche lang konnte er immer wieder entkommen. Er lebte im Freien, schlief in Abwasserkanälen und verlassenen Gebäuden. Auf dem Höhepunkt der Fahndung waren zehn Prozent der diensthabenden Polizeibeamten in England und Wales für seine Jagd im Einsatz. Teile von Northumberland wurden evakuiert. Als er schließlich gestellt wurde, hielt Moat die Polizei sechs Stunden hin, bevor er sich selbst in den Kopf schoss.

In anderen Worten, er war das Gegenteil von einem Helden: er hat Kinder misshandelt, gemordet, unbewaffnete Menschen verstümmelt. Doch noch immer, lange nach Moats Tod, erscheinen auf Facebook-Seiten Lobgesänge auf ihn.* Hier ein paar Beispiele:

R.I.P. Sir Raoul Thomas Moat – Ein wahrer Volksheld. Sir Raoul wurde von der Polizei Northumbrias kaltblütig ermordet. Wer das Geräusch einer abgefeuerten Schrotflinte kennt, weiß, dass er sich nicht umgebracht hat. Wir werden dafür kämpfen, dass dir, unserem tapferen gefallenen Soldaten, Gerechtigkeit widerfährt.

R.I.P. Raoul, Du warst ne echte LEGENDE! Werden dich vermissen, Kumpel! Wären doch die Leute wie du, nicht lange rumreden und tun, was man vorhat! DENKE DU HÄTTEST NOCH WEITER GEHEN KÖNNEN! R.I.P. KUMPEL FELS IM HIMMEL FELS HIER UNTEN! TOTALE LEGENDE

Ein echter Volksheld … Krank, wie unser Nationalschatz behandelt wurde. R.I.P. Sir Raoul Moat, verschieden, aber unvergessen.

Es gibt tausende solcher Nachrichten, gepostet von Männern wie Frauen. Moat scheint ein Vehikel zu sein für einen Drang, dem nachzugeben, was wir uns nicht leisten können. Er wird bewundert für seine Gewandtheit, sich der Ergreifung zu entziehen, wie ein wildes Tier durch die Gehölze und Dickichte von Northumberland huschend, die von der Polizei eingesetzten Hunde und Hubschrauber überlistend. Er war aus seinem Käfig ausgebrochen und zum Wilden geworden und scheint damit die Sehnsüchte von Menschen freigesetzt zu haben, die sich in ihrem Leben gefangen fühlen. Einige der Kommentatoren, die die Bewunderung für einen Mörder beklagten, benutzten denselben Ausdruck. Sie missbilligten, dass Moat »zum Löwen gemacht«, also vergöttert wurde.15 Dieses Wort besitzt mehr Gewicht als von den Autoren beabsichtigt.

*Als ich kurz nach der Lektüre von Bruce Chatwins berühmtem Bericht in Südafrika war, bat ich den Kurator des Transvaal Museums, mir die Schädel von Dinofelis zu zeigen, den Scheinsäbelzahnkatzen, sowie die der Hominiden, auf die sie wahrscheinlich Jagd gemacht haben und deren Schädelknochen sie unmittelbar über der Wirbelsäule mit ihren mächtigen Reißzähnen durchlöchert hatten. Sie sahen genau so aus wie in Bruce Chatwins Traumpfaden beschrieben.

* Moats Geschichte – und die merkwürdige öffentliche Resonanz – gleicht der von Harry Roberts, dem bewaffneten Räuber und sadistischen Mörder von Gefängnisinsassen in den späten Kolonialkriegen. Nachdem er 1966 zwei Polizisten erschossen hatte, war er auf der Flucht. Bevor er ergriffen werden konnte, versteckte er sich 96 Tage lang in den Wäldern. Wie Moat wurde auch dieser aufbegehrende Mensch von manchen Leuten als Volksheld gefeiert.

Verwildert

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