Читать книгу Gabriel - George Sand - Страница 13
Szene 6
ОглавлениеGABRIEL (allein). Da ist es also, das entsetzliche Geheimnis, das ich längst erraten hatte! Endlich haben sie gewagt, es mir ins Gesicht zu sagen! Schamloser Alter! Dass du nicht im Erdboden versunken bist, als du sahst, wie ich, um dich zu strafen und bloßzustellen, Unwissen und Staunen vorgab! Was für ein Wahnwitz! Wie konnten sie glauben, dass ich ihrer schamlosen List noch immer auf den Leim ging? Ja, was für eine tolle Intrige! Mir Abscheu vor meinem Geschlecht einzuflößen, um mich dann zu zerschmettern mit der Eröffnung: Sieh an, was du bist … und wohin wir dich sperren werden, wenn du dich nicht zum Komplizen unseres Verbrechens machst! Sogar der Pater! Der Pater, den ich für so ehrlich hielt und für so schlicht, selbst er wusste es! Vielleicht weiß Marc es auch! Wie viele können es noch wissen? Ich werde nie mehr wagen, jemandem ins Gesicht zu schauen. Ach, manchmal wollte ich noch daran zweifeln. Oh, mein Traum! Mein Traum diese Nacht, meine Flügel! … meine Kette!
(Er weint bitterlich. Er wischt sich die Augen.)
Doch in seiner Hinterlist ist er in seine eigene Falle getappt, endlich hat er mir gezeigt, wo sein Hass verwundbar ist. Ich werde euch strafen, ihr Blender! Ich werde euch meine Qualen mitleiden lassen; ich werde euch lehren, was Kummer ist und Schlaflosigkeit, Angst vor der Schande … Ich werde die Strafe an einem Haar aufhängen und sie über deinem weißen Haupt schweben lassen, alter Jules! – bis zu deinem letzten Atemzug. Sorgsam hattest du mir diesen jungen Mann verheimlicht! Das wird mein Trost sein, die Wiedergutmachung des Unrechts, in das man mich hineingezogen hat! Armer Vetter! Armes Opfer, auch du! Ein Streuner, ein Vagabund, von Schulden erdrückt, der Ausschweifung verfallen, sagen sie, in den Schmutz gezogen, verkommen, vielleicht für immer verloren! Armut verdirbt die, die im Hunger nach Ehre und im Durst nach Reichtum erzogen wurden. Und der grausame Alte freut sich noch! Er triumphiert, seinen Enkel in Schmach und Schande zu sehen, weil der Vater dieses Unglücklichen es gewagt hat, sich seinem absoluten Willen zu widersetzen, wer weiß, womöglich eine seiner Schandtaten aufzudecken? Nun, ich werde dir die Hand reichen, denn im Grunde meiner Seele stecke ich noch tiefer im Schmutz, bin noch unglücklicher als du; ich werde mich bemühen, dich aus dem Morast zu ziehen und deine Seele durch eine heilige Freundschaft zu läutern. Gelingt es mir nicht, so werde ich zumindest durch meinen Reichtum den Abgrund deines Elends füllen und dir so das Erbe zurückerstatten, das dir gehört; und wenn ich dir auch nicht diesen eitlen Titel zurückgeben kann, dem du vielleicht nachtrauerst und den ich beschämt an deiner Stelle trage, so werde ich zumindest danach streben, die Gunst der Herrschenden auf dich zu lenken, nach der alle Männer eifersüchtig streben. Doch wie ist sein Name? Und wo finde ich ihn? Ich werde es herausfinden: Auch ich werde lügen und täuschen! Und wenn Vertrauen und Freundschaft ihn und mich wieder auf dieselbe Stufe gestellt haben, werden sie es erfahren! … Ihr Kummer wird sie durchbohren wie ein Dolch. Da du mich beleidigst, alter Jules, da du meinst, die Keuschheit wäre mir so beschwerlich, soll deine Strafe darin bestehen, dass du nicht erfährst, wie viel keuscher meine Seele, wie viel entschlossener mein Wille ist, als du es dir nur vorstellen kannst! …
Nun los! Nur Mut! Mein Gott! Mein Gott, du bist der Vater des Waisen, die Stütze des Schwachen, der Verteidiger des Unterdrückten!
Ende des Prologs.