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Woher wir kommen und was wir sind
ОглавлениеWir Menschen kommen aus der Tierwelt und haben sozial ausgerichtete Antriebe. Sobald sich grössere Bevölkerungsgruppen bilden, entstehen Funktionsrollen. Wachsen diese Gruppen weiter, dann einigt man sich auf Ordnungsstrukturen, die kontrolliert werden. Es entstehen die Rollen einer Ordnungsmacht. Erreicht die entstandene Gesellschaft einen Wohlstand, dann entwickeln sich soziale Schichtungen mit entsprechenden Rollen.
Alle diese Rollen sind entscheidend für die Identitätsfindung von Menschen. In der Kindheit sind die engsten Bezugspersonen identitätsgebend, was sich aber im pubertären Abgrenzungsverhalten mehr oder weniger stark relativiert. Der junge Mensch entwickelt seine Individualität und möchte sie ungestört ausleben.
Um einem ‚kulturellen Ungehorsam‘ vorzubeugen legen alle Gesellschaften grossen Wert auf hohen Respekt gegenüber bestehenden Traditionen. Denn Pflichten, Privilegien, und Werthaltungen bilden die Eckpfeiler jeder Kultur. Andererseits gilt das Wort G. B. Shaws: ‘Traditionen sind das sicherste Mittel, dass die Jungen nicht fortschrittlicher werden als ihre Eltern‘.
Inzwischen wurde das Diktat der Traditionen aufgebrochen. Geblieben sind, möglicherweise sogar epigenetisch verankerte Rollenbedürfnisse.
In den westlichen Gesellschaften entwickelt sich eine hedonistische Egozentrik und damit auch zunehmend individualistische Handlungsprämissen.
So kollidieren individuelle Lebensentwürfe zunehmend mit tradierten Rollen, die dadurch an Bedeutung verlieren. Damit ändern sich zwar soziale Strukturen, die emotionalen Erfüllungsbedürfnisse bleiben davon aber erstaunlich unberührt.
Ein Erfüllungsziel steht inzwischen deutlich im Vordergrund, die Selbstbestimmung. Selbstbestimmtes Leben ist zu einer wichtigen Selbstdefinition geworden und wird irrtümlicherweise mit einem uneingeschränkten, unbehelligten Leben gleichgesetzt, was in unserer durchkommerzialisierten Zivilisation nur mit ausreichenden Finanzen möglich ist. Während Männer tendenziell mehr Lustgewinn in einer bedeutenden Position suchen, besteht bei Frauen aus einem vorhandenen Defizit heraus, mehr der Wunsch nach einer Selbstbestimmung des eigenständigem Entscheidens und Handelns.
Man könnte meinen, dass so etwas jedem Menschen freistünde, wenn er auch bereit ist die Verantwortung dafür zu übernehmen. Hier müssen wir leider feststellen, dass eigenständiges Entscheiden und Handeln nur dann Sinn macht, wenn die angestrebten Ziele auch erreichbar sind, was nur möglich wird wenn das Umfeld unsere Ziele unterstützend zur Kenntnis nimmt – also ernst nimmt.
Männer haben eine Jahrtausend alte Tradition sich und ihre Ziele ernst zu nehmen. Dabei kann das Territorium ihrer Autorität nicht gross genug sein. Alles Einschränkende wird entfernt, bagatellisiert oder ignoriert. Es reicht schon, wenn andere Männer die Absichten erschweren oder durchkreuzen, wenn Frauen das tun, ist es eine Anmassung.
Was passiert, wenn Frauen das männliche Leben kompliziert machen oder sogar rivalisieren? – Sie werden verbrannt – nein, das war vor Jahrhunderten so – man massregelt sie – nein, das gibt ihnen zu viel Bedeutung und endlose Diskussionen – man ignoriert sie – nein, das ist ungehörig und provoziert Aggressionen – man nimmt sie scheinbar ernst, das ist die erfolgreichste Lösung.
Und schon bin ich mitten im Emanzipationsgerangel, dabei habe ich nur versucht folgerichtig zu denken.
Was den gegenseitigen Respekt der Geschlechter angeht, haben wir noch einen langen Weg vor uns. Dieser Respekt ist unabdingbar, wenn wir aus den (von Männern) global angezettelten existenziellen Bedrohungen mit einigermassen heiler Haut herauskommen wollen. Es benötigt viel mehr als nur die dringenden Reparaturen, wir benötigen eine neue Basis für ein nachhaltiges ökonomisches System. Dabei sind die Geschlechterrollen von zentraler Bedeutung.
In diesem Buch geht es aber nicht um den aktuellen Gleichberechtigungsdisput, sondern um die Irritationen, ausgelöst durch unsere verinnerlichten Rollen. Es geht auch nicht um geschlechtsspezifische Schuldzuweisungen, denn Frauen sowie Männer stehen inzwischen in einem vergleichbar zermürbenden Dilemma.
Deshalb habe ich in unterstützender Weise versucht diesen Irrgarten sozialer Rollenbilder zu beschildern, denn Klarheit ist die Basis jeder Planung.
Am Anfang meiner Untersuchung stehen die historischen Rollen von Frauen vom Neolithikum über das frühe Altertum bis in die Neuzeit. Dann im gleichen Sinne die Rollen der Männer. Und aufbauend auf diesem Verständnis der daraus entstehende Handlungsbedarf.