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Am Anfang waren die Göttinnen

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Mithu M. Sanayl schreibt in ihrem Buch ʺVULVA Die Enthüllung des weiblichen Geschlechtsʺ ausführlich über die Götterwelten. Es ist detailliert und gut recherchiert, deshalb erlaube ich mir einiges zu zitieren:

‚Da die Gottheit in den ältesten Konzepten, die wir kennen, weiblich ist, lassen sich die meisten männlichen Gottheiten entweder auf eine Göttin oder deren Gefährten zurückzuführen.‘

Der Inanna-Hymnus ist mehr als 4000 Jahre alt und stellt eine Göttin vor, die sich derartig selbstverständlich ihrer Geschlechtlichkeit bewusst ist, dass das immense Ausmass der Anstrengungen erahnbar wird, mit der solche Zeugnisse verdrängt wurden. An einer Stelle lehnt sie an einem Apfelbaum als sie ʺüber ihre schön anzusehende Vulva jauchzte [und] sich zu ihrer Schönheit beglückwünschte.

Über den Homerischen Hymnus an die Göttin Demeter aus dem 7. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung berichtet sie:

‚Der Homerische Hymnus an Demeter wirkt erst einmal bekannt. Wir begegnen Demeter, der griechischen Göttin des Getreides und des Ackerbaus, nach der Entführung ihrer Tochter Persephone in die Unterwelt und damit in den Tod. Demeter irrt mit aufgelöstem Haar durch das Land, das im selben Masse abstirbt, wie sie ihren Körper durch Nahrungsverweigerung auszehrt. Die Menschen schreien um Hilfe, weil ihre Ernten ausbleiben und sie vor dem Hungerstod stehen. Doch nicht einmal den Göttern gelingt es, die Göttin aus ihrer fatalen Situation herauszureissen. Demeter bleibt untröstlich und trostlos.

An diesem Punkt tritt Iambe auf den Plan. Iambe oder Baubo, wie sie ebenfalls genannt wird, war ursprünglich eine anatolische Göttin, die von den Griechen übernommen wurde … Auch Iambe wird zunächst von Demeter abgewiesen, doch lässt sie sich davon nicht beeindrucken, und mit ihren spöttischen Scherzen gelingt ihr schliesslich, was das gesamte griechische Pantheon nicht vermochte: Sie bringt Demeter zum Lachen und darauf auch wieder zum Essen und Trinken. Was ist geschehen? … »Nachdem Baubo (Iambe) gesprochen hatte, hob sie ihren Peblos und zeigte, was an ihrem Körper am obszönsten war«.

Iambe/Baubo hat Demeter also – frei nach der spanischen Redensart:: El habla por en medio de las piernas, also Sie spricht durch die Organe zwischen ihren Beinen – ihre Vulva gezeigt.

Bei den rituellen Feiern zu Ehren Demeters, den Thesmophorien, war diese Geste fester Bestandteil. Auch weitere Mysterienkulte, die hauptsächlich von Frauen praktiziert wurden entwickelten sich um die Enthüllung des weiblichen Genitals herum ….

Auch die ägyptische Mytholgie bietet eine Analogie zu Baubo. Es ist Hathor, die den wütenden Sonnengott Ra durch das Enthüllen ihres Genitals besänftigt.

Ich könnte in diesem Zusammenhang noch japanische, indische, keltische, sumerische etc. Göttinnen aufführen. Aber an dieser kleinen von Mithu M. Sanayl entliehenen Auswahl können wir nicht nur die Präsenz weiblicher Gottheiten erkennen sondern auch wie bedeutungsvoll ihre primären Geschlechtsmerkmale waren.

Wenn es jemals eine Vorherrschaft von Göttinnen gegeben haben sollte, dann ist diese im Altertum bereits überwunden. Denn in fast allen Mythologien des Altertums besetzten männliche Gottheiten die Hierarchiespitzen, wie Zeus, Jupiter, Wotan/Odin, etc.

Aber auch dort hatten die Göttinnen ohne Zweifel ihre Machtpositionen. Wenn die Geschlechter in der Götterwelt versuchten sich gegenseitig zu dominieren dann geschah dies mit oft katastrophalem Ausgang. So waren die Götterwelten ein Kaleidoskop menschlicher Schwächen mit erzieherisch wirkenden Konsequenzen.

Das alles ging unter, durch die aggressive Dominanz der monotheistischen Religionen. Eigentlich handelt es sich, was den Orient und das Abendland betrifft um einen gemeinsamen Ursprung, nämlich um den einen Gott Abrahams, auf den sich Juden, Christen und Moslems gleichermassen berufen (abrahamitische Religionen).

Warum wissen wir so gut wie nichts von alldem? Warum hat das Wissen um die Kraft der Weiblichkeit keinen Eingang in unsere allgemeine Bildung gefunden?

Das ist keineswegs Zufall, es geht um nichts weniger als um männliche Dominanz.

Jahrtausende waren die Götterwelten reich an weiblichen Gottheiten oftmals sogar von existenzieller Bedeutung für die Menschen. Sie nahmen Rollen ein, die selbstverständlich bis in das alltägliche Verhalten der jeweiligen Gesellschaften abfärbten.

Für diejenigen, denen diese Ausführungen zu feministisch erscheinen, möchte ich versichern, dass es mir keineswegs darum geht hier eine ‚Frauenwelt‘ zu idealisieren, es geht vielmehr darum männliche Anmassung aufzudecken.

Gehen wir also davon aus, dass in den Götterwelten weder Frauen noch Männer dominierten. Diese These würde zu der gesicherten Erkenntnis passen, dass beispielsweise im Germanischen das Wort für „guda Gott“ ursprünglich gramattisch ein Neutrum war. Alle Götter waren Neutren. Erst zur Zeit der arianischen Christianisierung (3.-4. Jahrhundert) wurde der Gottesbegriff zum Maskulinum.

Mit dem Monotheismus erhält die Männerdominanz eine solide religiöse Grundlage, indem sich die gesamte universale Macht auf eine abstrakte Gottesgewalt konzentriert, die von den Gläubigen individuell figürlich ausgestattet werden konnte und somit als verinnerlichte Macht ge- und missbraucht wurde, die aber selbstverständlich männlich war und ist.

Sie repräsentiert ein maximales Machtmonopol. Von diesem erdrückenden Machtdepot leiteten die Leader in den monotheistischen Gesellschaften ihre Machtansprüche ab, sozusagen von Gottes Gnaden. Der grösste Vorteil war, dass sie nicht um ihrer persönlichen Autorität Willen für Loyalität zu sorgen hatten; es reichte, die Heiligkeit von Gottes Geboten durchzusetzen, wenn nötig mit Feuer und Schwert. Vor allem die Kaste der religiösen Würdenträger mästete sich mit der göttlichen Autorität. Natürlich auch Staatsoberhäupter und deren Funktionäre.

Der Drohn

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