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Das Währungssystem von Bretton Woods und dessen Ende
ОглавлениеDas Münzsammeln verdankt seinen kometenhaften Aufschwung im 20. Jahrhundert eigentlich einem anderen Umstand, der mehr etwas mit dem Währungssystem zu tun hat.
Im Jahr 1944, als sich der Zweite Weltkrieg dem Ende zuneigte, trafen sich in einem unbedeutenden kleinen Dorf in der tiefsten Provinz namens Bretton Woods die wichtigsten Wirtschaftspolitiker der Alliierten, um dort über die Nachkriegsordnung und das Wirtschaftssystem zu beraten.
Es wurde ein Konzept entworfen, das den US-Dollar als Ankerwährung vorsah. Alle anderen wichtigen Währungen sollten in festen Relationen zum Greenback gehandelt werden. Zusätzlich wurde beschlossen, dass die US-Notenbank für Ausländer eine Goldeinlösepflicht übernahm. Das bedeutete: Deutsche, französische oder britische Händler, Staaten oder Kunden konnten jederzeit darauf bestehen, ihre US-Dollars in Gold umzutauschen.
Das Währungssystem von Bretton Woods sorgte nach 1945 für eine große Stabilität und beflügelte den Welthandel. Der Weg für die Wirtschaftswunderjahre der Fünfziger wurde so geebnet.
Doch der schleichende Niedergang setzte ein, als die USA sich in Vietnam verausgabten und die Staatsschulden in die Höhe schnellten. Die astronomischen militärischen Ausgaben für den Konflikt in Indochina überforderten Washington. Nach außen behielt man einfach die Währungsrelationen bei und führte nur gelegentlich kleinere Korrekturen durch. Aber im Gebälk des morschen Währungssystems knirschte es bereits heftig, da einige Experten zunehmend zweifelten, ob die USA langfristig die US-Dollarbestände, die vom Ausland gehalten wurden, im Notfall in Gold umtauschen konnten. An der Oberfläche jedoch schien das System einwandfrei zu arbeiten. Die Krise wurde lange Zeit einfach verdrängt.
Der Stein geriet ins Rollen, als Frankreichs Präsident darauf bestand, die vorhandenen US-Dollars in Gold einzutauschen.
In Paris ahnte man längst, dass der Greenback stetig an Wert verlor und dass nur noch das Währungskorsett von Bretton Woods den Verfall verschleierte.
In Washington war man über dieses Misstrauen und das Ersuchen Frankreichs ungehalten, konnte aber vor der Weltöffentlichkeit nicht die desolate Situation eingestehen, ohne eine weitere Lawine auszulösen. Deshalb wurden Tonnen von Gold per Schiff nach Frankreich transportiert.
Doch allen Fachleuten war inzwischen klar, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis die USA sich gezwungen sahen, die Goldeinlösepflicht aufzuheben.
Im August 1971 war es schließlich so weit: Der jahrelange Vietnamkrieg hat den US-Haushalt zerrüttet, und das System von Bretton Woods war am Ende. Die USA konnten für ihre US-Dollars nicht mehr mit Gold bürgen. Danach dauerte es nur noch wenige Wochen, bis sämtliche festgelegten Währungskurse freigegeben wurden. Der Wert des US-Dollars, des Franc, der D-Mark und des Britischen Pfunds richtete sich nun – wie bei allen anderen Waren oder Rohstoffen – nach dem Spiel von Angebot und Nachfrage. Dieses Prinzip wird als „Floating“ bezeichnet. Einige Währungen gerieten erheblich unter Druck, und die gesamte Weltwirtschaft wurde von den stetig schwankenden Währungen ziemlich in Mitleidenschaft gezogen.
Der lustige „Twist“ der Nachkriegswährungen hatte sich in das wilde „Woodstock“ des freien Devisenhandels verwandelt.
Doch es geschah noch etwas Bemerkenswertes: Das Gold, das bisher an den US-Dollar nach einem staatlich festgelegten Kurs gekettet war, streifte das lästige und beklemmende Währungskorsett ab und entfesselte eine Preisentwicklung, die bis dahin niemand für möglich gehalten hatte. Während das gelbe Edelmetall über ein halbes Jahrhundert lang zwischen 25 und 35 US-Dollar pendelte, kannte der Preis nun kein Halten mehr. Fast monatlich schoss der Goldkurs in die Höhe.
Am Ende des „goldenen“ Jahrzehnts – im Jahr 1980 – erreichte der Preis des gelben Edelmetalls mit 850 US-Dollar je Feinunze (31,1 g) einen historischen Rekord. Erst in unserer Zeit schaffte der Goldpreis es, den Gipfel von rund 1900 US-Dollar zu bezwingen.
In den achtziger Jahren hingegen fiel der Preis des gelben Edelmetalls wieder auf 310 US-Dollar. Insgesamt betrachtet waren die achtziger Jahre eher eine Dekade der Aktienmärkte als der Rohstoffe. Auch der Ölpreis sank dank hoher Förderquoten im Rahmen des Kalten Krieges in den Keller. US-Präsident Reagan hatte bei den Ölstaaten interveniert, um die Sowjetunion von ihren Rohstoffeinnahmen abzuschneiden.
Wer in den siebziger Jahren Münzen sammelte, profitierte weniger von dem Sammlerwert als von den drastisch steigenden Goldpreisen.
In unserer Zeit hingegen hat der Goldpreis bereits einen erheblichen Preisanstieg hinter sich. Wer heute in Münzen anlegen will, muss in erster Linie auf den Sammlerwert achten, der nur bei ausgewählten Raritäten zum Zuge kommt.