Читать книгу Ruanda - Gerd Hankel - Страница 7

Einleitung

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Von April bis Juli 1994 fand in Ruanda ein Völkermord statt. Zwischen 500 000 und einer Million Menschen verloren ihr Leben.1 Die Täter stammten aus der Bevölkerungsgruppe der Hutu, der die große Mehrheit der Ruander angehörte. Die Opfer waren zumeist Tutsi, die die Minderheit innerhalb der ruandischen Bevölkerung bildeten, oder Hutu, die der Opposition zugerechnet wurden.

Der Völkermord war grausamer Höhepunkt eines Krieges, der am 1. Oktober 1990 begonnen hatte und der mit dem Völkermord noch nicht zu Ende war. Mal mehr, mal weniger intensiv begleitete dieser Krieg die erste Phase der politischen Konsolidierung in Ruanda und griff dann über auf das benachbarte Zaire. Offiziell zu Ende war er erst 2003, doch noch immer gibt es vor allem in den beiden Kivu-Provinzen im Osten der Demokratischen Republik Kongo, in die Zaire 1997 umbenannt worden war, bewaffnete Auseinandersetzungen, die nicht selten – zuletzt im Herbst 2013 und Frühjahr 2015 – kriegerische Formen annehmen.

In Ruanda selbst herrscht heute Frieden. Eine neue Verfassung wurde per Referendum angenommen. Sie verspricht politische Pluralität, unbedingte Achtung vor den Menschenrechten und Bewahrung demokratischer Strukturen. Drei Parlaments- und zwei Präsidentschaftswahlen haben stattgefunden, ohne dass es zu ernsthaften Spannungen gekommen wäre. Die Wirtschaft wächst, das Land modernisiert sich und erhöht ständig seine Attraktivität für ausländische Investoren. Kigali, die Hauptstadt, hat heute nichts mehr mit der verschlafenen Stadt zu tun, die es mal gewesen ist. Seit 1994 hat sich ihre Bevölkerung mehr als vervierfacht. Hotels, Bürotürme und Banken bestimmen das Stadtbild, Straßen wurden neu angelegt oder verbreitert und Glasfaserkabel verlegt, nicht nur in Kigali, sondern entlang aller größeren Verkehrsachsen des Landes.

»Vision 2020« heißt das Programm, das Ruandas künftiges Gesicht prägen soll. Es ist das Gesicht eines Staates, der sein Inlandsprodukt über Dienstleistungen erwirtschaftet und sich als Drehscheibe der ökonomischen Aktivitäten im Gebiet der Großen Seen begreift. Eines Staates, der selbstbewusst seine Zukunft gestaltet und alle Ruander in dieses Vorhaben einbezieht. Der für ein neues, modernes Ruanda steht, auf das die Ruander stolz sind und das wie ein Leuchtturm weit über seine territorialen Grenzen hinaus strahlt.

Schon jetzt ist das Land zu einem wichtigen Akteur in der afrikanischen Politik geworden. Bei der internationalen Friedensmission in Darfur ist es mit dem größten Kontingent vertreten, in der Afrikanischen Entwicklungsbank stellte es von 2005 bis 2015 den Präsidenten, und in der Ostafrikanischen Gemeinschaft ist ein Ruander seit 2011 Generalsekretär. Staatspräsident Paul Kagame gilt als Inkarnation des neuen afrikanischen Staatsführers, pragmatisch, ideologiefern und von ökonomischem Sachverstand, ein viel umworbener Gesprächspartner, wenn es um die Kooperation mit Afrika geht. Und die Frauenquote, die seine Regierung in Politik und Verwaltung eingeführt und auch der Wirtschaft nachdrücklich empfohlen hat, wird weltweit als vorbildlich gepriesen.

Es ist unübersehbar: Aus einem kleinen Land, so unbedeutend und entlegen, dass in ihm nahezu unbemerkt Krieg und Völkermord stattfinden konnten, ist ein Staat geworden, der in der Welt zur Kenntnis genommen wird. Ein vormals typischer Schauplatz des destruktiven Zusammenspiels von Ethnizismus, Landknappheit, Armut und Gewalt hat sich zu einem Symbol des Aufbruchs in Afrika entwickelt. Es scheint, dass in Ruanda der reflektierte Umgang mit der eigenen Vergangenheit und der Wille, daraus die notwendigen Lehren zu ziehen, eine überaus fruchtbare Symbiose eingegangen sind.

So gesehen ist es auch nicht verwunderlich, dass Ruanda große internationale Anerkennung und Unterstützung erfährt. Als Vertreter Afrikas war es ab Januar 2013 für zwei Jahre nichtständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats. Für die weitere wirtschaftliche und soziale Entwicklung stellen Weltbank und Währungsfond immer wieder hohe Summen zur Verfügung, westeuropäische und nordamerikanische Staaten leisten Budgethilfe oder fördern gezielt bestimmte Projekte, vom Straßenbau bis hin zum Wiederaufbau der Justiz. Nichtstaatliche Organisationen (NGOs) arbeiten, gewöhnlich zusammen mit ruandischen NGOs, an der Überwindung der physischen und vor allem psychischen Folgen des Völkermords und engagieren sich in diversen Maßnahmen der offiziellen Versöhnungspolitik. Ausländische Studentengruppen und Mitglieder kirchlicher Vereinigungen gehen aufs Land oder in Provinzstädte und helfen durch ihre »Friedensarbeit« mit, den Appell des »Nie wieder!«, der vor beinahe siebzig Jahren, anlässlich der Verabschiedung der UN-Völkermordkonvention 1948, zur Verhinderung des Völkermordverbrechens lanciert worden ist, endlich Wirklichkeit werden zu lassen.

Das ist die eine Seite. Die andere ist, dass der weltweiten Anerkennung und solidarischen Unterstützung heftige, erbitterte Kritik gegenübersteht. Folgt man ihr, dann ist es so, als ob es kein Übel der Welt gäbe, das nicht in Ruanda zu Hause ist. Massenmord, Beseitigung politischer Gegner mitsamt ihren Familien, Folter, Erpressung, Betrug und zynische Machtpolitik seien die wahren Merkmale des neuen Ruanda, behauptet sie. Ein Menschenleben sei dort nichts wert, mit großer Unerbittlichkeit werde das Land transformiert. Wer sich diesem Prozess widersetze oder zu widersetzen scheine, werde mundtot gemacht oder einfach liquidiert, denn hinter der Fassade des afrikanischen Musterstaates verberge sich eine Diktatur schlimmsten Ausmaßes. Deren Ziel sei der bloße, materiell lukrative Machterhalt, nicht das Wohl der Bevölkerung, die in ihrer übergroßen Mehrheit lediglich den Status von Marionetten habe.

Wie passt das zusammen? Wie ist es möglich, in Bezug auf ein Land zu zwei so diametral entgegengesetzten Aussagen zu gelangen? Aussagen, die am Ende auch dann noch zur Sprache kommen und stehen bleiben, wenn in die eine wie die andere Richtung nuancierter argumentiert wird, da es für Zwischentöne offensichtlich keinen Raum gibt. Guter oder böser Wille, blinde Zustimmung oder harsche Ablehnung können es allein nicht sein. So wie es deutliche Belege für einen beeindruckenden Fortschritt gibt, so gibt es ebenso deutliche Belege für zahlreiche Verbrechen, an deren Begehung der ruandische Staat beteiligt war, und sie stammen nicht nur aus der Zeit von Krieg und Völkermord, sondern auch aus dem Umfeld des letzten Präsidentschaftswahlkampfs vom August 2010 und sogar noch aus jüngster Zeit.

Nein, es ist anzunehmen und wird sich auch als zutreffend erweisen, dass das, was diese letztlich radikale Gegensätzlichkeit in der Wahrnehmung Ruandas erklärt, eng damit zusammenhängt, welcher Gebrauch von der jüngsten Vergangenheit des Landes gemacht wird. Denn dabei geht es um einiges. Es geht um die Deutungshoheit und Bestimmung eines Narrativs nach massiver Gewalterfahrung, um den Stellenwert von Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung beim Aufbau eines Staates und bei der Befriedung einer Gesellschaft, letztlich also – und vor dem konkreten Hintergrund nicht verwunderlich – um fundamentale Fragen der Moral und, je nach Perspektive, ihrer zynischen Umkehrung, die sich gleichwohl den Anschein höchster Moralität gibt. Auf diese Weise sind Projektionsflächen entstanden, die sich weiter verfestigen und auf denen die Meinungen und Handlungen der jeweils anderen Seite zwischen falsch, verhängnisvoll und verbrecherisch angesiedelt werden. Was für die einen Ausweis gelungener Versöhnung, ist für die anderen nur billiges Politspektakel. Wo die einen wirtschaftlichen Fortschritt erkennen, sehen andere gefährliche Trugbilder.

Eine Untersuchung über Ruanda zu schreiben, ist somit ein Unternehmen, das sich zwischen Extremen bewegt. Die Wahrheit in der oft beschworenen Mitte zu suchen, scheidet aus. Die ruandische Realität ist zu komplex und widersprüchlich, als dass einzelne ihrer Phänomene gegeneinander aufgerechnet werden könnten. Außerdem kann das, was in ihr kritikwürdig zu sein anmutet, nicht einfach durch sein Gegenteil gewissermaßen neutralisiert werden, ganz davon abgesehen, dass sich das als kritikwürdig Erscheinende unter gewissen Voraussetzungen sogar als alternativlos darstellen mag. Die Medienpolitik Ruandas beispielsweise ist selbst im afrikanischen Kontext als restriktiv zu bezeichnen. Zensur ist an der Tagesordnung, Journalisten werden verfolgt und verlassen das Land. Trotzdem klingt es durchaus nachvollziehbar, wenn die Regierung die rigiden Pressegesetze und die Kontrolle der Medien damit rechtfertigt, dass die Medien – Stichwort: Hassradio – eine Schlüsselfunktion bei der Durchführung des Völkermords gespielt hätten.

Doch wo sinnvollerweise ein Gesamtblick auf eine Entwicklung geworfen werden sollte, ist wegen der Fülle der zu verarbeitenden Informationen die Gefahr inhaltlicher Aussagelosigkeit nicht weit, die im Ergebnis mit der Sprachlosigkeit gleichzusetzen ist, von der der bosnische Jurist Jacob Finci einmal im Gespräch berichtete. Bei Wissenschaftlern, die durch den Besuch von Schauplätzen der Massengewalt Empirie und Theorie anschaulich verbinden wollten, stellte er fest: »Diejenigen, die zu uns nach Sarajewo kamen, um mehr über den Krieg und dessen Auswirkungen zu erfahren, lassen sich«, so Finci, »in drei Gruppen unterteilen. Die erste Gruppe bleibt wenige Wochen, hat alles verstanden und kann alles erklären und ihren Publikationen ist dann auch jeder Zweifel fremd. Die zweite Gruppe bleibt länger, in der Regel einige Monate, in denen sie die vergangene Kriegsgewalt gewöhnlich unter einer bestimmten Fragestellung untersucht. Am Ende ist die Frage beantwortet, die Master- oder Doktorarbeit sieht ihrer Vollendung entgegen. Verstehens- und Erklärungsfähigkeit sind zwar nur auf einen Geschehensausschnitt beschränkt, werden aber notfalls mit der für Halbwissende typischen Vehemenz vertreten. Die dritte Gruppe von Wissenschaftsbesuchern, zahlenmäßig die kleinste, bleibt schließlich länger als ein Jahr oder kehrt immer wieder für längere Zeit zurück. Eine Publikation, die Spiegel des Aufenthalts sein könnte, erscheint dennoch nicht. Es erscheint gar nichts, weil die Fähigkeit zu schreiben abhanden gekommen ist. Das ursprüngliche Forschungsvorhaben, noch aus der Ferne formuliert, hat sich nämlich laufend infolge der wechselnden Eindrücke und des wachsenden Einblicks verändert. Was vorher noch klar gewesen ist, ist es jetzt nicht mehr. Statt Antworten entstehen ständig neue Fragen.«

Das vorliegende Buch ist das Resultat einer langjährigen Beschäftigung mit Ruanda. Sie begann 2002, als sich das Land anschickte, sich mit Hilfe der Gacaca-Justiz2 intensiv seiner jüngsten Vergangenheit zuzuwenden, als die politische Übergangszeit zu Ende ging und Vorbereitungen getroffen wurden für die Annahme einer neuen Verfassung und für die Durchführung von Präsidentschafts- sowie Parlamentswahlen, den ersten Wahlen, die, wie die neue Verfassung versprach, frei und gleich sein sollten. Sie endete zunächst 2012 mit dem offiziellen Abschluss der Gacaca-Justiz, geht dann aber noch kursorisch auf die Entwicklung bis 2015 ein. Zu diesem Zeitpunkt ist die Untersuchung schon lange nicht mehr nur auf Ruanda bezogen, sondern nimmt auch dessen Verhältnis zum großen Nachbarn Kongo und die Situation in den Grenzregionen in den Blick. Dazwischen liegen weitere Stationen der Untersuchung, die sich auf die verschiedenen Phasen der juristischen Aufarbeitung des Völkermords vor allem durch die Gacaca-Gerichte beziehen, auf eine tiefgreifende Verwaltungsreform, die forcierte Öffnung des Landes für ausländische Investitionen, das hohe Wirtschaftswachstum, aber auch auf Putschversuche, die Ausschaltung von Regimegegnern, eine allgemeine Verschärfung des innenpolitischen Klimas, erneute Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sowie offene und verdeckte Militäroperationen in der Demokratischen Republik Kongo. Und dazwischen liegt auch die Rezeption einer beständig steigenden Wahrnehmung des Landes durch Medien und Literatur. Die Versuche Ruandas und seiner Bevölkerung, aus dem Schatten der gewaltgeprägten Vergangenheit zu treten, boten reichlich Stoff für Artikel, Filme und Reportagen, und die Zahl der Bücher, Fachpublikationen und Romane, die vornehmlich in Europa und Nordamerika erschienen sind, ist kaum noch zu überblicken.

Wenn im Folgenden auf alle diese Entwicklungen eingegangen wird, spiegelt sich darin die Weiterung des Untersuchungsansatzes, die nicht geplant war. Es sollte zunächst um Gacaca gehen und um die Frage, ob und inwieweit sie eine sinnvolle Variante der Transitional Justice ist. Dass dabei auch historische Abläufe zu berücksichtigen sein würden, erschien angesichts der bekannten Vorgeschichte des Völkermords als selbstverständlich, nicht aber, in welchem Ausmaß darüber hinaus das Augenmerk auf Aspekte gelegt werden musste, die normalerweise weit ab von der Justiz anzusiedeln sind. Als eine von drei klassischen Staatsgewalten steht sie überall dort, wo es Gewaltenteilung gibt, in einer Wechselbeziehung zu den übrigen Gewalten. Insofern stellt Ruanda keine Ausnahme dar. Auffallend ist dort jedoch, wie sehr die Justiz – allen voran die Gacaca-Justiz – als Aushängeschild eines neuen Ruanda präsentiert wird, eines Ruanda, das entschlossen die Lehren aus der Vergangenheit zieht und mit gleicher Entschlossenheit die Herausforderungen der Zukunft annimmt. Alles wird umgestaltet – Verwaltung, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft – und immer ist es die Justiz, die den Legitimationsrahmen liefert. Wer ihre Botschaften verstehen will, sollte den außerjustiziellen Bereich kennen. Und wer diesen kennt, weiß, warum die ruandische Justiz so funktioniert, wie sie funktioniert.

Ausgangs- und Zielpunkt ist immer und überall der Völkermord. Die Tatsache, dass er geschehen konnte und von den Konstrukteuren eines neuen Ruanda beendet wurde, erlaubt keine kritischen Nachfragen. Das ist zunächst überaus verständlich. Immerhin geht es um mehrhunderttausendfachen, insgesamt sogar um millionenfachen Mord. Es geht um Überlebende, die nicht aus der Endlosschleife der Gewalt in ihren Köpfen herauskommen und deren Traumatisierung sich auf das soziale Umfeld überträgt. Es geht um Täter, die das »Weiterleben« allein für sich fordern und wieder ihren Platz in der ruandischen Gesellschaft beanspruchen. Und es geht um die unaufhörlich praktizierte Umkehrung von Täter und Opfer, nicht etwa aus politischem Kalkül, sondern aus Überzeugung und mit großem Skandalisierungspotenzial. Dass das Land mit etwa 26 000 km2 zu den kleinsten Afrikas gehört und zugleich mit über 400 Einwohnern pro Quadratkilometer die zweithöchste Bevölkerungsdichte des Kontinents hat (nur in Mauritius leben mehr Menschen auf dem Quadratkilometer), befördert noch die Entstehung und Intensivierung widersprüchlicher Emotionen. Wo Nachrichten und Gerüchte im Nu von Nord nach Süd oder von West nach Ost durch das Land eilen und jeweils eigene Wahrheiten schaffen, ist immer wieder Raum für Grundsätzliches, das umso apodiktischer vertreten wird, je bedeutungsvoller sein Erörterungsgegenstand erscheint. Und was kann bedeutungsvoller sein als die Frage von Leben und Tod, wie sie in einem Völkermord und dem Umgang damit allgegenwärtig ist. Sie lässt niemanden gleichgültig und fordert den Staat, Vorkehrungen zu treffen, um den fragilen inneren Frieden zu wahren.

Aber wo verläuft die Grenze zwischen der Politik eines Staates, der ein unbestreitbar sinnvolles Ziel durchaus auch kompromisslos durchzusetzen versucht, und einer Politik, die jede Kritik mit dem Hinweis auf den Völkermord und seine imperativen Lehren zum Schweigen bringt, um zuallererst den eigenen Herrschaftsanspruch zu sichern? Da, wo Machtpolitik zu Willkür und Unterdrückung wird, könnte man sagen, wo Transitional Justice ein Deckmantel ist zur Kaschierung von Interessen, die notfalls mit Gewalt – und nicht nur der justiziellen – durchgedrückt werden, wo also, in anderen Worten, die Vergangenheit ohne Rücksicht auf ihre Opfer instrumentalisiert wird.

Eben dies geschah in Ruanda, und es geschieht dort bis heute. Nicht in einer Weise, die es sofort auffällig gemacht hätte oder die sich im täglichen Leben immer noch unmittelbar bemerkbar macht. Die Verantwortlichen in Ruanda wissen, dass die Entwicklung des Landes, dessen Name und Lage vormals nur vergleichsweise wenigen bekannt war und das heute gleichwohl eindeutige Assoziationen weckt, aufmerksam verfolgt wird, weit aufmerksamer jedenfalls als die anderer Länder der Region. Die Verantwortlichen wissen auch, dass Ruanda zu einer Art Testfall für die Entwicklungsfähigkeit subsaharischer Staaten geworden ist: weg von Diktatur, Gewalt und Krieg, hin zu Demokratie, Rechtsstaat und Frieden. Diese Erwartungen bedienen sie mit großem Erfolg. Nicht nur rege Bautätigkeiten und zahlreiche Investitionsprogramme, auch Hinweistafeln und Plakate, die bis in die letzten Winkel des Landes hinein von Einheit und Versöhnung künden, sind augenfällige Zeugen eines Aufbruchs, der nahezu Bilderbuchcharakter hat.

Es gibt allerdings auch ein anderes Ruanda. Es ist das Ruanda, das sich dem ausländischen Besucher erst nach einiger Zeit zu erschließen beginnt. Und dieses Ruanda ähnelt sehr der bereits erwähnten zweiten Seite dieses Landes, nur dass sich die Gewalt weitaus subtiler vollzieht. Die Repression funktioniert lautlos, die Werkzeuge sind oft genug gezeigt worden, jede Ruanderin und jeder Ruander kennt sie und weiß, dass ein Aufbegehren zwecklos ist. Umso leichter fällt es der Staatsmacht, die dunkle Seite des Regimes unsichtbar zu machen. Die an europäischen oder nordamerikanischen Universitäten geschulte Rhetorik ihrer Repräsentanten in Sachen Entwicklung, Selbstbestimmung und Menschenrechte, deren eisenharte und doch einnehmende Argumentationsweise und der, bei wachsendem Widerspruch zu internationalen Rechtsstandards, zuverlässige Verweis auf die gemeinschaftsbildende ruandische Tradition lassen den Eindruck entstehen, in einem Land zu sein, das selbstbewusst und mit der gebotenen Energie auf dem Weg in eine bessere Zukunft ist.

Wer wollte da an Gewalt und Unterdrückung denken? Wer es dennoch tat, wurde umgehend korrigiert. Weil der Völkermord Ruanda als ein Beispiel für Zivilisationsversagen in die Menschheitsgeschichte eingeschrieben habe, hieß es dann sinngemäß, stünde es Vertretern dieser Zivilisation, die Menschenrechte und deren Schutz in fein ziselierter Ausprägung auf ihre Fahnen geschrieben hätten, nicht an, den Leidtragenden dieses Versagens Vorwürfe zu machen. Ermutigende Begleitung beim Staatsaufbau sei angeraten, ansonsten Zurückhaltung die angemessene Reaktion.

Als ich im Frühsommer 2002 erstmals nach Ruanda reiste, bedurfte es dieses Rats nicht. Das Verbrechen war, so dachte ich, zu groß und zu eindeutig. Gut und Böse waren klar getrennt. Täter waren Täter, und Opfer waren Opfer. Dazu gab es noch die Perspektive einer Vergangenheitsaufarbeitung, die traditionelle ruandische Werte mit der Lösung eines gewaltigen innergesellschaftlichen Konflikts zu verbinden versprach. Getragen von gesamtgesellschaftlicher Ermutigung sollten Täter und Opfer friedlich, ja baldmöglichst versöhnt zusammenleben. Das verdiente einfach ein besonderes, wohlwollendes Interesse, umso mehr als es, wie im ersten Teil des Buchs dargestellt, ein von seinem Umfang und von seiner Intensität her betriebenes Vorhaben war, das im Vergleich mit den Erfahrungen anderer Länder seinesgleichen suchte. Wie zu sehen sein wird, waren die Hoffnungen, die an Gacaca geknüpft wurden, trotz einiger Bedenken auf Seiten der Opfer riesig. Gerechtigkeit sollte stattfinden und über den Prozess der Vergangenheitsaufarbeitung eine Geschichte des Landes geschrieben werden, in der sich möglichst viele Ruanderinnen und Ruander wiederfinden und die darum ein umso solideres Fundament für das künftige Zusammenleben abgeben würde.

Es sollte jedoch nicht lange dauern, bis deutlich wurde, dass das Drehbuch für diese Geschichte nicht von den Ruanderinnen und Ruandern selbst geschrieben werden würde. Es waren die neuen Machthaber, die das Drehbuch verfassten. Die meisten von ihnen hatten den größten Teil ihres Lebens im Exil in der anglophonen Nachbarschaft Ruandas (Uganda, Tansania) verbracht und ziemlich klare Vorstellungen davon, was nun geschehen sollte und vor allem, wie sie es erreichen wollten. Eine Vorahnung davon erhielt ich bereits während der ersten Gacaca-Pilotverfahren, die ich besuchte. Es bestand auf offizieller Seite eine klare Vorgabe, was verhandelt werden sollte. Wenn auch das anzuwendende Recht so formuliert war, dass es allgemein und ohne Beschränkung auf eine Tätergruppe galt, ließen Gacaca-Beauftragte des Staates doch keine Zweifel daran, dass nur Völkermordverbrechen angeklagt werden würden, Verbrechen von Hutu an Tutsi also. Umgekehrte Verbrechenskonstellationen, das heißt Verbrechen von Tutsi an Hutu, während und nach der Eroberung des Landes und der Beendigung des Völkermords begangen, gehörten logischerweise nicht dazu. Noch sagten die Beauftragten das nicht laut und bestimmt. Die weit verbreitete Hoffnung, mit der die Menschen in Ruanda der justiziellen Beschäftigung mit Krieg und Völkermord entgegensahen, sollte nicht zu sehr erschüttert werden.

Diese Zurückhaltung gab es 2003 und endgültig 2004 nicht mehr. Wie ich im zweiten Teil des Buchs darstellen werde, sind die neue Verfassung sowie die Wahlen des Jahres 2003 und deren Ergebnisse ein unmissverständlicher Hinweis auf den Willen der neuen Führung, die Macht nicht aus den Händen zu geben. Die Selbstlegitimierung duldete keinen Widerspruch, erst recht nicht nachdem 2004 der zehnte Gedenktag an den Völkermord begangen worden war. Inmitten weltweiter Aufmerksamkeit (nicht allerdings in entsprechend repräsentativer Anwesenheit) beanspruchten dort die Führer des neuen Ruanda die alleinige Herrschaft über Inhalt und Vermächtnis der ruandischen Geschichte. Sie erinnerten an die jahrzehntelange Demütigung und Verfolgung der Tutsi, erklärten die Notwendigkeit des organisierten Widerstands gegen das Unterdrückungsregime der Hutu, beklagten die Gleichgültigkeit der Welt gegenüber dem Völkermord in Ruanda und forderten auf zu Einheit, Wachsamkeit und Stärke als Garantien für ein friedliches Ruanda. Das zu erkennen und zur Richtschnur künftigen Handelns zu machen, sei, so die Führer des neuen Ruanda in ausnahmslos jeder Ansprache, die Verpflichtung der Zukunft. Und wer könne diese Verpflichtung besser und glaubwürdiger übernehmen als diese Führer selbst, die sich mit ihren Soldaten als Einzige dem Wüten der Völkermörder entgegengeworfen hätten, war die mitklingende zusätzliche Botschaft. Es war unüberhörbar: Ein Narrativ wurde konturiert und inhaltlich sowie personell besetzt.

Dann, einige Monate später, las ich im Buch von Roméo Dallaire über seine Zeit als Kommandeur der UN-Friedensmission in Ruanda (1993–1994) eine Passage, in der er die Rückkehr von Tutsi aus der Diaspora im Spätsommer 1994 beschreibt. Er sieht viele hässliche Szenen, als die Rückkehrer in Kigali Hutu aus ihren Häusern vertreiben, um sie widerrechtlich in Besitz zu nehmen. Niemand schreitet dagegen ein. Dallaire wörtlich, unter dem Eindruck dieser Bilder: »Mir stellte sich unversehens die bittere Frage, ob der Feldzug und der Völkermord nicht orchestriert worden waren, um den Weg frei zu machen für eine Rückkehr Ruandas zum Status quo vor 1959, wo die Tutsi allein das Sagen gehabt hatten. Zehn Jahre später wollen diese beunruhigenden Fragen in mir noch immer keine Ruhe geben, besonders im Lichte dessen, war seither in der Region geschehen ist.«3

Ein ungeheurer Gedanke, und einer, der wohl mehrmals gelesen werden muss, wenn er ganz begriffen werden will. Diejenigen, die sich als die Befreier des Landes von einem völkermörderischen Hutu-Regime präsentieren und daraus den unbedingten moralischen Anspruch für die Gestaltung seiner Zukunft herleiten, sollen Krieg und Massenmord willentlich herbeigeführt haben? Sie sollen aus reinem Machtinteresse gehandelt haben und dabei buchstäblich über Leichen gegangen sein? Ist also das offizielle Wehklagen über die vielen Opfer und über die selbstsüchtige Arroganz des Westens nichts als eine zynische Inszenierung? – Ein schwer erträglicher Gedanke, selbst wenn man schon den einen oder anderen Blick in die Untiefen menschlichen Verhaltens geworfen hat.

Doch Roméo Dallaire ist nicht irgendwer. Über ein Jahr lang war der Kanadier vor Ort und hat sich ein Bild machen können von den handelnden Personen und ihren Motiven. Bei ihm liefen alle Informationen zusammen. Er traf sich mit Vertretern der extremistischen Hutu-Regierung und mit Militärs, für die die Zukunft Ruandas nur ohne Tutsi denkbar war. Er traf sich auch mit Vertretern der sogenannten Befreiungsarmee, meist mit deren Anführer Paul Kagame, die den Fanatismus der Gegenseite in eigene Stärke umzuwandeln verstanden und doch weit weniger vom Schicksal der bedrohten Menschen als vom Ziel der möglichst uneingeschränkten Erlangung der Macht angetrieben waren. Davon ist bei Dallaire an mehreren Stellen zu lesen und der Umstand, dass er dies noch Jahre später so aufgeschrieben hat, spricht gegen einen nur oberflächlichen Eindruck. Sein Stellvertreter, der belgische Oberst Luc Marchal, kommt im Übrigen in seinen Erinnerungen an seine Dienstzeit in Ruanda zum selben Ergebnis.4 Es sei Kagame und seiner Armee allein um die Erlangung der Herrschaft gegangen. Der Preis, den die Bevölkerung und namentlich die Tutsi dafür bezahlen mussten, spielte keine Rolle, schreibt Marchal.

Aber macht das einen Völkermörder etwa nicht zu einem Völkermörder? Ist das Verbrechen eines Hutu, der Tutsi – Männer, Frauen, Kinder – umgebracht hat, deshalb ein weniger großes Unrecht? Sind Paul Kagame und die Kämpfer seiner Befreiungsarmee die eigentlichen Täter? Dergleichen zu behaupten wäre Unsinn. Die Hutu, die getötet und den Völkermord begangen haben, diejenigen unter ihnen, die zur bösesten Erniedrigung und Vernichtung der Tutsi-Nachbarn aufgestachelt haben, waren keine willenlosen Werkzeuge eines abgefeimten Kriegsgegners. Sie wussten, was sie taten, wenn sie es auch aus unterschiedlichen Motiven oder Situationen heraus taten.

Mit ebensolcher Bestimmtheit allerdings wird man sagen müssen, dass auch der Kriegsgegner, an seiner Spitze Paul Kagame mit seinen Offizieren, eine Verantwortung für die dramatische Zuspitzung der Ereignisse trägt – sofern die Auffassung von Dallaire und Marchal über Vorgeschichte und Verlauf des Völkermords zutreffend ist. Dass sie das ist, davon sind viele Ruander überzeugt. Ich selbst sprach mit Hunderten von ihnen. Mit Männern und Frauen, Hutu und Tutsi, Tätern und Überlebenden, in allen Teilen dieses kleinen Landes, immer wieder und über Jahre hinweg. Von wenigen Ausnahmen abgesehen waren sie überzeugt davon, Opfer eines teuflischen Plans geworden zu sein und hatten jeweils Geschichten zu erzählen, die ihre Überzeugung begründeten.

Ob diejenigen unter meinen Gesprächspartnern, die Täter waren, sich aus Berechnung, Scham oder Wut so äußerten, weiß ich bis heute nicht. Darum waren und sind die Gespräche mit den Tätern auch nicht ursächlich für mein sich allmählich herausbildendes Verständnis von der fürchterlichen Instrumentalisierung des Völkermords durch die neuen Machthaber. Das wurde vielmehr zum einen beeinflusst durch den Schmerz der Überlebenden, die zum Teil mehrere Dutzend Familienmitglieder verloren hatten (der Preis, den die Tutsi-Minderheit laut Kagame angeblich »für die Sache« zahlen musste)5 und die in ihrer Erinnerung obendrein vergeblich nach einem Grad an Diskriminierung suchten, die ein militärisches Eingreifen zu ihrem Schutz gerechtfertigt hätte. Zum Zweiten war es der Kollektivschuldvorwurf, der sich pauschal und mit erheblicher Vehemenz an die Hutu-Bevölkerung richtete, obwohl viele Tutsi von Hutu gerettet worden waren (unter Umständen und in einer Größenordnung, die die Deutschen der 1930er und 1940er Jahre beschämen müssten), und der zudem absichtlich ignorierte, dass auch Hutu zu den Opfern der Massaker zählten (Oppositionelle und »gebildete Hutu« aus dem Süden, die nach Meinung der Extremisten aus dem Norden des Landes durchweg als zu »weich« und »unzuverlässig« galten). Zum Dritten schließlich zeigte mir die Art und Weise, in der die neuen Machthaber sich den Staat, dessen Bevölkerung und Geschichte aneigneten, dass an einer wirklichen Aufarbeitung des Völkermords kein Interesse bestand. Autoritär in der Vorgabe einer Wahrheit, die von der großen Mehrheit der Ruanderinnen und Ruander nicht geteilt wurde und wird, und in der Folge zunehmend totalitärer agierend, um Widerstand im Keim zu ersticken, das war und ist nach meinem Eindruck der vorherrschende Wesenszug des neuen Ruanda.

Was daraus konkret für das Land Ruanda, das Leben der Ruanderinnen und Ruander und – auch sie waren unmittelbar betroffen – die Menschen im Ostkongo folgte, beschreibe und erkläre ich in den Teilen drei bis fünf des Buchs. Die Periodisierung, die ich hier wie in den vorhergehenden zwei Untersuchungsteilen vorgenommen habe, ist keine offizielle. Sie entspringt meiner persönlichen Wahrnehmung der Entwicklung Ruandas, in der Schwerpunkte gesetzt und Selbstbilder geprägt wurden. Ich habe sie in Überschriften zusammengefasst und ihnen die Darstellung der jeweiligen Entscheidungen, Geschehensabläufe und ihrer Hintergründe zugeordnet. Immer dabei, als gewissermaßen klettenartiger Begleiter der einzelnen Untersuchungsschritte, ist der pragmatische Zynismus des Regimes. Wer, einem einmal gefassten Plan zufolge, die Macht wollte, musste eben alles unterdrücken, was diesen Plan gefährden könnte. Wie sagte mir einer der höchsten Gacaca-Beauftragten 2005, als Ruanda in die Phase der geplanten Konsolidisierung eintrat: »Wir werden nur die Völkermordverbrechen zur Verhandlung zulassen. Ließen wir alle Verbrechen zur Verhandlung zu, würde uns die ganze Sache um die Ohren fliegen.«6

So geschah es, und der Begriff des Völkermords begann, die jahrelange Abfolge von Krieg, Vertreibung und Massenmord in einer Ausschließlichkeit zu dominieren, die eine differenziertere Sicht erschwerte. Als weitere Erschwernis kam noch hinzu, dass die Diskussion über Ruanda zu einem Tummelplatz für Verschwörungstheoretiker, Völkermordleugner oder Anhänger der Theorie vom doppelten Völkermord (einem an den Tutsi, einem an den Hutu, jeweils 1994 mal von extremistischen Hutu, mal von extremistischen Tutsi begangen) wurde. Auf ein Unrecht kam ein viel größeres, ein so großes, dass es das erste (sofern es überhaupt anerkannt wurde) zum Verschwinden brachte, das war und ist ihr Credo, das sie umso lauter herausposaunen, je erfolgreicher sich das neue Ruanda präsentiert.

Die dritte Gruppe der von Jacob Finci skizzierten empiriebedachten Wissenschaftler schwieg, stumm gemacht von der Vielzahl widersprüchlicher Eindrücke und Berichte, die sie über eine lange Zeit sammelten. Und in der Tat war auch die Geschichte Ruandas vor, im und nach dem Völkermord komplex und von gegensätzlichen Interessen geprägt, die notfalls gewaltsam durchgesetzt wurden. Aber es gibt Antworten und Erklärungen, die darüber Aufschluss geben, wie der Neuaufbau Ruandas nach dem Völkermord vonstatten ging und warum die neue Staatsmacht so agierte, wie es sich in etlichen Entscheidungen und Maßnahmen äußerte. Es ist eine dunkle Geschichte und sie bleibt dunkel, auch wenn die eingangs angesprochene andere Seite in der Entwicklung des Landes, wonach Ruanda ein subsaharischer Vorzeigestaat geworden ist, in den Vordergrund gerückt wird. Man mag dazu neigen, diese Seite der Geschichte für die eigentliche zu nehmen und mit Unverständnis und Ablehnung auf Kritik an Ruanda zu reagieren. Ich halte das für falsch. Wenn die Gründungslüge des neuen Ruanda ignoriert und die Implementierung totalitärer Strukturen verharmlost werden, kann aus dem Ergebnis dieses Vorgangs nicht die Existenz einer stabilen und geeinten Gesellschaft (zudem noch mit einer ebensolchen Perspektive) herausgelesen werden. Im Schlussteil des Buchs werde ich noch einmal darauf zu sprechen kommen.

Nun noch einige abschließende Bemerkungen, zunächst zur Quellenlage: Durch Krieg und Völkermord wurden viele Dokumente zerstört. Im Prozess des staatlichen Neuaufbaus nach 1994 wurden, gerade in den Anfangsjahren, viele Maßnahmen und Entscheidungen nicht festgehalten und/oder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Aber auch für spätere Jahre fehlt es oft an verlässlichen Quellen, besonders in den Bereichen, die, wie die Justiz oder das Militär, als sicherheitsrelevant galten. In diesen Fällen wurde von einer gewissen faktischen Dichte auf die Existenz einer entsprechenden Rechts- oder Ermächtigungsgrundlage geschlossen.

Wo Informationen in diesem Buch auf Personenquellen beruhen, wurden diese anonymisiert. Sich in Ruanda kritisch über das Land und seine führenden Kräfte zu äußern, ist sehr gefährlich.

Namen von Institutionen sowie Abkürzungen werden bis 2007 in ihrer französischen Form genannt, danach, als das Englische in Ruanda zur dominierenden offiziellen Sprache wurde, auf Englisch. Die Fotos am Ende eines jeden der fünf Untersuchungsteile dieser Arbeit sind so angeordnet, dass sie den inhaltlichen Aufbau des Untersuchungsteils spiegeln. Die Übersetzungen der französischen oder englischen Originaltexte ins Deutsche stammen vom Autor. Die im Buch angegebenen Internetquellen wurden letztmalig am 5. Juli 2016 aufgerufen.

Und zum Schluss: Die Verwendung der Begriffe »Hutu« und »Tutsi« ist im zeitlichen Umfeld des Völkermords zu dessen Verständnis erforderlich. Sie jedoch auch in einem größeren zeitlichen Abstand zu diesem Verbrechen und bis in die Aktualität hinein zu benutzen, kann möglicherweise befremdlich wirken. Der Eindruck könnte entstehen, als würde über die Zuschreibung eines Hutu- oder Tutsi-Attributs die Identität einer Person hauptsächlich auf ihre Zugehörigkeit zu einer Bevölkerungsgruppe reduziert. Das ist in keiner Weise beabsichtigt. Allerdings ist es auch eine Tatsache, dass trotz der offiziellen Devise »Wir sind alle Ruander« jeder und jede in Ruanda, einschließlich der Hauptstadt Kigali, weiß, »wer wer ist«. Das hat seine Gründe gewiss in der Vergangenheit, aber auch in dem, was auf den folgenden Seiten zu lesen sein wird.

Ruanda

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