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STADTSCHREIBERS MÜHE

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In breiter Bahn tanzen die tausenden Staubpartikel auf dem durch das weit geöffnete Fenster hereinfallenden Sonnenstrahl und verhindern den neugierigen Blick in die dunklen Ecken der Schreibstube. Auf dem Fensterbrett breitet sich in einem bauchigen Krug ein gewaltiger Strauß bunter Wiesenblumen weit ausladend aus und lädt die Insekten zum Festmahl.

Nachdenklich richtet sich Ruprecht Preschers Blick auf den idyllischen Anblick, während seine Hände mechanisch die Federkiele zurechtschneiden, welche dabei ohne das nötige Augenmerk dennoch exakt in die richtige Form geraten, die ein flüssiges Schreiben erst ermöglicht. Hierbei zeigt sich, dass die Stelle des Schreibers durch genau den rechten Mann besetzt wurde.

Es mag für einen Mann nicht unbedingt das wahrhaftige Merkmal sein, aber Ruprecht liebt Blumen über alle Maßen und so gibt es kaum eine Zeit, wo nicht ein Strauß die Fensterbank ziert. Eine besondere Freude ist ihm dann, wenn die Bienen und Schmetterlinge in der Schreibstube um die bunten Blüten tanzen und damit ihr Oratorium an das Leben darbieten.

Energisch schüttelt er den Kopf, um in die Wirklichkeit zurückzufinden. Es gibt genug Arbeit, die da auf ihn wartet. Vor wenigen Augenblicken brachte ein Bote des Bürgermeisters einen kurfürstlichen Brief, die Saigerhütte des Nickel Tyle betreffend. Seit Februar darf dort Kupfer und Silber gewonnen und frei verkauft werden und endlich ist die amtliche Urkunde eingetroffen. Der alte Tyle hat wieder einmal ein goldiges Händchen bewiesen. Es ist noch nicht so lange her, da der Landesherr alles Silber für die eigene Münze beanspruchte. Nun wird sich der alte Ratsherr ein silbernes Näschen verdienen.

„Was starrt der Schreiber da Löcher in den blauen Himmel?“ Unversehens ist der Bürgermeister in die Schreibstube getreten und mustert abwägend Ruprechts Gesicht. „Mir scheint, du machst dir so deine eigenen Gedanken. Sag schon, was überlegst du angesichts des kurfürstlichen Schreibens? Gönnst du dem Ratsherrn Tyle nicht den Erfolg?“

„Ach was, der Alte soll sich in seinem Erfolg baden. Nur glaube ich nicht so recht, dass die Idee auf seinem Mist gewachsen ist. Er zeichnet im Namen von Gesellschaftern und da fällt mir vorrangig der Ulrich Schütz ein, der seit gut fünf Jahren drüben am Topfmarkt sein Haus hat. Er soll ein rechtes Schlitzohr sein und wenn ich richtig gehört habe, will er gar Tyles Tochter heiraten. Was für ein Wunder also, dass er alles Wissen der alten Bergbauherren Schütz in das Unternehmen des Tyle steckt. Der Hans Schütz hat ja wohl auch seine Hände mit im Spiel. Deutlicher können die Zeichen für den Erfolg und den Gewinn gar nicht stehen.“

„Na und“, schmunzelnd streicht sich Bürgermeister Stobener über den Bart, „das Glück kommt nicht von ungefähr, man muss schon etwas dafür tun. Übrigens ist der Tyle auch nicht unbeleckt im Bergbau. Sonst hätte er seine Unternehmungen in Geyer und bei Joachimsthal nicht. Ob die Hütte nun in der Hand des Nickel Tyle ist oder der Schütz-Brüder ist egal. Wichtig ist für die Stadt, dass Steuergelder in die Kasse fließen. Wenn da die Ratsherren gut verdienen, ist dies doch nur recht und billig.“

Abwehrend schüttelt Ruprecht den Kopf. „Wenn das mal nicht zu kurzsichtig gedacht ist. Die Stadt muss wachsam sein, dass die Bürgerschaft nicht wieder unzufrieden wird und gegen den Rat antritt, wie es in den letzten reichlich hundert Jahren dreimal geschehen ist.“

Das Stadtoberhaupt winkt energisch ab. „Male nicht zu schwarz, Schreiber! Die letzte innerstädtische Fete war anno 1414, also vor über einem halben Jahrhundert. Der Landesvater hat gut vorgesorgt, dass sich dies nicht wiederholt. Was meinst du, warum das Handwerk heute Plätze im Rat hat und warum wir, die Ratsherren bestimmen, welcher Handwerker diese Plätze besetzt?“

Geflissentlich taucht Ruprecht den Federkiel in das Tintenfass, denn wieso steht es ihm zu, mit dem Bürgermeister über die Stadtpolitik zu debattieren. Oft genug regt der zwar solche Gespräche an, ist aber danach stets sehr ungehalten, wenn man nicht seiner Meinung ist. Dennoch, ganz vermag er nicht seinen Standpunkt zu verleugnen. „Ich will nicht die landesherrliche Weitsicht in Frage stellen, Herr Bürgermeister, nur sehe ich Gefahren für den innerstädtischen Frieden und will dies zur Beachtung empfehlen. Ich erinnere an die Innungsordnung, die im letzten Jahr für die Tuchmacher erlassen werden musste, weil schlimmer Ärger ins Haus stand. Hier war es der Ratsherr Hans Neefe, dessen Geldstreben über die Maßen störte und zu Missstimmung führte. Weber feindeten die Schneider an, beide beschimpften die Verleger und die Ratsherren gierten nach dem Gewandhandel.“

„Ruprecht, du bist Schreiber und nicht Ratsherr. Zerbrich dir also nicht meinen Kopf. Um auf die Saigerhütte zurückzukommen, auch damit gelangt neben der Steuer weiteres Geld in unsere Kasse. Das gewonnene Kupfer wird im Kupferhammer des Jakob Kupferschmied verarbeitet, der wiederum Bürger der Stadt ist.“

Der Schreiber blinzelt schalkhaft und murmelt: „Keine zehn Jahre wird es dauern, da wird ein Tylscher oder Schützscher Kupferhammer diese Aufgabe übernehmen und der Reichtum bleibt in der Familie.“

Eben will der Bürgermeister zu einer geharnischten Gegenrede ansetzen, da tritt der Ratsherr von Pirne in die Schreibstube und reibt sich die Hände. „Na, wenn das kein schöner Tag ist, Herr Bürgermeister! Die Sonne will offensichtlich den letzten Dreck aus der hintersten Ecke der Stadt herausbrennen und anstatt sich darüber zu freuen, streitet Ihr Euch mit dem Schreiber um Hundsfotts Seele. Guten Morgen auch dir, Ruprecht Prescher. Was ist es denn, das euch so gegeneinander treibt?“

„Ach was, uns treibt nichts gegeneinander“, wiegelt der Bürgermeister ab. „Der Ruprecht hat nur so seine Zweifel an der Redlichkeit des Nickel Tyle wie auch der Schützens. Mir scheint, er mag die Ratsherren an sich nicht sonderlich.“

„Aber woher denn, was sollte ich gegen die Ratsherren haben?“, wehrt sich der so beschuldigte Schreiber. „Ich warne nur davor, zu offensichtlich nur dem Gewinn zu frönen und das Stadtwohl aus den Augen zu verlieren. Wir müssen im Auge behalten, dass die Stadtkasse auf Dauer gut genährt bleibt. Es reicht, dass wir stets mit den Benediktinern Ärger haben, weil diese über die Maßen nach Wohlstand streben und der Stadt so manch üblen Streich spielen. Der Herr Caspar von Meckau, seines Zeichens Abt besagten Klosters, soll ganz ordentlich für eigene Rücklagen gesorgt haben. Da hat auch die Visitation vor ein paar Jahren nicht viel gebracht. Wir aber können nichts dagegen tun, dass im Kloster ein reger Getreidehandel getätigt wird und das Klosterbier uns ebenso Schaden bereitet. Überdies kommt es immer wieder zu Rachezügen gegen den Bierausschank innerhalb der Meile, weil unser städtisches Bier sonst nicht gekauft wird.“

Von Pirne nickt Ruprecht zu. „Das hast du ganz richtig erkannt, Schreiber. Es gibt eine Reihe von Einflüssen, die der Stadt zum Schaden gereichen. Gleichzeitig haben wir aber auch Sonderrechte, die andere nicht haben und eben daraus müssen wir Kapital schlagen. Wenn wir es als ungerecht empfinden, dass auf dem Kloster Markt betrieben wird und wenn in den Dörfern Bier gebraut und auch noch verkauft wird, wie sollen es die Leute dort als richtig empfinden, dass uns von Gesetzes wegen dieses Recht allein zusteht? Für diese Menschen ist das schreiendes Unrecht. Noch krasser ist die Situation für die Leineweber im weiten Kreis, denen der Betrieb einer Bleiche untersagt ist. Sie sind gezwungen, ihre Ware nach Chemnitz zu bringen und hier auf unseren Bleichen weiter zu veredeln, obwohl zum Beispiel in Mittweida die Wiesen an der Zschopau keine schlechteren Bleichpläne abgeben würden. Seien wir also etwas verhaltener in unseren Anschuldigungen und konzentrieren wir uns besser darauf, das gut zu nutzen, was uns zur Verfügung steht.“

Bürgermeister Stobener legt dem alten Ratsherrn die Hand wohlwollend auf die Schulter. „Das sind sehr weise Worte, von Pirne. Unser junger Freund erkennt derartige Zusammenhänge noch nicht so recht. Aber es ist wohl ein Vorrecht der Jugend, so ungestüm über die Umstände zu urteilen.“

„Nun verbiegt Eure Seele nicht, Herr Bürgermeister!“ wehrt der Alte ab. „Ganz so Unrecht hat der Ruprecht nicht, wenn er die verfluchte Geldgier einiger ehrenwerter Bürger anprangert, zumal, wenn sie der Stadt zum Schaden gereichen können.“

„Aber ganz so streng habe ich das nicht gemeint“, sucht Ruprecht das Gespräch zu relativieren, „es ging mir darum, dass man das Augenmerk auf die Geschäftsgebaren richten sollte, um der Stadt Schaden zu ersparen. Nicht alles ist so, wie es anfangs scheint. Weder den Tyle noch die Schützes wollte ich der Unredlichkeit bezichtigen. Aber Gedanken darf und muss man sich machen.“

„Ist gut, Schreiber. Nur solltest du deine Gedanken nicht äußern, wenn du von Amts wegen deine Pflicht erfüllst. Dann gilt es, nur zu schreiben und nicht zu denken und auszulegen. Wenn wir unter uns sind, bin ich schon an deinen Gedanken und Ideen interessiert“, beruhigt ihn der Bürgermeister. „Scheinst mir ein ganz brauchbares Köpfchen zu sein. Man sollte nicht glauben, was so in einem Tischlerhaus heranwächst.“

„Oh ja, es geschehen Zeichen und Wunder, zumal wenn des Tischlers Weib die Magdalena Prescherin ist“, fügt der alte von Pirne leise lächelnd hinzu. „Aber ich schlage vor, wir gehen hinüber in die Ratsstube und erwarten dort die übrigen Ratsherren. Sie dürften schon sehr bald eintreffen.“

***

Während Ruprecht am Rande der Ratsstube an seinem Schreibpult eifrig die Feder über das Papier fliegen lässt, diskutieren die Ratsherren recht aufgeregt an dem großen ovalen Tisch in der Mitte des Raumes. Die schweren Armsessel entstammen allesamt der Prescherschen Tischlerei, wurden jedoch schon zu Großvaters Zeiten gefertigt. Die wuchtige Gestaltung der Sitzmöbel hindert den jungen Ratsherrn Ulrich Schütz nicht, durch eine enorme Beinanstrengung den Sessel auf den Hinterbeinen auszubalancieren und, gleich einem ungezogenen Kind, zu wippen, was ihm das mahnende Räuspern des Bürgermeisters einbringt. „Es ist der Situation nicht angemessen, das Ratsgestühl zur Schaukel umzufunktionieren!“, lautet der freundlich vorgetragene, aber umso ernster gemeinte Tadel.

Der Gemahnte lässt übermütig den Sessel auf alle vier Beine fallen und meint dazu: „Nur keine Angst, meine Herren, trotz des Kippelns fehlt es mir nicht an der nötigen Ernsthaftigkeit. Es ist nur so, wenn ich meine, zu schweben, dann fliegen mir die besten Gedanken zu. Freilich, als mein Vater diesen Stuhl voriges Jahr noch innehatte, da gab es das nicht. Aber mit mir ist das ein wenig anders. Allerdings gefiel diese Eigenart meinerseits bereits dem Schulmeisterlein an der Lateinschule keinesfalls, was mir manchen Ärger einbrachte. Nur habe ich dadurch bessere Ergebnisse erzielt und somit ließ er mir dann das Kippeln durchgehen.“

„Wie rührend diese Geschichte auch ist, Herr Schütz, ich will hoffen, dass Ihr geschäftlicher Erfolg nicht ausschließlich dem Schaukelstuhl zu verdanken ist“, bemerkt der Ratsherr von Pirne. „Soweit ich richtig gerechnet habe, seid Ihr längst den Kinderschuhen entwachsen und zählt über zwanzig Lenze. Da sollte man langsam solche Unartigkeiten abgelegt haben und ernsthaft werden.“

„Lassen wir diese unfruchtbare Diskussion“, wirft Ratsherr Tyle ein, „wenn der junge Herr Schütz meint, schaukeln zu müssen, dann lassen wir ihm doch das Vergnügen, wenn er nur für neue Bestuhlung sorgt, sollte diese zu Schaden kommen. Ich meine, wichtigere Dinge besprechen zu müssen, die unsere Stadt betreffen.“

„Womit wir beim Kernpunkt unserer Zusammenkunft angelangt sind“, bekräftigt Ulrich Schütz und im Handumdrehen ändert sich sein lausbübisches Verhalten in personifizierte Ernsthaftigkeit. „Ich schlage vor, dass wir drei wesentliche Punkte in die Tagesordnung aufnehmen, nämlich die Errichtung eines neuen Rathauses in steinerner Bauweise, die stärkere Ausnutzung des Berggeschreis für das städtische Wohlbefinden und letztendlich die Wahrung der städtischen Privilegien.“

Überrascht hebt der Bürgermeister den Kopf. „Da hat sich der Herr Schütz ganz hübsch den Kopf zerbrochen, wie er uns auf Trab bringen kann. Nur frage ich mich, ob all die Punkte unbedingt heute behandelt werden müssen. Ich erinnere daran, dass wir bereits eine Reihe von Punkten zur Beratung vorliegen haben. Wenn Ihr also bitte die Dringlichkeit der benannten Punkte erläutern wollt?“

Einem Schulmeister gleich hebt der junge Ratsherr die rechte Hand mit gestrecktem Mittelfinger und doziert: „Es ist nur rechtens, wenn wir den Zeichen der Zeit aufmerksam folgen und daraus Kapital zum Wohle unserer Stadt ziehen. Wie wir alle wissen, gibt es in den Bergen gutes Erz zu schürfen, was wir uns zu Nutzen machen sollten. Wenn wir nicht schnell genug handeln, dann werden es uns die Städte Zwickau oder Freiberg, vielleicht auch Mittweida oder Glauchau besser zu machen wissen und wir haben das Nachsehen. Mit der Saigerhütte schaffen wir eine Menge Gelegenheit weiteren Gewerkes zum Wohle der Stadt. Wir sollten also der Hüttengesellschaft Vorteile zubilligen, die uns fürderhin allen zugutekommen.“

Herr von Pirne schüttelt schmunzelnd das greise Haupt. „So habt ihr euch das klug gedacht, ihr Schützes und Tyles?! Chemnitz schustert der Hütte Geld zu, das dann in eure Taschen fließt! Es sind schon durch des Kurfürsten Privileg Vorteile gegeben, die ausreichend erachtet werden sollten, euch in sicherem Sattel zu wissen. Überlegen wir besser, wie wir der Unternehmung ihren angemessenen Beitrag für die Stadtkasse bestimmen, damit wir alle etwas davon haben.“

Empörung malt sich in die energischen Züge des Ulrich Schütz. „Ich muss sehr bitten, Herr von Pirne, nicht, dass es mir um das Geld leid wäre, was in die Stadtkasse zu fließen hat. Aber es sollte eher gering gehalten werden, um die Erfolgsaussichten nicht von vornherein zu mildern. Schließlich soll die Hütte nicht nur den Leuten Lohn und Brot auf Dauer geben, sondern auch steten Zufluss ins Stadtsäckel. Ich will damit sagen, dass es den Herren an der Spitze der Gesellschaft, mich eingenommen, weniger allein um den Gewinn geht als mehr um den Erfolg der Unternehmung!“

Der Bürgermeister hebt beschwichtigend die Hand. „Es bezichtigt niemand die Herren der Gesellschaft der Unredlichkeit. Wir wollen gerne glauben, dass Euch der unternehmerische Erfolg vornan steht, mein lieber Schütz. Aber wir sollten als Ratsherren dieser Stadt das Wohl der Bürger besonders im Auge behalten. Damit will ich sagen, wenn wir nicht darauf dringen, das Stadtsäckel immer gut gefüllt zu wissen, wird die städtische Entwicklung stocken und dann wiederum ist das Unternehmen Saigerhütte in größter Gefahr.“

Beifällig nicken die Ratsherren mit Ausnahme des jungen Schütz, der eher gelangweilt die Schnitzerei am Deckenbalken betrachtet. „Wenn es so gewollt ist, wird die Hütte gewiss ihren Beitrag zur Sanierung des Stadthaushaltes leisten, nur warne ich die werten Herren! Der Bauer sucht auch nicht von der Färse Milch zu bekommen.“

Herr von Pirne schüttelt den Kopf und murmelt vor sich hin: „Das hält man doch nicht aus, jetzt wird schon das Vieh bemüht! Fragt sich nur, wer ist das Rindvieh?“

Ruprecht hat an seinem Schreibstuhl sehr wohl die Worte verstanden und muss sich bemühen, nicht loszuprusten.

Ein dröhnender Knall füllt den Raum aus, als Ulrich Schütz seine Faust auf den Tisch fallen lässt. „Es ist genug, Alter!“, donnert seine plötzlich sehr erregte Stimme hinterdrein. „Gewiss bin ich für manchen derben Spaß zu haben, aber dass ich dem Vieh zugeordnet werde, gestatte ich selbst dem Stadtadel nicht – mag dessen Stammbaum auch auf den Lokator dieser Civitae zurückgehen! Mein Protest wird den Markgrafen Albrecht sicher sehr interessieren! So ganz für umsonst wird er nicht die Genehmigung zum Betrieb der Hütte erteilt haben.“

Bürgermeister Stobener klopft mit den Knöcheln auf die Sessellehne. „Aber, aber, meine Herren, so erregt Euch nicht so über die Maßen! Die Hütte soll nur ruhig ihren Gewinn bringen, sehr zum Segen auch der Besitzer. Aber natürlich muss auch die Stadt ihren Gewinn damit haben – im Interesse der Bürger.“

Schütz nickt zustimmend. „Ist richtig, Herr Bürgermeister. Es wäre auch zu komisch, hättet Ihr nicht zuerst das Stadtsäckel im Sinn. Doch bitte ich zu bedenken, dass die städtischen Einnahmen umso einige Gulden höher werden, brächtet Ihr ein wenig mehr Geduld auf. Bedenkt die vielen Steuerzahler, die wir der Stadt zuführen werden!“

„Genauso halte ich es, das Wohl der Stadt steht im Vordergrund und deshalb gebe ich dem Antrag der Hüttenbetreiber insofern statt, dass die Gesellschaft einen verminderten Beitrag an die Stadtkasse zu entrichten hat. Schreiber, haltet das fest: auf fünf Jahre zwanzig Prozent verminderte Abgabe!“

Wenig zufrieden schüttelt Ulrich Schütz den Kopf, hatte er sich etwas mehr Entgegenkommen erhofft. Andererseits aber kann er zufrieden sein, eine Vergünstigung erzielt zu haben und so hütet er sich, einen Einwand anzumelden.

Das Kratzen der Feder auf dem Pergament lässt den stillen Protest des Schreibers ahnen.

Ratsherr Tyle lächelt selbstgefällig, hat doch Schütz‘ Bemühen sehr seinem Interesse entsprochen. „Wie wäre es, wenn wir nun zum nächsten Punkt kommen, endlich ein steinernes Rathaus, Herr Bürgermeister?“

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