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2. Tatbestandliche Bestimmtheit

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Echte Blankettnormen sind in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht unproblematisch: Sie müssen sich, wie alle anderen strafrechtlichen Normen auch, an Art. 103 Abs. 2 GG messen lassen, der den Grundsatz normiert, dass keine Tat bestraft werden darf, wenn sie nicht vorher durch Gesetz als Straftat definiert und mit einer entsprechenden Sanktion belegt worden ist (nulla poena sine lege). Dies impliziert wiederum das so genannte Bestimmtheitsgebot: Es muss für den Normadressaten vorhersehbar sein, welches Verhalten verboten und strafbar ist.[4] Diese erforderliche Bestimmtheit kann bei Blankettstrafnormen, in denen nicht alle Voraussetzungen einer möglichen Strafbarkeit normiert sind, weil der Inhalt der Verweisungsnorm zur Konkretisierung erforderlich ist, zweifelhaft sein. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe für den Bürger schon aufgrund des Strafgesetzes ersichtlich sein müssen und nicht erst aufgrund des hierauf gestützten normausfüllenden Rechtsaktes vorauszusehen sein dürfen.[5] Ausreichend soll nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insoweit sein, dass aus der formell-gesetzlichen Strafnorm zumindest das Risiko einer Bestrafung hervorgeht.[6] Darüber hinaus muss ebenfalls eine die Blankettnorm ausfüllende Verordnung dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG genügen.[7]

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Der Anspruch an die Bestimmtheit strafrechtlicher Normen wird allerdings relativiert: So herrscht zwischen dem Bundesverfassungsgericht und der wohl überwiegenden Ansicht in der Literatur Einigkeit darüber, dass an den Bestimmtheitsgrundsatz nach Art. 103 Abs. 2 GG keine übersteigerten Anforderungen gestellt werden dürfen.[8] Der Gesetzgeber ist daher „nach Möglichkeit“ gehalten, ein Gesetz so genau zu formulieren, dass sich für den Bürger die Grenze des straffreien Raums schon eindeutig aus dem Gesetzestext ergibt.[9] Er muss nur „die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret umschreiben, dass Anwendungsbereich und Tragweite der Straftatbestände sich aus dem Wortlaut ergeben oder jedenfalls durch Auslegung ermitteln lassen“.[10]

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In der Literatur finden sich vereinzelt Zweifel an der erforderlichen Bestimmtheit der insolvenzstrafrechtlichen zentralen Begriffe[11] der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung.[12] Diese Begriffe finden sich, wie oben dargelegt, nicht nur in den §§ 283 ff. StGB, sondern ebenfalls im Insolvenzrecht, wo sie in den §§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 2 und 19 Abs. 2 InsO legaldefiniert sind. Diese Definitionen weichen allerdings von den durch die Rechtsprechung für das Insolvenzstrafrecht entwickelten Begriffen ab, sie sind weiter gefasst.[13] Es herrscht Uneinigkeit bezüglich der Frage, ob die seit dem 1.1.1999 in der InsO enthaltenen Legaldefinitionen für die Auslegung der gleich lautenden Begrifflichkeiten im StGB verbindlich sind.[14] Während sich der BGH für eine zivilrechtsakzessorische Auslegung entschieden hat,[15] sieht die wohl überwiegende Meinung in einer vom neueren Insolvenzrecht abweichenden bzw. diese ergänzenden insolvenzstrafrechtlichen Definition der Begriffe kein Problem.[16]

Insolvenzstrafrecht

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