Читать книгу Theater in Bresel - Gerhard Gemke - Страница 10

Theater

Оглавление

Wenige Kilometer stadteinwärts in der Hausmeisterwohnung des Ottoniums fiel in dieser Nacht der Strom aus. Auch die elektrische Wasserbettheizung versagte ihren Dienst. Die gluckernde Flüssigkeit in der Matratze wurde kälter und kälter. Carlo wälzte sich unruhig in den Fluten.

Und träumte üble Sachen.

Dazu kam ein unangenehmer Wind auf. Die Elster drückte sich in einen geschützten Winkel unter dem Dach des Knittelsteiner Burgturms und schimpfte leise.

Stunden später färbten sich der Osthimmel und die Turmspitze blutrot. Es kündigt sich ein prachtvoller Morgen an. Als hätte es diese unheimliche Nacht nie gegeben.

Jo schleuderte die Bettdecke beiseite. Wenn es etwas gab, das sie noch leidenschaftlicher hasste, als mit ihren Cousins Ritter und Burgfräulein zu spielen, dann waren das drei untätige Tage im Bett. Und heute war dazu noch ein ganz besonderer.

Sie sprang aus den Federn, wusch sich und war in Windeseile in ihren Klamotten. Dann raste sie die Wendeltreppe hinunter, dass jedem anderen schwindelig geworden wäre. Im Remter, dem Speisesaal der Burg, saßen sich schon Eduard und Elvira am Frühstückstisch gegenüber. Emma die Köchin verteilte gerade dampfende Dreiminuteneier und duftende Brötchen. Die Tür wurde aufgerissen, und Jo schlitterte herein.

„Morgen zusammen.“

Einen Moment ungläubiges Schweigen. Dann lachte Elvira.

„Sie ist wieder unter den Lebenden!“

Und Emma drückte Jo an ihren Busen. „Wie schön, mein Mädchen. Ich hole dir sofort ein Gedeck.“

Baron Eduard schüttelte sachte das Haupt und sah sie streng an. „Kaum geht ihre Klasse ins Theater, ist meine Tochter wieder gesund.“

Jo schnappte sich ein Brötchen. „Na und?“ Schnitt es auf und schmierte dick braune Nougatpampe auf die Hälften.

Baron Eduard brummte noch irgendwas wie: „Na, Hauptsache die Kraft reicht bis Montag früh zur Mathearbeit.“ Dabei lächelten seine Augen aber, und Jo grinste zurück.

Der Schnee auf den Buchenästen im Breselwald glitzerte in der Wintersonne wie Zucker. Der Bus schlingerte die Serpentinen der Breselbergstraße hinunter. Bei den Schrebergärten bog er in die Ulmer Allee ein. Dann vorbei am Clubhaus des Rosenzüchtervereins Breselblume und gleich hinter dem Kaufhaus Rausch auf den Breselbergring. Jetzt gings halb um das wie im Winterschlaf versunkene Städtchen herum, am Friedhof und der Gärtnerei Zengerling entlang, um das Kloster Sankt Florian bis zum Augsburger Tor.

Hier erwischte Jos Blick durch die Busscheibe die Frau des Bürgermeisters. Agathe stand vor einem Briefkasten und studierte gründlich die Leerungszeiten, als ob die Post dadurch schneller würde. Plötzlich drehte sie sich ruckartig um. Hatte sie die Blicke in ihrem Rücken gespürt? Sie nickte Jo hastig zu, stopfte einen Brief in den dafür vorgesehenen Schlitz, und stapfte Richtung Marktplatz davon. Vielleicht besuchte sie ja ihren Mann. Im Rathaus.

Eine Station weiter hielt der Bus vor dem Breselner Theater. Jo hatte die drei längst entdeckt. Mit einem Satz landete sie auf dem Bürgersteig und rannte auf Lisa, Jan und Freddie zu.

„Vorsicht!“, schrie Freddie, „da kommt die Grippewelle!“

So schnell, wie sich Freddies Nase in einen Schneeball bohrte, konnte er sich gar nicht wegducken. Lisa und Jo klatschten die Hände zusammen, und Jan lag lachend in einer Schneewehe. Zum Glück trat Herr Hagemeier dazwischen, sonst wäre Jan noch gründlich eingeseift worden.

„Schön, dass du wieder dabei bist, Jo“, sagte der Lehrer. Und zu allen Umstehenden: „Ich hab bereits die Karten. Wir können rein.“

Pünktlich um neun betrat Ebeneezer Srooge die Bühne.

„Humbug!“, blaffte er das Publikum an. Genau wie seinen zitternden Angestellten Cratchit. „Alles Humbug!“ Auch sein Neffe Fred und seine Nichte Annie hatten nichts zu Lachen bei dem griesgrämigen Geizkragen. Und jeder hätte ihm ein schlimmes Ende gegönnt. Nur der Geist der Weihnacht … aber das kann ja jeder bei Charles Dickens nachlesen.

Zum Schluss sangen die Schauspieler unterstützt vom Theatermusiker das alte englische Weihnachtslied God rest you merry gentlemen. Schnee (also Theaterschnee) rieselte auf sie herab. Mit mehreren Verbeugungen bedankte sich das Ensemble für den herzlichen Applaus. Vorhang zu.

Und Vorhang wieder auf. Der Schauspieler im Kostüm des geizigen Scrooge schritt zur Rampe und hielt seine Hände in die Luft. Langsam senkte er die Arme und im Publikum wurde es still.

„Es freut uns sehr, dass es euch gefallen hat.“

„Das war Klasse!“, krähte ein Knirps aus der dritten Reihe.

Der Schauspieler lächelte. „Aber es kommt noch besser.“ Er spazierte ein paar Meter nach rechts. „Die Dramaturgen der Breselner Kammerspiele haben sich etwas ganz Besonderes für euch ausgedacht. Begrüßen wir mit Applaus Chris Rosenmüller und Jörn Kuhl!“

Die zweihundert Kinder im Saal klatschten, johlten und pfiffen. Eine zierliche junge Frau und ein angegrauter Fuchs sprangen auf die Bühne. Scrooge senkte wieder mit seinen Händen den Geräuschpegel.

Die junge Frau sprach nicht sehr laut. „Ich heiße Chris und das ist mein Kollege Jörn“, sagte sie, und es wurde mucksmäuschenstill. „Danke für die Begrüßung. Ich hoffe, euch gefällt die Sache, die wir euch jetzt vorschlagen wollen, ebenso gut. Wir planen nämlich etwas, das auch für unser Theater Neuland bedeutet, und wofür wir die Hilfe der Breselner Schüler benötigen – und eventuell auch der Lehrer.“

Der graue Jörn entrollte ein meterhohes Plakat. Oben quer stand schreiendrot:

SCHULTHEATERWOCHE

Darunter hatte eine andere Handschrift ergänzt:

Realschule Kaufbeuren, 6b

Hauptschule Bresel, 8a

Grundschule Ulm, 4d

„Eine Schultheaterwoche“, erklärte Jörn. „Das bedeutet, wir suchen Klassen, die bereit sind, ein Stück einzustudieren, und es in der letzten Februarwoche in unserem Theater aufzuführen.“

Die junge Frau, die Chris genannt wurde, deutete auf das Plakat. „Wie ihr seht, haben sich schon drei Klassen aus unterschiedlichen Schulen und Städten angemeldet. Wir würden uns über doppelt so viele Teilnehmer freuen. Mindestens.“

„Stücke gibt's genug“, behauptete Jörn Kuhl. „Wer Interesse hat, braucht bloß in der Theater-Dramaturgie vorbeizuschauen.“

„Oder …“, Chris machte eine große einladende Handbewegung zu den Schülern, „oder jemand hat eine Idee für ein eigenes Stück.“

„Eure Lehrer haben Informationsmaterial erhalten und werden das mit euch besprechen. Und wir stehen natürlich jederzeit bei allen Fragen und Problemen zur Verfügung. Mit Rat und Tat.“

Mit bühnenerprobter Eleganz schob Ebeneezer Scrooge die beiden Dramaturgen zur Seite. „Und ich kann euch versichern, es ist ein großartiges Gefühl, auf der Bühne zu stehen und von Maik Bröckl ins rechte Licht gerückt zu werden.“

Die Kinder sahen noch so eben, wie er über ihre Köpfe hinweg auf die hintere Wand des Theaters deutete, wo der Beleuchter in seiner Kabine saß. Dann ging schlagartig das Licht aus.

„Maik!“, schrie Scrooge entsetzt.

Schon zuckten Lichtblitze durch den Saal. Unheimliche Musik kam aus versteckten Boxen und schwoll an zu einer dröhnenden Sinfonie. Wie von Geisterhand tanzten flackernde Projektionen durch die Kulissen, und irrwitziges Scheinwerfergeflimmer tauchte die Bühne in alle Regenbogenfarben. Einige Kinder kreischten, aber die meisten bekamen vor Staunen den Mund nicht mehr zu.

Nach dreißig Sekunden war der Zauber vorbei. Scrooge, Jörn und Chris standen wieder im normalen Bühnenlicht. Scrooge drohte mit dem Zeigefinger über die Köpfe der Kinder hinweg.

„Maik wollte euch zeigen, was ein Beleuchter so drauf hat“, lachte Chris.

Jörn rollte das Plakat wieder ein. „Jetzt solltet ihr aber den Saal verlassen. Die Bühne muss für die nächste Vorstellung eingerichtet werden. Wir hoffen auf eure guten Ideen!“

„Tschüss!“

Unter Applaus verschwanden die drei hinter dem Vorhang. Der Saal ächzte erleichtert, als das zweihundertmäulige Schwatzen, Kreischen und Kichern die Türen hinter sich geschlossen hatte.

Ganz klar, auch die 6b war begeistert. Aber zunächst einmal wurde sie von Herrn Hagemeier direkt ins Wochenende geschickt.

„Wir besprechen alles in Ruhe am Montag – nach der Mathearbeit!“

Wie nett, dass Lehrer immer auch noch einen Dämpfer parat haben. Lisa stöhnte und verabredete sich mit Jo am Samstag zum Lernen. Auch Freddie und Jan hatten's bitter nötig und verbrachten in den folgenden zwei Tagen so einige Stunden mit rauchenden Köpfen über den Mathebüchern. Wenigstens den Sonntag Nachmittag gönnten sich die vier auf den dick zugefrorenen Breselner Fischteichen.

Halb Bresel hatte sich bei strahlendem Sonnenschein versammelt. Ebeneezer Scrooge – natürlich in Zivil – schlitterte mit der gleichen Eleganz übers Eis, die er auf der Bühne bewiesen hatte. Herr und Frau Bürgermeister rutschten gemächlich und nach allen Seiten grüßend am Rand entlang. Elfriede Sievers, schon über 70 und in mehrere Schals und den unvermeidlichen Kamelhaarmantel eingemummelt, kommentierte das Geschehen von der Bank aus, auf der ihr Gatte einst immer gesessen hatte. Damals, als Oskar noch lebte. Hachja.

Pastor Ambros Himmelmeyer geleitete eine Messdienerschar um den Teich herum wie eine Glucke ihre Küken. Haustenbecks mit Freddie und Fesenfelds mit Jan lieferten sich ein Hockeyduell. Und Jo und Lisa schwebten eine Weile wie zwei Eisprinzessinen von einer Gruppe zur nächsten und verzogen sich irgendwann.

„Zu Mädchengesprächen“, grinste Freddie und traf Jan mit seinem Schneeball genau in den Nacken.

Ein ausgesprochen friedlicher Sonntag neigte sich dem Ende zu. Die Breselner trollten sich verfroren aber guter Dinge nach Hause.

Wenig später versank die Sonne im Abendrot.

Nur weit im Osten, ungefähr über Augsburg, schlichen Wolkenfäden wie ein Netz durch die Nacht. Vereinzelte Wolkeninseln leuchteten rot wie die Kniegelenke einer Vogelspinne. Allmählich verglühten die Flecken. Sterne blitzten auf und gerieten in das Netz. Und wurden von einer pechschwarzen Wolke gefressen, die sich unaufhaltsam nach Westen schob. Auf Bresel zu.

Dann schneite es die ganze Nacht.

Montag, 15. Dezember

Die Mathearbeit war halb so wild. Eine von der Sorte: Gut dass ihr trotzdem so viel gebüffelt habt, das könnt ihr dann später gebrauchen …

In der Stunde darauf kam dann der eigentlich spannende Teil dieses Vormittags. Herr Hagemeier stellte sich mit verschränkten Armen vor die Klasse.

„Nun?“ Erwartungsvoll blickte er von einem zum anderen. „Sollen wir abstimmen, oder habt ihr euch schon entschieden?“

Augenblicklich waren Quadratzahlen und Winkelsummen vergessen. Wie ein Rudel wild gewordener Welpen tobten mögliche und unmögliche Ideen durch die Klasse. Bis es Herrn Hagemeier zu bunt wurde und er für Ruhe sorgte.

„Nun, euer Wunsch scheint ja eindeutig zu sein.“ Er kramte einen Zettel aus seiner Ledertasche. „Ich hab hier die Vorschläge der Dramaturgen. Von denen sollt ihr euch einen rauspicken. Hört zu.“

Herr Hagemeier las mindestens zehn Titel und Kurzbeschreibungen der Stücke vor. Von Titel zu Titel wurde es ruhiger in der Klasse. Als Herr Hagemeier die Liste beiseite legte, blickte er in ratlose Gesichter. Fragend hob er die Augenbrauen. Jan, der Klassensprecher, stand auf.

„Nun“, begann er bedächtig wie Herr Hagemeier (und Herr Hagemeier lächelte), „so richtig prickelnd sind die ja alle nicht.“

Die meisten nickten zustimmend.

„Das Weltraumabenteuer fand ich noch ganz cool“, nuschelte Timo in sein Englischbuch, dessen Vokabeln nebenbei den Weg in sein Gehirn finden sollten – aber nicht fanden.

Lisa meldete sich. „Also ich wär höchstens für die Vampirgeschichte, aber …“

„Aber?“, fragte Herr Hagemeier.

Lisa machte eine ungefähre Handbewegung. „Es gibt ja noch eine weitere Möglichkeit.“

Der Klassenlehrer nickte. Er ahnte, worauf Lisa hinauswollte.

„Dafür brauchen wir jedoch drei oder vier, die sich richtig viel Arbeit machen wollen.“

Jan sah Lisa an. „Du meinst – ein eigenes Stück?“

Lisa wiederholte ihre Handbewegung.

„Puh!“

„Und worüber?“ Freddie schaute von dem schwarzen Kapuzenmönch auf, den er gezeichnet hatte.

Schulterzucken. „Ich dachte ja nur …“ Lisa linste auf Freddies Gemälde, „… du könntest zum Beispiel finstere Musik dazu machen.“ Freddie war ja bekanntermaßen der Klavierspieler der Klasse. „Und ich würde gerne … vielleicht die Kostüme entwerfen. Oder das Bühnenbild.“

Jan blickte sich in den Gesichtern der Mitschüler um. In denen sich vieles in Grenzen hielt. Zum Beispiel die Begeisterung. Die Ferien standen vor der Tür, und da klang richtig viel Arbeit richtig schlecht.

„Nun“, Herr Hagemeier konnte anscheinend gar nicht anders beginnen, „ich will euch ja nicht die Ferien verderben. Mein Vorschlag wäre, ich kopiere für alle die Liste der Stücke. Ihr entscheidet euch über den Jahreswechsel für eines davon – oder keins. Oder – ihr brütet eine eigene Idee aus und stellt die im Januar der Klasse vor.“

„Ist das nicht ein bisschen spät?“, fragte Jo.

„Wir haben zwei Monate Zeit. Ich denke, wenn wir direkt nach den Ferien loslegen, reicht das.“

Damit waren die meisten einverstanden.

In der folgenden Pause wurden dann schon die ersten Entwürfe gehandelt. Einige meinten, Jo schriebe die besten Deutschaufsätze. Also wenn schon was eigenes, dann sollte … Jo zeigte ihnen einen Vogel.

Und ein Mädchen, das Freddies Klavierspiel mehr als bewunderte, wünschte sich von ihm gleich ein ganzes Musical. Freddie sah sie entgeistert an.

„Das kann ich gar nicht. Im übrigen, hast du einen winzigen Schimmer, wieviel Maloche das ist?“

Die Pausenklingel setzte den Planungen ein vorläufiges Ende.

Drei Tage später.

„Post für dich!“ Ferdinand Fesenfeld kam die Treppe hochgestiefelt. „Historisches Museum Bresel“, las er verwundert. Jan kam seinem Vater entgegengeschlittert und riss ihm den Brief aus der Hand.

Lieber Jan Fesenfeld!, stand darin. Wir freuen uns über dein Interesse an den archäologischen Grabungen in Sankt Florian. Am Montag, dem 29. Dezember erwarten wir dich um 10 Uhr an der Klosterpforte. Zieh dich warm an, denn das Kloster ist nicht beheizt. Für Getränke und eine Mahlzeit ist gesorgt. Herzliche Grüße und frohe Weihnachtstage, Dein Clemens Zuffhausen.

Jan tobte mit Kriegsgeheul durch die Wohnung und rannte mit Karacho seine Schwester über den Haufen. Lotte schmiss wütend eine Gummiente hinter ihm her – und traf Klein-Johnny. Es war wie immer erstaunlich, wie hirndurchbohrend der Hosenmatz aus dem Stand krähen konnte. Und wer musste wieder für Ruhe und Trost sorgen? Bevor Franziska Fesenfeld ihrem Großen die Ohren lang ziehen konnte, war Jan schon die Treppe hinunter, dass die Nachbarhäuser bebten.

Jan wetzte Richtung Innenstadt, rutschte über der vereisten Bürgersteig, und bog in die Schulstraße ein. Oma Sievers hatte erst heute Morgen ihren Kamelhaarmantel aus der Reinigung geholt. Kopfschüttelnd klopfte sie den Schneematsch vom Saum, den Jans Hacken aufgewirbelt hatten. Diese Jugend! Sie blickte dem Bengel hinterher. Früher – ja, da war alles … Elfriede nickte heftig … mindestens genauso schlimm. Mindestens! Hachja! Auch wenn ihre Freundinnen etwas anderes behaupteten. Aber die waren ja alle schon tüdelig! Elfriede kicherte, rückte ihren Dutt zurecht, und wackelte ihres Weges.

Zwei Haustüren weiter tippte Jan ein Trommelsolo auf Haustenbecks Klingel. Kaum drei Sekunden später schrie Freddie von oben: „Komme schon!“ Und auch hier wackelten die Schornsteine der Nachbarhäuser bedenklich. Freddie hielt den Brief des Museums zwischen den Zähnen und kämpfte sich in seine Daunenjacke. Die beiden Jungs verstanden sich wortlos. Mit Affenzahn pflügten sie durch den Neuschnee die Schulstraße entlang. Vorbei an meterhoch getürmten schmutzigweißen Haufen und Schneemännern, die ihnen aus den Vorgärten mit den Besen drohten.

Die Eisdiele Favretti lag in winterlichem Schlaf. Die Tische und Stühle, die im Sommer zum Verweilen einluden, stapelten sich in der Garage, und die großen Sonnenschirme träumten hinterm Haus von Maiglöckchen und Fliederduft. Vor der breiten Glasfront stand ein Lieferwagen der Firma Spreißelmeier. Drinnen wurde gehämmert, gesägt und gebohrt. Das Eiscafé wurde runderneuert und für die kommende Saison startklar gemacht.

Jan und Freddie kannten sich aus. Sie nahmen den Seiteneingang und stürmten ins obere Stockwerk. Lisa erwartete sie schon strahlend.

„Hab mir schon gedacht, dass ihr reinschneit“, begrüßte sie die beiden und wedelte mit einem Zettel, auf dem der Briefkopf des Museums prangte. „In zwei Wochen geht's los!“

Die Jungs fläzten sich auf die Matratzen, die Lisa unter dem Fenster ausgebreitet hatte.

„Wir finden bestimmt massenhaft alte Knochen.“ Freddie kam gleich zur Sache. „Und bergeweise Scherben aus der Römerzeit.“

„Als die Römer hier in der Gegend saßen, gab's Bresel noch gar nicht, du Stiesel!“ Lisa hatte in der Schule einfach besser aufgepasst.

„Wo Freddie hintritt, liegen hinterher immer Scherben“, grinste Jan.

„Schönen Dank!“, brummte der. „Weiß einer was von Jo?“

Lisa schüttelte den Kopf. „Einer nicht. Aber Eine.“

Jan sah sie fragend an. „Und?“

Lisa zuckte mit den Achseln. „Ich befürchte, Jo hat sich zu spät angemeldet. Hab mit ihr vor 'ner Stunde telefoniert. Jo hat 'ne Superlaune.“

„O-ha!“ Jan wusste ja bereits, was ihrer Freundin bevorstand. „Sind ihre Cousins im Anflug?“

Lisa nickte.

„Kurz und Gut?“, fragte Freddie.

Jan grinste. „Kurz und Schlecht.“

Lisa blickte hinaus in das Schneetreiben, das mittlerweile heftig geworden war. „Arme Jo.“

Theater in Bresel

Подняться наверх