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Harald Bauernfeind

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Mit einer Tube Estragon Senf bewaffnet, stehe ich am Marktplatz. Plötzlich sehe ich Harald Bauernfeind vor mir stehen. Zuletzt gesehen haben wir uns vor einem gefühlten Vierteljahrhundert, als wir mit dem Hauptschulabschlusszeugnis in der Hand den Weg in die weite Welt antraten. Für mich ging es nicht weit. Für Harald jedoch schon. Er machte eine Lehre in der Gastronomie, heuerte dann auf einen Kreuzfahrt-Dampfer an und kochte sich dreimal quer durch das Mittelmeer. Dann schwang er seine Kochlöffel in einem Haubenlokal an der Cote d`Azur und werkte bis vor wenigen Tagen sogar in Dubai, wo er pro Tag hunderte zu klein geratene Spezialitäten auf viel zu großen Tellern den Reichen und Schönen aus allen Herrenländern servierte.

„Ich bin froh, wieder hier zu sein“, fängt plötzlich Harald zu reden an, als er mich mit dem Senf in der Hand blöd in der Gegend rumschauen sieht. Sein Blick ist traurig. Er wirkt fahrig, abgekämpft.

„Hier im Mühlviertel habe ich genug Abstand zu diesem neureichen Pack in diesem depperten Dubai!“

Ich starre ihn mit großen Augen an. Was wird das jetzt? Was will mir dieser Starkoch auf Abwegen da mitteilen? Wie der sprichwörtliche Ölmann beginnt Harald zu reden. Er erzählt mir alles. Sein ganzes Leben und all seine Probleme serviert er mir jetzt wie auf dem Silbertablett. Von seinen Erlebnissen als Sous-Chef und Oberkoch, der in den feinsten Fresstempel der Welt hinter dem Herd stand. Er wirkt wütend.

„Diese Idioten glauben eh alles, wenn du es ihnen dementsprechend verkaufst. Schau dir doch diese Vögel der sogenannten Haute Volèe an. Seit Jahrhunderten fressen sie Spezialitäten, um sich vom Fußvolk abzuheben. Dass diese Feinspitze uns aber auf den Leim gingen, ist die Ironie dieser Geschichte. Ich gebe Dir nur ein Beispiel: Die Neureichen entdeckten nur deshalb die Austern, weil ihnen ein armer Fischer aus Schottland vor Jahrhunderten diese stinkenden Meeresfrüchte als Spezialität verkaufte. Oder nehmen wir den sauteuren Champagner. Nur weil einem Weinbauern in Frankreich sein Weißwein vergor, gab er dem Gesöff einfach den Namen Champagner. Das machte es neu und exklusiv. Das Business, das damit gemacht wird, ist gigantisch: Alleine am Opernball saufen die Leute tausende Liter und zahlen Abermillionen. Gewaltig. Da sage ich: Du bist, was du isst. Speisen und Spezialitäten sind Statussymbole. Wir Eingeweihten wissen, dass dahinter oft grenzenlose Dummheit steckt. Ich erinnere Dich nur an die 1000-jährigen Eier oder den schwedischen Gammelfisch. Seit Menschengedenken rächen sich die Ausgebeuteten so an der Dekadenz!"

Dass es dann und wann auch schon mal gefährlich werden kann, weiß auch Harald.

„Eine Fledermaus zu essen, kann zu einem Betriebsunfall mit ungeheuren Wirkungen führen!“

Ich zucke mit den Schultern, stecke die Senftube tief in den Hosensack und schwirre ab.

„Ich“, so ruft mir Harald nach, „habe aus der Krise gelernt. Im Herbst eröffne ich einen Würstelstand mit Burenhäutel, Senf und Kren!“

Der Fastfood-Troll

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