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Der Familienpudel

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Wir, die Neumanns, sind stolze Besitzer eines kleinen schwarzen Pudels. Ein niedliches Kerlchen. Die Familienmitglieder haben ihre Freude an ihm. Er schaut einem immer treuherzig aus seinen großen braunen Augen an. Wir könnten auf vieles verzichten, nur nicht auf Johnny, unseren Hund.

Es sind nicht alle Tage mit ihm nur der reine Sonnenschein. Besonders, wenn man die Verantwortung für den Pudel übertragen bekommt.

Der Sonnabend stand vor der Tür. Die Regierung fuhr zum Wochenende in den Winterurlaub. Ich selbst war mitten in den Prüfungen. Aus diesem Grund durfte meine Wenigkeit nicht mit. Nicht überall sind Tiere gern gesehene Hotelgäste. Darum wurde ich verdonnert, auf den Kleinen aufzupassen. Mir bereiteten tagsüber eigentlich nur die Bücher Stress. Der Hund hingegen gab sich pflegeleicht. Solange er mich sah, ging es ihm gut. Wehe ich musste kurz raus, um einzukaufen. Entweder ich nahm Johnny mit oder die Nachbarn gaben ihre Beschwerden danach über das fürchterliche Gejaule hinter der verschlossenen Wohnungstür bei mir ab.

Ich hatte wieder einmal eine Menge Wissen in die Birne geframpft, da klingelte es gegen 17.00 Uhr an der Pforte. Johnny lief gleich bellend hin. Ich öffnete. Meine Freundin Hanne streckte mir ihr Kussmündchen entgegen.

„Gisela kommst du mit zum Tanz? Eine geile Gruppe spielt am Abend in der Schorre. Ich konnte gerade noch zwei Karten ergattern“.

„Mensch Klasse“, genug für heute gelernt. „Warte, ich hübsche mich nur schnell auf.“

Doch im nächsten Moment schoss mir der Pudel durch den Kopf. „Hanne, was stell ich mit unserem Hund an? Alleine bleibt der nie. Er fürchtet sich und jault mir die ganze Nachbarschaft zusammen“.

Das wäre seine Antwort für all die Liebe, die ich bisher dem Schoßhund mit vollem Herzen entgegenbrachte.

„Was soll ich nur machen?“, fragte ich fast weinerlich meine beste Freundin.

Sie dachte sekundenlang nach. Im Nu gebar sie eine brillante Blitzidee.

„Gib ihm einfach eine Dosis Schlaftabletten. Danach hast du Ruhe und kannst beruhigt mitkommen.“

Ich holte sogleich eine leckere Wurst aus dem Kühlschrank. Kramte dazu die Schlaftabletten aus der Hausapotheke heraus. Die zerdrückten Tablettenkrümel verpasste ich der Wurst. Diese lag nun Johnny vor dem Maul. Der schnupperte kurz daran. Das war es auch schon. Unser Pudel sah uns mit einem Ausdruck an, als wollte er sagen: „Den Gefallen tue ich euch niemals.“

Ich probierte alles. Schinken, Kuchen, Torte und selbst die Schokolade ließ ihn kalt, die er so gerne frisst. Langsam aber sicher kam ich in Wut. Die Zeit rückte unaufhörlich dem Beginn des Tanzabends näher. Die guten Plätze konnten wir uns eh abschmieren.

Hanne kam mit dem Vorschlag: „Du reißt ihm das Maul auf und ich stopfe ihm die Tabletten tief in den Schlund.“

Sofort befielen mich Zweifel. Jedoch mir fiel nichts Günstigeres ein. Es ging besser, als ich dachte. Erst versuchte Johnny, die Dinger heraus zu würgen. Es gelang ihm in keinem Fall, da ich ihm das Maul zuhielt. Es blieb ihm keine Wahl. Damit musste er Tablette für Tablette schlucken. Wir beide saßen erwartungsvoll auf den Sesseln und harrten darauf, was passieren würde. Die Zeit verrann. In mir kochte es bereits. Das Miststück von einem Hund lag auf seinem Stammplatz neben uns. Er zeigte keine Wirkung.

Doch dann fing er plötzlich an mit den Augen zu rollen. Jetzt wird er müde, sind meine ersten Gedanken. Bei Hanne zeigte das Gesicht ein erstes Siegeslächeln. Doch weit gefehlt. Dieser kleine Teufel sprang auf, hüpfte von oben hinab und mit dem Kopf gegen das Tischbein vom Couchtisch. Ich hob ihn auf. Behutsam legte ich das Knäuel auf das Sofa zurück. Der dumme Kerl stand erneut auf, runter vom Sofa und richtig, wieder gegen das Tischbein. Er verhielt sich, als wenn es das Schönste von der Welt wäre, gegen das Tischbein zu hüpfen. Ich weiß nicht, nach dem wievielten Male er anfing, wie trunken zu torkeln, grätschte gleichzeitig die Beine auseinander, rollte mit den Augen und blieb hilflos auf dem Fußboden liegen.

„Du, ich befürchte, der stirbt“, raunte mir Hanne zu. Das hätte sie nicht sagen mögen. Mir drückte es ebenfalls ziemlich mulmig in der Magengegend. In mir breitete sich Panik aus. Was würde die Eltern dazu meinen, wenn er in eine andere Welt gegangen ist.

Wer konnte helfen? Ich erinnerte mich an die Krankenschwester aus dem 3. Stock. Da sollte ich schnellstens hin. Mit beiden Händen hob ich Johnny vorsichtig auf. Das armselige Häufchen hielt nicht einmal mehr seinen Kopf gerade. Immer wieder klappte dieser zur Seite. Das alles steigerte meine Angst um ein Vielfaches. Vor der Tür der Krankenschwester angelangt, klingelte ich. Zum Glück war es noch nicht nachtschlafender Zeit. Hinter der Tür hörte man ein Schlurfen, der Schlüssel drehte im Schloss und die Tür sprang auf.

Sie fragte sogleich: „Was ist Gisela?“

Langsam rückte ich mit der Sprache raus. Tränenunterdrückt beichtete ich die ganze Geschichte.

Sie besah sich intensiv den Pudel.

„Es ist nicht weiter schlimm. Er muss nur gehörig saufen, um eine Verdünnung zu erreichen. Damit lässt sich die Wirksamkeit der Tabletten mindern.“

Ich dankte. Mir fiel ein Stein vom Herzen, dass Johnny doch nicht sterben musste.

Wieder in der Wohnung suchte ich etwas zu trinken für den Hund.

„Wie wäre es mit Wasser“, meinte die Freundin.

Milch besaß ich sowieso nicht. Da kam mir Wasser schon recht. Unser Pudel wirkte immer noch niedergeschlagen. Die Prozedur, die wir mit den Tabletten durchführten, wiederholten wir mit der Flüssigkeit. Es ist unwahrscheinlich, wie viel Lösemittel in so einen kleinen Hundemagen geht. Johnny hielt still. Er ahnte bestimmt, dass diese Maßnahme gut für ihn ist.

Den Tanzabend betrachtete ich als gelaufen. Hanne lief alleine zur Schorre.

Die Rechnung für unser Tun bekam ich prompt am nächsten Tag. Ich weiß nur, dass ich oft mit Johnny an diesem Sonntag Gassi ging.

Der gehetzte Rentner

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