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1.2.11 Der Scheidebrief und die Witwen

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Ich bin schon etwas verwundert, dass Johannes, der Apostel der „guten“ Liebe, zur Ehescheidung Hinweise und Worte von Jesus nicht weiß. Dies haben die Anderen getan, die Jesus selbst nicht gesehen und erlebt haben und hierzu zähle ich auch den Schreiber des uns bekannten Matthäus-Evangeliums. Sicher weiß auch ich, dass Matthäus ein Jünger Jesu war, aber ist das uns bekannte Evangelium tatsächlich aus seiner Feder oder hat ein anderer ein Evangelium auf der Grundlage eines verschollenen Evangeliums nach Matthäus geschrieben?

Wenn man die Aussagen Jesus im Matthäus-Evangelium bewertet, dann muss man vorab der Frage der Pharisäer nachgehen. Sie fragten: „Ist's auch recht, dass sich ein Mann scheide von seinem Weibe um irgend eine Ursache?“ (nicht bestimmte Ursache). Irgendeine Ursache kann man auch übersetzen mit, aus irgendwelchen Gründen, mögen sie auch banaler Natur sein.

Damals konnte der Mann ohne jegliche Begründung der Frau den Scheidebrief überreichen. Das ist die Ausgangssituation, worauf Jesus dann geantwortet hat, dass diese Praxis von Anfang her nicht gewesen ist. Auf die Gründe der Ehescheidung geht Jesus in seinem Gespräch auch ein und unterscheidet zwischen allerlei banalen Anlässen und dem Ehebruch. Sehr deutlich ist herauszulesen, dass der Ehebruch durch Fremdgehen vollzogen wird. Denn er sagt: „… es sei denn um Ehebruch.“ Wenn dann die Ehe geschieden wird, so hat der betrogene Partner logischerweise die Ehe nicht gebrochen, einen gebrochenen Krug kann man auch nicht wieder brechen.

„Es ist auch gesagt: Wer sich von seinem Weibe scheidet, der soll ihr geben einen Scheidebrief. Ich aber sage euch: Wer sich von seinem Weibe scheidet (es sei denn um Ehebruch), der macht, dass sie die Ehe bricht; und wer eine Abgeschiedene freit, der bricht die Ehe.“ (Matthäus 5 : 31 – 32)

Von der Abgeschiedenen kann man auch im Lukas 16 : 18 nachlesen. Eine Wiederholung des Textes von dem Ehebruch findet sich auch im Matthäus 19 : 3 – 9.

Wer eine Abgeschiedene freit, was ist nach 5. Mose 24 hiermit gemeint? Wenn ein Mann sich von seiner Frau scheidet und die Frau sich wiederverheiratet, dann darf der erste Mann nicht mehr die Frau berühren, um sie wieder zurück zu gewinnen. Wenn er aber dies tut, dann bricht er diese weitere Ehe.

Wer damals der Frau den Scheidebrief überreicht hat, nur wie es in Mose steht, um irgendeiner ihm lästigen Sache, soll danach Gott nicht beleidigen, denn er hat sich entschieden. Die Abgeschiedene ist für ihn tabu, und er soll sie nicht mehr berühren.

In den Texten im Matthäus und im Lukas liest sich das aber ganz anders. Jesus hat nichts aufgehoben aus dem alten Text, sondern sagt zu Recht: „Darum wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und an seinem Weibe hangen und werden die zwei ein Fleisch sein. So sind sie nun nicht zwei, sondern ein Fleisch. Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.“ (Matthäus 19 : 5 – 6) Hier darf sehr wohl der Text ergänzt werden: „Was Gott zusammengeführt hat, das soll der Mensch nicht wegen irgend einer Ursache scheiden.“

Manche wechseln den Partner so wie andere das Parteibuch, aus Gründen die es nicht wert sind verletzen sie den Partner und die Kinderseelen. Wenn sie ihr Abenteuer ausgekostet haben, dann wollen sie wieder zurück. Gefühle sind keine Schuhe, die man sorglos wechselt und auch wegwirft.

„Wer sich von seiner Frau scheidet, der macht, dass sie die Ehe bricht.“ (Matthäus 5 : 32)

Schuld ist nur der, der macht … Der, der macht, setzt auch die Ursache, wenn die Frau sich dann einem anderen Partner zuwendet. So wie die Verse formuliert sind, so unklar hat Jesus nie gesprochen. Jesus bezog sich ja auf den Text in Mose. Es ist schlimm, wenn man so schreibt, und das Gesagte auf wenige Wortfetzen reduziert, so verändert und auch einschiebt.

Wir sind wieder bei dem alten Problem angelangt und deshalb führe ich den Vers nochmals hier an: 1. Timotheus 2 : 13: „Denn Adam ist am ersten gemacht, darnach Eva. Und Adam ward nicht verführt; das Weib aber ward verführt und hat die Übertretung eingeführt.“

Dieser Einschub passt zu dem verworrenen Text im Matthäus und Lukas, denn schuld ist immer nur die Frau, denn sonst würde der Mann ja nicht fremdgehen. Derjenige der fremdgeht setzt nicht damit einen Automatismus in Gange, dass der Ehepartner auch fremdgeht. Wenn aber doch, wer ist dann nicht schuldig? Wer will dann auf wen den ersten Stein werfen?

Wer seinen Ehepartner tyrannisiert, bricht die Ehe, dann kann man nicht mehr von einem Leib sprechen, denn der Partner hat die Liebe verlassen und zerstört den Frieden, indem er die andere Seele verletzt.

Wer in der Ehe aus Begierde fremdgeht, der bricht auch die Ehe, denn er zerstört das Vertrauen seines Ehepartners. Wenn der andere Partner bereit ist zu verzeihen, dann legt Gott seinen Segen auf die weitere Verbindung. Voraussetzung ist aber, dass der Urheber bereut und zurückkehrt zur Liebe.

Man kann den Sinn im Vers des Matthäus aber auch anders lesen. Wenn der Mann das Vertrauen bricht, dann muss er damit rechnen, dass in der Frau durch den Vertrauensbruch die Liebe, der Glaube und die Zuversicht, das Anhängen zertrümmert wird. Aus Liebe wird Hass und Verachtung, sie beendet, was schon vorher gebrochen worden ist. Nochmals, deshalb sagt Jesus dann: „… der macht, dass sie die Ehe bricht.“ „… und wer eine Abgeschiedene freit, der bricht die Ehe.“

Unter dem Wort abgeschieden kann man auch abgesondert, abgetrennt, auseinander, einsam, isoliert, abgegeben, abgestoßen, entzweit etc. verstehen. Die Aufklärung zu abgeschieden findet sich ja in Mose. Unter abgeschieden verstehe ich aber auch das Verlassenwerden und die Einsamkeit. Man kann auch bei Josef und Maria nachlesen, dass er der Mann, längere Zeit unterwegs gewesen ist, um in anderen Regionen zu arbeiten. Und Josef war in der damaligen Zeit bestimmt kein Ausnahmefall. Sind damals wie heute Frauen in der berufsbedingten Abwesenheitszeit der Männer nicht einsam? Und dann käme einer vorbei und nutzt die Einsamkeit zu seinem Vorteil aus. Bricht der dann nicht die intakte Ehe, die bis dahin auf Vertrauen basierte?

Wenn eine unüberwindbare Kluft aufgebaut worden ist, dann sollte man Hilfe von außerhalb annehmen, wahre Freunde um Hilfe bitten oder den Eheberater konsultieren. Ist dann aber ein Ehepartner nicht bereit sein Wesen zu ändern, dann bricht dieser die Ehe. Eine Ehescheidung kann dann unausweichlich sein und der leidende Partner sündigt nicht, wenn er in einer weiteren Ehe Frieden und Harmonie sucht und auch findet. Aber es steht geschrieben, dass es von Anfang so nicht gewesen ist. Deshalb sollte man in Ehekrisen kämpfen, wenn Chancen zur Besserung im Ansatz zu erkennen sind, denn der Segen Gottes liegt in dem Versuch, die Ehe zu retten und sich wieder näher zu kommen.

Meine Wesenheit sagt hierzu: „Gehen kann man möchten, aber Geduld aufbringen ist oft besser.“

„213.691 Ehen wurden in Deutschland allein im Jahr 2004 geschieden. Ein Drittel aller Ehen geht in die Brüche und oft sind Kinder betroffen … Zu den Eheproblemen sagt Dr. Franz Thurmaier, Leiter des Instituts für Forschung und Ausbildung in einer Kommunikationstherapie: Es sind Paare, die akut in einer Krise stecken. Anlässe sind zum Beispiel ein Seitensprung, die Geburt des ersten Kindes, Krankheit oder Alkoholmissbrauch. Oft gibt es aber keinen konkreten Anlass. Weit über 60 Prozent geben an, dass sie sich auseinandergelebt haben: Wir verstehen uns nicht mehr, können nicht miteinander reden, sind zu verschieden. Weiter sagt er: Schlechte Kommunikation ist einer der Hauptgründe, warum es in Beziehungen schief läuft. Der Partner fühlt sich angegriffen, wenn der andere sagt: „Ich bin dir doch völlig egal! Nie hörst du mir zu!“ Die Frage ist, wie kann man das anders ausdrücken? Wenn ich stattdessen sage: „Ich habe Angst, dich zu verlieren“, verändert das die Einstellung zueinander. Wir können ganz konkrete Gesprächsregeln vermitteln: Ich-Botschaften senden, ausreden lassen, wiederholen, was man verstanden hat … Schätzungen sagen: 50 Prozent der Paare bleiben nach der Beratung zusammen.“ 46

Wenn Schätzungen sagen, dass 50 % der Paare nach einer Beratung zusammenbleiben, dann lohnt sich jede Anstrengung. Nach dem Johannes-Evangelium werden andere Akzente gesetzt. In diesem Evangelium ist die Rede von der Liebe Gottes und vom Verzeihen. Hierzu ist die Geschichte von einer Ehebrecherin gut geeignet. Johannes 8 : 1 – 11, indem Jesus zu der Menge sagt: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“ Weiter sagt er zu der Frau: „Gehe hin und sündige hinfort nicht mehr.“

In dieser Geschichte erkennen wir den liebenden und nicht den strafenden Gott. Gott will, dass wir bereuen und umkehren, er will uns nicht verdammen, sondern wie schon so oft angeführt uns helfen. Wenn alles auseinanderbricht, wer fragt dann nach den kleinen unschuldigen Kindern? Wo bleibt die Wertschätzung gegenüber diesen Kleinen? Wird dann der Würde dieser kleinen Seelen richtig eingeschätzt, erhalten diese ihren realen Wert oder wird fleischliche Lust überbewertet? Dies ist die eine Seite der Münze, die andere Seite ist der vorangegangene Streit, die Wut und vielleicht auch der Hass, den man, wenn keine Vernunft einkehrt, den Kleinen auch nicht weiter zumuten darf. Deshalb, wer ohne Fehler ist, der werfe den ersten Stein und urteile! Wenn aber möglich, dann soll man die Liebe, das Verzeihen, das nochmalige Versuchen anwachsen und gedeihen lassen, schon allein der Kinder wegen.

Nun zu den Witwen im Paulus-Brief, 1. Timotheus 5 : 9: „Lass keine Witwe erwählt werden unter sechzig Jahren, und die da gewesen sei eines Mannes Weib.“

Was will Paulus eigentlich damit sagen? Aus sozialen Gründen sollte man ältere notbedürftige Frauen in den Familienband aufnehmen und aus Nächstenliebe mitversorgen. Dies war damals eine schöne christliche Geste und passt auch zu der Gesinnung von Paulus.

Ich fasse mir an den Kopf, wenn ich die nachfolgenden Verse von der frauenfeindlichen Verachtung und der Fürsorge miteinander vergleiche. Im 11 und 13 Vers des Kapitels lesen wir ein Verbot, das Paulus an seinen Freund Timotheus gerichtet haben soll: „Der jungen Witwen aber entschlage dich; denn wenn sie geil geworden sind wider Christum, so wollen sie freien. Daneben sind sie faul und lernen umlaufen durch die Häuser; nicht allein sind sie faul, sondern auch geschwätzig und vorwitzig und reden, was nicht sein soll.“

Ich lese aus den Versen eine Pauschal-Verurteilung und ein grobes Vorurteil gegenüber leidgeprüften jungen Frauen, die nach dem Tod des geliebten Ehemannes ihre Kinder ohne soziale Unterstützung erziehen mussten. Die Aussagen sind eine Bestrafung für das Leid, wo bleibt die Liebe, die Hilfe und der Trost? Der Text spiegelt nicht die Handschrift eines Apostels wider, der vom Geist Gottes erfüllt ist. Man könnte meinen oder mutmaßen, dass der „Mund“ der diesen Einschub geschrieben hat, von einer Hure enttäuscht worden ist. Aber bereits im nächsten Vers wird eine ganz andere Sicht auf die Dinge gelegt: „So will ich nun, dass die jungen Witwen freien, Kinder zeugen, haushalten, dem Widersacher keine Ursache geben zu schelten.“

Die Fragestellung ist: Wer hat einen Vorteil die erst genannten Verse verfasst zu haben?

Timotheus, der in den Fälschungen der Institution auch als Bischof tituliert wurde, soll sich den Frauen entschlagen, also im Zölibat leben und keine Frau haben, wie angeblich auch die Jünger, die sich Jesus erwählt hat, und die aus Sicht der Kirche auch keine Frauen haben durften. Dann aber sollen auch die jungen Witwen freien, sich also nochmals verheiraten, so der folgende Vers. Dieser Wirrwarr im Text ist ungeheuerlich, denn man unterstellt jungen Witwen, dass sie geil sind wider Christus, und dann empfiehlt man ihnen zu freien und Kinder zu zeugen. Dass die Textstelle von den geilen Witwen nicht von Paulus stammt, kann doch von niemand bestritten werden.

„Auch in einem anderen Punkt wird das Neue Testament im sexualfeindlichen Sinn missverstanden. Johannes Paul II. sieht den Pflichtzölibat in der katholischen Kirche fälschlicherweise als nicht nur von Jesus selbst empfohlen an, sondern zusätzlich auch noch als „apostolische Lehre“ (An alle Priester der Kirche zum Gründonnerstag, 1979, Kap.8). In Wirklichkeit jedoch waren alle Apostel verheiratet. Es ist interessant zu verfolgen, wie in der Übersetzung und Interpretation des Neuen Testaments aus den Ehefrauen der Apostel im Laufe der Jahrhunderte eine Art Haushälterinnen wurden, weil man bemüht war, die Apostel immer mehr als ehelose Zölibatäre erscheinen zu lassen, bis schließlich unser Papst am Gründonnerstag 1979 sie auch zu Prediger und Lehrern des Pflichtzölibats erhob.“47

Wie schon einmal im Kapitel zu den Frauen in der christlichen Ordnung angeführt, kann man die wahre Gesinnung des Apostels Paulus zu den Witwen nach der Lesart im Römer 16 : 1 – 2 erkennen. Nachdem der Mann von Frau Phöbe verstorben war, ist sie weggezogen aus Kenchrea und bedurfte der Hilfe in ihrer neuen Umgebung in Rom. Paulus fordert die Gemeindemitglieder auf, sie zu unterstützen in allem was sie bedarf. Man wird sagen, das was er schreibt von dem Werdegang der Witwe ist kein Beweis. Sollen sie, aber wer will das Anliegen von Paulus leugnen und verdrehen? Die Liebe aus Christo zu den Witwen und den Bedürftigen hat Paulus getrieben, und wer will das bestreiten?

Die Bibelfälscher und die historische Wahrheit

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