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Gespeicherte Informationen sind heilig

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Der Organisationswissenschaftler Karl Weick (1995, S. 321) führt aus, dass in den meisten Organisationen die gespeicherten Informationen als «heilig» betrachtet werden, sodass überliefertes Wissen nicht diskreditiert wird (über den Umgang mit «Heiligem» oder nicht Aussprechbarem, siehe auch den Beitrag von Honegger, S. 68). Eine solche Risikovermeidung führt nicht selten zu einem Absicherungsaufwand, welcher Sicherheit suggeriert.[8] Parallel dazu wissen aber alle Organisationsmitglieder insgeheim, dass sie gerade bei allgegenwärtigem Produktions- oder Leistungsdruck die sicherheitsgebietenden Regeln missachten, um gute Ergebnisse zu erzielen. Innovationen entstehen (auch in Bildungsorganisationen) in der Regel nicht über die tradierten Kaskaden von Linienentscheiden, sondern über das frische Wagnis der Erprobung. Die verbindliche Regelung von (Qualitäts-)Standards stellt in einer Welt sich beschleunigender Entwicklung plötzlich ein Innovationshemmnis dar, weil der Veränderungsbedarf den Standpunkt der Verbindlichkeit immer wieder überholt.

Die formale Rhetorik der «Sicherheit» widerspricht hier der informellen Realität, dass ab und an die Sicherheitsregeln missachtet werden müssen, um im Nachhinein erfolgreich zu sein. Hinter Ersterer steckt die fatale Überzeugung, Risiken liessen sich verhindern, wenn professionell geplant und nicht situativ improvisierend vorgegangen wird. Dabei könnte die sichtbar gemachte Ambivalenz kurzfristig die Anpassung und langfristig das Überleben garantieren; Paradoxien könnten als Promotoren für Systembewegung verstanden werden und das Abwehrsystem sowie die Resilienz der Organisationen stärken (Weick, 1995, S. 346; Thomann, 2016). Etablierte Routinen dagegen stärken Organisationen und Mitarbeitende in der Annahme, sie hätten alles unter Kontrolle und die dazu gehörenden Pläne verleiten dazu, das Unerwartete auszublenden. Für Weick und Sutcliffe (2016, S. 72 ff.) geht es jedoch gerade in schwierigen Situationen nicht darum, das Unerwartete mit Routinen und Plänen einzudämmen, sondern situativ-reflexiv damit umzugehen; Voraussetzung hierfür ist es, resilient zu sein.

Mit allem rechnen (E-Book)

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