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Aus der Plakettensammlung des germanischen Nationalmuseums.

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Unter dem Namen »Plaketten« faßt man die kleineren, meist gegossenen Metallreliefs zusammen, die entweder als Schmuckgegenstände oder als Teile kunstgewerblicher Arbeiten direkte Verwendung fanden, oder aber den Goldschmieden vornehmlich, den Hafnern, Bildhauern und Erzgießern als Modelle dienten. Bisweilen benutzte man sie auch, unverändert oder vergoldet, mit Holz- oder Metallrahmen versehen, als willkommenen Wandschmuck. — Das Geburtsland der Plaketten ist Italien, von dort fanden sie, in ausgedehnterem Maße wohl erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts, Eingang in Deutschland. —

Die überwiegende Mehrzahl der deutschen Plaketten stellt sich als Bleiguß dar, und diese Thatsache erklärt sich vielleicht, abgesehen von der größeren Billigkeit, aus dem Umstande, daß sie besonders als Vorbilder für Treibarbeit dienten. Denn für den Guß bietet ein Modell aus härterem Metall, das die einzelnen Linien, die Details, schärfer und deutlicher hält und wiedergibt, weit größeren Vorteil, während bei einem zum Treiben dienenden Vorbilde die Hand des nachschaffenden Künstlers selbständig ergänzt, was bei einem mechanischen Reproduktionsverfahren verloren gehen würde.

Die Plaketten des germanischen Museums stammen zum größeren Teile aus der Sammlung der Freiherrn C. J. W. C. J. Haller von Hallerstein, die im Jahre 1840 vom Handelsgerichtsassessor Joh. Jak. Hertel zu Nürnberg ersteigert wurde und später in den Besitz des Kaufmanns Arnold daselbst überging. Von diesem, der die Sammlung noch bedeutend vermehrt hatte, erwarb sie das germanische Museum. Eine andere Kollektion ging dem Museum als Geschenk von der mittelalterlichen Sammlung zu Basel zu. Sie entstammt indessen nicht, wie im Katalog der Originalskulpturen S. 57 irrtümlich angegeben ist, einer Modellsammlung, die »1881 in Basel gefunden wurde«. Herr Professor Heyne hatte die Güte, über ihre Provenienz folgende Mitteilung zu machen: »Es ist gar kein Fund einer Goldschmiedewerkstatt zu Basel 1881 gemacht worden; sondern das wird verwechselt mit einem Fund, der gegen diese Zeit in der Seine zu Paris unter der alten Goldschmiedebrücke zu Tage kam, der an Händler verzettelt wurde und von dem Bossard in Luzern manches erwarb; von diesem kam wieder einiges an die mittelalterliche Sammlung in Basel. Den Hauptbestandteil der dortigen Kollektion, von dem ich, so viel ich mich erinnere, auch Doubletten an Essenwein für das germanische Museum abgegeben habe, bildet aber nicht dieser Fund, sondern Stücke, die ich sonst, namentlich auch von Bossard erworben habe, und über deren Provenienz nichts ermittelt werden konnte.«

Unsre Sammlung ist besonders reich an deutschen Plaketten, unter denen die Arbeiten Flötners den hervorragendsten Platz behaupten. Auf einen Teil derselben hat Domanig im Jahrbuch des allerh. Kaiserhauses Bd. XVI, S. 1 ff. bereits hingewiesen, vollständige Veröffentlichung werden sie demnächst erfahren durch eine umfassende Arbeit über Flötner von Lange. Daneben aber hebt sich noch eine große Reihe künstlerischer Arbeiten heraus, die der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts angehören und mehr oder minder stark durch die flötnersche Art beeinflußt sind. Besondere Gruppen lassen sich mit Sicherheit ausscheiden, wenn es auch kaum gelingen dürfte, die Namen der einzelnen Meister, die hauptsächlich Nürnberger gewesen zu sein scheinen, zu ermitteln. Eine dieser Gruppen bietet uns wenigstens die Anfangsbuchstaben, das Monogramm des Künstlers: H. G. mit den Jahreszahlen 1569 und 1570. Aus der Bemerkung Naglers, Monogramm. III, Nr. 974 geht hervor, daß er ein Goldschmied gewesen sei. Die starke Beeinflussung seiner Technik durch Flötner, die Verwandtschaft seiner Kompositionen mit Virgil Solis, der Umstand endlich, daß gerade Nürnberg im 16. Jahrhundert die meisten und vorzüglichsten Goldschmiede in Deutschland aufzuweisen hatte, berechtigt zu der Vermutung, H. G. sei Nürnberger Künstler gewesen. Stockbauer führt Bayerische Gewerbe-Zeitung 1893 Nr. 12, Beilage S. 6 in der Liste der Goldschmiede unter dem Jahre 1560 einen Heinrich Garn auf, der also eventuell in Frage kommen könnte. Mir ist indessen in Nürnberger Urkunden niemals eine Goldschmiedsfamilie Garn, sehr häufig dagegen die der Gar begegnet, die bei Stockbauer sich überhaupt nicht findet. Da die von ihm abgedruckte Liste erst 1652 zusammengestellt wurde, so ist es möglich, daß ein Irrtum vorliegt, daß aus H. Gar — Heinrich Garn gemacht wurde. Die Gar waren verwandt mit Veit Stoß. Sebald Gar, Goldschmied, war vermählt mit Ursula, der Enkelin Stoß’ (Nürnb. Stadtarchiv. Cons. 47 fol. 108). Er ist mir begegnet 1534 (a. a. O. Cons. 46 fol. 91 u. fol. 67) 1536 (Cons. 47 fol. 108), 1546 (Cons. 62 fol. 1486), 1549 (Cons. 69 fol. 87). Unter dem letzten Jahre werden seine Kinder aufgeführt (cf. auch Cons. 57 fol. 125): Jorg, Barbara, Kungund, Cunrad, Hanns und Steffan. Letzterer ist damals noch unmündig. Conrad Gar wird als Goldschmied genannt in einer Urkunde vom 16. Juli 1573 (Cons. 118 fol. 109b). Es wäre also nicht unmöglich, daß der von Stockbauer aufgeführte Heinrich Garn identisch ist mit Hans Gar, dem Urenkel Veit Stoß’, dem jüngeren Bruder Conrad Gars, daß wir in diesem Hans Gar den Monogrammisten H. G. zu erkennen hätten.

Wir finden in den Werken des H. G. alle jene Stoffe behandelt, die die Kleinmeister in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bevorzugten: Darstellungen aus der klassischen Götter- und Sagenwelt, biblische Scenen, symbolische Vorwürfe und Jagdstücke. Die mit kurzem verständlichem Text begleiteten Emblemata, die Neuwen Figuren, Biblische, Ovidische, Livische etc. »allen Künstlern, als Malern, Goldschmieden, Bildhauwern, Steinmetzen, Schreinern etc. fast dienstlich vnd nützlich«, gaben neben den größeren illustrierten Werken und den zahllosen Einzelblättern auch dem weniger Gebildeten reichlich Gelegenheit und Anregung zur Behandlung derartiger Stoffe. Das Gewissen der Kleinmeister, selbst der vermögendsten, war nach modernen Begriffen sehr weit: wenn sie sich auch meist eine gewisse Originalität in der Art der Behandlung des Stoffes wahren, den Gedanken, einzelne Teile des Ganzen eignen sie sich ohne Bedenken an[54]. Auch bei dem Meister H. G., der sicherlich den besten seiner Zeit zuzugesellen ist, können wir diese Erfahrung machen. Die Art und Weise, wie er seine figürlichen Scenen in tiefe, abwechslungsreiche Landschaften hineinkomponiert, die Behandlung der Bäume, besonders auch der Baumstämme, der blumen- und grasbedeckte Untergrund, die fadenartige Wiedergabe des Rauches, weisen unbedingt auf Flötner als sein Vorbild hin, nur daß uns Alles überladener, manirierter entgegentritt. In dem Wasser, das selten seinen Landschaften fehlt, schlagen Delphine, Schiffe und Kähne schwimmen darauf, Inseln und Gestade sind bedeckt mit teilweise phantastischen Gebäuden. Von den Blumen, mit denen der Boden übersät ist, bevorzugt er eine stilisierte Tulpenart mit weit hervortretendem Stempel oder große Anemonen. Die Baumstämme sind häufig stark gebogen, wie vom Sturme gepeitscht. Besonders charakteristisch aber sind seine Wolken, die, in der Weise des Moderno, aus einzelnen Teilchen bestehen, deren jedes aussieht, wie ein auf einen Spieß gesteckter Darm. Das Relief seiner Figuren ist durchschnittlich höher, als bei Flötner. Die Personen, in antiker Gewandung, die Männer meist bärtig, sind schlank und muskulös, elegant in Haltung und Bewegung, die Gestikulation der Hände von dramatischer Bewegtheit, ohne daß ein störend unruhiger Eindruck hervorgerufen würde. Die Tiere, die meist gallopierend dargestellt werden, sind ebenmäßig und natürlich gebaut. Bei dem Anblicke der Werke des H. G., die sich ausnahmslos durch vorzügliche Komposition und Perspektive auszeichnen, wird man sich des Eindruckes nicht erwehren können, daß man es mit einem hervorragenden Künstler zu thun hat.

Mitteilungen aus dem germanischen Nationalmuseum: Jahrgang 1896

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