Читать книгу Die Mops Monologe 4.0 - Gerritje Krieger - Страница 6
1. Die Würstchen-Krise
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Wissen Sie, so als Zweibeiner denken Sie vermutlich, als Hund hätte man’s voll leicht, da könne einem quasi nichts Schlimmes passieren und man würde ein Leben in permanenter paradiesischer Entspannung führen oder so.
Aber ich sag’s Ihnen jetzt rund heraus, wie es ist: Das ist natürlich Quatsch. Auch im Leben eines Vierpfoters gibt es manchmal wirklich haarsträubende Situationen – heftige Schicksalsschläge, bei denen einem als Mops schon mal das Fell zu Berge stehen kann, und von denen man nie geglaubt hätte, dass man ihnen je ins finstere Antlitz würde blicken müssen. So zum Beispiel hier bei mir, in meinem sonst wunderprächtigen Mops-Zuhause, wo sich erst gestern Abend ein ausgewachsenes Drama abspielte.
Es fällt mir noch immer nicht leicht, darüber zu sprechen, denn ehrlich: Ein bisschen stehe ich noch unter Schock. Aber irgendwann muss es ja raus. Und zwar hatten wir hier – halten Sie sich fest – eine ausgewachsene Würstchen-Krise. Jedoch: Der Reihe nach.
Wie Sie wissen, spielen Würstchen in meinem Leben eine sehr zentrale Rolle. Die Gelegenheiten, bei denen ich in den Genuss komme, gleich ein Ganzes davon verspeisen zu dürfen, sind zwar seltenen Ausnahmen wie Geburtstagen oder Buchveröffentlichungen vorbehalten. Aber: Weil ich wegen dieser doofsinnigen Allergie sonst nicht viele Leckerchen vertrage, gibt es eben zumindest regelmäßig einen Happs Geflügel-Wiener. Viel zu wenig natürlich, wie Sie sich denken können, quasi nur eine Menge für den hohlen Zahn. Aber immerhin.
Und ich persönlich finde ja sowieso, dass Würstchen generell in ihrer breiten Wirkung von Zweibeinern völlig unterschätzt werden. Die funktionieren als Belohnung wie als Seelentröster, nach Alpträumen wie nach Tierarztbesuchen oder wenn man sich eine Kralle eingerissen hat, und sind quasi in jeder Lebenslage unersetzbar. Mir persönlich eigentlich ein Rätsel, dass Wiener Würstchen immer noch nicht offiziell als 8. Weltwunder anerkannt wurden.
Jedenfalls latsche ich also gestern Abend, rund eine Stunde nach dem Abendessen, wie gewohnt zu Frauchen, um mir meinen Happen Wienerle abzuholen. Und was passiert? Frauchen sagt doch glatt zu mir (falls Sie noch nicht sitzen, sollten Sie das jetzt nachholen), die Würstchen seien alle.
Sie werden nachvollziehen können, dass mich das erst mal in eine Art Schockstarre versetzte. Ehrlich, eigentlich wollte ich Frauchen gleich laut rüffeln, ihr ordentlich Bescheid bellen und so. Aber angesichts dieser katastrophalen Nachricht war ich so entgeistert, dass ich mich zu keinerlei Handlung imstande fühlte. Falls Sie jetzt das Bild eines ungeheuer gut aussehenden Mopses vor Augen haben, der starr vor Schreck, wie vom Blitz getroffen, mitten in der Küche steht: Das trifft es ungefähr. Also starrte ich Frauchen nur aus entsetzten Augen vorwurfsvoll an, während sich – ungehört von der Welt – in meinem Kopf mopsige Schimpf-Tiraden abspielten, die ich hier aus Gründen der Etikette nicht zitieren möchte.
Immerhin muss man einräumen, dass mein Frauchen offenbar massiv von schlechtem Gewissen geplagt schien. Beim letzten Einkauf, berichtete sie reumütig, sei irgendwie so wenig Zeit gewesen, und andauernd habe das Handy geklingelt. Aber selbstverständlich werde sie morgen gleich zum nächsten Supermarkt eilen.
„Morgen“? Ich war fassungslos. Sollte das etwa bedeuten, dass ich noch die gesamte Nacht und den halben Vormittag weiter ohne Würstchen würde ausharren müssen? Ehrlich: Ich konnte es nicht glauben. Schwer deprimiert schleppte ich mich ins Bett, in der Hoffnung, den grausigen Zustand der Würstchenlosigkeit bis zu seiner endgültigen Aufhebung möglichst ausgiebig zu verschlafen.
Zur Ehrenrettung meiner Zweibeiner sei gesagt: Sie sorgten schnell für Abhilfe. Kaum aufgestanden, raste Herrchen heute Morgen los, um Nachschub zu besorgen. Und um ganz sicherzugehen, dass wir den Schock auch wirklich gut und ohne schwere Nachwirkungen verkraften würden, spendierte Frauchen mir und meiner Bully-Mitbewohnerin Anna zur Sicherheit gleich je ein ganzes Würstchen.
Dennoch muss ich sagen, dass ich von dieser schlimmen Erfahrung noch immer nachhaltig traumatisiert bin. Erst recht, seit mir Herrchen erzählt hat, dass meine Geflügel-Würstchen wegen des anstehenden Feiertags in insgesamt drei Supermärkten ausverkauft gewesen seien und er beinahe – quasi um ein Haar – keine mehr gekriegt hätte.
Ich meine: Hallo?! Ist überhaupt irgendwem außer mir klar, wie geradezu unfassbar knapp das war? Das hätte ganz, ganz leicht von einer mittleren Würstchen-Krise zu einem ausgewachsenen Wienerle-Notstand werden können! Man stelle sich nur vor, Herrchen hätte tatsächlich vor dem Wochenende keine neuen Würstchen mehr bekommen! Und was dann? Mit was wäre ich getröstet worden, falls mir wieder so ein dusseliges Bienentier in die Pfote gestochen hätte? Oder falls wir am Wochenende – Mops-Gott bewahre – beim Spazierengehen vom Regen überrascht worden wären? Oder wenn die Anna mal wieder mit meinem Lieblings-Kuscheltier durchgebrannt wäre? Ganz zu schweigen davon, was passiert wäre, wenn mich die Grippe oder schweres Magengrummeln ereilt hätten?
Ja, schon klar, Sie denken jetzt vermutlich, Wienerle seien schließlich keine Hunde-Medizin und so. Aber ich sage es Ihnen ganz offen: Auch wenn das vielleicht von diesen Wissenschafts-Typen noch nicht eindeutig bewiesen ist, fühle ich mich jedenfalls bei grundsätzlich jeder Krankheit gleich zehnmal besser nach einer halben Wurst – womit ja die medizinische Bedeutung klar belegt wäre, oder?
Jedenfalls habe ich beschlossen, dass umfangreiche Vorkehrungen getroffen werden müssen, damit uns so was nicht nochmal passiert.
Für den Anfang habe ich Frauchen und Herrchen nahegelegt, dass wir einfach noch eine oder zwei Tiefkühltruhen zusätzlich anschaffen sollten. Allerdings: Auf Dauer wird das kaum reichen. Sollte es beispielsweise zu einer internationalen Würstchen-Krise kommen, bei der man Wochen, vielleicht Monate, ohne Nachschub wäre, müsste man natürlich imstande sein, auf größere Vorräte zurückzugreifen.
Habe hier jetzt deshalb mal den Plan in die Runde geworfen, dass wir einfach den Keller unterm Haus um einen eigenen Würstchen-Raum erweitern – nur zur Sicherheit.
Die ersten Reaktionen bei meinen Zweibeinern sind zwar nicht so euphorisch ausgefallen, wie ich mir das gewünscht hätte – zumal sie angesichts der noch keine 24 Stunden zurückliegenden Krisensituation ja auch selbst auf die Idee hätten kommen können. Aber: Sie wissen, wie das ist. Manchmal muss man seine Menschen langsam und stückchenweise an seine mopsigen Einfälle ranführen. Irgendwann werden sie sich schon für die Überlegung erwärmen.
Die Zeit bis dahin werde ich einfach nutzen, um an den architektonischen Feinheiten meines künftigen Würstchen-Zimmers zu feilen. Und dabei das eine oder andere Wienerle verspeisen, denn die sind natürlich auch für die Kreativität eine super Sache – oder was dachten Sie, wie ich immer auf all die spitzenmäßigen Einfälle komme? – Na, eben.
Mehr nächste Woche.
Mit mopsigen Grüßen,
Ihr Eddie