Читать книгу Tantrische Ebenen und Pfade - Geshe Kelsang Gyatso - Страница 16

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GEHEIMES FAHRZEUG

Da Tantra die wirkliche Essenz der Lehren Buddhas ist, gleicht es einem seltenen und kostbaren Schatz. Im Allgemeinen verbergen Menschen ihren kostbarsten Besitz und zeigen ihn nur ihren engsten Verwandten und Freunden. Besäßen wir zum Beispiel einen Diamanten von unschätzbarem Wert, wäre es sehr unklug, ihn für jedermann sichtbar in ein Regal zu stellen, denn das würde nur Diebe anlocken. In gleicher Weise ist es unklug, denjenigen tantrische Lehren zu enthüllen, die keine Ermächtigungen oder kein tiefes Vertrauen in Buddhadharma haben, denn das würde viele Hindernisse hervorrufen. Deshalb sollten wir Tantra diskret praktizieren.

Das Geheime Mantra gibt es nur im Buddhismus. Obwohl es gewisse nichtbuddhistische Lehren gibt, die vordergründig dem Geheimen Mantra ähneln, sind sie in Wirklichkeit ganz anders. Außerdem ist das Geheime Mantra ausschließlich eine Mahayana Praxis und kann nur von Mahayana Praktizierenden geübt werden, die großes Vertrauen, Verdienste und Weisheit haben. Obwohl das Geheime Mantra außerordentlich kostbar und tiefgründig ist, ist es nicht für diejenigen geeignet, die diese Eigenschaften nicht haben. Vajradhara verglich das Geheime Mantra mit der Milch eines Schneelöwen. Wird diese Milch in einem goldenen Gefäß aufbewahrt, bleibt sie süß und stärkend. Wird sie aber in einem Gefäß aus einer minderwertigen Substanz aufbewahrt, wird die Milch sofort sauer. In gleicher Weise wird jemand mit geringem Vertrauen, der die tantrischen Lehren studiert und sich bemüht sie in die Praxis umzusetzen, ohne sich auf einen qualifizierten Vajrameister zu verlassen, wahrscheinlich Missverständnisse entwickeln, die zu seinem oder ihrem Schaden sind.

MANTRAFAHRZEUG

«Mantra» bedeutet «Schutz des Geistes». Durch die Kraft der Praxis des Geheimen Mantra wird unser Geist vor gewöhnlichen Erscheinungen und gewöhnlichen Vorstellungen geschützt. Dem Tantra zufolge sind gewöhnliche Erscheinungen und gewöhnliche Vorstellungen die Wurzel von Samsara und die Grundlage allen Leidens. Gewöhnliche Erscheinung ist jede Erscheinung eines unreinen Geistes und gewöhnliche Vorstellung ist jeder Geist, der sich aufgrund gewöhnlicher Erscheinung etwas vorstellt. Da Phänomene uns als gewöhnlich erscheinen und wir sie uns als gewöhnlich vorstellen, erschaffen wir verunreinigtes Karma und wandern weiterhin in Samsara. Gewöhnliche Vorstellungen sind Behinderungen zur Befreiung und gewöhnliche Erscheinungen sind Behinderungen zur Allwissenheit.

Klammern wir uns daran, eine gewöhnliche Person zu sein und denken: «Ich bin Peter», «Ich bin Sarah» und so weiter, dann entwickeln wir gewöhnliche Vorstellungen. Da wir uns an eine gewöhnliche Identität klammern, fürchten wir uns, wenn uns jemand angreift oder bekommen Angst, wenn wir kein Geld mehr haben. Würden wir jedoch gewöhnliche Vorstellungen überwinden, indem wir den göttlichen Stolz entwickeln, Heruka oder Vajrayogini zu sein, anstatt uns an eine gewöhnliche Identität zu klammern, hätten wir weder Furcht noch Angst oder irgendeinen anderen negativen Geisteszustand. Wie kann jemand Heruka schaden? Wie kann Vajrayogini kein Geld mehr haben?

Warum entwickeln wir den gewöhnlichen Gedanken, Peter oder Sarah zu sein und so weiter? Gewöhnliche Vorstellungen hängen von gewöhnlichen Erscheinungen ab. Wir sehen uns selbst aufgrund der gewöhnlichen Anhäufungen, die unserem Geist erscheinen, als gewöhnlich. Weil uns ein grober, unreiner Körper und grobe, unreine Geisteszustände erscheinen, entwickeln wir den Gedanken «Ich» und stellen uns vor, ein gewöhnliches Wesen zu sein. Handeln wir unter dem Einfluss dieser gewöhnlichen Vorstellungen, erschaffen wir verunreinigtes Karma und säen dadurch wieder die Samen für die Erscheinung eines gewöhnlichen Körpers, Geistes und einer gewöhnlichen Welt in der Zukunft. Stimmen wir diesen gewöhnlichen Erscheinungen zu und beziehen uns in einer gewöhnlichen Weise auf uns selbst und unsere Welt, werden wir diesen Kreislauf gewöhnlicher Erfahrung schlichtweg ewig fortsetzen. Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, müssen wir gewöhnliche Erscheinungen überwinden, indem wir uns als eine Gottheit visualisieren, und gewöhnliche Vorstellungen überwinden, indem wir den göttlichen Stolz erzeugen, die Gottheit zu sein. Die meisten tantrischen Pfade sind Methoden, um gewöhnliche Erscheinungen und Vorstellungen zu überwinden.

Gewöhnliche Vorstellungen sind nicht notwendigerweise Verblendungen, weil sie nicht notwendigerweise falsche Gewahrseinsarten sind, doch sie sind Behinderungen zur Befreiung. Für tantrische Praktizierende sind deshalb nicht Verblendungen die Hauptobjekte, die aufgegeben werden müssen, sondern gewöhnliche Erscheinungen und gewöhnliche Vorstellungen, denn tantrische Praxis funktioniert nicht, wenn sich diese stark manifestieren. Qualifizierte tantrische Praktizierende fürchten sich nicht vor Verblendungen. Tatsächlich erlaubt Buddha in einigen Tantras tantrischen Praktizierenden begehrende Anhaftung zu entwickeln und in anderen Tantras erlaubt er ihnen Wut und Neid zu entwickeln. Allerdings wird darüber diskutiert, ob Buddha auch erlaubt Unwissenheit zu entwickeln. Einige Gelehrte sind der Meinung, dass er dies nicht tut, weil es niemals irgendeinen Nutzen haben kann, Unwissenheit zu entwickeln. Sie vertreten die Auffassung, dass zwar Anhaftung genutzt werden kann, um Glückseligkeit zu erzeugen und dass Wut in die Kraft umgewandelt werden kann, anderen zu helfen, dass aber Unwissenheit niemals zu etwas Gutem führen kann. Andere Gelehrte wenden ein, dass Buddha, indem er erlaubt Wut und Anhaftung zu entwickeln, indirekt auch die Entwicklung von Unwissenheit erlaubt, die die Wurzel aller Verblendungen ist. Es sollte jedoch beachtet werden, dass tantrische Praktizierende Verblendungen zwar nicht als ihre Hauptobjekte betrachten, die aufgegeben werden müssen, dennoch aber die Absicht haben, diese schließlich aufzugeben. Tatsächlich verringern oder überwinden Praktizierende ihre Verblendungen automatisch, wenn sie gewöhnliche Erscheinungen und gewöhnliche Vorstellungen verringern oder aufgeben.

AUSWIRKUNGSFAHRZEUG

Hier bezieht sich «Auswirkung» auf die vier endgültigen Auswirkungen der spirituellen Praxis: die reine Umgebung eines Buddha, den reinen Körper eines Buddha, die reinen Vergnügen eines Buddha und die reinen Taten eines Buddha. Sie werden auch «die vier vollkommenen Reinheiten» genannt. Das Geheime Mantra wird das «Auswirkungsfahrzeug» genannt, weil Praktizierende diese vier vollkommenen Reinheiten in den spirituellen Pfad bringen. Üben wir zum Beispiel das Vajrayogini Tantra, dann bringen wir die reine Umgebung eines Buddha in den spirituellen Pfad, indem wir unsere Umgebung als Vajrayoginis Mandala visualisieren. Wir bringen den reinen Körper eines Buddha in den Pfad, indem wir unseren Körper als Vajrayoginis Körper visualisieren. Wir bringen die reinen Vergnügen eines Buddha in den Pfad, indem wir uns vorstellen, dass unsere Nahrung, Getränke und so weiter Nektar sind, den wir uns selbst als Vajrayogini darbringen. Wir bringen die reinen Taten eines Buddha in den Pfad, indem wir Lebewesen helfen, während wir den göttlichen Stolz bewahren, Vajrayogini zu sein. Diese Übungen sind die schnelle Methode, die vier vollkommenen Reinheiten zu erlangen.

VAJRAFAHRZEUG

Die Hauptbedeutung des Wortes «Vajra» ist «unteilbar» oder «unzerstörbar». Das Geheime Mantra wird auch «Vajrafahrzeug» genannt, weil es Yogas der unteilbaren Methode und Weisheit enthält. Das sind Meditationen, die gleichzeitig vor allem Verdienste und Weisheit ansammeln. Dem Sutra zufolge gibt es keine einzige Konzentration, die gleichzeitig die Hauptursache für den Formkörper und Wahrheitskörper ist, doch gemäß dem Geheimem Mantra gibt es solche Arten der Konzentration. Meditieren wir zum Bespiel über die Erzeugungsstufe des Höchsten Yoga Tantra, meditiert in einer einzelnen Konzentration ein Teil des Geistes über den Körper der Gottheit, während ein anderer Teil über seine Leerheit meditiert. Die Meditation über den Gottheitskörper ist die Ursache für das Erlangen des Formkörpers und die Meditation über Leerheit ist die Ursache für das Erlangen des Wahrheitskörpers. Erreichen wir das sinnklare Licht, die vierte der fünf Vollendungsstufen, meditieren wir über die Vereinigung von Glückseligkeit und Leerheit, die die eigentliche unteilbare Methode und Weisheit ist. Diese eine Konzentration dient dazu, gleichzeitig sowohl die Ansammlung von Verdiensten als auch die Ansammlung von Weisheit zu vervollkommnen und ist auf diese Weise die Hauptursache sowohl für den Formkörper als auch den Wahrheitskörper. Aus diesen Gründen ist Vajrayana das erhabene Fahrzeug, das dem Sutrayana überlegen ist.

METHODENFAHRZEUG

Obwohl im Sutra die Stufen des Methodenpfades gelehrt werden, sind diese Methoden nicht so tiefgründig, geschickt und schnell wie diejenigen, die im Tantra erklärt werden. Die wirklich schnellen und direkten Methoden zur Erlangung der Buddhaschaft, wie zum Beispiel isolierter Körper, isolierte Rede, isolierter Geist, illusorischer Körper und klares Licht, werden nur im Geheimen Mantra gelehrt. Alle Schlüsselübungen des Sutra werden jedoch auch im Tantra erklärt. Bodhichitta zum Beispiel wird sowohl im Sutra als auch im Tantra gelehrt. Obwohl die Natur des Bodhichitta im Sutra wie im Tantra dieselbe ist, ist die Art und Weise, wie wir über Bodhichitta meditieren, im Tantra tiefgründiger. Im Tantra meditieren wir über Bodhichitta, indem wir das zukünftige Ergebnis in den Pfad bringen. In jeder tantrischen Meditationssitzung erzeugen wir zuerst Bodhichitta in der üblichen Weise. Dann jedoch stellen wir uns vor, dass wir, mit der Motivation ein Buddha zum Wohle aller Lebewesen zu werden, augenblicklich ein Buddha werden und erleuchtete Taten ausführen. In dieser Weise wird unsere Meditation über die Selbsterzeugung eine kraftvolle Methode, unseren Bodhichitta zu verbessern und das Ziel des Bodhichitta zu vollenden. Erzeugen qualifizierte tantrische Praktizierende Bodhichitta, dann wissen sie genau, was volle Erleuchtung ist, die Vereinigung von sinnklarem Licht und illusorischem Körper, und sie wissen genau, was die eigentlichen Pfade zur vollen Erleuchtung sind, isolierter Körper, isolierte Rede, isolierter Geist und so weiter. Infolgedessen ist ihr Bodhichitta Wunsch, Erleuchtung zu erlangen, sehr qualifiziert. Deswegen ist die Art und Weise, Bodhichitta gemäß Tantra zu üben, der Art und Weise, Bodhichitta gemäß Sutra zu üben, überlegen. Es gibt noch viele andere besondere tantrische Methoden, um Bodhichitta zu verbessern und zu stärken.

TANTRISCHES FAHRZEUG

Es gibt vier Arten des Tantra: Grundlagentantras, Pfadtantras, Auswirkungstantras und Schrifttantras. Unser gewöhnlicher Körper, Rede und Geist werden «Grund­lagentantra» genannt, weil sie die Grundlage sind, die durch tantrische Praxis gereinigt wird. Die Yogas der vier Klassen des Tantra, wie die Yogas mit Zeichen und der Yoga ohne Zeichen des Handlungstantra, sowie die Yogas der Erzeugungsstufe und der Vollendungsstufe des Höchsten Yoga Tantra sind Pfadtantras. Die drei Körper eines Buddha, die durch die Pfadtantras erlangt werden, sind Auswirkungstantras. Und jede Schrift, die diese drei Arten von Tantras enthüllt, ist ein Schrifttantra. Durch die Reinigung von Grundlagentantras mit Hilfe von Pfadtantras werden wir schließlich die Auswirkungstantras erlangen. Dies wird erreicht, indem wir uns auf die Schrifttantras verlassen.

In Große Darlegung der Stufen des Geheimen Mantra nennt Je Tsongkhapa sieben besondere Vorteile der Praxis des Geheimen Mantra:

(1) Wir erhalten schneller die Segnungen der Buddhas und Bodhisattvas.

(2) Wir stehen unter der Fürsorge und Anleitung unserer persönlichen Gottheit oder Yidam.

(3) Wir können uns zum Zeitpunkt unseres Todes, während des Zwischenzustands und in zukünftigen Leben an die Buddhas erinnern.

(4) Wir vervollständigen schnell die Ansammlungen von Verdiensten und Weisheit.

(5) Wir werden von allen Hindernissen befreit sein.

(6) Wir werden sowohl die allgemeinen Erlangungen vollenden – die befriedenden, vermehrenden, kontrollierenden und zornvollen Erlangungen sowie die acht großen Erlangungen – als auch die außergewöhnliche Erlangung der Vereinigung des Nicht-mehr-Lernens oder Buddhaschaft.

(7) Durch unsere täglichen körperlichen und sprachlichen Handlungen werden wir eine große Menge an Verdiensten anzusammeln.

DIE VIER KLASSEN DES TANTRA

Da es hinsichtlich der Weisheit, Verdienste und geistigen Fähigkeit viele unterschiedliche Ebenen von Praktizierenden des Geheimen Mantra gibt, lehrte Buddha vier Klassen des Tantra: Handlungstantra, Ausführungstantra, Yoga Tantra und Höchstes Yoga Tantra. Eine Art, diese vier Klassen des Tantra zu unterscheiden, ist anhand der Methoden, die sie enthüllen, um sinnliches Vergnügen in den spirituellen Pfad umzuwandeln. Die Wesen des Begierdebereichs haben starke Anhaftung an sinnliche Vergnügen wie wunderschöne Formen, angenehme Klänge, wohlduftende Gerüche, köstliche Geschmäcke und weiche oder stimulierende Tastobjekte. Genießen wir diese fünf Objekte des Begehrens, erleben wir eine gewisse Glückseligkeit. Doch leider führt diese Glückseligkeit normalerweise zu Anhaftung und ist deshalb eine Ursache für samsarische Wiedergeburt. Deshalb führt die Glückseligkeit, die gewöhnliche Wesen erleben, wenn sie mit angenehmen Sinnesobjekten in Berührung kommen, indirekt dazu, dass sie leiden. Buddha lehrte mit seinem unendlichem Geschick besondere Methoden, um weltliches Vergnügen in den spirituellen Pfad umzuwandeln, damit es, statt zu künftigem Leiden zu führen, zu einer Ursache für die endgültige Glückseligkeit der Buddha­schaft wird. Verlassen wir uns auf diese Methoden, können wir unsere natürliche Schwäche für sinnliche Vergnügen als Vorteil sehen und die fünf Objekte des Begehrens nutzen, anstatt sie aufzugeben, und dadurch unsere spirituelle Praxis anspornen.

Wie der große Mahasiddha Saraha sagte, ist den meisten Menschen dieser Welt sexuelle Glückseligkeit sehr wichtig und sie verwenden eine Menge Energie darauf, sie zu bekommen. Doch keiner weiß, wie diese Glückseligkeit in einer sinnvollen Weise erlebt und wie vermieden werden kann, dass unsere Verblendungen dadurch zunehmen. Buddha lehrte etliche Methoden, um sexuelles Vergnügen in den spirituellen Pfad umzuwandeln. Davon sind einige für diejenigen mit höheren geistigen Fähigkeiten und einige für diejenigen mit geringeren Fähigkeiten geeignet.

Jede der vier Klassen des Tantra hat ihre eigenen, besonderen Techniken, um sinnliche Glückseligkeit umzuwandeln. Erzeugen sich zum Beispiel Praktizierende des Handlungs­tantra als männliche Gottheit des Handlungstantra, wie Manjushri oder Avalokiteshvara, visualisieren sie vor sich eine wunderschöne Göttin und indem sie diese Göttin anschauen, erzeugen sie Glückseligkeit, mit der sie dann über Leerheit meditieren. Um ihre Erfahrung der Glückseligkeit, klaren Erscheinung und des göttlichen Stolzes zu verbessern, führen sie auch viele Rituale aus wie Mudras und rituelles Baden. Praktizierende des Ausführungstantra visualisieren vor sich eine wunderschöne Göttin und darüberhinaus visualisieren sie, dass diese sie verführerisch anlächelt. Auf diese Weise erzeugen sie Glückseligkeit, mit der sie dann über Leerheit meditieren. Auch sie führen Rituale aus, jedoch werden im Ausführungstantra Meditation und äußere Handlungen gleich stark betont. Praktizierende des Yoga Tantra stellen sich vor, dass sie und die Göttin sich bei den Händen halten, und meditieren mit der erzeugten Glückseligkeit über Leerheit. Führen sie die Rituale durch, betonen sie die inneren Übungen mehr als die äußeren. Praktizierende des Höchsten Yoga Tantra stellen sich vor in sexueller Umarmung mit der Göttin zu sein und wandeln dann die Glückseligkeit, die sie erzeugen, in den spirituellen Pfad um, indem sie über Leerheit meditieren. Bevor wir die Glückseligkeit der Umarmung in den ­spirituellen Pfad umwandeln können, muss uns dies mit der Glückseligkeit des Händchenhaltens gelingen und bevor uns dies gelingt, müssen wir die Glückseligkeit aus dem bloßen Anschauen einer männlichen oder weiblichen Gottheit umwandeln können. Deshalb muss jeder, der Glückseligkeit gemäß Höchstem Yoga Tantra umwandeln möchte, sich zuerst darin üben, die Glückseligkeit gemäß den drei niederen Tantras in den Pfad umzuwandeln.

Durch die Schulung, Glückseligkeit umzuwandeln, indem wir eine visualisierte Göttin anschauen, sehen wie sie lächelt, sie bei der Hand halten und sie umarmen, werden wir schließlich die Glückseligkeit des eigentlichen Geschlechtsverkehrs in den Pfad umwandeln können. Ohne Schulung in Meditation ist es aber unmöglich, sexuelle Handlungen in den spirituellen Pfad umzuwandeln. Indem sie Tantra missverstehen, geben sich manche Menschen, die keine Erfahrung in Meditation haben, sexuellem Fehlverhalten hin und behaupten große tantrische Praktizierende zu sein. Diese Menschen zerstören den Buddhadharma und säen die Ursache, in der Hölle wiedergeboren zu werden.

Wir müssen deshalb unsere eigene Kapazität beurteilen und entsprechend üben. Zuerst sollten wir, innerhalb des göttlichen Stolzes der Gottheit, versuchen die Glückseligkeit umzuwandeln, die durch das bloße Anschauen einer visualisierten männlichen oder weiblichen Gottheit entsteht. Haben wir damit einige Erfahrung gemacht, dann versuchen wir die Glückseligkeit umzuwandeln, die entsteht, wenn wir einen tatsächlichen Mann oder eine Frau anschauen. Von diesem praktischen Standpunkt aus betrachtet sind wir dann ein Übender des Handlungstantra. Danach stellen wir uns vor, dass die Gottheit uns anlächelt, und nutzen die Glückseligkeit, die entsteht, um über Leerheit zu meditieren. Gelingt uns dies, dann können wir versuchen die Glückseligkeit umzuwandeln, die entsteht, wenn wir unseren Partner anschauen, während er uns anlächelt. Schließlich können wir uns mit dem starken göttlichen Stolz einer Gottheit des Höchsten Yoga Tantra, wie Heruka oder Vajrayogini, in sexueller Umarmung mit unserem Gefährten visualisieren. Wenn wir uns als Heruka erzeugen, visualisieren wir uns unabhängig davon, ob wir ein Mann oder eine Frau sind, in Umarmung mit Vajrayogini, und wenn wir uns als Vajrayogini erzeugen, visualisieren wir uns in Umarmung mit Heruka. Können wir die Glückseligkeit beim Umarmen einer visualisierten Gefährtin umwandeln, dann können wir versuchen die Glückseligkeit des eigentlichen Geschlechtsverkehrs in den schnellen Pfad zur Buddhaschaft umzuwandeln.

Unsere Motivation für diese Übung muss Mitgefühl und Bodhichitta sein. Und erlangen wir durch irgendeine der oben genannten Methoden eine Erfahrung der Glückseligkeit, dann sollten wir sofort versuchen diese Glückseligkeit mit Leerheit zu mischen und in einsgerichteter Meditation in der Vereinigung von Glückseligkeit und Leerheit zu verweilen. Das ist die Methode, um sich im Umwandeln sinnlicher Vergnügen in den spirituellen Pfad zu schulen, was die eigentliche Essenz der Vajrayanapraxis ist. Der Erfolg in dieser Praxis hängt von der Kraft unseres Verständnisses der Leerheit und unserer Erfahrung von Glückseligkeit ab.

Das Ziel, Glückseligkeit in den Pfad umzuwandeln, wird ausführlicher im Abschnitt über das Höchste Yoga Tantra erläutert. Die Essenz der Praxis des Höchsten Yoga Tantra ist die Vereinigung von Glückseligkeit und Leerheit. Sind wir geschickt darin, Glückseligkeit in den Pfad umzuwandeln, wird es uns gelingen, unser Vergnügen an allen fünf Objekten des Begehrens in kraftvolle Ursachen für die Buddhaschaft umzuwandeln.

Es ist wichtig, dass wir die niederen Tantras nicht vernachlässigen. Je Tsongkhapa sagte, dass jemand, der die niederen Tantras nicht studiert hat, nicht behaupten kann, dass das Höchste Yoga Tantra erhaben ist. Die niederen Tantras sind eine Vorbereitung für das Höchste Yoga Tantra. Nur indem wir die drei niederen Tantras verstehen, können wir die Tiefgründigkeit des Höchsten Yoga Tantra in vollem Umfang würdigen.

Tantrische Ebenen und Pfade

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