Читать книгу Führer ins Dakiniland - Geshe Kelsang Gyatso - Страница 33
PURANG LOTSAWA
ОглавлениеPurang Lotsawa war ein großer Lehrer, der in der Nähe des Klosters Shiri im westlichen Tibet lebte und viele spirituell fortgeschrittene Schüler hatte. Als er aufgrund verschiedener Anzeichen bemerkte, daß er bereit war, das Reine Dakiniland zu erreichen, grub er eine kleine Höhle in einen Berghang, wo er in einsamer Meditation zu leben gedachte. Als er die Höhle zu Beginn seines Retreats betrat, verkündete er, daß seine Kehle von den Dharma-Beschützern durchgeschnitten werden sollte, wenn er sie verlassen würde, bevor er das Reine Dakiniland erreichte. Er befahl seinem Gehilfen, den Eingang seiner Höhle zu versiegeln und nur ein kleines Loch offen zu lassen, durch das Essen und Trinken gereicht werden konnten.
Einige Zeit später kam ein tantrischer Yogi, von acht Frauen begleitet, und verlangte Purang zu sehen. Der Gehilfe schickte sie weg; doch als er Purang am Abend von den Besuchern erzählte, wurde ihm die Anweisung gegeben, niemanden wegzuschicken, der ihn zu sehen wünsche. Als die Besucher am nächsten Tag zurückkehrten, zeigte ihnen der Gehilfe die Höhle. Da er vermutete, daß sie keine gewöhnlichen Leute waren, hielt er Ausschau nach einem Ort, wo er sich verstecken und sehen konnte, was geschehen würde. Doch als er schließlich einen geeigneten Ort gefunden hatte, hatten die Besucher auf unerklärliche Weise die Höhle betreten. Der Gehilfe schlich sich zum kleinen Loch in der Seite der Höhle und spähte hinein. Die Höhle war von strahlendem Licht erfüllt. Die acht Frauen saßen in einer Reihe, der Yogi an einem Ende und Purang am anderen. Der Yogi rollte Briefe aus Gold, die er den Frauen reichte. Diese wiederum gaben sie an Purang weiter, der sie zu essen schien. Purang bemerkte seinen Gehilfen, der durch das Loch spähte, und schrie, er solle fortgehen. Der Gehilfe verschwand sofort. Später, als er mit dem Abendessen zurückkam, saß Purang ganz allein da, ohne die geringste Spur von dem Yogi oder den acht Frauen. In jener Nacht ging Purang zum Reinen Land von Vajrayogini.
Am nächsten Morgen brachte der Gehilfe Purangs Frühstück, doch er fand die Höhle leer vor. Obwohl er überzeugt war, daß Purang das Reine Dakiniland erreicht hatte, befürchtete er, daß andere denken könnten, daß er die Ursache für Purangs Verschwinden sei. Um solchen Verdächtigungen vorzubeugen, rief er ein paar Leute zusammen und zeigte ihnen, daß das Siegel zu Purangs Höhle nicht aufgebrochen war. Obwohl einige Leute davon überzeugt waren und daran glaubten, daß Purang das Reine Dakiniland erreicht hatte, verdächtigten andere den Gehilfen immer noch des Mordes.
Um diese Angelegenheit zu bereinigen, wurde ein tibetischer Übersetzer nach Nepal geschickt, um einen berühmten Vajrayogini-Praktizierenden zu befragen, der große hellsichtige Kräfte besaß. Nachdem der Übersetzer erklärt hatte, was mit Purang geschehen war, antwortete der nepalesische Praktizierende, daß er am Tag des Verschwindens, während der Meditation, aufgrund seiner Hellsicht gesehen habe, daß Purang von einem Helden und acht Heldinnen in das Reine Land der Dakinis eingeladen worden sei. Der Held war Heruka, und die acht Heldinnen waren die acht Göttinnen der Eingangspforten zu Herukas Mandala. Als Ergebnis von Purangs reiner Praxis waren Heruka und Vajrayogini zu seiner Höhle gekommen und hatten ihn zum Reinen Dakiniland mitgenommen.
Viele große Meister der Gelug-Tradition wie Takbu Tenpai Gyaltsän, Drubchen Chö Dorje, Changkya Rölpai Dorje sowie viele ihrer Schüler haben das Reine Land der Dakinis erreicht. Solche Dinge geschehen auch heute noch. Vor einigen Jahren beispielsweise gab es einen tibetischen Laien namens Gönche, der im östlichen Tibet an einem Ort namens Chatring lebte. Allem Anschein nach war er ein böser Mann, der immer kämpfte und stahl und allgemein viele negative Handlungen ausübte. Die chinesische Invasion in Tibet zwang ihn schließlich, aus seinem Mutterland zu fliehen. Eines Tages, auf seiner Reise ins Exil, sah er, wie ein Boot, das etwa dreißig chinesische Soldaten beförderte, ein Gewässer überquerte. Er schoß Löcher in das Boot, so daß es sank und alle Soldaten ertranken. Als er schließlich die nepalesische Grenze erreichte, schloß er sich dem tibetischen Widerstand an.
Als älterer Mann reiste er einige Jahre später nach Dharamsala in Indien, wo er Trijang Rinpoche besuchte. Trijang Rinpoche riet ihm, alle negativen Handlungen aufzugeben und sich der spirituellen Praxis zu widmen. Von diesem Tag an veränderte sich Gönches Geist. Er entwickelte großes Bedauern für all seine vergangenen, schädlichen Handlungen und versprach, aufrichtig Dharma zu praktizieren. Einige Zeit später gab Trijang Rinpoche einer großen Gruppe seiner Schüler eine Vajrayogini-Ermächtigung, und Gönche war unter ihnen.
Trijang Rinpoche riet Gönche, nach Nepal zu gehen, um ein langes Vajrayogini-Retreat durchzuführen. Da er materielle Hilfe von seiner Familie und spirituellen Rat von einigen ortsansässigen Geshes erhielt, begab sich Gönche ins Retreat; doch er starb während dieser Zeit. Zum Zeitpunkt seines Todes sahen viele Menschen einen Regenbogen über seiner Meditationshütte. Drei Tage später wurde er verbrannt, und diesmal erschien ein Regenbogen über dem Scheiterhaufen. Diese Regenbogen wurden von den Leuten der Gegend und auch von den Mönchen gesehen, die sich versammelt hatten, um für ihn zu beten. Hohe Lamas sagten später, daß die Regenbogen Zeichen gewesen seien, daß Vajrayogini Gönche zu ihrem Reinen Land geführt habe, während er im Zwischenzustand war.
Viele weibliche Vajrayogini-Praktizierende haben ebenfalls durch diese Praxis Erleuchtung erlangt. Diese Berichte über Erlangungen von Praktizierenden der Vergangenheit zeigen den großen Wert der Praxis von Vajrayogini und sind eine Quelle der Inspiration für unsere eigene Praxis.