Читать книгу Das Klare Licht der Glückseligkeit - Geshe Kelsang Gyatso - Страница 31
SICH IN DEN PFADEN DER KANÄLE SCHULEN
ОглавлениеEs gibt zwei Hauptgründe für die Praxis dieser dritten Stufe der Meditation. Erstens hilft sie Defekte zu beseitigen, die von den Kanälen, Winden und Tropfen stammen, indem sie diese sehr klar und flexibel macht und verhindert, daß wir Krankheiten bekommen, die damit verbunden sind. Wenn diese drei Elemente geschmeidig sind, wird auch der Körper als ganzes geschmeidig sein, denn die Kanäle, Winde und Tropfen durchdringen den ganzen Körper. Es ist sehr wichtig, daß der Körper eines Meditierenden angenehm und flexibel ist, weil dies dem Geist hilft, klar und luzid zu werden; und ein klarer Geist macht die Meditation kraftvoll und sehr nützlich. Der zweite Grund für diese Meditation ist, daß sie die Klarheit unserer Visualisation der Kanalräder in hohem Maße verstärkt.
Um uns in dieser Stufe zu schulen, stellen wir uns vor, daß unser Geist in der Form des unzerstörbaren Tropfens ist, der im Zentrum des Herzkanalrades liegt. Dieser Tropfen hat die Größe einer Erbse, ist weiß mit einem leicht rötlichen Schimmer und strahlt leuchtendes fünffarbiges Licht aus: weiß, rot, blau, grün und gelb. Dieses Licht reicht aber nicht weit über den Tropfen hinaus. Mit unserem Geist, der einsgerichtet auf diesen Tropfen konzentriert ist, denken wir tief darüber nach, daß er die Essenz der Untrennbarkeit unseres eigenen Geistes und des Geistes unseres Spirituellen Meisters ist, und wir identifizieren uns selbst mit diesem Tropfen. Dann beschließen wir, daß wir als funkelnder Tropfen eine Reise zu den verschiedenen Kanalrädern machen wollen.
Wir steigen langsam durch den Zentralkanal auf die Höhe des Halses auf und halten genau im Zentrum der Vakuole des Halskanalrades an. Wir schauen in die Gänge jedes der sechzehn Speichen und dann, wie wenn wir ein sehr kraftvolles Licht einschalten würden, strahlen wir das fünffarbige Licht aus, so daß es alle Speichen dieses Kanalrades voll beleuchtet. Wir haben das Gefühl, daß dieses strahlende Licht alle möglichen Defekte der Speichen korrigiert, wie zum Beispiel daß sie zusammengeschrumpft, zusammengeklebt oder blockiert sind, und daß alle Speichen, die steif, hart und brüchig geworden sind, glatt, weich und geschmeidig werden. Wir denken, daß die Elemente, die in den Speichen fließen - die Winde, die weißen Tropfen und die roten Tropfen - sehr klar, kraftvoll und nützlich werden. Wir fahren mit dieser Visualisation fort, bis das Gefühl entsteht, daß alle Defekte in den Speichen entfernt worden sind, und dann nehmen wir das Licht wieder in den funkelnden Tropfen auf. Wird denken, daß wir den Zweck unseres Besuches des Halskanalrades erfüllt haben und beschließen dann, das Scheitelkanalrad zu besuchen.
Wir gehen langsam im Zentralkanal aufwärts und halten genau in der Mitte der Vakuole des Scheitelkanalrades an. Dann machen wir das gleiche wie zuvor. Wir schauen in die Gänge jedes der zweiunddreißig Speichen dieses Kanalrades hinein, strahlen das kraftvolle fünffarbige Licht in sie hinein, korrigieren alle Defekte wie zuvor und, wenn wir das Gefühl haben, daß alle Defekte beseitigt worden sind, nehmen wir das Licht wieder auf und denken, daß wir den Zweck unseres Besuches dieses Kanalrades erfüllt haben.
Jetzt denken wir, daß wir das Kanalrad an der Stelle zwischen unseren Augenbrauen besuchen möchten. Wir schauen von unserem Platz im Scheitel den Zentralkanal hinunter zu diesem Rad. Am Eingang zum Zentralkanal, der genau in der Mitte zwischen den Augenbrauen liegt, visualisieren wir eine Öffnung wie das dritte Auge mancher Gottheiten des Vajrayanas. Wir sinken langsam zu diesem Eingang hinab und halten an, wobei sich die eine Hälfte außerhalb der Öffnung befindet. Von dieser Position aus führen wir eine gründliche Untersuchung innerhalb und außerhalb unseres Körpers durch, indem wir in alle Richtungen schauen. Dann strahlen wir das fünffarbige Licht aus und sehen, daß es alle Defekte der Kanäle an der Braue entfernt, während es nach innen scheint. Wenn das Licht nach außen scheint, reinigt es jede unreine Umgebung und besänftigt das Leiden und die groben und subtilen Ursachen des Leidens aller fühlenden Wesen. Wenn wir das Gefühl haben, daß diese Zwecke erfüllt worden sind, bewegen wir uns vollständig nach innen, so daß wir nicht mehr durch die Öffnung nach außen ragen und bleiben für eine Weile dort.
Wir entschließen uns dann, zu unserem Ausgangspunkt im Herzkanalrad zurückzukehren. Wir steigen langsam zum Scheitel hinauf, durchqueren dort die Vakuole, und sinken langsam durch den Zentralkanal hinab, durchqueren die Vakuole beim Hals und halten schließlich in der Mitte der Vakuole im Herzkanalrad an. Wir denken, daß wir zu unserem hauptsächlichen Aufenthaltsort zurückgekehrt sind. Jetzt untersuchen wir die acht Speichen des Herzkanalrades, strahlen das fünffarbige Licht in ihre Gänge hinein und reinigen ihre Defekte auf genau gleiche Weise wie zuvor. Haben wir dies getan, nehmen wir das Licht wieder auf und denken, daß wir jetzt zum Nabelkanalrad gehen möchten.
Wir sinken langsam durch den Zentralkanal hinab und halten in der Vakuole dort an. Wir untersuchen jede der vierundsechzig Speichen des Nabelkanalrades und strahlen wieder Licht aus, korrigieren alle Defekte der Kanäle, Winde und Tropfen und denken, daß sie alle sehr geschmeidig, biegsam, weich und angenehm geworden sind. Nachdem wir das fünffarbige Licht wieder aufgenommen haben, bleiben wir für einige Zeit in der Vakuole und erinnern uns daran, daß dies die hauptsächliche Stelle für unsere Meditation über das Innere Feuer ist.
Nachdem der unzerstörbare Tropfen so lange wie möglich in der Vakuole des Nabels geblieben ist, kehrt er zu seinem Platz beim Herzen zurück. Wieder denken wir, daß wir zu unserem hauptsächlichen Aufenthaltsort zurückgekehrt sind und entschließen uns dann, jeden Makel zu reinigen und alle Defekte der zweiundsiebzigtausend Kanäle, die den ganzen Körper durchdringen, zu korrigieren. Wir strahlen das fünffarbige Licht in die acht Speichen des Herzkanalrades hinein und visualisieren, wie sich dieses Licht in den acht Speichen, den vierundzwanzig Kanälen der vierundzwanzig Stellen, den zweiundsiebzig Kanälen, die davon abzweigen, und schließlich durch alle zweiundsiebzigtausend Kanäle ausbreitet. Dieses fünffarbige strahlende Licht stellt alle Kanäle wieder her, die kaputt, blockiert, zusammengeschrumpft, verheddert oder zusammengeklebt sind; und alle Kanäle, die steif, hart und brüchig geworden sind, werden jetzt glatt, weich und geschmeidig. Auf diese Weise werden alle Winde und Tropfen vollkommen klar und biegsam gemacht. Schließlich nehmen wir das Licht wieder in uns selbst, den unzerstörbaren Tropfen, auf.
Es gibt verschiedene Arten, diese dritte Stufe der Meditation auszuführen, abhängig davon, wieviel Zeit wir für jeden der verschiedenen Schritte aufwenden wollen. Es ist zum Beispiel möglich, während einer ganzen Meditationssitzung nur eines der Kanalräder zu erforschen. Wenn wir dies tun, können wir die nächste Sitzung dort beginnen, wo wir zuletzt aufgehört haben, und wenn wir schließlich das Gefühl haben, diesen Teil der Meditation abgeschlossen zu haben, kehren wir zum Herzkanalrad zurück. Das wichtigste der verschiedenen zu erforschenden Kanalrädern ist das Nabelkanalrad. Wir sollten möglichst viel Zeit in diesem Kanalrad verbringen, müssen aber dafür sorgen, daß wir auch von den anderen Kanalrädern gründliche Kenntnis und Erfahrung gewinnen.
Um dies zusammenzufassen, gleicht die Schulung in den Pfaden der Kanäle in etwa einem Museumsbesuch. Wenn wir uns zu einem Besuch entschlossen haben, betreten wir das Erdgeschoß, das in diesem Fall dem Herzkanalrad entspricht, und von dort gehen wir direkt ins erste Stockwerk. Nachdem wir die Ausstellungsobjekte dieses Stockwerkes eingehend untersucht haben, gehen wir zum zweiten Stockwerk hoch. Nachdem wir die Ausstellungsobjekte dort eingehend besichtigt haben, kehren wir ins Erdgeschoß zurück. Nach der Betrachtung der Ausstellungsobjekte des Erdgeschosses steigen wir in den Keller hinunter und, wenn wir dort fertig sind, kehren wir erneut ins Erdgeschoß zurück und gehen weg. Nach einer solch ausgedehnten Tour des Museums sollten wir in der Lage sein, uns an alle Ausstellungsobjekte auf jedem Geschoß klar zu erinnern.
Es ist sehr wichtig, daß die Kanalräder in unserer Visualisation deutlich erscheinen. Wie zuvor erwähnt, müssen wir fähig sein, den genauen Punkt des Nabelkanalrades exakt und geschickt zu durchdringen, um den Yoga des Inneren Feuers der Vollendungsstufe zu praktizieren. Es ist in etwa so, wie wenn man Holz spaltet mit einer Axt. Wenn man geschickt ist und die richtige Stelle trifft, wird man das Holz ohne große Schwierigkeiten oder Anstrengung spalten können, wenn man aber die richtige Stelle verfehlt, wird man wenig Erfolg haben, selbst wenn man sich sehr anstrengt. Eine andere Analogie ist das Schlachten von Tieren. Wenn ein Schlächter sehr geschickt ist und die richtige Arterie durchtrennen kann, wird er in der Lage sein, das Tier schnell und schmerzlos zu töten, selbst wenn sein einziges Instrument eine winzige Nadel ist; wenn er aber ungeschickt ist, kann die Schlachtung zu einer langen und blutigen Prozedur werden. Ganz ähnlich wird der Meditierende der Vollendungsstufe, der die Winde in den Zentralkanal bringen will, erfolgreich sein, wenn er die genauen Punkte geschickt durchdringen kann. Das Ergebnis solch geschickter Praxis werden für den Meditierenden höchste Erlangungen ohne Schwierigkeiten sein.
Um mit den Kanälen und mit der Methode, die genauen Punkte zu durchdringen, vertraut zu werden, und auch um alle Defekte der Elemente des Vajra-Körpers zu korrigieren, sollten wir starkes Gewicht auf die Schulung in den Pfaden der Kanäle legen. Wir müssen dies über einige Tage hinweg oder so lange tun, bis wir eine deutliche Visualisation erhalten.