Читать книгу Das LDL-Orakel und die ketogene Ernährung - Geta C. Fabian - Страница 7
ОглавлениеFett ist leben
Ich finde es verstörend, wie wir Fett als Feind ansehen. Wir seien zu fett. Wir essen zu viel Fett. Keine Zeitschrift ohne eine fettige Moralpredigt. Für mich sind Fette göttlich. Fette geben uns Form, wärmen uns und lassen uns denken. Fett schützt uns und gibt uns Energie. Fett machte uns zu Menschen. Fett zu verachten, bedeutet für mich das Leben abzuweisen.
Fette sind unentbehrlich für die Membranen aller Zellen, jener Räume, die die wässrigen Reaktionen allen Lebens beherbergen. Die Grenze zwischen Innen und Außen – die Essenz einer Zelle – wäre ohne Fett unmöglich.
Fette geben uns Form und Stabilität: in unseren Fingerspitzen, den Fußsohlen oder der weiblichen Brust. Stellen Sie sich vor, Ihnen fehlt das Fett am Po und Sie plumpsen auf einen Holzstuhl. Nicht gut!
Blut versorgt Herz und Gehirn konstant mit Wärme. Kühlt der Körper ab, wärmt das braune Fettgewebe das Blut, das zum Herz und Gehirn führt. Dieses Fett befindet sich an strategisch günstigen Plätzen: um die Klavikula, den Wirbeln, um die Aorta oder den Nebennieren. Das braune Fett ist metabolisch hochaktiv und wärmt das vorbei strömende Blut. Babys haben mit einem hohen Anteil an braunem Fett rund fünf Prozent vom Gesamtgewicht. Das braune Fett reduziert sich im Kleinkindalter, manches verschwindet komplett, anderes bleibt uns erhalten. (1, 2)
Unser dominantes Fett ist das subkutane Fett, das Fett, das wir unter der Haut tragen. Wir vergrößern diese Reserve, wenn die Zeiten gut sind, und lassen sie schrumpfen, wenn sie schlecht sind. Kein anderes Organ ist ähnlich flexibel wie das subkutane Fett. Es dehnt sich unendlich aus, ohne die inneren Organe einzuquetschen. Das subkutane Fett erscheint wie eine Isolierschicht, trägt aber wenig zum Wärmehaushalt bei. Dieses Fett, das metabolisch weniger aktiv ist als das braune Fett, funktioniert primär als Energiereserve. Daneben bietet es mechanischen Schutz vor Verletzungen.
Ein Gedankenspiel: Eine Frau mit 65 kg Körpergewicht und 25 % Körperfett hat 16,25 kg Körperfett. Davon wären 6,25 kg (rund 10 %) essenzielles Fett, das nicht zur Energieversorgung beiträgt. Es bleiben 10 kg, umgerechnet 70.000 kcal. Würde die Frau fasten, überlebte sie rein rechnerisch rund 40 Tage. Nehmen wir an, Glykogen (Kohlenhydrat) ist der Energielieferant. Rund 500 g Glykogen liefern unserer Frau 2.000 kcal. Speichert sie 70.000 kcal als Glykogen, lagert sie 17,5 kg reines Glykogen im Körper ein. Im Gegensatz zu Fett speichern wir Glykogen zusammen mit Wasser ein, weil Kohlenhydrate osmotisch sind. Das Verhältnis von Glykogen zu Wasser ist eins zu drei bis eins zu fünf. Rechnen wir das Wasser mit ein, ergeben sich aus 17,5 kg rund 52,5-87,5 kg. Dieses Gewicht trüge die Frau zusätzlich am Körper – 52,5 kg sind schwerer als 10 kg. Fett ist eine ideale Energiereserve, weil sie leicht ist und grenzenlos am Körper wachsen kann.
Für Primaten sind Menschen auffällig fette Kreaturen. Unsere Babys sind sehr fett. Diese typisch menschliche Eigenart, so die Theorie, sichert die kognitive Entwicklung des Kindes. Das Fett versorgt das Baby mit Energie im Überschuss und mit Grundbausteinen für die Entwicklung von Hirnzellen, wie Ketone und Cholesterin. Es sind unsere kognitiven Fähigkeiten, die uns von anderen Primaten abgrenzen. Diese Fähigkeiten entwickelten wir, nur weil wir im Laufe der Evolution fetter wurden. (3, 4)
Fett ist für alles Lebende essenziell. Unsere Evolution wäre ohne Fett nicht geschehen. Fett machte uns zu den Wesen, die wir sind. Es täte uns besser es zu lieben, als es zu verachten.
Quellenangaben
1. Harrington TA1, Thomas EL, Frost G, Modi N, Bell JD. Distribution of adipose tissue in the newborn. Pediatr Res. 2004 Mar;55(3):437-41.
2. Lee P1, Swarbrick MM, Ho KK. Brown adipose tissue in adult humans: a metabolic renaissance. Endocr Rev. 2013 Jun;34(3):413-38.
3. Wells JC. The evolution of human adiposity and obesity: where did it all Go wrong? Dis Model Mech. 2012 Sep;5(5):595-607.
4. Stephan C. Cunnane. Survival of the fattest: The Key To Human Brain Evolution, 2005.