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Kapitel 3
ОглавлениеSommer 1060 (452 seit Hegirae) Rabaḍ von Qasr Yanna
Es war ein Freitag und unter der Mittagssonne ging Nadira zum Brunnen südlich des Rabad, um einen Eimer Wasser zu schöpfen; Ihre Nichte Fatima begleitete sie. Diese, rot gekleidet, trug ein dekoriertes Halsband, das mit verschiedenartigen geometrischen Fantasien und vielen hängenden Ornamenten verziert war und das an der Kopfbedeckung angebracht war, so wie es bei den Berbern für die Schmückung der Mädchen Brauch war. Es gab auch andere Frauen, die zum Brunnen gingen. Sie lachten und scherzten sorglos trotz der heißen Stunde.
Nachdem sie ihre Aufgaben erfüllt hatten, gingen sie den Weg zurück nach Hause und andere übernahmen ihre Eimer. Nur Nadira und Fatima blieben zurück.
“Ich habe gehört, dass dieser Brunnen ein Wunder ist.” sagte eine männliche Stimme.
Nadira, ließ überrascht das Seil los und der Eimer fiel zum Boden des Brunnens.
Dieser Kerl, ein junger Mann, der einen seltsamen gelben Kefiah26 um den Kopf gewickelt trug, kam heran, indem er seine Hände schüttelte und sie anflehte ihm für den Schreck zu vergeben.
“Ich hatte dich nicht gesehen, guter Mann.” antwortete Nadira, während sie ihr Gesicht bedeckte und die kleine Fatima an sich zog.
„Ich sagte, dass dieser Brunnen ein Wunder ist… und nun, da ich dir näher bin, überzeugt er mich noch mehr.“
Und lächelnd fuhr er fort:
“Denn wenn du kein Engel bist, dann erkläre mir welche Kreatur des Paradieses vor mir steht.”
“Nur die Schwester des Dorfleiters, ein Mann, der dem Qā’id sehr nahesteht.” erklärte Nadira, um ihn von eventuellen bösen Absichten abzubringen.
“Du musst dich nicht vor mir fürchten.”
Als er dann eine Verneigung mit den Händen auf dem Rücken andeutete, stellte er sich vor:
„Mus’ab, Dichter und Arzt.“
„Lass mich mit meinem Bruder sprechen, und dann werde ich dir die Gastfreundschaft entgegenbringen, die du verdienst, Mus’ab.“
„Du bist freundlich, aber ich glaube, dass ich alles was ich brauche, bereits gefunden habe.“
„Brauchst du Wasser? Mein Bruder wird sich nicht davon abbringen lassen, dir einen Eimer zuzugestehen.” fragte Nadira unschuldig, da sie dachte, er meine den Brunnen.
Doch der andere lächelte und erklärte:
„Ich bin trotz meines jungen Alters viel gereist: Von Bagdad nach Grenada. Ich muss sagen, dass ich viele Male türkis- und smaragdfarbene Augen gesehen habe, die den 72 Jungfrauen würdig sind, die Allah den Märtyrern versprochen hat. In Andalusien fand ich Mädchen von visigoter Abstammung mit Augen, die deinen… ähnlich sind, und zwischen den Bergen der Kabilia habe ich Frauen mit fast identischen Eigenschaften getroffen. Aber nie… nie… habe ich ein so intensives hellblau in einem Gesicht wie in deinem gefunden. Dein Aussehen verrät deine sicher berberische Abstammung, die ich von den Kleidern des kleinen Mädchens erahne… Und sogar unter den sizilianischen Ureinwohnern sah ich jemanden, der helle Augen hatte, aber nie wie die deinen. Vielleicht ist dein Vater ein Einheimischer? Oder vielleicht deine Mutter? Von wem hast du dieses Glück geerbt?»
“Du irrst dich… du warst sicher zu lange Zeit fort von dieser Erde und erliegst leicht der Täuschung. Es gibt keine Berber, Einheimische oder Araber hier, sondern nur Sizilianer, die das Wort des Propheten achten. Es stimmt, unter meinen Großeltern und unter deren Müttern gab es eingeborene Frauen, die zu den Diktaten des Korans konvertiert haben, wie es in jeder anderen Familie von Gläubigen auf dieser Insel der Fall ist. Aber das ist normal, wenn man bedenkt, dass in Sizilien in der ersten Zeit überwiegend Männer ankamen, und erst danach kamen die Familien, die vor der Verfolgung der Kalifen und der Emire von Ifrīqiya geflüchtet waren. Aber was meine Augen betrifft, warum sollte jemand jemals eine unergründliche Gabe Allahs beurteilen?”
In diesem Moment rief der Muezzin27 die Gläubigen zum Mittagsgebet auf. Nadira wandte sich dem Rabad und seinem Minarett zu und beeilte sich, um zurückzukehren.
„Meine Mutter wartet schon zu lange auf dieses Wasser.“
„Sag mir nur deinen Namen.“
„Nadira.“
„Nadira, ich werde über deine Augen schreiben!“ rief der Fremde.
Bereits auf dem Weg nach Hause, Fatima an der Hand nach sich ziehend, stieg bei Nadira die Gewissheit, dass Mus’ab bei Umar vorsprechen würde, um um ihre Hand zu bitten. Doch die Tage vergingen, und die Gewissheit verschwand, bis Anfang Oktober klar wurde, welche weit wichtigeren Auswirkungen diese Begegnung bei der Entwicklung ihres Schicksals hatte.