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Marita glaubte, im siebenten Himmel zu schweben. Sie lag, obgleich es schon Nachmittag war, im Bett, hatte die Arme unter dem Kopf verschränkt und blickte mit glücklichem Lächeln zur Decke.

In der kleinen Kochnische, im Wohnzimmer nebenan, hantierte Harald. Sie konnte hören, wie er das Wasser in den Kessel laufen ließ und dann aufs Gas setzte. Er wollte Kaffee machen.

Frühstück, nachmittags um drei, dachte sie heiter. Drei herrliche Tage sind das, zwei habe ich noch vor mir. So lange haben wir beide freibekommen.

Sie hatten bis Mittag geschlafen, nach einer wunderschönen Nacht, die sie sicherlich nie im Leben vergessen würde. Gegen neun waren sie dann einmal unsanft geweckt worden. Ein Bote brachte mehrere herrliche Blumensträuße. Harald hätte sie zusammen mit den Glückwünschen hereingebracht und gleichzeitig die Zeitung, die vor der Tür lag, mitsamt den Meldungen über den Unglücksfall im Freihafen.

Aber sie waren beide zu müde gewesen, um aufzustehen, sondern schliefen bis nach Mittag und jetzt fiel ihr der Zeitungsbericht wieder ein.

Die Zeitung lag auf dem Nachttisch. Sie angelte sie zu sich herüber, schlug den Bericht auf und las. Obgleich es sie einerseits mit Stolz erfüllte, was da geschrieben stand, beschämte es sie auch ein wenig. Sie war noch nie eitel gewesen und die großen Worte des Berichterstatters waren ihr peinlich. Sie spürte deutlich, wie sie beim Lesen errötete und lachte dann doch, als sie sich auf einem Foto schmutzig und erschöpft erkannte.

Harald steckte den Kopf in die Tür und fragte interessiert: „Was lachst du?“

„Sieh es dir an. Auf diesem Bild sehe ich vielleicht aus ... “

Großartig siehst du aus, wie eine Königin. Meine Königin.“ Er kam zu ihr, nur mit der Hose bekleidet, kniete neben ihr am Bett nieder und schlang seine Arme um sie. Sie küssten sich, als hätten sie sich Jahre nicht gesehen. Zärtlich strich er ihr über die Schultern, über den Nacken und dann, als sich ihre Münder voneinander gelöst hatten, über ihre Nasenspitze und sein Zeigefinger zeichnete ihre Lippen nach. Er fuhr ihr übers Kinn und sie hatte das Gefühl, elektrisiert zu werden.

Vielleicht hätte alles noch einmal so angefangen wie letzte Nacht und sie wären beide in ihrer Leidenschaft versunken, aber draußen pfiff der Flötenkessel.

Harald reagierte erst gar nicht, streichelte sanft über ihre Brüste, über ihren Leib, doch dann schob sie seine Hand beiseite und sagte ernüchtert: „Harald, das Wasser kocht.“

„Lass es kochen“, murmelte er.

„Nein, Harald, bitte! Ich bin noch gar nicht richtig wach.“

Er richtete sich auf, lächelte zu ihr herab und fragte leise: „Bist du happy?“ Sie lächelte zurück, schloss die Augen und sagte verträumt: „Ich bin wahnsinnig glücklich.“ Plötzlich wurde sie ernst. „Ich habe bloß solche Angst, dass es mit einem Donnerschlag endet. Ich habe immer diese Angst bei etwas Schönem. Und was ich letzte Nacht erlebt habe, ist das Schönste in meinem ganzen Leben.“

„Es wird noch viele solcher Nächte geben, glaube mir. Und nicht nur Nächte.“

„Ich bitte dich“, sagte sie in gespielter Strenge, „wir sind doch keine Franzosen, die es bei Tage treiben.“

„Dann möchte ich ab heute Franzose sein. Dem Glücklichen und der Liebe schlägt keine Stunde.“

„Du bist ein Nimmersatt.“ Sie sah ihn strahlend an, streckte die Hände nach ihm aus, aber jetzt war er es, der den Kopf schüttelte und zur Tür deutete.

„Du hörst das Signal der Pflicht. Das Kaffeewasser ruft. Gleich komme ich zurückgeritten und werde dich, meine Königin, mit einem labenden Trank erfreuen.“ '

Als er übermütig hinaustollte, sah sie ihm schmunzelnd nach.

Ich möchte ihn nie mehr verlieren, dachte sie. Er hat in mir etwas geweckt, von dem ich gar nicht wusste, dass es das gibt. Nein, so eine Nacht wie die letzte wird es nie wieder geben. Es war die schönste Nacht in meinem Leben, schöner kann es ganz einfach nicht sein. Später saßen sie sich, noch immer nicht völlig angekleidet, im Wohnzimmer gegenüber und frühstückten. Er hatte es ihr ans Bett bringen wollen, aber sie mochte das nicht. Sie saß lieber am Tisch.

„Es werden die schönsten drei Tage sein, die ich je erlebt habe“, meinte Marita und sah ihn verliebt an.

Er hatte gerade von seinem Toast abgebissen und erwiderte mit vollem Mund. „Hmm, warte nur ab, es wird noch viel schöner.“

„Kann es gar nicht. So etwas Schönes habe ich noch nicht erlebt“, behauptete Marita.

„Ich sage dir, es wird noch viel schöner“, entgegnete Harald erneut und lachte.

Sie lachte zurück. „Willst du mit mir streiten? Es kann nicht schöner werden, sage ich.“

„Möchtest du einen Beweis?“, fragte er vielversprechend.

„Kannst du ja gar nicht beweisen. Noch schöner als letzte Nacht wird es niemals. Aber wenn es noch einmal so schön werden könnte, wäre es das Paradies auf Erden.“

Als Antwort streckte er sein rechtes Bein aus und fuhr barfüßig über ihr linkes Schienbein. Wieder empfand sie dieses elektrisierende Gefühl, wie stets, wenn er sie nur berührte.

Sie zog ihr Bein zurück, lachte und sagte: „Nimmersatt, hör jetzt auf, wir wollen frühstücken.“

„Ich habe genug gefrühstückt“, erklärte er und stand auf. „Ich muss meine kleine Königin über einen Irrtum belehren. Meine kleine Königin glaubt nicht, dass es noch schöner werden kann als es schon war. Und ich bin davon überzeugt und ich möchte den Beweis antreten. Majestät, gestatten Sie mir das?“

„Abgelehnt!“, rief sie und setzte eine gespielt strenge Miene auf.

„Ich bin aber ein Rebell, kleine Königin“, sagte er und kam auf sie zu. „Ich neige immer dazu, Befehle der Obrigkeit zu missachten: Ich liebe den Aufruhr, Majestät.“

„Ich werde dich von meinen Wachen einsperren lassen, wenn du deiner Königin nicht gehorchst!“, rief sie pathetisch und wollte aufstehen und davonlaufen.

Aber er war schneller. Mit einem Satz über den Stuhl kam er ihr nach, holte sie ein, wirbelte sie an den Armen herum und da lag sie schon wieder an seiner Brust. Lachend drehte sie den Kopf beiseite und wollte sich nicht küssen lassen. Aber dann, als er ihren Hals, ihre Wange, ihr Ohr und ihre Schläfen mit Küssen bedeckte, wandte sie sich ihm doch zu. Ihre Körper berührten sich und von dieser Nähe ging ein Strom der Leidenschaft auf Marita über. Noch einmal begehrte sie auf, aber dann hatte er sie gepackt, nahm sie auf die Arme und trug sie wie ein Kind nach nebenan. Sie strampelte, versuchte sich freizumachen, lachte übermütig, aber als er ihren Mund mit Küssen bedeckte, wünschte sie sich dasselbe wie er.

Als er sie ins noch ungemachte Bett legte, hatte sie nur einen sehnsüchtigen Gedanken: dass es so schön werden sollte wie vergangene Nacht.

Als er sie zärtlich und liebevoll zu streicheln begann und ihren Körper mit Küssen bedeckte, da war sie sicher, nicht von ihm enttäuscht zu werden. Im Gegenteil, alles in ihr jubelte ihm entgegen ...

Gelöst von allen Alltagsproblemen, lag Marita neben Harald, hatte ihren Kopf an seiner Schulter geborgen und lauschte seinen Atemzügen.

Er schlief. Aber sie selbst konnte nicht schlafen. Mittlerweile wurde es draußen dunkel. Der ohnehin trübe Novembertag ging seinem Ende entgegen.

Harald hatte ihr nicht zu viel versprochen. Es war wunderschön gewesen. Und jetzt hatte sie das Gefühl zu schweben. Alles in ihr war leicht, als glitte sie auf einer Wolke dahin.

Ich bin ein Glückspilz, dachte sie. Er ist ganz anders als sie immer erzählt haben. Vielleicht ist auch gar nichts davon wahr. Ich weiß, dass er mir ganz und gar gehört.

Plötzlich schellte das Telefon. Marita schreckte zusammen, richtete sich auf und darüber wurde Harald wach.

„Was ist?“, fragte er schlaftrunken. „Nichts. Das Telefon, ich gehe hin. Bleib liegen.“

Sie glitt aus dem Bett und huschte nach nebenan, nahm den Hörer ab, meldete sich und hörte die Stimme der Telefonistin des Hafenkrankenhauses.

„Herr Gött hat gesagt, dass eventuell Herr Doktor Preiß bei Ihnen sei. Ist er das?“

Marita überlegte fieberhaft. Sollte sie behaupten, er sei nicht da? Oder war es nicht besser, bei der Wahrheit zu bleiben.

„Er ist hier“, erklärte sie schließlich. „Aber er schläft.“

„Jetzt schon? Es ist doch gerade halb sechs.“

„Ich glaube nicht, dass das für Sie Wichtig ist“, entgegnete Marita schroff. Was wollen Sie von ihm?“

„Ich nichts“, sagte die Telefonistin. Chefarzt Gött möchte ihn sprechen und es sei sehr wichtig, lässt er sagen.“

„Dann warten Sie, ich hole ihn.“ Harald war wieder eingeschlafen und Marita bereute es schon, denen im Krankenhaus gesagt zu haben, dass er bei ihr war. Doch nun hatte sie a gesagt und musste b sagen.

„Harald“, weckte sie ihn leise und küsste ihn auf die Stirn.

Er schlug die Augen auf und hatte wohl Mühe zu begreifen, wo er sich befand. Dann aber stemmte er sich hoch. „Was ist denn?“

„Gött am Telefon, ich weiß nicht, worum es geht. Tut mir leid, aber ich habe ihm gesagt, dass du hier bist. Er hat es wohl nicht anders erwartet, schließlich hat er uns zusammen hier abgesetzt.“

„O verdammt, was könnte der wollen?“

Harald stand auf und schlurfte dann nach nebenan. In diesem Augenblick tat er Marita leid. Sie ärgerte sich, dem Drängen der Telefonistin überhaupt nachgegeben zu haben.

Dann hörte Marita, wie Harald sich drüben meldete und er sagte: „Ja, dann schalten Sie durch.“

Und wenig später begrüßte er Gött.

Lange Zeit sprach Harald gar nicht, aber dann sagte er:

„Na ja, wenn es gar nicht anders geht. Natürlich spüre ich das noch. Aber so schlimm ist es nicht. Aber wieso ist die Kollegin Bender denn weg? Ich denke, es ist alles in Ordnung mit ihrem Bekannten.“

Danach sprach Harald lange nicht mehr, bis er sich schließlich verabschiedete und Marita das Klicken bis ins Schlafzimmer hörte, als er auflegte. Kurz darauf kam er zurück, nun nicht mehr schlurfend, sondern erheblich wacher als vorhin. Er blieb in der Tür stehen, lehnte sich an den Türrahmen und sah sie mit enttäuschtem Lächeln an.

„Der liebe Gött ging durch den Wald und hat nach seinem kleinen Assistenzarzt gerufen.“

„Was“, rief Marita, die das schon geahnt hatte, „etwa jetzt?“

Harald schüttelte den Kopf.

„Nein, nein, nicht jetzt, morgen Früh. Dr. Bender ist auf und davon in die Türkei. Erst hat sie bei ihm um Urlaub nachgesucht, ihn aber nicht bekommen und jetzt ist sie trotzdem weg, hat Kiesewetter nur mitgeteilt, was sie vorhat. Ihr Bekannter ist, wie Gött sagte, vermutlich an Hepatitis erkrankt und liegt in Ankara in einem Spital. Sie will ihn nach Deutschland bringen lassen und sich um alles kümmern.“

„Das würde ich auch für dich tun“, erklärte Marita entschlossen.

„Aber Gött begreift es nicht, er tobt herum. Ihm fehlen ohnehin schon Ärzte und jetzt ist sein Goldstück auf und davon.“

„Rede nicht so über Frau Doktor Bender. Sie ist ein fabelhafter Mensch“, meinte Marita streng.

„Weiß ich doch. Ich mag sie ja auch sehr“, erklärte Harald sofort. „Aber du weißt ja, wie er ist. Sie ist die einzige, die bei ihm Narrenfreiheit genießt. Was die ihm schon manchmal gesagt hat . . . Mein lieber Mann, das würde ich mir nie erlauben. Mich schmisse er auf der Stelle raus.“

„Du bist auch nicht Frau Doktor Bender, Harald, das darfst du nicht vergessen. Die ist schon so lange da. Und ich finde es großartig, dass sie sich nichts gefallen lässt. Wie oft schon habe ich mir gewünscht, auch so zu sein. Und wenn man sie braucht, dann hilft sie. Sie hilft jedem. Sie ist sehr gerecht. Ich lasse nichts auf sie kommen. Ich verdanke ihr auch eine Menge.“

„Das ist unbestritten. Aber das Problem bleibt nach wie vor, dass er keine Ärzte hat und ich jetzt deshalb in der Klinik antanzen muss und zwar morgen Früh. Dabei hatten wir uns so über die drei Tage gefreut.“

„Dann kann ich auch wieder Dienst tun. Sollst du etwa im Notdienst ... “

„Nein. Er möchte, dass ich zusammen mit Breitenbacher, der mit dem Gipsfuß herumhumpelt, die Stationen mache.“

„Aber hör mal, dann bist du ja Stationsarzt!“

„Doch nur kommissarisch. Wenn Doktor Bender wieder da ist, trete ich wieder ins zweite Glied zurück, wo ich hingehöre“, meinte er lakonisch.

„Sei doch nicht immer so bitter. Du bist doch noch in der Facharztausbildung und sie ist längst damit fertig. Oder sagst du das nur, weil sie eine Frau ist? Bei Breitenbacher machst du nicht so bissige Bemerkungen.“

„Ach weißt du, ich hab sie recht gern. Aber sie kann manchmal so von oben herunter sein und das kann ich nicht ausstehen, bei keinem. Weder bei einem Mann noch bei einer Frau.“

„Sie meint es aber nicht so. Du solltest es mal erleben, wenn du ein echtes Problem hast. Die hilft dir, wie niemand sonst.“

„In Ordnung. Wenn du mit deinem Denkmal fertig bist, überlegen wir mal, was uns beide angeht. Ich muss morgen Früh also in den Dienst. Das bedeutet, ich müsste heute Abend noch nach Hause, denn ich kann nicht in diesen Sachen deines Bruders herumlaufen.“

„Dann gehen wir eben beide zu dir. Oder willst du das nicht?“

„In Ordnung, und was tust du? Ich möchte nicht, dass du dich auch in der Klinik meldest. Genieß doch wenigstens die beiden Tage, die wir noch haben. Ich will sehen, dass ich so früh wie möglich nach Hause komme.“

„Ich wollte eigentlich einiges erledigen. Dann werde ich vormittags in die Stadt gehen und am Nachmittag auf dich warten. Ich werde uns etwas kochen“, verriet sie begeistert. „Etwas ganz Feines.“

„Du hast Hunger, nicht wahr?“ Er lachte. „Und mir knurrt auch der Bauch. Weißt du, was wir tun? Wir ziehen uns an, gehen irgendwo schön essen und machen noch etwas aus diesem Abend. Morgen ruft die Pflicht wieder.“

„Frau Doktor Bender hat wirklich Pech“, meinte Marita nachdenklich. „Jetzt war sie froh, dass es eine Falschmeldung gewesen ist und er lebt und nun ist er krank. Ein furchtbares Durcheinander. Aber dass sie dorthin fliegt, finde ich richtig. Ich würde das nicht anders machen.“

„Ich glaube“, meinte Harald nachdenklich, „das Wort Angst kennst du gar nicht. Sie kennt es nämlich auch nicht.“

Marita lachte. „Hast du eine Ahnung! Du weißt überhaupt nichts von mir. Du hättest sehen sollen, wie ich vor Angst gezittert habe, als wir unter dieses Dach gekrochen sind. Du hättest mein Herz klopfen hören müssen, dann würdest du so etwas nicht sagen. Aber dann dachte ich, es muss ganz einfach sein. Und ich weiß, Frau Doktor Bender ist auch so. Wir haben sogar einmal darüber gesprochen. Da hat sie mir gesagt, dass sie schon bei manchem Einsatz am ganzen Leibe geflogen ist vor Angst und Furcht. Einmal, da hat man sie auf hoher See mit einem Hubschrauber zu einem Frachter gebracht und da sollte sie abgelassen werden. Aber es war so stürmisch, dass der Pilot in dem Augenblick, als sie abgesetzt werden sollte, vom Sturm weggetrieben wurde und sie im Wasser eingetaucht ist. Und schließlich, als es dann doch gelang, sie auf dem Schiff abzusetzen, hat sie sich fast die Beine gebrochen, als sie gegen eine Windhutze geknallt ist. Sie hat mir das einmal erzählt. Aber auf dem Schiff, da wartete man auf einen Arzt, der hilft, und nicht auf jemanden, der sich erst mal vom eigenen Schock erholen muss. Aber Ina Bender hat mir gesagt, damals dachte sie daran, dass das Männer auch machen. Und was ein Mann kann, denkt sie immer, das kann auch eine Frau.“

„Na ja“, meinte Harald einschränkend, „es gibt da so ein paar Dinge, die sollte man einer Frau nicht zumuten. Und was den Einsatz von Ärztinnen auf hoher See anbetrifft, so halte ich das für eine Schinderei.“

„Aber sie meldet sich dazu freiwillig, das möchte ich dir nur mal sagen. Und ich würde es, wäre ich an ihrer Stelle, ebenso tun.“

„Es lebe die Emanzipation“, sagte er spöttisch. „Und was habt ihr davon?“

„Selbstbestätigung“, erklärte sie nur. „Komm, jetzt werden wir nicht über so etwas sprechen, jetzt ziehen wir uns an und dann gehen wir essen. Dein Vorschlag war gut.“

„Vorher fahren wir bei mir vorbei. Ich weiß, dass es noch ein schöner Abend wird und morgen kommt wieder der Ernst des Lebens.“

Später fuhren sie mit einem Taxi zum Hafenkrankenhaus, wo er seinen Wagen stehen hatte. Damit gelangten sie zu seiner Wohnung, er zog sich um und Marita sah zum ersten Male sein Zuhause. Es war noch erheblich bescheidener als das ihre, sah aber überraschend ordentlich und aufgeräumt aus. Darüber wunderte sie sich, sie hatte ihm das nicht zugetraut. Auch im Schrank, als er seine Kleidung herausnahm, lag alles säuberlich aufgereiht.

„Hast du jemanden, der dir dein Zeug macht?“, fragte sie.

Er schaute sie verwundert an und schüttelte den Kopf. „Aber nein, ich gehe mit meinem Klamottenkram am Sonnabendvormittag in die Wäscherei. So ein Waschsalon, verstehst du? Und Sonntagvormittags habe ich meinen Haushaltstag

Marita war in diesem Punkt sehr angenehm von ihm berührt. Aber nun wollte sie doch eine Frage stellen, die sie die ganze Zeit vermieden hätte.

„Sag mal, Harald, nimm es mir nicht übel, aber man spricht ja von dir und deinem Umgang mit Frauen. Es sind sehr viele gewesen, nicht wahr?“

Er sah sie traurig lächelnd an. „Es waren viele und keine. Im Grunde hat es vor dir nur eine einzige gegeben, die zählt. Sie ist vor fünf Jahren verunglückt, als sie mit ihrem Bruder auf dessen Motorrad fuhr und sie gegen einen Lastwagen geprallt sind. Beide waren auf der Stelle tot. Die Frauen danach, bis zu dir, sind nichts als Episoden gewesen, Erlebnisse einer Nacht oder nicht einmal das. Du brauchst überhaupt nicht an sie zu denken. Die meisten hatte ich schon eine Stunde danach vergessen, wenn du weißt, was ich meine.“

„Und dieses Mädchen, das nicht mehr lebt?“, fragte sie zögernd.

Er ging zu seinem Schrank, nahm ein Bild heraus und reichte es ihr. „Das ist sie. Damals war sie neunzehn. Ein Wirbelwind. Sie ist ganz anders als du gewesen. Eine übermütige, überschäumende

Rheinländerin mit dem Temperament einer Italienerin. Aber du musst dich nicht an ihr messen. Du bist ganz anders und meine Liebe zu dir ist viel tiefer. Damals, das war beschwingt und heiter. Wir haben das wohl beide gar nicht so ernst genommen und uns doch sehr geliebt. Vielleicht wäre es am Ende sowieso nicht gutgegangen, weil sie alles sehr leichtnahm. Du bist ernster, tiefgründiger und im Grunde passt das zu mir.“

Sie trat zu ihm, sah zu ihm auf und fragte leise: „Und was machen wir, wenn unsere Liebe stirbt?“

„Sie stirbt nie, das weiß ich, das spüre ich. Du denn nicht?“

Sie schloss die Augen. Dann spitzte sie den Mund zu einem Kuss und wartete, dass er sie küssen würde. Als er es tat, da dachte sie: Ich spüre es ja auch und wie ich es spüre ...

Roman Paket 9 Glenn Stirling Liebesromane für den Strand

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