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Harper

In einfachen Worten: es würde nicht funktionieren. Ich war immer noch bei der Koalition. Meine Dienstzeit war noch nicht vorüber. Genau genommen war ich die ganze Woche lang unerlaubt dem Dienst ferngeblieben. Wir hatten nicht darüber geredet, denn ich glaubte nicht, dass Styx und Blade sich umstimmen ließen. Eine Sache, die ich auf Rogue 5 gelernt hatte war, dass sie ihre eigenen Regeln machten. Die Regeln der Koalition galten für sie nicht. Vielmehr schienen sie der Koalition gezielt aus dem Weg zu gehen. Was bedeutete, dass Styx sich einen feuchten Dreck scherte, ob seine Partnerin einen ganzen Paragraphen an Koalitionsgesetzen brach. Die Legionäre wurden als Gesetzlose angesehen, genau wie ich jetzt auch.

Da sie sich scheinbar nicht darum sorgten, eine ganze Flotte mit Kriegern der interstellaren Koalition ans Bein zu pinkeln, schob ich den Gedanken beiseite. Ich hatte dringendere Probleme, als wegen Fahnenflucht ins Gefängnis geschickt zu werden. Ich würde zumindest am Leben bleiben. Mein MedRec-Team würde vielleicht nicht so viel Glück haben. Sie waren irgendwo da draußen, als Gefangene oder Schlimmeres. Ich konnte sie nicht vergessen. Der Gedanke, den mysteriösen Angriff verstehen oder meine vermissten Kollegen zurückholen zu wollen, machte mich hilflos. Ich kannte diesen Planeten nicht, wo also sollte ich anfangen? Ich konnte niemanden in der Koalition kontaktieren. Mir waren die Hände gebunden. Ich musste darauf vertrauen, dass die anderen sie finden würden. Styx und Blade hatten mir versichert, dass die Kopfgeldjäger bereits nach ihnen suchten und dass ich mich nur zurücklehnen und abwarten musste.

Einfacher gesagt als getan. Geduld gehörte nicht zu meinen Stärken. Nicht, wenn Leute, die mir am Herzen lagen, in Not oder Gefahr waren.

Dennoch, ich war hier, auf Rogue 5 und ließ mir von zwei geschickten und sehr aufmerksamen Alien-Liebhabern das Hirn rausvögeln, während mein Team sich irgendwo in den Fängen unserer Feinde befand. Mir blieb keine andere Wahl, als Styx und seinen Leuten zu vertrauen; dass sie ihren Job machten, und zwar gut. Sollte ich als ihre Partnerin hierbleiben, dann würde ich mich sowieso daran gewöhnen müssen.

In der Zwischenzeit verpasste Blade mir einen flüchtigen Kuss. Als ich ein merkwürdiges Geräusch hörte, drehte ich mich von ihm weg. Es klang wie ein Baseball, der auf Massivholz aufschlug. Ein dumpfer Knall. Dann ein Rollen. Ich sah das Objekt, es war metallisch und rund und rollte über den Boden. Es war eher so groß wie ein Softball, glänzte aber. Ich folgte der Richtung, aus der es gekommen war und erblickte eine finstere, männliche Miene. Ich japste, denn ich erkannte ihn sofort—der Typ vom Schlachtfeld auf Latiri 4. Silbernes Haar, helle Augen, leerer, abgestumpfter Blick. Ich hatte ihn damals nur wenige Sekunden lang gesehen, aber ich war sicher. Dieses Gesicht würde ich nie wieder vergessen. Nie.

Etwas stieß gegen meinen Fuß. Der Softball. Als ich wieder aufblickte, sah ich das Grinsen auf seinem Gesicht. Es war bösartig. Bedrohlich.

Das war genau dann, als ich das Piepen hörte. Es war leise. So leise, dass es kaum wahrnehmbar war.

“Styx!” Blade schrie erst, dann kickte er das Objekt weg von mir, und zwar mit der Kraft eines Profifußballspielers.

Mein Blick huschte vom familiären Gesicht des Fremden zu Blades Fußschlag. “Was—”

Noch bevor ich meinen Satz beenden konnte, hob Styx mich nach oben und warf uns beide auf den Boden, sein Rücken zeigte Richtung Saal, sein Körper war beschützend um mich geschlungen, als alles in die Luft flog. Ich landete hart auf allen Vieren und spürte Styxs schweres Gewicht gegen meinen Rücken.

Die Explosion ließ Fensterscheiben zersplittern und schmerzte in meinen Ohren. Styx an meiner Rückseite ächzte, als die Wucht der Detonation ihn am Rücken traf.

Keine Schreie.

Keine verdammte Person hier war am Schreien. Die Rufe kamen erst, als mein Hörsinn wieder zurückkam.

Ich roch Blut. Kein menschliches Blut. Kein schwerer Eisengeruch. Das hier war erdig, schwer.

Es roch wie der Tod.

Ich wollte mich aus Styxs Griff befreien, aber er weigerte sich loszulassen, als ich erste Reaktionen hörte. Gewusel. Harsche, kühle Befehle von Leuten, die es gewohnt waren zu kämpfen. Die es gewohnt waren zu bluten. Die den Tod gewohnt waren.

“Lass los!” Ich wehrte mich mit aller Kraft, aber meine Muskelstärke war der seinen deutlich unterlegen. Ich spürte seine Körperwärme, die festen Stränge seiner Muskeln, wie sie sich krampfartig verspannten.

“Nein.” Er drückte mich noch fester an sich. Ich spürte seinen Atem an meinem Nacken, sein Herz, wie es gegen meinen Rücken hämmerte. “Erst, wenn Blade es sagt.”

“Blade ist vielleicht verletzt worden, du Schwachkopf. Lass. Mich. Los.” Ich boxte mit der Faust auf seinen Unteram. Ob er nun losließ oder nicht, seine Entschlossenheit mich zu beschützen war offensichtlich. “Sofort. Lass mich ihnen helfen. Wenn Blade etwas zustößt, dann werde ich dir das niemals verzeihen. Niemals.” Klar, das war unterste Schublade. Aber ich war bis in Mark erschüttert, als ich feststellte, dass es auch stimmte. Blade gehörte mir. Er war wichtig. Nicht, dass die anderen Verletzten im Raum unwichtig waren, aber es war die Wahrheit. Sollte Blade wegen Styxs Unnachgiebigkeit draufgehen, dann würde ich ihm das niemals verzeihen.

Heilige Scheiße, ich hatte mich verliebt. Ich hatte mich in diese beiden dominanten, überfürsorglichen Aliens verliebt.

Styx lockerte die Arme und rollte von mir weg. Noch bevor ich mich umgedreht hatte, war er bereits wieder auf den Beinen. Um mich zu beschützen. Schon wieder.

Ich stand auf wackeligen Knien, meine Ohren rauschten und ich musste an Styxs imposanter Figur vorbeischauen, um den Raum zu betrachten. Kein Feuer, nur schwarzer Rauch, der in Richtung Decke zog.

Körper auf dem Boden. Blut. Blicke voller Schock, Resignation und Schmerz.

Eine Welt, mit der ich bestens vertraut war. Meine Welt, fast zwei Jahre lang. Ich schob mich an Styxs Schulter vorbei und zerrte ein hübsches Stück Stoff von einer der Tischdekorationen. Es war sauber.

Ich reichte es Styx, hustete vor lauter Qualm. “Reiß das in Streifen und besorg mir einen ReGen-Stift. So viele wie möglich. Wir werden sie brauchen.” Ich sprang von der Plattform und suchte Blade. Er stöhnte, aber er regte sich. Er öffnete die Augen und blickte vom Boden zu mir auf.

“Blade!” Ich fiel neben ihm auf die Knie und tastete jeden Zentimeter seines Körpers ab. Als seine Mundwinkel sich verzogen und er mich für einen Kuss heranziehen wollte, wusste ich, dass er in Ordnung war. Styx und Blade ging es gut.

Ich konnte aufatmen. Wieder wurden meine Sinne vom Gestank nach Rauch, Chemikalien und Blut überwältigt. Aber ich war hier. Präsent. Ich konnte noch denken.

Blade streckte die Hand nach mir aus. “Harper. Harper. Harper.” Mein Name war wie ein Mantra auf seinen Lippen und er hob den Kopf und wollte mich küssen.

Ich drückte ihn runter, sein Kopf landete dumpf auf dem Boden. Er grinste.

“Ich bin nicht da, um dich zu befummeln, du Tölpel. Ich stelle sicher, dass du nicht verletzt bist.”

Er schaute an sich herunter, ich folgte seinem Blick und sah die dicke Beule in seiner Hose. Jupp, ihm ging es bestens.

Etwas Dunkles und Bedrohliches löste sich in meinem Herzen und die Tränen stiegen mir in die Augen. Ich hielt sie zurück, sammelte mich wieder. Während der Triage durfte ich nicht die Nerven verlieren. Punkt. Stattdessen zwang ich mich, ihn mit wässrigen Augen anzulächeln, dann küsste ich ihn auf die Wange. “Mach sowas nicht noch einmal,” warnte ich ihn. Er hatte mich gerettet. Seine David-Beckham-Flanke hatte die Bombe aus dem Zentrum des Saals befördert, weg von den meisten Gästen.

“Ich werde alles tun, um dich zu schützen, Harper.”

Diese Kundgabe brachte ihm einen weiteren verheulten Kuss ein, aber ich musste weiter. Mein Helferinstinkt verlangte, dass ich in die Gänge kam. Leute würden verbluten. Sterben.

Ich nickte ihm zu, dann wandte ich mich ab und prüfte den Raum. “Andere brauchen meine Hilfe.”

Ohne auf seine Antwort zu warten—er würde mich nur davon abhalten Erste Hilfe zu leisten—, lief ich zum nächsten regungslosen Legionär. Gelb. Blau. Grün. Rot. Silber. Bei der Triage achtete ich nicht auf die Armbänder, sondern ich schätzte den Grad ihrer Verletzungen ein. Im Moment war es scheißegal, welche politischen Tücken auf dieser Mondbasis abliefen. Es gab Verletzte.

Blade rappelte sich auf und Styx folgte mir, er reichte mir die provisorischen Stoffbandagen, die ich ihm gegeben hatte und die er pflichtbewusst für mich in Stücke gerissen hatte. Als an meiner Schulter ein ReGen-Stift auftauchte, nahm ich ihn meinem wunderschönen, mächtigen Partner dankbar aus der Hand. Er wich nicht mehr von meiner Seite. Er half mir bei der Notversorgung, kam mir aber nicht in die Quere.

Selbst, als ich bei ihm angelangt war. Ich erschrak. “Du,” keuchte ich.

Er war bei Bewusstsein, schweißbedeckt, sein Gesicht bleich wie Kreide. Der Grund war offensichtlich. Aus einem tiefen Schnitt in seinem Oberschenkel spritze Blut. Gott sei Dank sudelte das Blut nicht in Schwällen aus ihm heraus, aber das Volumen, das da durch seine Finger sickerte sprach Bände. Ich tippte auf eine durchtrennte Beinschlagader. Und obwohl seine Hände auf die Wunde pressten und versuchten, die Blutung zu stoppen, würde er in den nächsten Minuten wohl verbluten.

“Kennst du diesen Kronos-Typen?” fragte Blade aus der Ferne.

Ich ignorierte die Frage. Sie war irrelevant fürs Überleben meines Patienten. “Gib mir eine Stoffbandage oder einen Gürtel. Sofort oder er wird sterben.”

Der Kronos-Typ, den ich da versorgte, hatte eben versucht mich zu verletzen, mit seiner Bombe hatte er vielen Leuten Schaden zugefügt, aber ich war jetzt durch und durch auf Rettungsschwester gestimmt.

Jedes Leben war von Bedeutung. Sogar seines. Was er getan hatte, war unter diesen Umständen egal.

Ich hatte keine Ahnung, wer mir den Gurt von einem Ionengewehr über die Schulter reichte, aber Styx war es nicht. Er hätte auch von einer Zauberfee kommen können, es war egal. Ich schnappte mir den Gurt, schob die Hände des sterbenden Mannes beiseite, schlang ihn um seinen Oberschenkel und zog ihn fest. Ich machte einen Knoten, dann zog ich den Gurt noch einmal fester.

“Nimm die Seite,” wies ich mit ruhigem, bestimmten Ton Blade an, der jetzt an meiner Seite kniete und hielt ihm ein Ende des Gurtes hin.

Er packte zu und zog den Gurt fester, bis die Blutung zu einem Rinnsal versiegte und ich sein Bein abbinden und einen Druckverband anlegen konnte.

“Die Wunde ist zu groß, um mit einem Stift behandelt zu werden. Er braucht einen ReGen-Tank. Sag dem Doktor, dass er die Vene flicken muss, bevor er den Druckverband abnimmt. Wenn er nicht sofort versorgt wird, dann wird er sein Bein verlieren.”

Zwei kräftige Typen hoben ihn hoch, einer packte ihn unter den Armen, der andere an den Knöcheln und sie schleppten ihn aus dem Raum. Als ich aufstehen wollte, wurde ich von Blade mit einer Hand an meinem Bizeps gestoppt.

“Du kennst ihn. Woher?”

Unsere Hände waren blutverschmiert, Blades Gesicht war verrußt. Ich konnte mir nur denken, wie fertig ich aussehen musste. Die Verwundeten wurden fortgetragen oder an Ort und Stelle mit ReGen-Stiften behandelt. Ich sah die Legionsführerin, Astra, wie sie sich gerade um jemanden kümmerte, der eine kleine Schnittwunde an der Stirn davongetragen hatte. Ich konnte einen Moment lang durchatmen, den Kopf freibekommen und mich sammeln. Der Rauch war verzogen, aber der Geruch nach verkohltem Holz und ein Brandgeruch, der mich an die Feuerwerke am vierten Juli erinnerte, lag weiter in der Luft. Ich war total verschwitzt unter meiner schwarzen Uniform.

Ich bemerkte, wie Blade die Augen zusammenkniff. Seine Alarmbereitschaft, als er auf meine Antwort wartete. Er wollte nicht nur eine Antwort, sondern rechnete auch mit einer neuen Bedrohung. Vielleicht war das der Grund, warum ich innerlich durchatmen konnte, denn ich wusste, dass ich bei ihm sicher war. Angesichts der Softball-Bombe hatte er mich geschützt und er würde es wieder tun.

“Ja.” Ich atmete tief durch, ließ es raus. All die geilen Endorphine von meinem Hinterstübchen-Orgasmus waren jetzt verflogen. Ich war jetzt dabei, mich von einem Adrenalinstoß zu erholen. “Vom Überfall auf Latiri. Ich habe ihn wiedererkannt. Er war dort. Einer der Männer von den Shuttles.”

Blade runzelte die Stirn. “Ich wusste nicht, dass irgendwelche Kronos dabei waren.”

“Die mit den gelben Armbändern? Die waren nicht dabei,” konterte ich.

Blade stoppte abrupt und zog mich an sich heran. “Styx!” brüllte er.

Binnen Sekunden war Styx zur Stelle, er musterte mich, strich die Hände über meine Arme, ergriff meine Hände und drehte sie um, sodass meine klebrigen, verschmutzen Handflächen nach oben zeigten. “Bist du verletzt?”

“Das ist nicht ihr Blut,” stellte Blade klar, als ob er seine Gedanken lesen konnte.

Als Styx losließ, wischte ich mir die Hände an der Hose ab; bis zu seinem prüfenden Blick war mir gar nicht aufgefallen, wie versifft sie waren.

“Der Kronos mit der Beinwunde,” sprach Blade. “Er war mit Harper auf Latiri.”

Styx erstarrte und blickte mich an. Ich konnte praktisch zusehen, wie sein Verstand arbeitete.

“Komm.”

Styx führte uns aus dem Saal, er schlängelte um Leute herum, die alle entweder in Ordnung oder auf dem Weg dorthin waren. Meine Dienste wurden nicht länger gebraucht und ich bezweifelte, dass weder Styx noch Blade mir nach der Neuigkeit gestatten würden alleine hierzubleiben.

“Wohin gehen wir?” fragte ich, als ich versuchte mit seinem forschen Gang Schritt zu halten.

“Zur Krankenstation, um den Kronos über Latiri zu befragen,” entgegnete Styx.

“Er ist derjenige, der die Bombe geworfen hat,” sprach ich und ließ meinerseits eine Bombe platzen.

Darauf machte Styx ruckartig Halt und ich rempelte ihm fast in den Rücken. Er wirbelte herum, blickte mir in die Augen und legte seine Hände auf meine Schultern. “Du hast ihn dabei gesehen?”

Offensichtlich hatte er das nicht.

Ich nickte. “Ja, aber ich verstehe das nicht. Die Typen auf Latiri, die mit den beiden Shuttles und der Typ, der mich durch den Transport verfolgt hat, hatten alle rote Armbänder.” Ich deutete den Gang hinunter und Richtung Krankenstation. “Er hatte ein gelbes um.”

“Kronos,” bekräftigte Blade. Einen Moment lang wirkte er nachdenklich. “Rot steht für Cerberus. Bist du sicher—”

“Du hast den Typen auf der Transportplattform doch selber getötet. Du hast sein Armband gesehen. Es war rot.” Ich fragte mich, wie er das infrage stellen konnte, wenn er dem Typen doch eigenhändig das Genick gebrochen hatte. “Warum sind die Kronos und Cerberus-Legionen hinter mir her? Was habe ich verbrochen?”

Ich war nur ein MedRec-Mitglied von der Erde. Niemand Besonderes. Ich machte meinen Job, transportierte rein und raus. Mehr nicht. Warum würden sie mir nachstellen?

Styx drehte sich um und ging weiter. Er war schon halb den Flur entlang, als er weiter redete. “Du hast sie auf Latiri gesehen. Du bist ein Zeuge,” rief er mir über die Schulter zu. Nie zuvor war er dermaßen schnell gelaufen.

Ich rannte, um mit ihm Schritt zu halten und Blade heftete sich an meine Fersen. “Zeuge von was?” fragte ich vollkommen außer Atem.

“Vom Angriff auf Latiri. Du hast ihre Gesichter gesehen.” Selbst, als er sich meinen Namen auf die Brust tätowieren ließ, war sein Blick nicht so intensiv gewesen wie jetzt.

“Was willst du tun?” fragte ich besorgt. “Dieser Kronos oder Cerberus-Typ—oder aus welcher Legion er auch stammt—ist jetzt nicht in der Verfassung, um Fragen zu beantworten.”

Die Tür der Krankenstation schob sich auf. Drinnen ging es geschäftig zu, nach der Explosion wurden gerade die kritischsten Patienten versorgt.

“Ihn verhören,” sagte Styx mit tiefer Stimme. Seine Augen waren kalt. Er wollte eintreten, ich aber packte ihn am Arm. Über die Schulter blickte er mich an.

“Jetzt? Das kannst du nicht. Er wird sterben.”

Styx antwortete mir nicht, stattdessen ging er hinein und lief an den aufgereihten ReGen-Tanks entlang, bis er fand, wonach er suchte.

“Styx!” rief ich. Der Mann war bei Bewusstsein, allerdings gerade so. Er hatte die Augen geöffnet, aber sein Blick war leer; ich bezweifelte, dass er überhaupt etwas von unserer Anwesenheit mitbekam. Der Druckverband war noch angelegt, als der Tank bereit gemacht wurde. Ein Arzt wedelte mit einem Stift über der Wunde, während jemand anderes ein Injektionsgerät an seinen Hals legte.

“Noch nicht,” unterbrach Styx den Mann.

Ich packte Styx am Arm, aber er blieb unnachgiebig. “Ich habe meine Arbeit gemacht und ihn gerettet.”

Seine stechenden, grünen Augen blickten auf mich hinunter. “Und jetzt bin ich dran, als Anführer dieser Legion Antworten zu bekommen. Ich brauche ihn bei Bewusstsein.”

“Warte, bis es ihm besser geht,” konterte ich. Der Mann hatte zu viel Blut verloren, um irgendwelche Fragen zu beantworten. Er würde wohl noch nicht einmal seinen Namen hervorbekommen.

“Warum?” fragte er mit zusammengebissenen Zähnen. “Ich werde ihn nur aufs Neue verletzen.”

Das war eine andere Seite an Styx, die ich vorher nie gesehen hatte. Sicher, die Mondbasis war ein raues Pflaster, die Leute hier waren Gesetzlose. Ohne die Koalition regierten die Legionen mit einer Mentalität, bei der man die Dinge in die eigenen Hände nahm.

Hatte er wirklich vor, diesen Verwundeten zu verletzen oder schlimmer noch, ihn zu töten, sobald er die Informationen bekommen hatte, die er wollte?

“Styx.” Ich rief seinen Namen, aber entweder er ignorierte mich oder meine Bedenken waren ihm egal. Ich drehte mich um und berührte Blades Brust. “Was wird jetzt passieren?” fragte ich ihn.

Blade wollte mir über die Haare streichen, als er aber das Blut an seiner Hand sah—das Blut dieses Mannes—ließ er sie wieder fallen. “Er hätte dich auf Latiri umgebracht oder zusammen mit den MedRec-Leuten entführt. Und jetzt hat er eine Ionenbombe auf dich gefeuert. Wir müssen herausfinden, warum.”

“Selbst, wenn er dabei draufgeht?” fragte ich.

Blade nickte. “Er war bereits zum Tode verurteilt, als er beschlossen hatte dir weh zu tun.”

Ich wandte mich wieder Styx zu, bereit, zu protestieren, aber die unbarmherzige Schräge seines Kiefers gab mir eine Gänsehaut und ich wusste, dass es keine Diskussionen geben würde, keine Gnade für den Mann, den ich eben noch so verzweifelt zu retten versucht hatte.

Ich lief zu Styx, stellte mich vor ihn hin und blockierte ihm den Weg, als der Doktor und ein Helfer den Mann in den ReGen-Tank hoben und den Verband von seinem Bein entfernten. Styx erstarrte, ich aber presste die Stirn gegen seine Brust und umarmte ihn. “Er wird dir keine Antworten geben, wenn er tot ist.”

Ich spürte, wie Styx dem Doktor zunickte und ihm erlaubte den Heilungszyklus im Tank zu starten. Vielleicht hatte ich dem Mann Unrecht getan, vielleicht wäre es besser für ihn gewesen zu sterben. Ich konnte mir nur ausmalen, was Styx ihm alles antun würde. Er war so eifersüchtig, genauso beschützend wie Blade, aber er musste auch Gerechtigkeit walten lassen. Als Anführer konnte er nicht einfach seine eigenen Leute verrecken lassen.

Allein der Gedanke widersprach mir. Wir brauchten Antworten. Einer der Angreifer war uns ins Netz gegangen, jemand, der wusste, wohin sie mein Team verschleppt hatten. Jemand, der die Identität des Verräters auf der Zenith kannte. Jemand, der uns alles erzählen konnte.

Selbst, wenn Blade und Styx ihn foltern, verprügeln, ja vernichten müssten, um an die Informationen zu kommen?

Ich dachte an mein Team, an die Toten auf dem Schlachtfeld, an Kriegsfürst Wulf, den furchtlosen Atlanen, der fast verblutet wäre, um mich zu retten und mein Zorn wurde so gewaltig, bis ich mit der Option leben konnte. Es machte mich krank, allerdings sah ich keine andere Lösung.

Diesen Mann zum Tode zu verurteilen, zu wissen, was ihm nach dem Erwachen erwartete, ließ etwas in meinem Inneren zerbrechen, etwas, von dem ich gedacht hatte, dass es mir nie genommen werden konnte, aber ich wusste, dass Styx recht hatte.

Wir brauchten ihn lebendig. Er musste reden.

Und danach?

Darüber würde ich nicht nachdenken.

Vielleicht war ich ja selbst ein Tier.

Interstellare Bräute® Programm Sammelband

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