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1.3 Beispielhafte Aspekte digitaler Kompetenzen der digitalen Medizin in einer neuen Berufsausbildung
ОглавлениеEin wohl zentraler Aspekt digitaler Kompetenzen der digitalen Medizin in einer neuen Berufsausbildung dürfte in der data literacy24 zu finden sein. „Data literacy involves the ability to understand and evaluate the information that can be obtained from data.“25 Kuhn formuliert mit Recht, dass „[…] [v]or dem Hintergrund aktueller Diskussionen über den Arztberuf mit einer Neudefinition des professionellen Rollenverständnisses, der Kompetenzorientierung sowie des interdisziplinären und multiprofessionellen Arbeitens […] die Integration von Data Literacy in das Medizinstudium von großer Bedeutung [ist].“26 Offenkundig ist in der datengetriebenen Medizin der kompetente Umgang mit jenen Daten von erheblicher Bedeutung. Die Studie „Future Skills: Ein Framework für Data Literacy“ definiert mit dem Scope der Herleitung eines Kompetenzrahmens:
„Data Literacy ist das Cluster aller effizienter Verhaltensweisen und Einstellungen für die effektive Durchführung sämtlicher Prozessschritte zur Wertschöpfung beziehungsweise Entscheidungsfindung aus Daten.“27
Es geht also in einer ganzheitlicheren Sicht dezidiert auch um Einstellungen, Haltungen und eine verantwortliche Entscheidungsfindung. Damit ist eine gut entwickelte data literacy durchaus ein Schutzwall gegen eine auch ethisch inakzeptable Verantwortungsexternalisierung des Arztes an technische Systeme. Ebenso dürfen solche Systeme dem Arzt aber auch nicht grundsätzlich unverstehbar bleiben („black box“ vs. „explainable AI“) und die Haftungsfrage hat sich an fairen Spielregeln zu orientieren. So haftet der Arzt bei einem Roboter beispielsweise für die Mangelfreiheit, Funktionstüchtigkeit und die sachgerechte Bedienung. Bei dem medizinischen Einsatz von KI ist zumindest die vertragliche Haftung für Fehler in der Behandlung auszuschließen. Data literacy wird auch in solchen komplexen primär medizinischen Handlungskontexten zu einer wichtigen Kompetenz werden. Einige definitorische Ansätze zeigen bereits im kurzen Vergleich, dass hier unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. „Datenkompetenz in einem digitalisierten Gesundheitswesen (Digital Health Data Literacy) umfasst Kompetenzen zur Erhebung, Planung, Bearbeitung, Auswertung und Aufbereitung von fachlichen Aufgaben- und Problemstellungen im Kontext von Gesundheitsdaten.“28 – mit Blick auf das Gesundheitswesen und Kompetenzen; „Data Literacy ist das Cluster aller effizienter Verhaltensweisen und Einstellungen für die effektive Durchführung sämtlicher Prozessschritte zur Wertschöpfung beziehungsweise Entscheidungsfindung aus Daten.“29 – als deutlich umfassender angelegte Definition (die zudem nicht nur den HealthCare Bereich adressiert).
Zur Vermeidung von inakzeptablen Konsequenzen einer nicht sachgerechten Datennutzung im ethischen (und oft auch rechtlichen Sinne – beide Punkte fallen nicht immer notwendig in eins, so ist die ratio legis der DSGVO sicher sinnvoll, nur nicht im Gesetz durchdringend abgebildet) Sinne – wie beim Bias (selbst ein Genderbias, der nun wirklich vermeidbar scheint, ist nachweisbar und stört die Entwicklung einer geschlechtergerechten Medizin gesellschaftlich wie auch medizinisch30) ist eine ethische (Meta-)Kompetenzfacette in die Data Literacy zu integrieren (s. Abb. 3).
„Ethical Literacy im Rahmen von Data Literacy ist insbesondere die Fähigkeit, die Bedeutung von Daten zur Entscheidungsfindung vollständig zu erfassen, indem mögliche Interpretationen dieser Daten in unterschiedlicher Kontextualisierung reflektiert und kritisch bewertet werden.“31
Ärzte brauchen zwar keine Medizininformatikerkompetenzen erwerben, oder zu Statistikern werden, sollten aber in der Zukunft aus dem eigenen, verantwortlichen professionellen Handlungskontext heraus Daten methodisch reflektieren, kontextuelle einordnen, rechtlich und ethisch grundlegend (nicht auf fachanalytischem Niveau) bewerten und zum Patientennutzen einsetzen können. Also „lesen“. Diese Kompetenzen sind also weiteraus breiter als die reine quantitativ-digitale Forschungsseite (wobei auch jene gewiss die weiteren Kontexte mitzudenken hat, aber nicht in der Versorgung steht).
Abb. 3 Data Literacy Modell als Schnittmenge aus quantitativem Methodenwissen, IT-Skills und dem Verständnis des authentischen Kontextes sowie der Ethik, im hier besprochen Falle der Medizin (Quelle: eigene Darstellung, basierend auf der englischsprachigen Darstellung von Kjelvik u. Schultheis [2019], S. 232 – hinzugefügt wurde die Kompetenzfacette „Ethik“ i.S.v. „Ethical Literacy“ nach Schüller et al. [2019], S. 24)