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Erzähl-Fäden und -Muster
ОглавлениеIch beginne meine Beobachtungen und Überlegungen mit einer kleinen, aber wichtigen Szene aus Fontanes Roman Irrungen, Wirrungen (1888). Der ursprüngliche Untertitel: Eine Berliner Alltagsgeschichte, passt zur Alltäglichkeit der Szene. In ihr – man merkt gleich das Kräftige im Feinen – geht es um kleine alltägliche Tragik, um die Erfahrung, alltäglich ein wenig zu sterben. Die beiden Hauptpersonen, indem sie sich dem Alltag gesellschaftlicher Konventionen unterworfen haben, erleiden einen leisen, allmählichen, kalten Tod: Sie sterben erst in ihren Gefühlen, dann in ihrem humanen Selbstbewusstsein, in ihrem ‚Herzen‘, wie man zu Fontanes Zeit gesagt hätte, bis sie immer mehr nur noch wie Automaten weiterleben. Denn „ohne rechte Liebe“,1 wie es später Effi Briest (1894) formulieren wird, eine Liebe, die Freiheit und Aufrichtigkeit voraussetzt, können manche Menschen, können vor allem viele Frauen bei Fontane, nicht überleben.2
Problem-, Dreh- und Angelpunkt der Handlung in Irrungen, Wirrungen ist die unmögliche Liebe zwischen einem Baron, Gardeoffizier, von Schulden bedrängt – was sonst? –, und einer jungen, hübschen, kleinbürgerlich lebenden Textilarbeiterin. Vor nicht allzu langer Zeit hatten sich beide getrennt und Botho von Rienäcker hat eine reiche Erbin geheiratet. Eines Tages, auf dem Heimweg von der Arbeit, geht Lene die Lützowstraße in der Nähe des Tiergartens hinunter:
Aber mit einem Male hielt sie und wußte nicht wohin, denn auf ganz kurze Entfernung erkannte sie Botho, der, mit einer jungen, schönen Dame am Arm, grad auf sie zukam. Die junge Dame sprach lebhaft und anscheinend lauter heitre Dinge, denn Botho lachte beständig, während er zu ihr niederblickte. Diesem Umstand verdankte sie’s auch, dass sie nicht schon lange bemerkt worden war, und rasch entschlossen, eine Begegnung mit ihm um jeden Preis zu vermeiden, wandte sie sich, vom Trottoir her, nach rechts hin und trat an das zunächst befindliche große Schaufenster heran, vor dem, mutmaßlich als Deckel für eine hier befindliche Kelleröffnung, eine viereckige geriffelte Eisenplatte lag. Das Schaufenster selbst war das eines gewöhnlichen Materialwarenladens, mit dem üblichen Aufbau von Stearinlichtern und Mixed-Pickles-Flaschen, nichts Besonderes, aber Lene starrte darauf hin, als ob sie dergleichen noch nie gesehen habe. Und wahrlich, Zeit war es, denn in ebendiesem Augenblicke streifte das junge Paar hart an ihr vorüber, und kein Wort entging ihr von dem Gespräche, das zwischen beiden geführt wurde. […]
Lene fühlte das Zittern der dünnen Eisenplatte, darauf sie stand. Ein waagerecht liegender Messingstab zog sich zum Schutze der großen Glasscheibe vor dem Schaufenster hin, und einen Augenblick war es ihr, als ob sie, wie zu Beistand und Hilfe, nach dem Messingstab greifen müsse, sie hielt sich aber aufrecht, und erst als sie sicher sein durfte, dass beide weit genug fort waren, wandte sie sich wieder, um ihren Weg fortzusetzen. Sie tappte sich vorsichtig an den Häusern hin, und eine kurze Strecke ging es. Aber bald war ihr doch, als ob ihr die Sinne schwänden, und kaum, dass sie die nächste nach dem Kanal hin abzweigende Querstraße erreicht hatte, so bog sie hier ein und trat in einen Vorgarten, dessen Gittertür offen stand. Nur mit Mühe noch schleppte sie sich bis an eine kleine zu Veranda und Hochparterre hinaufführende Freitreppe, wenige Stufen, und setzte sich, einer Ohnmacht nah, auf eine derselben.
Als sie wieder erwachte, sah sie, dass ein halbwachsenes Mädchen, ein Grabscheit in der Hand, mit dem sie kleine Beete gegraben hatte, neben ihr stand und sie teilnahmvoll anblickte […]. (415/416)
Und als Lene wieder etwas zu Kräften kommt und weggeht, sieht ihr das Kind „traurig verwundert nach, und es war fast, wie wenn in dem Kinderherzen eine erste Vorstellung von dem Leid des Lebens gedämmert hätte“ (ebd.).3
Dies könnte eine naturalistisch genaue Theater- oder Filmszene sein. Aber die feinen Fäden der Erzählkunst Fontanes zeigen viel mehr als nur Szene und Handlung. Hier ist alles voll Bedeutung, die weit voraus- und zurückführt.4 Zunächst ist es die Kunst der Perspektiven, die die ‚Fäden‘ sozusagen ‚auseinander zieht‘, also die Aussagen differenziert. Wir, die Leser, sehen genau und fühlen geradezu körperlich mit Lene mit, sehen aber auch hinter ihrem Rücken wie Botho und Käthe vorbeigehen. Botho bewegt sich, was eine weitere Perspektive eröffnet, auf Lene zu, aber ohne sie zu bemerken. So macht die Konstellation der Figuren auch sie für ihn zu einem Ding unter so vielen anderen Dingen. Und wir Leser sollen alles registrieren: die vielen Leute und die Einzelnen, die Intensität von Lenes Betroffenheit und die Tatsache, dass ihr Geliebter sie übersieht, die Welt der Gefühle und die Oberfläche der Dinge, die Detailgenauigkeit der „geriffelten Eisenplatte“ beispielsweise, oder die der „Stearinlichter“ oder die des „waagerecht liegenden Messingstabes“, den wir in der Vorstellung beim Lesen geradezu anfassen können. So wird Lene ganz wörtlich und vor unseren Augen ‚verdinglicht‘. Und was bedeutet das Schaufenster?
Es wäre von hier nur ein kleiner Schritt gewesen zu einer Film-Inszenierung, etwa im Stile Rainer Werner Fassbinders:5 Wirkt die Schaufensterscheibe nicht bereits jetzt in der Vorstellung beim Lesen wie ein Spiegel, in die wir Leser, ganz wie es im Film die Kamera täte, über Lenes Schulter hinweg hineinschauen und in dem wir die junge Frau erblicken, überblendet von Dingen, Straße, Passanten, ’gleich-gültig‘ im Blick des sie nicht bemerkenden, selbst aber ebenfalls im Spiegel sichtbaren Geliebten, eine unter vielen und Ding unter Dingen? Doch diese Spiegelung sagt noch mehr: ‚Ding unter Dingen‘ ist jetzt nicht nur Lene, das ist hier auch Botho. Und das hat, wenn man richtig hinschaut, weit reichende Bedeutungen.
Denn was so verfremdet wird, das wird bedeutsam herausgehoben. Es verweist auf andere Details und Szenerien außerhalb des engeren Kontextes. Man sieht, wie mehrere Erzählfäden sich treffen. Bothos Lachen und Nichtbemerken erinnert etwa retrospektiv daran, wie er Lene früher einmal, als sie noch meinten, zusammen glücklich zu sein, „mit leichter Handbewegung“ als „Mademoiselle Agnes Sorel“ vor seinen befreundeten Offiziers-Kameraden, beiläufig, aber unüberhörbar, beleidigt hatte (390).6 Und dem entspricht dann auch ein nach vorn weisender Bruch in Lenes Leben, der genau jetzt beginnt. Sie wird wegen dieser Begegnung in der Lützowstraße von der nahe gelegenen Gärtnerei, ihrem früheren kleinen Refugium und „Liebesgärtlein“, wegziehen. Diese Fremde, auch der immer noch offenkundige Gegensatz von Natur und Stadt, sind jetzt schon spürbar als plötzliche Kälte und Anonymität um sie her, durch das Motiv des kleinen Vorgartens, wo sie zusammenbricht, noch unterstrichen. Noch genauer und feiner: Von der jetzigen Erschütterung wird die junge Frau „eine weiße Strähne“ in ihrem Haar behalten (423), ein feiner, aber erkennbarer Verweis zurück auf ihr Haar, mit dem sie einmal ein paar Blumen für Botho gebunden hatte, und zugleich ein Blick voraus, eben ein Zeichen für Alter und Tod, so dass das Zerbrechen dieses Verbundenseins – „Haar bindet“, hatte sie damals ahnungsvoll gesagt (379) – nach und nach den inneren, den emotionalen und im weiteren Sinn auch den humanen Tod bedeuten wird, auch wenn es nur ein leiser Tod ist.
Botho hat dem „Herkommen gehorcht“ und weiß, dass er daran innerlich „zugrunde gehen“ wird, aber auf komfortable Weise, oder, wie er sich ausdrückt: „Er geht besser zugrunde, als der, der […] widerspricht“ (405). In einer viel späteren, dieser hier aber immer noch korrespondierenden Szene auf dem großstädtischen Friedhof – ein kultivierter Natur-Raum innerhalb der Großstadt, wie der Tiergarten-Park und natürlich die Gärtnerei und jetzt der kleine Vorgarten – wird er von Zeichen des Todes umgeben sein, die zugleich eine Welt gefühlskalter Oberflächlichkeit und universaler Käuflichkeit vorstellen, so wie jetzt schon die Dinge im Schaufenster. Ich meine jene Episode, in der er einen Kranz auf das Grab von Lenes Mutter legen will: Gerade im Versuch, an eine für ihn eigentlich lebenswichtige Kontinuität zumindest in einer Geste anzuknüpfen, erlebt er deren endgültiges Zerreißen, auch dies wieder in einer alltäglichen und doch zugleich viel tiefer bedeutsamen Weise. Er fährt, von einem dürren, fast verhungerten Klepper gezogen, endlos durch öde Vorstadtstraßen und an Wänden voll wirrer Reklameplakate hin, bekommt nur einen billigen, massenhaft hergestellten Kranz, und braucht schließlich einen Führer, um – das muss der Leser sich hinzudenken – im Wirrsaal der Friedhofswege zwischen Gräbern, die alle fast gleich aussehen, nicht verloren zu gehen (vgl. 446–453). Und diese Szene, diese das Innere veräußernde fremde Todeswelt – sie erinnert nicht zuletzt an den Friedhof am Ende von Germinie Lacerteux (1865) der Brüder Goncourt – wäre nun wirklich sehr gut in einen Film umzusetzen.
Sieht man die beiden Szenen zusammen, dann verstärkt die Korrespondenz der Motive erneut deren Zeichenfunktion, eine Funktion des Verweisens auf Anderes; und je mehr diese Intensität wächst, umso mehr kann sie auch Konträres bezeichnen: Die Fremde spricht von verlorener Nähe und Heimat als etwas Lebensnotwendigem, die beliebige oder auch wirr zugebaute Stadtwelt spricht von der Sehnsucht nach harmonischen Naturlandschaften, einer Sehnsucht, die noch über die Verweis-Kette von Vorgarten bzw. Friedhof, Gärtnerei, Park, Ausflugsort am Fluss und so fort hinausführt. Wenn dort der entscheidende Bruch in der Liebesgeschichte geschehen war, der sich im endgültigen Abschied nach der plötzlichen Begegnung und im Wegziehen aus der Gärtnerei wiederholt, so spricht auch das vom Bedürfnis nach umfassenderer, lebendiger Geborgenheit und ganz einfach Liebe. Der „Ring“ aus Haar, der gerundete Kranz aus „Immortellen“, das Anteil nehmende und gärtnernde Kind – bei Fontane durchaus noch von romantischer Symbolik des sich erneuernden Lebens geprägt –,7 all das erinnert gerade in seinen großstädtisch-modernen Verfremdungen, die ja auch ein Moment zeitlicher Unwiederbringlichkeit markieren, an eine zyklisch sich erneuernde Natur, harmonisch, liebevoll, groß im Sinne Rousseaus, der Romantik, Ludwig Feuerbachs, durchaus auch noch bei Karl Marx, erst recht bei Friedrich Engels zu finden, und vor allem eben – und damit erkennen wir vielleicht einen Teil des Suchbilds – eine zur Zivilisation und Technik alternative Natur, der wir, und das mag viele überraschen, immer wieder im Roman des Europäischen Naturalismus begegnen.8
Cécile, Lene, Stine – und Effi
Dass die Europäischen Naturalisten auch, und meines Erachtens sogar wesentlich, geradezu Rousseauisten und Romantiker waren, und dass Fontane in feinen Verweisen und Verknüpfungen daran Teil hat, soll uns gleich beschäftigen. Vorerst wollen wir die andere Hälfte des naturalistischen Kontexts im Œuvre Fontanes in den Blick nehmen: die Natur im Sinne Darwins, den ‚natürlichen‘ Überlebenskampf in der modernen Zivilisation und Gesellschaft.
Die Komparatistik hat sich bei Fontane ganz überwiegend für Effi Briest interessiert und diesen Roman immer wieder in den Kontext von Madame Bovary, Anna Karenina, Middlemarch oder A Portrait of a Lady gestellt.9 Aber das ist nur zum Teil überzeugend. Effi Briest ist bei allem feinen psychologischen Takt materialistisch härter konzipiert als die anderen genannten Romane. Wird nicht Effi, wenn sie von ihrem Mann umworben und von ihren Eltern verheiratet wird, wird sie nicht letztlich wie ein Ausstattungsstück behandelt, das richtig „stehen“ muss,10 um gut zu wirken? Wird sie nicht, wie gesellschaftlich gesittet und leichthin immer, eigentlich doch geradezu verkauft, und hat sie das nicht von vornherein akzeptiert? Natürlich hat Tolstois Anna den mächtigen Karenin letztlich wegen gesellschaftlicher und materieller Vorteile geheiratet. Aber das ist nicht der Konflikt, an dem sie verzweifelt. Sie stirbt an der Enttäuschung ihrer totalen Liebe. Effi hat ihren Verführer Krampas nie geliebt, sehnt sich weder nach ihm, noch leidet sie an Schuldgefühlen. Aufgerieben wird sie davon, dass sie abhängig bleibt: Abhängig ist sie im Sorgerecht, ja Besuchsrecht für ihr Kind, abhängig ist sie lebenslang von den Vorurteilen anderer, vor allem denen ihres geschiedenen Mannes; und eben auch materiell und in ihrer ganzen Lebensführung ist sie abhängig.
Nur ein Detail sei vergleichend genannt. In Madame Bovary ist viel von Geld die Rede. Aber wenn die Bovary das Geld ihres Mannes verschwendet und Schulden macht, sie würde ja auch stehlen oder sich prostituieren, dann letztlich aus verzweifelter Sehnsucht nach einem von Liebe erfüllten Leben, so geprägt von Clichés, illusionär, ja teilweise dumm sie sich das immer vorstellen mag. In dem Augenblick, in dem sie das Gift nimmt, von ihren Schulden gehetzt, ist sie doch strahlend schön wie nie zuvor, und, wie es ausdrücklich heißt: „Sie litt nur an ihrer Liebe“.11 Wenn Effi Briest dagegen den Brief öffnet, in dem ihre Eltern ihr von Duell und Scheidung berichten, liegt höchst materiell ein Bündel Banknoten bei. Auf dem umhüllenden Papierstreifen steht die Summe, und ausdrücklich vermerkt der Erzähler: „von des Vaters Hand“.12 Das ist viel unauffälliger erzählt als die Geldverwicklungen der Bovary, aber heißt es nicht ganz fein, ganz hart und ganz anders: Innstetten hat Effi ihren Eltern wie eine fehlerhafte Ware zurückgegeben, und sie mögen von jetzt an bitte für ihren Unterhalt aufkommen?
Wie steht es nun mit Effi Briests ‚armen Schwestern‘, zunächst einmal denen bei Fontane selbst? Noch viel drastischer als Effi war Cécile, eine sehr schöne, sensible, innerlich aufrichtige, aber nahezu völlig ungebildete ‚femme fragile‘, seinerzeit ‚gekauft‘ worden. Der alte Fürst hat sie ihrer verwitweten und verarmten Mutter abgenommen, und dann wurde sie an dessen Sohn geradezu ‚vererbt‘: ein schöner, wertvoller Besitz’, bewundert und geliebt wie ein edles Pferd, aber eben genau das. Und als Fürstenmaitresse hatte sie die ökonomische Basis erworben (z.B. „das Gut […], das will sagen, [das] Gut der Frau“, 252), wovon ihr Mann und sie jetzt gut leben können. Allerdings, eine adlige Fürstenmaitresse gehörte damals zur großen Gesellschaft. Aber so ist sie freilich auch mit einer ‚Geschichte‘ belastet, die Gordon, der sie zu lieben meint, nicht erträgt. Wenn er Cécile beleidigt, beleidigt er auch die Liebe, zu der er nicht finden kann. Und wie eine erinnerte Heimat, in die man ebenfalls, wie in die verweigerte Liebe, nicht hinein findet, stehen hier die Waldlandschaften des Harz dagegen und die üppigen Blumengärten in Berlin, die „Blumenwelt“ (259), die die kranke Cécile von ihrer Terrasse aus sieht. Sie stehen da wie eine Natur, die man durch ein Fenster betrachtet. Hinter allem Zwang und Krampf gesellschaftlicher ‚Wirrungen‘ wird eine Natur sichtbar, die schmerzlich, ja tödlich fehlt.13
In Irrungen, Wirrungen, wie Cécile eine Geschichte unlebbarer Anpassung an gesellschaftliche Konventionen, schlägt die Beleidigung noch klarer auf den Beleidigten zurück. Und auch hier, im Kern der ‚Wirrungen‘, geht es nur oberflächlich um Standesunterschiede: Botho hat, wie die Leser genau erfahren, „9000 jährlich und gibt 12000 aus“ (361): für Rasse-Pferde, eine Gemälde-Sammlung und dergleichen. Die Hypothek auf seinen Familienbesitz wurde eben gekündigt. Er muss, er muss, er kann nicht anders, als sich an eine reiche Erbin zu ‚verkaufen‘, heiter und komfortabel gewiss, alles wird im Plauderton vereinbart, so wie ja auch Céciles Vorgeschichte als Fürstenmaitresse ganz gesittet verlaufen und nach ‚höfisch‘ geprägten Moralgesetzen auch völlig akzeptabel gewesen war, wie sie nur als ‚Klatsch‘ weiter lebt, und schließlich ja auch bürgerlich wohl situiert zu Ende geht. Aber prinzipiell herrschte hier derselbe materielle Zwang wie bei Stines Schwester Pauline, die sich vom Baron aushalten lassen muss. Und nun erkennt man auch den komplementären Wertekonflikt zu den Beleidigungs-Konstellationen. Stine weiß neben vielem anderen, dass ihr kranker junger Graf, krank durch eine „standesgemäße“, ganz „ritterliche“ Kriegsverletzung, so er wegen solch einer Mésalliance sein Erbe verlöre – wohlgemerkt: Was sein Adel wert ist, wird durch ein „Majorat“ (541), also durch einen Erbschafts-Vertrag bürgerlichen Rechts geregelt –, dass er dann so gut wie mittellos wäre und als gewöhnlicher Invalide auch so gut wie erwerbsunfähig. Und für alles, was dann das Leben an Härte und Misere bringen wird, fragt ihn Stine, „soll das Herz aufkommen“ (552)?
Bei Fontane ist alles taktvoll gemildert, aber das ‚Herz‘ hat keine Chance. So geht es letztlich sehr klar auch jetzt um Menschen, die vom Geld definiert werden, die sich verkaufen müssen, deren Humanität dagegen, wie die Stines, hilflos ist, oder um Menschen die, wie in den Beleidigungen gegenüber Cécile und Lene, zuletzt sich selbst zerstörend gegen die Welt opponieren. Und es geht auch bereits um arbeitende Menschen: Gordon ist zwar ein ehemaliger Offizier und wird satisfaktionsfähig sein, aber jetzt ist er ein akademisch gebildeter ‚höherer Angestellter‘; Lene und Stine sind Arbeiterinnen. Sie machen saubere, feine, anspruchsvolle Textilarbeit, teilweise, und nicht ungemütlich, zu Hause; und die Industriearbeit bei Borsig wird in einer oft zitierten Szene in Stine gerade als Mittagspause dargestellt. Gleichwohl, die Verweisfunktion auch feiner Fäden und Spuren auf eine harte Realität der Zeit ist unverkennbar. Anders gesagt, und das scheint mir jetzt wichtig, Fontane erzählt nur, aber dies durchaus und gezielt.
Metonymien des Naturalismus
Metonymien sind rhetorische Figuren,14 und dazu zählen im Sinne einer Rhetoric of Fiction auch Erzählfiguren,15 die Bedeutungsübertragungen herstellen nach dem Prinzip partes pro partibus (Teile stehen für Teile). Der Name des Firmengründers ‚Horch‘ beispielsweise (das ist der eine pars bzw. ‚Teil‘), steht im übergreifenden Kontext der Produktion und des Gebrauchs von Automobilen (das wäre das implizite totum), auch wenn er inzwischen in lateinisch ‚Audi‘ übersetzt wurde, er kann für einen anderen ‚Teil‘ dieses ganzen Kontexts stehen, nämlich für ein einzelnes Auto. So können wir etwa sagen: „Ich fahre jetzt einen Audi“, und dies wird seit je problemlos verstanden.
Und genauso, nach demselben Mechanismus wechselseitiger Bedeutungs-Vertretung, können dann auch umfangreichere Texte und Kultur-Phänomene bedeutsam aufeinander bezogen werden. Metonymien stellen also ein Wechselspiel her von Verallgemeinerung und Vereinzelung, von Verbindung und Trennung, Konnex und Identität, einen wechselseitigen Bezug von Teilen, Ganzheiten und anderen Teilen auf einender, und so fort. In diesem Sinne war das eingangs skizzierte ‚Textum‘-Modell von ‚Tweed und Kaschmir‘, in dem vielfarbige Fäden auftauchen, verschwinden, irgendwo sonst, vielleicht sogar weit getrennt, wieder hervortreten und so fort, ein solches ‚Gewebe‘ war immer schon eine metonymische Konfiguration.
Dazu nun gleich ein weiteres Beispiel zum Thema „Fontane und der europäische Naturalismus“. Die Szene:
Der ältere Herr […] reichte seiner Dame den Arm und ging im langsamen Tempo, wie man eine Rekonvaleszentin führt, bis an das Ende des Zugs […],
diese Szene und überhaupt die ganze gepflegte Langeweile – „niemand sprach“ – in einem Abteil des Schnellzuges von Berlin in den Harz am Anfang von Fontanes Cécile16 hat auf den ersten Blick sicher wenig zu tun mit der Brutalität der Handlung in Zolas Eisenbahn-Roman La bête humaine / Die menschliche Bestie (1890). Aber das Eisenbahnnetz ist ganz wörtlich ein großer „Konnex“, in dem dieses betont „leere […] Compartiment“, in dem man „allein“ zu bleiben hofft, Station für Station und explizit anschaulich (in praesentia würden die Rhetoriker sagen) nicht nur mit Berlin („die Siegessäule halb gespenstisch“) und der gesellschaftlichen Öffentlichkeit („Sahst du Saldern?“) verbunden bleibt, sondern dieses ganz Europa umspannende Netz verknüpft, implizit gewiss (und jetzt natürlich in absentia), aber genau gesehen dann doch fest, diese kleine und leise Eisenbahn-Szene aus Cécile durchaus mit dem großen, lauten Bahnhof des „quartier de l’Europe“ in Paris17 – „quartier de l’Europe“: ein bezeichnender Name –, wo La bête humaine beginnt. Und dieser reale Nexus der beiden Szenerien (in der Tat ein totum für zwei getrennte partes), anders gesagt: dieser fern reichende, bei Fontane ganz feine, für Zola starke und laute, gleichwohl gemeinsame ‚Erzählfaden‘ scheint mir alles andere als beliebig. Sieht man nur etwas genauer hin, dann entdeckt man hier viele weitere solcher metonymischen Gemeinsamkeiten.
In La bête humaine geht es, vereinfacht, aber nicht falsch gesagt, um die menschliche Fähigkeit zu töten, ja zu morden, die sich in der technisierten Genauigkeit und Brutalität der Eisenbahn spiegelt: Mord aus Gier, aus Eifersucht, vor allem aber, so ist das bei Zola, aus ererbter, triebhafter, unentrinnbarer Aggressivität. Die bricht zuletzt beim Romanhelden Jacques Lantier durch. Und diese ‚menschlich bestialische‘ Brutalität spiegelt sich auch im zentralen Eisenbahn-Unfall wieder, zuletzt im Krieg von 1870, in den dieser Roman mündet. Dieser ‚Erzählfaden‘ der Eisenbahn, bei aller Verschiedenheit der beiden ‚partes‘ bei Fontane und Zola zeigt nun durchaus auch ein ‚Muster‘: Wie hat bei Zola die drastische Serie von Mord und Totschlag begonnen? Der reiche und mächtige Eisenahndirektor hatte vor Jahren sein Mündel Sévérine sexuell ausgebeutet. Ihr Mann ermordet ihn später aus Eifersucht und verletztem Stolz, und das auf brutale und zugleich raffinierte Weise. Damit setzt die eigentliche Handlung ein.18 Der einzige Zeuge, Jacques Lantier, schweigt. Aber die beobachtete Tat ‚weckt‘ den Triebtäter in ihm auf, und am Ende des Romans wird er Sévérine ermorden.
Alles sehr kräftig und laut und weit entfernt von den feinen Erzählfäden Fontanes. Aber wenn in Cécile der alte Fürst die sehr junge Cécile ihrer Mutter sozusagen ‚abgekauft‘ hat, und sein Sohn sie als Maitresse weiter ‚beschäftigt‘, zeigt sich da nicht ganz fein letztlich doch dieselbe ‚Erzählfarbe‘ der ökonomisch-sexuellen Ausbeutung? St. Arnaud, der sich selbst zu den „Leuten vom Fach [des Tötens]“ zählt (212), und der überhaupt von Anfang an von Todes-Motiven umgeben ist, erschießt seine Gegner ganz gesittet im Duell, aber die ’Ich-Kränkung‘, die aus seinem Handeln spricht, reicht offensichtlich, und letztlich doch wie die in La bête humaine, viel weiter und tiefer zurück, als der jeweilige Anlass. Und so wie es erzählt wird, scheint er den ‚Kick‘ des Tötens durchaus zu genießen. Lebt da nicht doch irgendwo ein eleganter ‚Triebtäter‘ in ihm, der töten will, eine verfeinerte und dekadente bête humaine? Cécile, eine schöne, aber schwache Frau wie Sévérine (beide zeittypische femmes fragiles), wird nicht ermordet, aber leidet an der Ächtung durch ihre bürgerliche Umwelt, nicht zuletzt an der fast reflexhaften Beleidigung durch ihren Geliebten, und sie stirbt daran. Und hier wie dort verstärkt das Verschweigen und Verdrängen das Konfliktpotential von verletzter Natur und gesellschaftlichem Druck. Hier wie dort entsteht eine unentrinnbar gefährliche, letztlich naturalistische Dramatik, die sich, bei allen Unterschieden, dann ja auch in Cecile gewaltsam entlädt.19
Doch nun gilt es natürlich auch das Trennende zu sehen. Zu verbinden und in eins damit zu trennen, gehört ja ganz wesentlich zur Figur der Metonymie. Für Zola ist die Eisenbahn Teil eines ‚natürlichen‘ Systems, in dem physikalisch-technische, wirtschaftliche, physiologische und eben auch psychische Gesetze zur Anwendung kommen und sich wechselseitig potenzieren. Dieses System von Gesetzen kann viel zerstören, aber es wird auf lange Sicht, der Gedanke prägt vor allem die letzten Romane des Rougon-Macquart-Zyklus, durch alle Katastrophen hindurch sich selbst regenerieren und heilen. Die Maschinerie der Eisenbahn ist Teil dieses Systems, und vor allem die Lokomotive wird zu einem lauten, kraftvollen, oft zerstörerischen, geradezu mythischen Monster überhöht. Aber letztlich führt sie eben doch in eine bessere Zukunft hinein.20
Fontane erzählt lediglich Metonymien dieses naturalistischen Systems, weil er ganz anders argumentiert. Seine Metonymien übersetzen die naturalistischen ‚Fäden‘ in ein ganz anderes ‚Gewebe‘, einen ganz anderen Diskurs. Bezeichnenderweise bewegt sich der Zug in Cécile völlig lautlos und geruchsfrei. Die Eisenbahn steht nicht wie bei Zola für eine Dynamik von Gesetzen, ja Zwängen; sie steht für eine Dynamik der Gefühle und des Denkens. Die Eisenbahn, genauer, denn deren Technik oder Organisation interessiert hier niemanden, die Reise, die Fahrt durch deutsche Geographie („die Siegessäule halb gespenstisch“, „Magdeburg und sein Dom“), dies alles ist in Cécile nicht Teil eines Netzes von Gesetzmäßigkeiten, sondern Teil eines Netzes von Informationen. Entlang der Strecke zwischen Berlin und dem Harz werden Erfahrungen ausgetauscht: ‚Geschichten‘ reisen hin und her („täuschte nicht alles, so lag eine ‚Geschichte‘ zurück“, (143)), Emotionen, Wert-Setzungen, auch Vorurteile und Traumatisierungen, Missverständnisse, Täuschungen und so fort, trennen, verbinden, überlagern und klären sich. Das sind alles ‚Nachrichten‘, Informationen, die zwischen den Personen, zwischen Teilen der Gesellschaft (man denke an die wichtigen Briefe) und zwischen Berlin und dem Harz hin und her ‚reisen‘. Und nicht zuletzt werden sie aus der Vergangenheit in die Gegenwart hinein transportiert und ausgetauscht. Das Eisenbahn-Netz signalisiert, ja vertritt bei Fontane, ein Kommunikations-Netz. Es ist ein Teil davon. Und in diesem ist Verständigung und Konsens prinzipiell zumindest möglich. Insbesondere wenn dieses Kommunikations-Netz auf die Ebene des literarischen Erzählens gehoben und so erst recht verallgemeinert wird. Fontane erzählt das alles ganz illusionslos und durchaus auch ein wenig brutal, aber er erzählt immer nur ‚Teile‘ von ‚Teilen‘ des europäischen Naturalismus, und er erzählt zugleich gegen diesen an. Er ‚transferiert‘ gemilderte und verfeinerte ‚Teile‘ aus dessen ‚grober‘ Erzähl-Welt in seinen eigenen Diskurs, so dass sie zu ‚Teilen‘ (pars pro parte) eines nun letztlich, und zumindest als Ziel, human verfassten Kommunikations-, je Gesprächs-Netzes werden.
Solche ‚naturalistischen‘ Fragmente, hier also die Eisenbahn-Szene, die in ein kommunizierendes, ja reflektierendes Medium übertragen werden, zeigte etwa auch die weiter oben bereits untersuchte Spiegelung der Umwelt in Irrungen, Wirrungen: Lene wird zum Ding unter Dingen, aber dies wird zugleich ganz wörtlich auf die Ebene der Spiegelung, also der ’Re-Flexion‘ gehoben. Noch raffinierter argumentiert in diesem Sinne der „Dreh- und Straßenspiegel“ in Stine (482), der Distanz zur ‚Straße‘ wahrt, diese aber zugleich auch pars pro parte heranholt. Und Stine wird diesem Sog letztlich nicht entgehen, so wie auf ihre Weise auch Lene nicht und auch nicht Cécile. Und, um ein vorerst letztes Beispiel zu nennen, die vielfach verschachtelte, in Teilen verborgene, in Teilen zur Erzähl-Bühne21 erweiterte Gärtnerei am Anfang von Irrungen, Wirrungen hängt sicher metonymisch mit der großen und harten Großstadt-Welt ‚draußen‘ zusammen; man denke nur an die Betrügereien und die sexuellen Anspielungen des Dürr-Paares. Aber präsent ist die Welt ‚draußen‘ auf dieser erzählten ‚Bühne‘ vor allem in der Musik vom Tiergarten her und natürlich in den weit hinaus schweifenden Gesprächen. Fordern sie die Leser nicht geradezu auf, mit hinein zu hören und zu reden und zu denken?
Effi Briests ‚ganz arme Schwestern‘
Freilich ‚den‘ Naturalismus gibt es nicht. Es gibt, wie anderswo gezeigt,22 klare gemeinsame Voraussetzungen und durchaus widerstrebende Folgerungen. Und genau in diese Vielfalt sind Fontanes Metonymien zwar distanziert, aber farbig und fest hinein „verwoben“.23 Für eine transnational interessierte Lektüre Fontanes nun besonders aufschlussreich scheint mir zuvorderst jene zweifache Bedeutung, die ‚Natur‘ im europäischen Naturalismus oft hat: ‚Natur‘ im Sinne eines soziologisch gewendeten Darwinismus – das kann hier natürlich nur ganz allgemein so benannt werden, bleibt aber richtig –; und mindestens ebenso wichtig ist hier eine ‚Natur‘ im Sinne Rousseaus und der Romantik. In diesem doppelten metonymischen Verweis treten die feinen ‚naturalistischen Fäden‘ in Fontanes Erzählkunst kräftiger hervor und verknüpfen die drei in ihrer Entstehung einander einrahmenden Erzählungen: Cécile, Irrungen, Wirrungen, und Stine. Immer ist es dabei der Roman des Naturalismus, den es auf einem Niveau wie dem Fontanes in der Deutschen Literatur ganz einfach nicht gibt, der diese kräftigen Farben liefert.
Wo etwa Fontanes Stine nur fürchtet, dass „das Herz“ gegen die Alltagsmisere nicht „aufkommen“ wird – „es ist ein ander Ding, sich ein armes und einfaches Leben ausmalen oder es wirklich führen“ (552) –, da wird genau dieser Konflikt, „ein armes […] Leben […] wirklich [zu] führen“, im europäischen Naturalismus immer wieder drastisch zu Ende erzählt. Und dieser Konflikt ist, was es bei Fontane nie gibt, eigentlich immer schon vorweg entschieden. Man kann hier völlig zu Recht von ‚Effi Briests ganz armen Schwestern‘ sprechen und sehen, wie Lene oder Stine sich ihnen nähern. Der Ring aus Haar, der Kranz aus Blumen bleiben in Fontanes Irrungen, Wirrungen fern hin verweisende Spuren, feine Fäden, die aber mit drastischeren Texten verbunden werden können. In George Gissings The Nether World (1889) etwa muss alles, was an eine bergende, zyklische Natur auch nur erinnert, sofort verkauft werden: der Ehering gleich am Tag nach der Hochzeit an den Pfandleiher – so plakativ ‚determiniert‘ geht es bei Fontane nie zu, aber sagt nicht Lenes Ring aus Haar letztlich genau dasselbe? –, die Kinder zur Arbeit, der Rhythmus von Morgen und Abend an die Sorge um Essen und Alkohol, die Familien-Kontinuitäten an das Milieu bzw. an das Geld, ein Geld, das verdient wird nicht nur durch Arbeit, sondern eben auch durch Verbrechen und Prostitution. Sind aber nicht auch solche Farben in den feinen Motiv-Fäden Fontanes präsent?
Am nächsten kommt Fontane vielleicht dem Naturalismus, wenn der Versuch, aus gesellschaftlichen Konventionen auszubrechen, sich nur als neue Form der Anpassung realisieren ließe und erst recht tödlich endet. Freilich bleibt es bei Fontane lediglich beim Gedanken an ein Ausbrechen, und der Tod ist mild: Der Selbstmord des jungen Grafen in Stine ist ein resigniertes, aber auch versöhntes Einschlafen; die Duelle in Cécile und Effi Briest haben etwas Rituelles, fast Spielerisches; selbst Krankheit und Tod wie in Cécile, Stine, und erst recht in Effi Briest werden umsorgt und gepflegt erlitten, verstanden und akzeptiert. Man könnte bei Fontane fast von ‚Metonymien des Todes‘ reden. Und doch sind sie ein leidendes Plädoyer für das Atmen- und Leben-Wollen der Menschen schlechthin. Auch so aber wird auf das viel drastischer erzählte naturalistische Paradigma immer noch deutlich verwiesen. Der männliche Held in Theodore Dreisers Sister Carrie (1900), oder die Protagonistin in Emile Zolas L’Assommoir (1877) sind allerdings aus ihren angestammten sozialen Räumen ausgebrochen: nach New York und nach Paris. Aber das ist eine neue Form der Anpassung, und der soziale Abstieg, den sie mit sich bringt, wird langsam und detailliert ausgearbeitet. Sie sterben im Obdachlosenasyl und im Verschlag unter der Treppe des großen Mietshauses. Dieser Tod ist ein Protest ganz ohne subjektive Versöhnung. Wenn er Perspektiven eröffnet, dann nur im radikalen Verweis auf andere und anderes, das es im weiteren Œuvre dieser Autoren dann freilich auch gibt. Bei Fontane dagegen lässt sich über alles reden, lässt sich alles bedenken und aus allem lernen.
Betrachten wir andere Konfliktkonstellationen: Lene und Stine bei Fontane werden von Standesvorurteilen beiseite geschoben, Cécile und Lene werden von moralischen Gewohnheiten beleidigt, wenn auch leichthin, im gesitteten Gespräch, ja im Plauderton. Effi Briest wird verletzt, weil man sie nicht versteht, nicht verstehen will. Thomas Hardys Tess of the d’Urbervilles (1891) aber wird von Standesprivilegien vergewaltigt und von Unverständnis und moralischen Vorurteilen in ihrer Identität nahezu zerstört. Sie stirbt nicht versöhnt, sondern wird hingerichtet. Umso kräftiger tritt diesen sozialen Konflikten das Thema der ‚reinen Natur‘ entgegen (A pure woman, so der Untertitel). Denn hier gibt es eben auch eine nährende, bergende, zugleich freilich wuchernd vitale, ja wilde Natur, bis hin zu grausam ‚natürlichen‘ Szenen („the rat-catching“ in Kap. 48 etwa) und bis hin zum ‚mörderischen‘ Aufstand der Kreatur am Ende.
Sich als Ehepartner ‚verkaufen‘ zu müssen, ist für Botho in Irrungen, Wirrungen etwas zum Lachen: laut, albern, und dies immer wieder – darin freilich verräterisch –; in Effi Briest wird es sogar nur ein vermeidbares Missverständnis bedeuten, wie die Eltern am Ende einsehen. In Giovanni Vergas Romanen dagegen wird die Qual der Anpassung langsam und intensiv dramatisiert: als unwiderstehlicher, täglich neuer materieller Druck für die Tochter der armen Fischer in I Malavoglia (1881), oder als Sog für den Aufsteiger in Maestro Don Gesualdo (1889), in beiden Fällen als unerbittlich fortschreitende Zerstörung des humanen Selbstbewusstseins. Man verfolgt ganz direkt, wie das Herz gegen Druck und Sog materieller Bedingungen „nicht aufkommen“ kann (Stine) – „il cuore stretto in una morsa / das Herz in einen Schraubstock eingespannt“, heißt es bei Verga –,24 und wie zugrunde gehen wird, wie es in Irrungen, Wirrungen heißt, wer, wie Gesualdo, sich anpasst. Doch geradezu mythisch steht hinter allem bei Verga die Präsenz der in ihren natürlichen Rhythmen, auch denen der Arbeit, lebenden sizilianischen Landschaft und erst recht das große, machtvolle Meer. Das freie, offene Meer – „il mare non ha paese / das Meer hat keinen Ort“25 – das nicht ‚determinierte‘ Meer spricht in I Malavoglia immer mit hinein, lauter als der Wald in Cécile (der Harz), oder die Flussauen in Irrungen Wirrungen („Hankels Ablage“), oder die Dünenlandschaft in Effi Briest, viel lauter gewiss, aber auch bei Fontane ist diese ‚Stimme der Natur‘, wenn ich so sagen darf, immer zu hören.
Der Autor nun, der ganz gegensätzlich orientierte naturalistische Paradigmen, die Antithesen der ‚Natur‘ im Naturalismus, vielleicht am konsequentesten gegeneinanderstellt, ist Emile Zola. Die Erfolge und Katastrophen innerhalb einer weit verzweigten Familie unter dem Zweiten Kaiserreich erreichen die höchsten politischen Intrigen am Kaiserhof und in der Regierung oder etwa die der Börsen – und Immobilienspekulation, die Romane dringen aber auch vor in die Tiefen der Arbeitswelt in den Bergwerken, auf den Großbaustellen oder den Eisenbahnen, und führen hinein in die letzten Winkel von Alkoholismus, Prostitution oder Krankheit. Zola begreift – aber das ist eben nur eine seiner Orientierungen – in seinem antithetisch-monistischen Weltbild die Realität seiner Zeit als Natur im Sinne Darwins oder des Positivismus:26 als Überlebenskampf der Evolution, wobei freilich immer auch die Selbstheilungskräfte der erzählten Gesetzmäßigkeiten, die starken und oft auch freundlichen ‚Triebe‘ weiter verfolgt werden. Andererseits aber – und das wurde oft übersehen, schon von Fontane selbst – ist Zola unter den Naturalisten vielleicht der am tiefsten gläubige Rousseauist und Romantiker. Immer wieder trifft man auf groß und farbig ausgemalte Bilder ‚mütterlicher‘, nährender, bergender, zyklisch sich erneuernder und den Menschen freundlicher Natur. Und beide Orientierungen zusammen geben nun in der Tat einen sprechenden Kontext ab für Fontanes metonymische, wohlgemerkt, lediglich metonymische Verweise.
Zumindest ein Beispiel dazu möchte ich vorzustellen: Der Friedhof im letzten Teil von Irrungen, Wirrungen – ich habe ihn oben ausführlicher betrachtet – erinnert nur von fern und auch geradezu in negativer Entsprechung an die reichere und lebendigere Natur anderswo. Fontane lässt seinen Romanhelden, wenn er mit einem billigen, industriell gefertigten Kranz für das Grab der Mutter seiner Geliebten im Gewirr genormter Friedhofswege herumirrt, er lässt ihn, sieht man genau hin, eine Kontinuität suchen, die Botho selbst abgebrochen hat, die aber die Leser begreifen. Und sie begreifen ihre Notwendigkeit. Effi Briests einsames Grab befindet sich nicht auf dem Friedhof, sondern, als stünde sie außerhalb der ehrbaren Gemeinde, im Garten; und dort ruht sie bezeichnenderweise anstelle der Sonnenuhr, aber unter dem eigens für sie bewahrten Heliotrop: in ihrem verlorenen Kindheitsparadies, dessen Zeit verloren ist, dem aber bildhaft, wie der griechische Name es sagt, sein Sinn, die Ausrichtung auf die Sonne, bewahrt wurde.27 Erinnert nicht gerade dies noch deutlicher als das Großstadt-Grab in Irrungen, Wirrungen an das Leben, das volle, freie Leben, das hier fehlt?
Und es erinnert eben von ferne auch an Zola. Auf einem aufgegebenen Friedhof beginnt Zolas zwanzig bändiger Romanzyklus Les Rougon-Macquart (1871–1893), also der Anfang der ganzen Familiengeschichte, mit dem Roman La fortune des Rougon (1871). Aber dies ist jetzt ein vegetativ wuchernder Natur-Ort, wo immer wieder ganz zyklisch Tod in Leben, also wo ganz drastisch menschliche Verwesung in Pflanzen und Blumen übergegangen war, und in, ja, auch dies, in Früchte, etwa in saftige, wohlschmeckende Birnen, die ihrerseits wieder gegessen werden, so dass der Zirkel von Leben und Tod, tatsächlich geschlossen wird.28 Zola macht aus dieser Friedhofs-Wiese einen geradezu mythischen Ort: „une mer d’un vert sombre, profonde (d‘)une fertilité formidable“,29 „ein tief dunkel-grünes Meer“ – „la mer“, „das Meer“, ist im Französischen phonematisch gleich mit ‚la mère‘, ‚die Mutter‘, was hier natürlich bedeutsam ist –, ein, wörtlich genommen, ‚mütterliches Meer‘ von ‚außerordentlicher Fruchtbarkeit‘. Und die beiden ersten Romangestalten, die nachts aus romantischem Walddunkel heraustreten: ‚Miette‘, wörtlich ‚Brotkrume‘, und ‚Silvère‘, ‚der Waldige‘, ihr Aussehen, z.B. Miettes prächtiges Haar „pareils à une mer crépue“,30 das einem „gekräuselten Meer“ gleicht, nehmen das Thema lebendiger Naturtotalität ebenso auf, wie die ganze romantische Liebes- und Revolutionsgeschichte dieser beiden Kinder.
Nur in solchen Naturräumen können Zolas Liebende glücklich sein: im Kontrast zu den gierigen Meuten, die sich um Erfolg und Besitz raufen, oder den todbringenden Maschinenwelten der Mietshäuser, Destillen und Fabriken. Die Gärtnerei in Irrungen, Wirrungen, der freilich „alles Feinere fehlte“ (324), ein kleinbürgerliches Paradiesgärtlein zwischen Karotten und Lauch, an das der vielfach belebte Tiergarten-Park angrenzt, ist gleichwohl für Lene und Botho ihr Natur-, Freiheits- und Seelen-Raum voller „Duft und Frische“ (342), wo sie sich außerhalb von Konvention und Verstellung ihrer Liebe, ja lediglich deren Illusion hingeben können. Und diese Liebe ist für Fontane, wie eigentlich im ganzen 18. und 19. Jahrhundert, ein bedeutsamer Teil, pars pro toto, für Humanität. Sehr viel deutlicher und kräftiger nun kann man die Variation solcher Natur- und Humanitätsinseln, freilich auch ihre entschiedene, farbenfrohe Vergrößerung in den Rougon Macquart wieder finden: Von dem Großstadtgarten, kostbar und gepflegt wie ein Salon, in dem Roman mit dem bezeichnenden Titel Une page d’amour/Ein Blatt Liebe (1878), über die luftige und helle Dachterrasse mit ihren Kübelpflanzen hoch über der Seine in La Curée/Die Meute (wörtlich ‚Beute der Hunde‘ nach der Hetzjagd, 1874), einem paradiesischen Kinderzimmer, aus dem heraus die Romanheldin noch brutaler als Cécile oder Effi an einen viel älteren Mann ‚verkauft‘ wird, oder kontrapunktisch entsprechend später über den großen warmen Wintergarten, der zum bevorzugten Treffpunkt der Liebenden im selben Roman wird (wie in Fontanes L’Adultera, 1882), ja bis hin zu dem kleinen Grasplatz mit dem vertrockneten Baum in L’Assommoir (1877), wo Gervaise und ihr Goujet von ihrer Liebe nur zusammen reden und träumen, wo der Anblick von ein paar Buchsbaumhecken vor einer Kneipe sie fast zu Tränen rührt und Goujet für Gervaise viele Löwenzahnblüten pflückt,31 so wie Stine und Waldemar bei Fontane, die durch das Fenster nur auf ein paar Bäume blicken können. Aber hat dann nicht auch in Irrungen, Wirrungen der kleine Vorgarten, in dem das „gärtnernde“ Kind mit Lenes „Leid des Lebens“ mitfühlt, eine Bedeutung, die solche Zusammenhänge wachruft?
Alle diese Räume verweisen bei Fontane und in den bis jetzt gezeigten Kontexten auch bei Zola lediglich auf freiere sinnerfüllte Natur in der Tradition der Romantik. Doch bei Zola gibt es solche all-lebenden Vegatations-Welten auch ganz farbig und direkt. Denn von den domestizierten Natur-Räumen in der Großstadt reicht bei dem wichtigsten Romancier des europäischen Naturalismus die erzählte und imaginierte Galerie der Naturentwürfe bis zu dem mythisch-tellurischen Raum einer nun in der Tat zyklischen Natur, Inbegriff der „forces mères/mütterlichen Kräfte“, in La terre (1887),32 oder zu der Garten-, Fluss- und Inselwelt im Mittelteil des Künstlerromans L’Œuvre (1886), in der die das Leben verzehrende künstlerische Arbeit keinen Platz hat, in der aber die Liebe und das Kind, die Antithesen, ja Anti-Mythen der Kunst, leben und gedeihen, ein Naturraum, den Lene und Botho vergleichbar in ‚Hankels Ablage‘ noch kürzer auch nur durchqueren dürfen, oder, – und hier, so könnte man sagen, wird Effi Briests Kindheitsgarten in großem Maßstab explizit gemacht – bis hin zu dem verwilderten Park ‚le Paradou‘, ein Garten Eden voll Blumen, Früchten, von Bächen durchzogen usw., in La Faute de l’abbé Mouret (1875), „une île (de) nature tout à fait primitive“ (eine Insel ganz ursprünglicher Natur),33 wo der von seinen Zwängen befreite Priester und das vollkommene romantische ‚Naturkind‘ – Effi Briest ist dies ja nur mit einem Teil ihres Wesens – jenes Liebesglück finden, freilich auch den romantischen Liebestod, an dem Effi (nicht zufällig heißt der Name ‚Eva‘) allenfalls von ferne teilhat. Und bei Zola wird dieser Garten ‚le Paradou‘ im Schlussroman des Zyklus Le docteur Pascal (1893) und in der Vorstellung und im Gefühl zweier Liebender ausdrücklich, und wie ein Bekenntnis, neu erschaffen.34 Zuletzt beherrscht dann bei Zola ein neugeborenes Kind die allerletzte Roman-Szene, das als „appel à la vie/als Anruf an das Leben“, sein Fäustchen in den Himmel reckt.35 Freilich, hat nicht auch in Effi Briest ein symbolischer Garten, von einem Eva-Kind bewohnt, auch wenn es ein totes ist, zumindest ein letztes Wort, zumindest eines von mehreren, allerdings eben als metonymisches Argument in absentia, als Hinweis auf etwas Lebensnotwendiges, das fehlt?
Fontane und der Europäische Naturalismus
Natürlich gäbe es jetzt über die verschiedenen Argumentationsformen und ihre Sinnperspektive bei Fontane, das was er ‚Verklärung‘ nannte, über die Verschiedenheit seiner Metonymien zu den naturalistischen antithetischen Totalisierungen bei Zola und anderen noch viel mehr zu sagen. Fontane hat sich ja auch von Zola in Aufzeichnungen und Briefen zwischen 1880 und 188336 in fast schon übertriebener Lautstärke abgegrenzt (ihn freilich auch wohl nur sehr selektiv gekannt).37 Aber die distanzierten, gleichwohl festen Gemeinsamkeiten bleiben sprechend: Die farbigeren, großflächigeren, expliziteren Texte Zolas können auch bei Fontane feine Fäden sichtbar machen, die ihn mit dem Europäischen Naturalismus verbinden.
Aber Fontane verweist nur darauf, wie auf einen Rahmen von Zwang und Sog, von Sehnsucht und Gefahr, der nicht zuletzt eben auch unsere drei Erzählungen, Cécile, Irrungen Wirrungen und Stine verbindet. Doch übersehen wir bitte die tiefen Unterschiede nicht! Der naturalistische Rahmen mit seinen kräftigen Farben gilt, aber die feinen Fäden im Erzählwerk Fontanes sagen letztlich etwas anderes. Die antithetischen Natur- und Gesellschaftsentwürfe Zolas: Natur als vitale, liebende Heimat, Natur als Kampf ums Dasein, diese Gegenwelten heben sich evolutionär auf. Das Gesamtsystem lebendiger Naturgesetze, das auch Zivilisation, ja Technik und Intellekt beherrscht, heilt sich auf lange Sicht selbst. Die Kranken leben nicht fort, gesunde neue Triebe sprießen überall hervor, die bösen Anlagen zerstören sich wechselseitig oder werden vertrieben, Arbeit, Klugheit, Liebe, Kunst und Literatur, nicht zuletzt patriotisches Engagement, tun das ihre; auch das Geld ist zugleich „empoisonneur et destructeur“, „zerstörerisches Gift“ und notwendiger „Dünger“ des Fortschritts, „le ferment de toute végétation sociale“, bis hin zur Bedingung einer neuen Welt, „le réveil d’un monde, l’humanité élargie et plus heureuse“, bis hin also zur Ankunft freierer und glücklicherer Humanität.38 Die Zukunft gehört der freien Evolution des Lebens:
La vie, la vie qui coule en torrent, qui continue et recommence, vers l’achèvement ignoré! La vie où nous baignons, la vie aux courants infinis et contraires, toujours mouvante et immense, comme une mer sans bornes/Das Leben, das Leben, das wie ein Strom dahin fließt, das sich fortsetzt und wieder beginnt, einer unbekannten Vollendung entgegen! Das Leben, in dem wir schwimmen, mit seinen unendlichen gegenläufigen Strömungen, unendlich und immer in Bewegung, wie ein Meer [eine Mutter] ohne Grenzen.39
Der alte Fontane steht solchen Visionen tief skeptisch gegenüber. Er erzählt eher eine Aporie bloßer Ideen und Utopien, als sich ihnen hinzugeben. Die Deutschen Naturalisten, vor allem Gerhart Hauptmann und Arno Holz, teilen Zolas Antithesen, sehen sie aber prinzipiell unaufgelöst. Natur im Sinne Rousseaus oder der Romantik ist bei ihnen der handelnden Außenwelt gegenüber buchstäblich Erinnerung, so aber hat sie immer noch ihren Sehnsuchtswert. Wie durch ein Fenster schaut sie manchmal in die Gefängnisse der naturalistischen Dramen-Räume herein. Und Sehnsuchtswert hat eine freundliche, humane Natur auf alle Fälle auch für Fontane. Man denke über die bisher vorgestellten Natur- und Liebes-Räume hinaus überhaupt an den Mythos der Ozeanien, Undinen und Melusinen, der Natur-Wesen, ein Mythos der Fontane zeitlebens faszinierte. Aber Sehnsüchte oder Mythen haben bei ihm nicht einfach Recht. Ich habe gezeigt, wie beide Seiten der antithetischen Naturauffassung, z.B. der Zolas, sich bei ihm finden lassen; sie erscheinen freilich feiner, sozusagen homöopathisch gemildert – das Medizinische ist für die Naturalisten immer eine Orientierung gewesen, und Fontane war ja von Haus aus Apotheker.
Fontane argumentiert, was man ihm ja auch oft vorgeworfen hat, lediglich in indirekten Verweisen. Und er verfolgt – das darf nicht verwischt oder gar gleichgesetzt werden – ein von den Naturalisten grundsätzlich verschiedenes, erzählstrategisches Ziel.40 Bei Zola sollen sich die Leser von der Evolution mittragen lassen und ihrerseits an ihr arbeiten. Die Deutschen Naturalisten provozieren Alternativen, vielleicht auch Protest. Fontane sucht im Netz der Metonymien den „großen Zusammenhang der Dinge“, wie es im Roman Der Stechlin heißt.41 Genauer: Die Kunst des Verweisens will die Antithesen der zuletzt nicht weniger deutlich als bei den Naturalisten gesehenen ‚harten‘ Realität übersetzen in Reflexion, Sprache, Bewusstsein der Gefühle und in Denken. Der ‚große Zusammenhang‘ ist für Fontane alles andere als eine evolutionäre Utopie, wie Zola sie entwirft, sondern ein bewusst gesuchter und ganz illusionslos, ja durchaus skeptisch gesehener, allenfalls möglicher intersubjektiver Konsens: ein gesuchter, allenfalls möglicher, aber keinesfalls gegebener oder gar sicherer humaner Fortschritt. So formuliert gerade das vollkommen humanisierte Naturwesen Melusine, eine liberal und progressiv denkende Aristokratin in Fontanes letztem Roman Der Stechlin (1889), diese sozusagen regulative Idee der Humanität am klarsten, wenn sie sagt, dass „wir […] den großen Zusammenhang der Dinge“ in allen „neuen“ Bestrebungen suchen und dafür „recht eigentlich leben“ sollen. Aber sie hält diesen „revolutionären Diskurs“42 nicht als Vision oder Hymne, wie Zolas Sprachrohr, der Docteur Pascal, sondern gerade auch den Lesern gegenüber von gleich zu gleich, nur so ist intersubjektiver Konsens möglich, als Gespräch, ja, – und warum nicht? – im Plauderton.
Literaturverzeichnis