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Emma und Einhard proben den Liebestod

Natalie Himmelsbach

S

ie ist eine halbe Stunde vor dem Wecker aufgewacht und aus dem Bett gestiegen und um das Bett herumgegangen. Auf seiner Seite vom Bett ist sie wieder hineingestiegen und hat sich ganz nah an ihn gelegt. Wie der Wecker geklingelt hat, ist sie liegengeblieben, und beide waren nicht wach und haben nicht geschlafen, aber gewartet.

Nach einer halben Stunde haben sie nicht mehr gewartet. Sie haben beieinander gelegen wie zwei zufriedene große Tiere, und wenn zwei große Tiere so eng und warm zusammen liegen, dann schnaufen sie sich den Atem an die Hälse oder in den Nacken, und ihre Bäuche sind weich, und manchmal furzen sie leise. Das stört sie nicht.

Wenn sie lange so liegen bleiben, tropft ihnen das Fleisch ineinander wie bei Kerzen, wenn sie schmelzen, und die Knochen flechten sich zusammen, wie Dochte gezwirbelt, Elle in Speiche und Wirbel in Bein, und die Rippen sind ein Nest für zwei Köpfe, die nicht wach sind und nicht schlafen und keine Gedanken haben, aber mit großen Zähnen lächeln.

Jetzt, wenn ihnen ein goldener Aufweckerengel sagt, dass allerhöchste Zeit zum Aufstehen ist, ist aus beiden ein zusammengesetzter Körper geworden, den die Trompeten wecken. Es ist aber kein Engel gewesen und ihnen hat eine halbe Stunde vom Tag gefehlt, aber fürs Zähneputzen und einen Kaffee reicht die Zeit immer, und sie waren bis weit in den Mittag glücklich.

Seligenstädter Einladung

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