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V. Dank

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Dieser Band geht auf eine Tagung zurück, die als Kooperation der Professur für Neuere deutsche Literatur mit Schwerpunkt Theaterforschung an der Universität Hamburg, der Hamburger Theaterakademie und dem Internationalen Zentrum für schönere Künste Kampnagel im Januar 2019 auf dem Gelände der Hamburger Kampnagel-Fabrik stattfand. Künstlerische Inputs und Lecture Performances gab es von Antje Pfundtner in Gesellschaft, Monika Gintersdorfer und Franck Edmond Yao, Signa und Arthur Koestler sowie einem Seminar des Hamburger Masterstudiengangs Performance Studies unter Leitung von Noah Holtwiesche.

Herzlich danken wir neben allen Beiträger*innen und Beteiligten Kampnagel (hier vor allem Alina Buchberger, Amelie Deuflhard, André Huppertz-Teja, Nadine Jessen und Uta Lambert), Ergün Yagbasan und dem Peacetanbul sowie Ewelina Benbenek, Franziska Fleischhauer, Noah Holtwiesche, Marvin Müller und Sophia Koutrakos für die Organisation der Tagung. Achim Rizvani danken wir für die Idee für Flyer und Buchcover und für inhaltliche Beratung. Mirjam Groll, Sophia Hussain und Sophia Koutrakos haben die Drucklegung dieses Bandes unterstützt.

Mit allen Genannten und hoffentlich noch vielen mehr soll es weitergehen mit der Forschung zu Texten und Sprechakten in Theater, Performance und weiteren szenischen Künsten der Gegenwart: zu recherchebasierten Texten, assoziativ entstandenen Texten, im szenischen Raum improvisierten Texten. Es soll weiter um TogetherTexte gehen: um in gemeinsamen Probenprozessen im physischen oder digitalen Raum erzeugte Texte oder in fiktiv sozialen Räumen unter Beteiligung des Publikums entstandene, in Stückentwicklungen und beziehungsweise oder in anderen Verfahren hervorgebrachte Texte, die die szenischen Künste auf die brüchige und uneinheitliche Vielstimmigkeit und Vielsprachigkeit der Welt außerhalb ihrer Schutzräume öffnen, ohne dabei diesen Schutz für das künstlerische Experiment, auch das Experiment mit der Sprache, aufzugeben.

1Gemeint sind mit der Öffnung zu nichtprofessionellen Beteiligten solche, die jedenfalls in Bezug aufs Theater Laien sind, aber oftmals Expert*innen (wie etwa bei Rimini Protokoll) einer anderen Profession (etwa Soziologie oder Klimawissenschaft). Sie sollen hier nicht generell amateurisiert werden.

2Wir beziehen uns hier auf die bekannte Metapher von Roland Barthes vom Text als »Gewebe«: »Text heißt Gewebe, aber während man dieses Gewebe bisher immer als ein Produkt, einen fertigen Schleier aufgefaßt hat […] betonen wir jetzt bei dem Gewebe die generative Vorstellung, daß der Text durch ein beständiges Flechten entsteht.« Weniger geht es uns jedoch darum, inwieweit solch ein Text »sich selbst bearbeitet« und die Instanzen seiner Hervorbringung im Gewebe der verwendeten Zitate dabei »[auf]löst« (Barthes, Roland: Die Lust am Text, übersetzt aus dem Franz. von Traugott König, Frankfurt a. M. 1974, S. 94). Vielmehr sind die unterschiedlichen Sprechorte, Sprechinstanzen und Verfahren von Interesse, die diese Texte zusammenbringen, sowie die Spuren, die dies in etwaigen Resultaten hinterlässt.

3Gemeint ist damit zum einen eine »Kollektivität, die ihre Freiheit in einer Sprache oder einem Set von Sprachen ausübt, für die Differenz und Übersetzung irreduzibel sind« (Butler, Judith/Spivak, Gayatri Chakravorty: Sprache, Politik, Zugehörigkeit, übersetzt aus dem Englischen von Michael Heitz und Sabine Schulz, Zürich/Berlin 2007, S. 43). Ebenso gut kann es aber zum anderen um die Verfugung und Ausstellung agonaler Momente gehen. Vgl. Mouffe, Chantal: Agonistik. Die Welt politisch denken, übersetzt aus dem Englischen von Richard Barth, Bonn 2015.

4Vgl. z. B. Lehmann, Hans-Thies: Postdramatisches Theater, Frankfurt a. M. 1999, S. 268f., S. 444f.; vgl. Wortelkamp, Isa: Sehen mit dem Stift in der Hand. Die Aufführung im Schriftzug der Aufzeichnung, Freiburg i. Br./Berlin 2006.

5Vgl. für eine solche Annäherung an ein konstitutives Miteinander, das sich auch, aber nicht privilegiert in Sprache manifestiert, Nancy, Jean-Luc: Die undarstellbare Gemeinschaft, übersetzt aus dem Französischen von Gisela Febel und Jutta Legueil. Stuttgart 1988, S. 151 – 169.

6Vgl. https://www.rimini-protokoll.de/website/de/project/karl-marx-das-kapital-erster-band. Ebenfalls auf der Webseite von Rimini Protokoll wird die Reaktion der FAZ auf die Preisverleihung unter dem Titel »Mülheimer Malaise. Dramatikerpreis für ein Nicht-Drama« wiedergegeben: »An die Biographien der Darsteller gebunden, hat die ganz amüsante Performance, eine Koproduktion von Hebbel am Ufer, Düsseldorfer Schauspielhaus, Schauspiel Frankfurt und Schauspielhaus Zürich, keinen Text zur Grundlage, der nachgespielt werden kann. So schwächen die Mülheimer Theatertage, bis vorgestern das wichtigste Forum für neue deutsche Stücke […] ihren Anspruch. Eine Selbstdemontage.« https://www.rimini-protokoll.de/website/de/text/muelheimer-malaise [beide abgerufen am 24. August 2020].

7Vgl. »Rimini Protokoll: Karl Marx: Das Kapital, erster Band«, in: https://www.berlinerfestspiele.de/de/theatertreffen/programm/2008/gesamtprogramm-2008/termine.html [abgerufen am 24. August 2020].

8Fülle, Henning: Freies Theater. Die Modernisierung der deutschen Theaterlandschaft (1960 – 2010), Berlin 2016, S. 263.

9Da der Begriff ›performativ‹ sich inzwischen für jegliche künstlerische Verfahren durchgesetzt hat, die nicht direkt an einer Abbildästhetik orientiert sind, sei er hier im Folgenden auch in einem sehr weiten Sinne verwandt.

10Vgl. Dreysse, Miriam/Malzacher, Florian (Hrsg.): Experten des Alltags. Das Theater von Rimini Protokoll, Berlin 2007.

11Vgl. z. B. Schipper, Imanuel (Hrsg.): Rimini Protokoll: Staat 1 – 4. Phänomene der Postdemokratie, Berlin 2018. Eine größere Sammlung von Texten (allesamt aus dem Kontext der frühen Gießener Schule: andcompany&Co., Gob Squad, Rimini Protokoll, She She Pop, Showcase Beat Le Mot) liegt in Übersetzung interessanterweise auf Englisch vor, inklusive Das Kapital: Vgl. Cornish, Matt (Hrsg.): Everything and Other Performance Texts from Germany, London u. a. 2019.

12Häufig geschieht dies in Abgrenzung zur dramatischen Tradition wie z. B. in Simon Straußens Plädoyer für eine größere Aufmerksamkeit für deren Reichtum: »Die Schwäche der derzeitigen Dramaturgie an deutschen Theatern […] zeigt sich durch nichts so deutlich wie durch das nahezu vollständige Ausbleiben literarischer Entdeckungen.« Stattdessen werden – Rimini Protokolls Marx-Bearbeitung scheint nicht so fern – »ohne mit der Wimper zu zucken […] Beziehungsratgeber und Sachbücher auf die Bühne gebracht.« (Strauß, Simon: »Prolog«, in: ders. (Hrsg.): Spielplanänderung! 30 Stücke, die das Theater heute braucht, Stuttgart 2020, S. 11 – 16, hier: S. 12f.)

13Sprenger, Veit: »Was ihr so Drama nennt«, in: Deck, Jan/Umathum, Sandra (Hrsg.): Postdramaturgien, Berlin 2020, S. 358 – 364, hier: S. 358). SCBLM aus der Gießener Schule führen eigentlich einen Sieg des Spektakels über das (dramatische) Wort bereits im Namen.

14Vgl. Lehmann: Postdramatisches Theater; vgl. Fischer-Lichte, Erika: Ästhetik des Performativen, Frankfurt a. M. 2004; vgl. Bourriaud, Nicolas: Esthétique relationnelle, Dijon 2001.

15Röggla, Kathrin: »Hinter der Wand. Über Sprache und Zeitgenossenschaft«, in: Eilers, Dorte Lena/Nioduschewski, Anja (Hrsg.): Stück-Werk 6. Neue deutschsprachige Dramatik im Gespräch, Berlin 2020, S. 18 – 21, hier: S. 19.

16Vgl. Matzke, Annemarie: »Jenseits des Freien Theaters«, in: https://nachtkritik.de/index.php?view=article&id=7472%3Ahildesheimer-thesen-v-n&option=com_content&Itemid=84 [abgerufen am 24. August 2020].

17Poschmann, Gerda: Der nicht mehr dramatische Theatertext. Aktuelle Stücke und ihre Analyse, Tübingen 1997.

18Bayerdörfer, Hans-Peter: »Vom Drama zum Theatertext? Unmaßgebliches zur Einführung«, in: Balme, Christopher u. a. (Hrsg.): Vom Drama zum Theatertext? Zur Situation der Dramatik in Ländern Mitteleuropas, Tübingen 2007, S. 1 – 14, hier: S. 5; vgl. auch Tigges, Stefan (Hrsg.): Dramatische Transformationen. Zu gegenwärtigen Schreib- und Aufführungsstrategien im deutschsprachigen Theater, Bielefeld 2008.

19Vgl. Aristoteles: Poetik, übersetzt aus dem Altgriechischen von Manfred Fuhrmann, Stuttgart 1982, S. 94 – 97; vgl. Halliwell, Stephen: Aristotle’s Poetics, London 1986, S. 337 – 344.

20Lehmann: Postdramatisches Theater, S. 145.

21Vgl. Haraway, Donna J.: Staying with the Trouble: Making Kin in the Chthulucene, Durham/London 2016, S. 58 – 98; Vgl. neben Haraway auch Latour, Bruno: Das Parlament der Dinge. Für eine politische Ökologie, übersetzt aus dem Französischen von Gustav Roßler, Frankfurt a. M. 2010, S. 86 – 131; vgl. Aggermann, Lorenz u. a. (Hrsg.): Theater als Dispositiv. Dysfunktion, Fiktion und Wissen in der Ordnung der Aufführung, Frankfurt a. M. 2017.

22Das heißt nicht, dass diese Texte nicht immer wieder in der breit angelegten Auseinandersetzung mit den szenischen Künsten des 21. Jahrhunderts angesprochen und verhandelt werden: Die Forschung zu den szenischen Künsten des 21. Jahrhunderts ist ebenso umfangreich wie zu neueren Theatertexten. Das hier als TogetherText gefasste Phänomen scheint uns jedoch in den unterschiedlichen Perspektiven verloren zu gehen.

23Lehmann: Postdramatisches Theater, S. 261.

24Ebd., S. 264.

25Ebd., S. 266.

26Ebd., S. 269.

27Vgl. Fischer-Lichte: Ästhetik des Performativen, S. 209 – 227; vgl. Schrödl, Jenny: Vokale Intensitäten. Zur Ästhetik der Stimme im postdramatischen Theater, Bielefeld 2012.

28Poschmann: Der nicht mehr dramatische Theatertext, S. 321; vgl. Finter, Helga: »Zur Dioptrik von Bühne, Film und Zuschauer«, in: Fischer-Lichte, Erika u. a. (Hrsg.): Arbeitsfelder der Theaterwissenschaft, Tübingen 1994, S. 183 – 192.

29Birkenhauer, Theresia: Schauplatz der Sprache – Das Theater als Ort der Literatur. Maeterlinck, Chechov, Genet, Beckett, Müller, Berlin 2005; vgl. Reinhardt, Michaela: TheaterTexte – Literarische Kunstwerke. Eine Untersuchung zu poetischer Sprache in zeitgenössischen deutschen Theatertexten, Berlin 2014.

30Es lässt sich argumentieren, dass bereits im antiken Drama die Schrift als verbreitete Kulturtechnik einen distanzierten Blick der Figuren auf sich und ihr Schicksal ermöglicht – und sie so als Figur mit individuellen Zügen vom Chor absetzt. (Vgl. Segal, Charles: Interpreting Greek Tragedy. Myth, Poetry, Text, Ithaca, NY 1986, S. 77 – 107.) Der Buchdruck ermöglicht die Renaissance der europäischen Theaterkulturen in der Frühen Neuzeit. (Vgl. Peters, Julie Stone: Theatre of the Book 1480 – 1880. Print, Text and Performance in Europe, Oxford 2000.)

31Vgl. Huck, Ella/Reinicke, Dorothea (Hrsg.): Masters of Paradise. Der transnationale Kosmos Hajusom – Theater aus der Zukunft, Berlin 2014.

32Vgl. u. a. Sharifi, Azadeh: Theater für Alle? Partizipation von Postmigranten am Beispiel der Bühnen der Stadt Köln, Frankfurt a. M. 2011.

33Vgl. Brauneck, Manfred: »Vorwort«, in: ders./ITI Zentrum Deutschland (Hrsg.): Das Freie Theater im Europa der Gegenwart. Struktur – Ästhetik – Kulturpolitik, Bielefeld 2016, S. 13 – 43, hier: S. 24.

34Vgl. z. B. Bicat, Tina/Baldwin, Chris: Devised and Collaborative Theatre. A Practical Guide, Crowood 2002.

35Vgl. Boltanski, Luc/Chiapello, Ève: Der neue Geist des Kapitalismus, aus dem Französischen von Michael Tillmann. Konstanz 2003, S. 147 – 210; vgl. Kunst, Bojana: Artist at Work. Proximity of Art and Capitalism, Winchester/Washington 2015, S. 50 – 87.

36Vgl. ebd., S. 87 – 98.

37Es gibt durchaus Inszenierungen der genannten Künstler*innen, in denen auch das Publikum spricht. So etwa bei Gernot Grünewalds Inszenierung ankommen. Unbegleitet in Hamburg, Premiere: 24. Oktober 2015, Thalia Theater Hamburg, Gaußstraße (mit der Dramaturgie von Anne Rietschel). In diesem biografischen Projekt berichten die Flüchtlinge in einzelnen Begegnungen mit dem Publikum über ihre Erlebnisse, die sie in Deutschland gemacht haben, und kommen dabei mit dem Publikum in ein direktes Gespräch.

38Theoretisch ist der Begriff des Autors beziehungsweise der Autor*in schon lange problematisiert; an seiner Gängigkeit in der Praxis hat das wenig geändert. Bei der vorliegenden Fragestellung ist keineswegs sicher, dass alle Beteiligten »konstruktiv« bei der gemeinsamen Texterzeugung kooperieren. Sollte die texterzeugende Interaktion davon geprägt sein, dass partikulare Interessen verfolgt und durchgesetzt werden, spräche man genauer von agonalen anstelle von kooperativen Formen der Texterzeugung. Vom wissenschaftlichen Zugang her sind beide Verhaltensweisen und alle Zwischenformen gleichwertig.

39Vgl. Chance 2000 – Abschied von Deutschland (D 2017) – Regie: Kathrin Krottenthaler und Frieder Schlaich.

40Vgl. Schlingensief, Christoph/Hegemann, Carl: Chance 2000: Wähle Dich selbst, Köln 1998.

41Vgl. Peters, Sibylle: »Das Forschen aller – ein Vorwort«, in: dies. (Hrsg.): Das Forschen aller. Artistic Research als Wissensproduktion zwischen Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft, Bielefeld 2013, S. 7 – 22.

42Vgl. Matzke, Annemarie: Arbeit am Theater. Eine Diskursgeschichte der Probe, Bielefeld 2012; vgl. McAuley, Gay: Not Magic But Work. An Ethnographic Account of a Rehearsal Process, Manchester 2012.

43Vgl. z. B. aus der My Documents – Share your screen!-Serie Etchells, Tim: OR ALL YOUR CHANGES WILL BE LOST, live übertragen am 6. Juni 2020 (https://www.youtube.com/watch?v=RrDf9ySVmKg [abgerufen am 24. August 2020]).

44Das wäre das Versprechen der literaturwissenschaftlichen critique génétique: Werke beziehungsweise Resultate durch eine genaue Rekonstruktion der Entwicklungsstufen zu kontextualisieren – beziehungsweise, wie einige Kritiker*innen fürchten, zu ersetzen. Vgl. z. B. Grésillon, Almuth: »›Critique génétique‹. Gedanken zu ihrer Entstehung, Methode und Theorie«, in: Bremer, Kai/Wirth, Uwe (Hrsg.): Texte zur modernen Philologie, Stuttgart 2010, S. 287 – 307.

45Vgl. Matzke: Arbeit am Theater, S. 87f.

46Schipper: Rimini Protokoll, S. 10.

47»Neues und gebrauchtes Theater – René Pollesch im Gespräch mit Carl Hegemann.«, in: Wangemann, Jutta/Höppner, Michael (Hrsg.): Gnade – Überschreitung und Zurechtweisung, Berlin 2005. Programmbuch zur Inszenierung Schuld und Sühne von Frank Castorf.

48She She Pop: Sich fremd werden. Beiträge zu einer Poetik der Performance, Berlin 2019, S. 75.

49Vgl. Arendt, Hannah: Vita activa oder Vom tätigen Leben, München 2002, S. 241 – 251. Zur Problematisierung vgl. Butler/Spivak: Sprache, Politik, Zugehörigkeit, S. 28 – 47.

50Vgl. Virno, Paolo: Grammatik der Multitude. Öffentlichkeit, Intellekt und Arbeit als Lebensform. Mit einem Anhang: Der Engel und der General Intellect. Individuation bei Duns Scotus und Gilbert Simondon, Berlin 2019, S. 61 – 99.

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