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Diagnose der intellektuellen Entwicklung
ОглавлениеDer herausragende Entwicklungspsychologe Piaget beschreibt die intellektuelle Entwicklung als Prozess, bei dem ein Kind durch ein Zusammenspiel von Wahrnehmung und eigenem Handeln Fähigkeiten erwirbt, die einen zunehmend gezielteren, effektiveren und komplexeren Umgang mit der Umwelt ermöglichen.
Die frühe Entwicklung in den ersten beiden Lebensjahren nennt Piaget sensomotorische Phase. Zu Beginn dieser Phase reagiert das Kind reflexartig auf Umweltgeschehnisse, am Ende dieser Phase kann es gezielt und vorausplanend handeln, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Piaget unterscheidet sechs Entwicklungsbereiche, die eng zusammen hängen und sich gegenseitig beeinflussen (Piaget 1975). Piaget geht von einer großen Bedeutung der Sensomotorik für die Sprache aus, wenn er schreibt »language is a product of intelligence rather than intelligence being a produt of language« (Piaget 1980, 167). Für die Sprachentwicklung werden von verschiedenen Autoren unterschiedliche Entwicklungsbereiche als relevant angesehen, wobei Untersuchungen nahe legen, dass bestimmte kognitive Entwicklungsschritte dem Sprachbeginn vorausgehen, auch wenn der Zusammenhang noch nicht eindeutig aufgeklärt ist. Die Bedeutung der Bereiche dürfte auch davon abhängen, zu welchem Zeitpunkt der Zusammenhang untersucht wird (z. B. Beginn der Sprachentwicklung oder Mehrwortphase) und welcher Aspekt der Sprache betrachtet wird (z. B. Sprachverständnis, Wortschatz oder grammatische Struktur).
Geht man von einem engen Zusammenhang zwischen sensomotorischer und sprachlicher Entwicklung aus, so wird es wichtig, bei nicht sprechenden Kindern auch das Niveau ihrer kognitiven Entwicklung zu berücksichtigen. Dabei ist abzuklären, ob ein Kind die kognitiven Voraussetzungen für bestimmte Kommunikationsformen erworben hat. Zur Diagnostik der kognitiven Entwicklung eines Kindes eignen sich sehr gut die Ordinalskalen zur sensomotorischen Entwicklung von Uzgiris & Hunt (Sarimski 1987). Sie sind ein Instrument zur systematischen Verhaltensbeobachtung. Dem Kind werden Problemstellungen aus den sechs Entwicklungsbereichen dargeboten (z. B. Spielzeug wird versteckt) und der Umgang des Kindes mit diesen Situationen wird beobachtet (sucht an richtiger Stelle oder sucht an falscher Stelle oder verliert Interesse). Auch diese Skalen sind nicht in der Durchführung standardisiert, sondern die Situationen sollen auf die Interessen und Vorlieben des Kindes abgestimmt werden. Dadurch sind sie gut für Kinder mit Besonderheiten in ihrer Entwicklung wie geistiger Behinderung oder emotional-motivationalen Schwierigkeiten geeignet.
Ziel der Beobachtungen ist die Beschreibung des kognitiven Entwicklungsstandes in den sechs Bereichen. Als Beobachtungsinstrument haben die Skalen keine Normwerte, und es ist auch nicht sinnvoll, einen Gesamtwert im Sinne eines Intelligenz oder Entwicklungsquotienten zu berechnen (Hoppe-Graff 1998). Somit sind sie nicht für die Feststellung einer Behinderung bzw. deren Ausmaß geeignet. Doch geben Alters-Richtwerte und eine Zuordnung der Aufgaben zu den von Piaget beschriebenen Entwicklungsstufen einen Bezugsrahmen für die an Piagets Theorie orientierte Interpretation der Ergebnisse.