Читать книгу Das blaue Märchenbuch - Группа авторов - Страница 6

ÖSTLICH DER SONNE, WESTLICH DES MONDES

Оглавление

Es war einmal ein armer Mann, der viele Kinder und diesen wenig zu geben hatte – weder Nahrung noch Kleidung. Alle waren hübsch, aber die hübscheste von allen war die jüngste Tochter, deren Schönheit keine Grenzen hatte.

Einmal, an einem späten Donnerstagabend im Herbst, tobte draußen das Wetter. Es war fürchterlich dunkel, und es regnete so heftig und blies so stark, dass die Wände der Hütte wackelten. Alle saßen am Kamin und jeder war mit irgendetwas beschäftigt, als plötzlich jemand dreimal gegen die Fensterscheibe klopfte. Der Mann stand auf, um nachzusehen, was dort draußen los war, und als er hinausging, stand da ein großer weißer Bär.


"Ich wünsche dir einen guten Abend", sagte der weiße Bär.

"Guten Abend", sagte der Mann.

"Willst du mir deine jüngste Tochter schenken?", fragte der weiße Bär. "Wenn du einwilligst, wirst du so reich sein, wie du jetzt arm bist."

Der Mann hätte natürlich nichts dagegen gehabt, reich zu sein, aber er dachte sich: "Da muss ich erst meine Tochter fragen." Also ging er hinein und sagte seiner Familie, dass draußen ein großer, weißer Bär stand, der getreulich versprochen hatte, sie alle reich zu machen, wenn er nur die jüngste Tochter haben dürfe.

Aber diese sagte 'nein' und wollte nichts davon hören; also ging der Mann wieder hinaus und vereinbarte mit dem weißen Bären, dass dieser nächsten Donnerstagabend wiederkommen sollte, um seine Antwort zu erhalten. Dann überredete der Mann seine Tochter und erzählte ihr so viel über den Reichtum, den sie haben würden, und darüber, wie gut es ihr tun würde, dass sie sich schließlich entschloss, zu gehen; sie wusch und flickte alle ihre Lumpen, machte sich so hübsch wie möglich und hielt sich bereit, aufzubrechen. Sie hatte sowieso fast nichts, was sie mitnehmen konnte.

Am nächsten Donnerstagabend kam der weiße Bär, um sie abzuholen. Sie setzte sich mit ihrem Bündel auf seinen Rücken, dann machten sie sich auf den Weg. Als sie einen großen Teil des Weges zurückgelegt hatten, fragte der weiße Bär: "Hast du Angst?"

"Nein, habe ich nicht", sagte sie.

"Halte dich an meinem Fell fest, dann besteht keine Gefahr", sagte er.

Und so ritten sie weit, weit weg, bis sie zu einem großen Berg kamen. Dort klopfte der weiße Bär an, eine Tür öffnete sich, und sie gingen in ein Schloss, in dem es viele hell beleuchtete Räume gab, die vor Gold und Silber nur so glänzten; ebenso gab es einen großen Saal, in dem ein gut gedeckter Tisch stand; alles war so prächtig, dass es wirklich schwer ist, jemandem verständlich zu machen, wie toll es dort war. Der weiße Bär gab ihr eine silberne Glocke und sagte, dass sie nur damit läuten müsse, wenn sie etwas brauche, und dann würde das erscheinen, was sie sich wünschte. Nachdem sie also gegessen hatte und die Nacht nahte, wurde sie nach der langen Reise schläfrig und dachte, sie würde am liebsten ins Bett gehen. Sie läutete die Glocke, und kaum hatte sie diese berührt, fand sie sich in einer Kammer wieder, in der ein Bett für sie bereitstand, das so hübsch war, wie man es sich nur wünschen konnte. Es hatte Kissen aus Seide und auch die Vorhänge waren aus Seide und besetzt mit goldenen Fransen. Alles in dem Zimmer war aus Gold oder Silber, aber als sie sich hingelegt und das Licht gelöscht hatte, kam ein Mann und legte sich neben sie; und siehe, es war der weiße Bär, der in der Nacht die Gestalt eines Tieres ablegte. Sie sah ihn jedoch nie, denn er kam immer, nachdem sie das Licht gelöscht hatte, und ging weg, bevor das Tageslicht erschien.

Eine Zeitlang ging alles gut und sie war glücklich, aber dann begann sie immer trauriger zu werden, denn sie war den ganzen Tag allein; und sie wünschte sich so sehr, nach Hause zu ihrem Vater und ihrer Mutter und ihren Brüdern und Schwestern zurückzukehren. Dann fragte der weiße Bär, was sie sich wünschte, und sie sagte ihm, dass es dort in den Bergen so langweilig sei und sie immer ganz allein war, und dass in ihrem Elternhaus zu Hause alle ihre Brüder und Schwestern seien, und dass sie so traurig sei, weil sie nicht zu ihnen gehen könne.

"Dafür könnte es ein Mittelchen geben", sagte der weiße Bär, "wenn du mir nur versprechen würdest, nie allein mit deiner Mutter zu sprechen, sondern immer nur dann, wenn die anderen auch dabei sind; denn sie wird deine Hand ergreifen", sagte er, "und dich in einen Raum führen wollen, um mit dir allein zu sprechen; aber das darfst du auf keinen Fall tun, sonst bringst du großes Elend über uns beide."

Eines Sonntags kam der Weiße Bär und sagte, dass sie nun zu ihrem Vater und ihrer Mutter aufbrechen könnten; und sie reisten dorthin, sie auf seinem Rücken, und gingen einen langen, langen Weg, und es dauerte eine lange, lange Zeit; aber schließlich kamen sie zu einem großen, weißen Bauernhaus, und ihre Brüder und Schwestern liefen draußen herum und spielten, und es war eine echte Freude, alles mitanzusehen.

"Deine Eltern wohnen jetzt hier", sagte der weiße Bär, "aber vergiss nicht, was ich dir gesagt habe, sonst fügst du dir und mir großen Schaden zu."

"Nein, natürlich nicht", sagte sie, "ich werde es nie vergessen." Und sobald sie zu Hause war, drehte sich der weiße Bär um und ging wieder zurück.

Als ihre Eltern sie sahen, gab es so viel Jubel, dass es schien, als würden dieser nie enden wollen. Alle dachten, dass sie ihr nie dankbar genug sein könnten für alles, was sie für sie getan hatte. Nun hatte die Familie alles, was sie wollte, und alles nur vom Allerfeinsten. Alle fragten das Mädchen, wie es ihr dort, wo sie jetzt lebte, ergangen war. Ihr ginge es sehr gut, antwortete sie, und dass sie alles hatte, was sie sich wünschen konnte. Welche Antworten sie sonst noch gab, kann ich nicht sagen, aber ich bin ziemlich sicher, dass sie nicht viel von ihr erfahren haben. Aber am Nachmittag, nachdem sie zu Mittag gegessen hatten, passierte das, was der weiße Bär vorhergesagt hatte. Ihre Mutter wollte mit ihr allein in ihrer Kammer sprechen. Aber das Mädchen erinnerte sich an das, was der weiße Bär gesagt hatte, und wollte auf keinen Fall mit ihr gehen. "Was wir zu sagen haben, kann jeder hören", antwortete sie. Aber irgendwie überredete ihre Mutter sie dann doch dazu, und sie musste die ganze Geschichte erzählen. Sie berichtete, wie jeden Abend ein Mann kam und sich neben sie legte, wenn die Lichter gelöscht waren, und dass sie ihn nie sah, weil er immer wegging, bevor es morgens hell wurde, und wie sie immer trauriger wurde und darüber nachdachte, wie glücklich sie wohl wäre, wenn sie ihn nur sehen könnte, und wie sie den ganzen Tag allein sein musste und alles so langweilig und einsam war. "Oh!", rief die Mutter entsetzt, "du schläfst sehr wahrscheinlich mit einem Troll! Aber ich werde dir einen Weg verraten, wie du ihn sehen kannst. Du musst eine meiner Kerzen mitnehmen, versteckt an deinem Busen. Damit kannst du ihn dir ansehen, wenn er schläft, aber pass auf, dass kein Wachs auf ihn fällt".

Also nahm sie die Kerze, versteckte sie an ihrem Busen, und als es Abend wurde, kam der weiße Bär vorbei und nahm sie wieder mit. Als sie eine Weile unterwegs gewesen waren, fragte sie der weiße Bär, ob nicht alles genau so passiert sei, wie er es vorhergesagt hatte, und sie kam nicht umhin zuzugeben, dass es so war. "Wenn du das getan hast, was deine Mutter von dir wollte", sagte er, "hast du großes Elend über uns beide gebracht". "Nein", sagte sie, "ich habe überhaupt nichts getan." Als sie zu Hause angekommen und zu Bett gegangen war, war alles genauso wie immer. Ein Mann kam und legte sich neben sie, und spät in der Nacht, als sie hören konnte, dass er schlief, stand sie auf, holte ein Streichholz und zündete ihre Kerze an. Dann ließ sie ihr Licht auf ihn scheinen und sah, dass er der schönste Prinz war, den man je gesehen hatte, und sie liebte ihn so sehr, dass sie das Gefühl hatte sterben zu müssen, wenn sie ihn nicht sofort küsste. Also küsste sie ihn; aber während ihres Kusses ließ sie drei Tropfen heißes Wachs auf sein Nachthemd fallen, und er erwachte. "Was hast du nur getan", sagte er. "Du hast Elend über uns beide gebracht. Hättest du nur ein Jahr durchgehalten, wäre ich frei gewesen. Ich habe eine Stiefmutter, die mich verzaubert hat, so dass ich tagsüber ein weißer Bär und nachts ein Mann bin; aber jetzt ist alles aus zwischen dir und mir, und ich muss dich verlassen und zu ihr zurückkehren. Sie lebt in einem Schloss, das östlich der Sonne und westlich des Mondes liegt, und dort lebt auch eine Prinzessin mit einer drei Ellen langen Nase, die ich nun heiraten muss."

Sie weinte und lamentierte, aber es war alles umsonst, denn der Prinz musste gehen. Sie fragte ihn, ob sie nicht mit ihm gehen dürfe. Aber nein, das durfte sie nicht. "Kannst du mir dann den Weg verraten, damit ich dich suchen kann – das darf ich doch wohl tun!"

"Ja, das darfst du", antwortete er, "aber es gibt keinen Weg dorthin. Der Ort liegt östlich der Sonne und westlich des Mondes, und niemals würdest du dorthin finden."

Als sie am Morgen aufwachte, waren sowohl der Prinz als auch das Schloss weg, und sie lag auf einer kleinen, grünen Lichtung inmitten eines dunklen, dichten Waldes. An ihrer Seite lag das gleiche Bündel Lumpen, das sie aus ihrem Elternhaus mitgebracht hatte. Als sie sich den Schlaf aus den Augen gerieben hatte und weinte, bis sie erschöpft war, machte sie sich auf den Weg, und ging viele Tage lang, bis sie endlich zu einem großen Berg kam. Davor saß eine alte Frau und spielte mit einem goldenen Apfel. Das Mädchen fragte sie, ob sie den Weg zu dem Prinzen kenne, der mit seiner Stiefmutter in dem Schloss lebte, das östlich der Sonne und westlich des Mondes stand, und der eine Prinzessin mit einer drei Ellen langen Nase heiraten sollte. "Woher weißt du denn von ihm?", fragte die alte Frau, "bist du vielleicht diejenige, die ihn hätte bekommen sollen?" "Ja, tatsächlich, das bin ich", sagte das Mädchen. "Dann bist du das also wirklich?", erwiderte die alte Frau; "ich weiß nichts über ihn, außer dass er in einem Schloss lebt, das östlich der Sonne und westlich des Mondes liegt. Du wirst lange brauchen, um dorthin zu gelangen, falls es dir überhaupt jemals gelingen sollte; aber ich werde dir mein Pferd leihen, und dann kannst du darauf zu einer alten Frau reiten, die eine Nachbarin von mir ist. Vielleicht kann sie dir mehr über ihn erzählen. Wenn du dort angekommen bist, musst du nur das Pferd unter dem linken Ohr kneifen und es wieder nach Hause schicken; aber du darfst den goldenen Apfel mitnehmen."

Also setzte sich das Mädchen auf das Pferd und ritt eine lange, lange Zeit, bis sie schließlich zu dem Berg kam, vor dem eine alte Frau mit einem goldenen Kardierkamm saß. Das Mädchen fragte sie, ob sie den Weg zum Schloss kenne, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag; aber sie sagte genau das, was auch die erste alte Frau gesagt hatte: "Ich weiß nichts darüber, außer dass er in einem Schloss lebt, das östlich der Sonne und westlich des Mondes liegt. Du wirst lange brauchen, um dorthin zu gelangen, falls es dir überhaupt jemals gelingen sollte; aber ich werde dir mein Pferd leihen, und dann kannst du darauf zu einer alten Frau reiten, die eine Nachbarin von mir ist. Vielleicht kann sie dir mehr über ihn erzählen. Wenn du dort angekommen bist, musst du nur das Pferd unter dem linken Ohr kneifen und es wieder nach Hause schicken." Dann gab sie ihr noch den goldenen Kardierkamm, denn er könnte ihr vielleicht von Nutzen sein, meinte sie.


Also setzte sich das Mädchen auf das Pferd und ritt wieder eine lange, lange Zeit weiter, und kam schließlich zu einem großen Berg, vor dem eine alte Frau saß, die an einem goldenen Spinnrad drehte. Auch bei dieser Frau erkundigte sie sich, ob sie den Weg zum Fürsten kenne, und wo das Schloss, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag, zu finden sei. Aber es war auch dieses Mal dasselbe. "Vielleicht hättest du den Prinzen bekommen sollen", sagte die alte Frau. "Ja, tatsächlich, ich hätte ihn bekommen sollen", sagte das Mädchen. Aber auch dieses alte Weib kannte den Weg nicht besser als die anderen beiden – es lag östlich der Sonne und westlich des Mondes, das wusste sie, "und es wird lange dauern, bis du dort ankommen wirst, falls es dir überhaupt gelingen sollte." Dann sagte sie auch noch: "Aber ich leihe dir mein Pferd, und ich denke, du solltest lieber zum Ostwind reiten und ihn fragen. Vielleicht weiß er, wo das Schloss liegt, und wird dich dorthin blasen. Wenn du dort angekommen bist, musst du nur das Pferd unter dem linken Ohr kneifen, und es wird wieder nach Hause kommen." Dann gab sie ihr noch das goldene Spinnrad und sagte: "Vielleicht findest du ja Verwendung dafür."

Das Mädchen musste viele Tage reiten, bevor sie dort ankam; aber irgendwann war sie dort, und dann fragte sie den Ostwind, ob er ihr den Weg zu dem Prinzen sagen könne, der östlich der Sonne und westlich des Mondes wohnte. "Nun", sagte der Ostwind, "ich habe von dem Prinzen und seinem Schloss gehört, aber ich kenne den Weg dorthin nicht, denn ich bin noch nie soweit geweht; aber wenn du möchtest, begleite ich dich zu meinem Bruder, dem Westwind; er könnte das wissen, denn er ist viel stärker als ich. Du darfst dich auf meinen Rücken setzen, und dann werde ich dich dorthin tragen." Also setzte sie sich auf seinen Rücken, und ab ging die wilde Reise! Als sie an ihrem Ziel ankamen, ging der Ostwind hinein und erklärte seinem Bruder, dass das Mädchen, das er mitgebracht hatte, diejenige war, die den Prinzen im Schloss, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag, hätte bekommen sollen, und dass sie nun unterwegs war, um ihn wieder zu finden; und, dass er sie zu ihm gebracht hatte, um zu hören, ob der Westwind weiß, wo sich das Schloss befand. "Nein", sagte der Westwind zu dem Mädchen, "soweit bin ich noch nie geweht; aber wenn du möchtest, bringe ich dich zum Südwind, denn er ist viel stärker als ich, und er ist weit und breit herumgekommen und kann dir vielleicht sagen, was du wissen möchtest. Setz dich auf meinen Rücken, dann werde ich dich zu ihm tragen."

Das tat sie auch und flog zum Südwind, was nicht sehr lange dauerte. Als sie dort angekommen waren, fragte ihn der Westwind, ob er dem Mädchen den Weg zu dem Schloss sagen könne, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag, da sie das Mädchen war, das den Prinzen bekommen sollte, der dort lebte. "Oh, wirklich?", sagte der Südwind, "ist sie das? Nun", fuhr er fort, "ich bin schon viel herumgekommen und war an allen möglichen Orten, aber soweit bin ich noch nie geweht. Wenn du aber möchtest, begleite ich dich zu meinem Bruder, dem Nordwind; er ist der älteste und stärkste von uns allen, und wenn er nicht weiß, wo das Schloss ist, wird es dir niemand auf der ganzen Welt sagen können. Du darfst dich gerne auf meinen Rücken setzen, und dann werde ich dich dorthin tragen." Da setzte sich das Mädchen auf seinen Rücken, und er verließ sein Haus in großer Eile. Auch dieses Mal waren sie nicht lange unterwegs. Als sie sich der Behausung des Nordwindes näherten, blies dieser so wild und heftig, dass sie schon lange vor ihrer Ankunft kalte Böen spürten. "Was wollt ihr?", brüllte er aus der Ferne, und sie erstarrten beim Klang seiner Stimme. Der Südwind sagte: "Ich bin es, und sie ist diejenige, die den Prinzen hätte bekommen sollen, der in dem Schloss wohnt, das östlich der Sonne und westlich des Mondes liegt. Und nun möchte sie dich fragen, ob du jemals dort gewesen bist und ihr den Weg weisen kannst, denn sie würde ihn gerne wiederfinden."

"Ja", sagte der Nordwind, "ich weiß, wo er ist. Ich habe dort einmal Espenblätter wehen lassen, aber ich war danach so müde, dass ich viele Tage lang überhaupt nicht mehr blasen konnte. Wenn du aber wirklich dorthin gehen willst, und keine Angst vor mir hast, werde ich dich auf den Rücken nehmen und sehen, ob ich dich dorthin blasen kann.

"Ich muss dorthin", sagte sie, "und wenn es einen Weg gibt, werde ich ihn gehen; ich habe keine Angst, egal wie heftig du wehen wirst."

"Nun gut", sagte der Nordwind, "aber du musst heute Nacht hier schlafen, denn wenn wir jemals überhaupt dort ankommen wollen, müssen wir den Tag vor uns haben."

Der Nordwind weckte sie am nächsten Morgen, blies sich auf und machte sich so groß und stark, dass es schrecklich war, ihm dabei zuzusehen. Dann flogen sie los, hoch oben durch die Luft, als wollten sie erst anhalten, wenn sie das Ende der Welt erreicht hatten. Und was für ein Sturm unter ihnen war! Er riss Wälder und Häuser nieder, und als sie über dem Meer waren, wurden Schiffe zu Hunderten zerstört. Und so reisten sie weiter und weiter, und es verging viel Zeit, und dann noch mehr Zeit, und immer noch waren sie über dem Meer, und der Nordwind wurde müde, und noch müder, und schließlich so sehr ermüdet, dass er kaum noch blasen konnte; er sank herunter, tiefer und immer tiefer, bis er schließlich so tief flog, dass die Wellen gegen die Fersen des armen Mädchens peitschten. "Hast du Angst?", fragte der Nordwind. "Ich habe keine Angst", sagte sie; und das war wahr. Aber sie waren nicht mehr sehr weit vom Land entfernt, und der Nordwind hatte gerade noch genug Kraft, um sie ans Ufer zu werfen, direkt unter die Fenster eines Schlosses, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag; aber dann war er so müde und erschöpft, dass er mehrere Tage ruhen musste, bevor er wieder in sein Haus zurückkehren konnte.



Am nächsten Morgen setzte sie sich unter die Schlossmauern und spielte mit dem goldenen Apfel. Die erste Person, die sie sah, war das Mädchen mit der langen Nase, das den Prinzen heiraten sollte. "Wie viel willst du für deinen goldenen Apfel, Mädchen?", sagte sie und öffnete das Fenster. "Man kann ihn weder für Gold noch für Geld kaufen", antwortete das Mädchen. "Wenn man ihn weder für Gold noch für Geld kaufen kann, mit was kann man ihn dann kaufen? Du kannst alles dafür haben", sagte die Prinzessin.

"Nun, wenn ich zu dem Prinzen gehen und bis heute Abend bei ihm bleiben darf – dann kannst du ihn haben", sagte das Mädchen, das mit dem Nordwind gekommen war. "Abgemacht", sagte die Prinzessin, denn sie hatte eine Idee. Die Prinzessin bekam den goldenen Apfel, aber als das Mädchen in dieser Nacht in die Gemächer des Prinzen ging, schlief dieser, da die Prinzessin dies so eingefädelt hatte. Das arme Mädchen rief und schüttelte ihn, und immer wieder weinte sie; aber er wollte nicht aufwachen. Am Morgen, sobald der Tag angebrochen war, kam die Prinzessin mit der langen Nase zurück und warf das Mädchen wieder hinaus. Daraufhin setzte sie sich noch einmal unter die Fenster des Schlosses und begann mit ihrem goldenen Kamm herumzuspielen; und wieder geschah alles wie zuvor. Die Prinzessin fragte sie, was sie sich dafür wünschte, und das Mädchen antwortete, dass der Kamm nicht käuflich sei, weder für Gold noch für Geld, aber dass sie ihn haben könne, wenn sie die Erlaubnis bekäme, zum Prinzen zu gehen und über Nacht bei ihm bleiben zu dürfen. Aber als sie zum Zimmer des Fürsten hinaufging, schlief dieser erneut, und sie konnte ihn rufen und schütteln, wie sie wollte, er schlief immer weiter, und sie konnte ihn nicht aufwecken. Und als es morgens hell wurde, war auch die Prinzessin mit der langen Nase zurück und warf sie zum zweiten Mal hinaus. Später, als es taghell war, setzte sich das Mädchen zurück unter die Schlossfenster und drehte an ihrem goldenen Spinnrad, bis die Prinzessin mit der langen Nase auch das haben wollte. Sie öffnete das Fenster und fragte, was der Preis dafür wäre. Das Mädchen sagte, was sie bei jeder der früheren Gelegenheiten gesagt hatte – dass sie es weder für Gold noch für Geld verkaufen werde, aber wenn sie die Erlaubnis bekäme, eine Nacht bei dem Prinzen zu verbringen, könne die Prinzessin es haben.

"Gut", sagte die Prinzessin, "der Handel gilt."

Aber im Schloss lebten auch einige Christen, die verschleppt worden waren, und diese waren in der Kammer neben der des Fürsten gesessen und hatten gehört, wie eine Frau dort zwei Nächte hintereinander geweint und gerufen hatte; dies erzählten sie dem Prinzen. Als die Prinzessin an diesem Abend wieder mit ihrem Schlaftrunk kam, tat er so, als ob er ihn trinken würde; tatsächlich aber warf er ihn weg, weil er schon vermutete, was das für ein Getränk war. Als das Mädchen schließlich in das Zimmer des Prinzen kam, war er wach, und sie musste ihm sagen, wie sie hergekommen war. "Du kommst gerade rechtzeitig", sagte der Prinz, "denn ich hätte morgen heiraten sollen; aber ich will die langnasige Prinzessin gar nicht haben, und nur du kannst mich retten. Ich werde sagen, dass ich zuerst sehen will, was meine zukünftige Braut kann, und ihr sagen, dass sie das Hemd mit den drei Tropfen Wachs darauf waschen soll. Sie wird sich damit einverstanden erklären, denn sie weiß ja nicht, dass du es warst, der sie darauf fallen ließ; tatsächlich aber kann niemand sie auswaschen, außer jemand, der dem Christentum entstammt; niemand, der mit den Trollen unterwegs war, könnte das schaffen; und dann werde ich sagen, dass nur diejenige jemals meine Braut sein kann, die dies kann – und ich weiß, dass du es kannst". In dieser Nacht herrschte große Freude und Fröhlichkeit zwischen ihnen, aber am nächsten Tag, als die Hochzeit stattfinden sollte, sagte der Prinz: "Ich muss zuerst sehen, was meine Braut kann. "Das solltest du tun", sagte die Stiefmutter.

"Ich habe ein edles Hemd, das ich zur Hochzeit tragen möchte, aber es sind drei Tropfen Wachs darauf gekommen, die ich ausgewaschen haben möchte; und ich habe geschworen, niemanden zu heiraten außer der Frau, die dazu in der Lage ist. Wenn die Prinzessin das nicht kann, ist sie es nicht wert, dass ich sie heirate."



Nun, alle dachten, das sei eine Kleinigkeit, und stimmten zu. Die Prinzessin mit der langen Nase begann, das Hemd so gut wie möglich auszuwaschen, aber je mehr sie daran rieb, desto größer wurden die Flecken. "Ach! Du kannst ja gar nicht waschen", sagte die alte Trollhexe, die ihre Mutter war. "Gib es mir." Aber auch sie hatte das Hemd noch nicht lange in der Hand gehabt, bis es noch schlimmer aussah, und je mehr sie daran rieb, desto größer und schwärzer wurden die Flecken.

Dann mussten die anderen Trolle kommen und es waschen, aber je mehr sie es bearbeiteten, desto schwärzer und hässlicher wurde das Hemd – bis es schließlich so schwarz war, als ob es durch den Kamin gezogen worden wäre. "Oh", rief der Prinz, "ihr könnt ja alle überhaupt nichts! Vor dem Fenster sitzt ein Bettlermädchen, und ich bin mir sicher, dass sie besser waschen kann als jeder von euch! Komm rein, du Mädchen da!", rief er. Also kam sie herein. "Kannst du dieses Hemd sauber waschen?", rief er. "Oh! Ich weiß nicht", antwortete sie, "aber ich werde es gern versuchen." Und kaum hatte sie das Hemd genommen und ins Wasser getaucht, war es weiß wie frischer Schnee. "Dich werde ich heiraten", sagte der Prinz.

Da geriet die alte Trollhexe in eine solche Wut, dass sie platzte, und auch die Prinzessin mit der langen Nase und all die anderen kleinen Trolle müssen geplatzt sein, denn man hat nie wieder von ihnen gehört. Der Prinz und seine Braut befreiten alle gefangenen Christen, nahmen so viel Gold und Silber mit, wie sie tragen konnten, und verließen das Schloss, das östlich der Sonne und westlich des Mondes lag.

Aus: Asbjornsen und Moe.

Das blaue Märchenbuch

Подняться наверх