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Teleologie als Methode?

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In Folge der Auseinandersetzungen mit den Thesen des Intelligent Design rückte das umstrittene Verhältnis von Biologie zur Teleologie erneut in den Fokus. Die Teleologie gilt als „… die Lehre von den Zwecken und zielgerichteten Prozessen“ (TOEPFER 2005a, 36). Auch in einer naturalistisch geprägten Biologie ist die Verwendung einer teleologischen Sprache gängige Praxis und offenbar unumgänglich. Die Voraussetzung von Zweckmäßigkeit (die man jedoch streng von wirklicher Zwecksetzung als intentionalen, willentlichen Prozess der Zielvorgabe abgrenzen will) ist nach TOEPFER für die Erforschung der Organismen und ihrer Wechselbeziehungen konstitutiv. Das heißt: Das (auch nur teilweise) Verständnis eines Organismus ist ohne die Kategorie der Zweckmäßigkeit nicht möglich. Man kann z. B. die Tätigkeit des Herzens nicht angemessen beschreiben und verstehen, ohne einen Zweck ins Spiel zu bringen. Gleichzeitig wird betont, dass im Rahmen der naturalistisch bestimmten Naturwissenschaft diese Zweckmäßigkeit „… zwar zum Bestimmungsgrund, damit aber nicht zur realen Ursache des betreffenden Gegenstandes“ (TOEPFER 2005a, 50) erhoben werden kann. Das heißt: Der Zweck des Herzens als Pumporgan wird nicht als Ursache der Entstehung des Herzens eingeführt. Somit wird die Funktion von Teleologie allgemein als methodisch notwendig für die Beschreibung lebender Systeme akzeptiert; die Mehrzahl der heutigen Biologen distanziert sich jedoch deutlich von einer rational ebenso begründeten realen Teleologie, die eine zwecksetzende Entstehungsursache der Organismen postuliert (z. B. einen Schöpfer) oder eine Ausrichtung aller Elemente des Universums auf Ziele hin annimmt (z. B. teleologische oder theistische Evolutionstheorien). Begründet wird diese Position nicht aufgrund des biologisch verfügbaren Datenmaterials oder Wissens, sondern weil sie mit einem naturalistischen Weltbild nicht vereinbar ist (da sie einen Akteur voraussetzt) und daher nur ateleologische Ursprungsmodelle zugelassen werden. TOEPFER begründet den dominierenden Konsens so:

„Abgelehnt werden diese Formen der Teleologie, weil die bestehenden Modelle zur kosmischen Genese und organischen Evolution als hinreichende Erklärung der anorganischen Veränderung und organischen Höherentwicklung gelten und weil keine zielgebenden Faktoren identifiziert werden konnten – und weil diese darüber hinaus einen fraglichen Status in einem naturwissenschaftlichen Weltbild hätten, das ohne einen planenden Schöpfergott auskommen will“ (TOEPFER 2005a, 37).

Die Gründe, welche hier aufgeführt werden, um eine universelle Teleologie als möglichen Erklärungskontext wissenschaftlicher Fragestellungen auszuschließen, basieren also erstens auf der Überzeugung, dass die heutigen Vorstellungen über eine natürliche Entwicklung des Kosmos und des Lebens hinreichende Erklärungen bieten. Zweitens auf der Vorstellung, dass nur rein naturwissenschaftliche Erklärungen akzeptabel sind, während es mit den Methoden der Naturwissenschaft nicht möglich ist, teleologische Zusammenhänge zu beschreiben; und drittens, damit eng verbunden, auf dem Bekenntnis zu einer vermeintlich „naturwissenschaftlichen“ (in Wirklichkeit: naturalistisch-reduktionistischen) Weltanschauung, welche sonst zur Disposition stünde. Während die beiden zuletzt genannten Argumente TOEPFERS offensichtlich weltanschaulicher Natur sind, beruft sich das erste auf einen angeblichen Erfolg naturwissenschaftlicher Modellierungen in Ursprungsfragen. Hier lässt sich eine per se nichtnatürliche Handlungsursache aber nur dann als unnötig erweisen, wenn die favorisierten, natürlichen (ateleologischen) Evolutionsmodelle ihren Anspruch, hinreichende Erklärungen der „anorganischen Veränderung und organischen Höherentwicklung“ zu liefern, tatsächlich umfassend einlösen könnten. Das ist aber keineswegs der Fall, auch wenn dies – wie bei HEMMINGER oben gezeigt – permanent behauptet wird (vgl. dazu HEILIG & KANY 2011 sowie den Beitrag „Gibt es eine naturwissenschaftliche Evolutionstheorie?“ in diesem Band).

Schöpfung ohne Schöpfer?

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