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3. Methoden zum Einsatz des Reiss Profiles in Teamentwicklungsprozessen

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Generelle Vorgehensweise beim Einsatz des Reiss Profiles im Teamentwicklungsprozess

Der Einsatz des Reiss Profiles im Rahmen eines Teamentwicklungsprozesses braucht bestimmte Voraussetzungen und Abläufe, die den Fokus auf den (inhaltlichen und zeitlichen) Prozess der Gesamtmaßnahme legen. In der Regel stellt sich der Ablauf aus Beratersicht folgendermaßen dar:





Anlass: Veränderungen in der Zusammensetzung des Teams und besseres Kennenlernen der Teammitglieder

Hierbei handelt es sich um einen der häufigsten Anlässe für den sinnvollen Einsatz des Reiss Profiles. Generell erhalte ich in diesem Zusammenhang Anfragen, die ein vertieftes Kennenlernen der Teammitglieder zum Ziel haben. Viele Führungskräfte wissen nicht, was sie – neben dem abendlichen Zusammensein der Teilnehmer – tun können, um das gegenseitige Kennen und Verstehen zu fördern. Im Alltag ist dafür nicht genügend Raum vorgesehen; es werden höchstens Kegel- oder Grillabende und eventorientierte Veranstaltungen (Floß bauen, Kart fahren, Klettern …) geplant. Diese habe zumeist reinen Spaß-Charakter, womit die Auseinandersetzung mit den Persönlichkeiten der anderen Teammitglieder dem Zufall überlassen bleibt.

Hier setzt nun der systematische Teamentwicklungsprozess an, wie er zuvor skizziert wurde. Im Folgenden werde ich mögliche Methoden-Elemente aus der Phase 3 (Durchführung der Teamentwicklung) genauer beschreiben, um einen Überblick darüber zu geben, welche Vorgehensweisen sinnvoll sind. Dabei gehe ich von einer Teamgröße von 8 bis 15 Mitgliedern aus. Der Einsatz der nachfolgend aufgeführten Methoden setzt voraus, dass jeder Teilnehmer sein Reiss Profile kennt. (In der Tabelle ist das Wort »Teilnehmer« durch TN abgekürzt.)




Anlass: Konfliktsituationen

Typische Konfliktsituationen lassen sich häufig auf unterschiedliche Grundbedürfnisse von Menschen zurückführen. Steven Reiss hat dieses Konzept Self-hugging (Reiss 2008) genannt, was sich am einfachsten mit Selbstbezogenheit übersetzen lässt (Brand / Ion 2008, 67 ff.). Self-hugging beschreibt die Tendenz von Menschen,

∎ die eigenen Motive für die besten und vernünftigsten zu halten;

∎ anzunehmen, dass diese auch für alle anderen gelten;

∎ den Versuch zu unternehmen, die anderen von den eigenen Werten zu überzeugen.

Es besteht die Gefahr, aus dieser Selbstbezogenheit heraus nicht verstehen zu können (zu wollen), dass andere wirklich anders sind. Das führt dazu, die gegenläufigen Grundwerte und somit die entsprechenden Personen abzuwerten.

Damit sind z. B. Konflikte zwischen hoch introvertierten (niedriges Beziehungsmotiv) und sehr geselligen (hohes Beziehungsmotiv) Teammitgliedern vorprogrammiert. Die Geselligen können oft nicht verstehen, dass andere kein Interesse am abendlichen Bierchen oder gemeinsamen Mittagessen haben. Haben sich erst solche Konflikte zwischen Teammitgliedern entwickelt und manifestiert, sind sie im Rahmen von Teamentwicklungen nur schwer zu thematisieren und zu lösen. Im Folgenden einige Methoden-Elemente, die zur Konfliktklärung eingesetzt werden können:



Anlass: Regelmäßige Strategie-Klausuren mit Fokus auf Aufgaben und Zusammenarbeit innerhalb der Abteilung

Eine Reihe von Abteilungen / Bereichen meiner Kunden führt regelmäßige, das heißt vom Anlass unabhängige Teamworkshops durch, zumeist im Abstand von einem Jahr. Diese enthalten sowohl wiederkehrende Elemente (z. B. Strategie und Zielplanung für das kommende Jahr / Reflexion der Zusammenarbeit im ablaufenden Jahr) als auch situative Elemente (z. B. Einführung oder Verabschiedung von Team-mitgliedern). Hier haben wir insofern eine besondere Situation, als das Reiss Profile nicht neu eingeführt wird, sondern ab dem 2. Jahr als bekanntes Tool vorhanden ist. So können sich die Teilnehmer auf Bekanntes beziehen. Gleichzeitig wird die Kenntnis der Motive über die Zeit hinweg vertieft und kann auf andere Bereiche der Zusammenarbeit (z. B. mit anderen Teams) transferiert werden. Die folgende Übung bezieht sich auf die Einführung neuer Aufgaben im Rahmen von Strategie- bzw. Zielveränderungen für das Team:


Anlass: Teamentwicklung in einem virtuellen Team

Grundsätzlich lassen sich in Teamentwicklungen mit virtuellen Teams (Teams, die über mehrere Standorte verteilt sind) eine Reihe von Übungen einsetzen, wie sie im Abschnitt Veränderungen in der Zusammensetzung des Teams beschrieben sind. Geht es doch vor allem darum, den Menschen kennen und verstehen zu lernen und eine Basis dafür zu schaffen, dass die Leistungspotenziale der Einzelnen abgerufen und ohne länger dauernde Macht- und Positionierungskämpfe eingebracht werden können. Doch auch in Phasen der Konfliktklärung ist der Einsatz des Reiss Profiles im Rahmen einer Teamentwicklung besonders sinnvoll.

Stabenow und Stabenow (2010) beschreiben in ihrem Entwicklungsphasen-Modell für virtuelle Zusammenarbeit die Bedeutung eines solchen Workshops und weisen auch darauf hin, dass hier weder Kosten- noch Aufwandsüberlegungen im Wege stehen dürfen, ein solches Treffen zu verhindern. Sie fokussieren auf die Bedeutung eines Face-to-face-Teamtreffens im weiteren Verlauf der Entwicklung, genauer gesagt im dritten von vier definierten Entwicklungsschritten, der sogenannten Klärungsphase.

Virtuelle Teams leiden häufig unter Missverständnissen in der Kommunikation (vgl. Kostner 2002). Klare Regeln zum Umgang mit Kontakten, Mails, Aufgaben und vereinbarten Maßnahmen fehlen häufig. Deshalb ist besondere Aufmerksamkeit auf die Motive zu legen, die verbunden sind mit …

∎ … dem Aufstellen und Einhalten von Vereinbarungen (Motive Ordnung, Unabhängigkeit, Ehre),

∎ … der Art und Weise der Kommunikation (Motive Beziehungen, Ordnung) und Konfliktklärung (Motiv Rache / Kampf),

∎ … und mit Eigeninitiative, Entscheidungsfreude und Durchsetzungsvermögen (Motiv Macht, Rache / Kampf, Emotionale Ruhe).

Je nach eigener Analyse des Workshop-Leiters können aus den oben genannten sieben Motiven die wesentlichen drei bis fünf ausgewählt werden, die für das Team besonders wichtig und erfolgskritisch erscheinen. Diese können dann in folgender Übung bearbeitet werden, entweder nur für das Thema »Umgang mit Regeln und Vereinbarungen« und / oder für das Thema »Umgang mit Kommunikation«, und / oder für das Thema »Umgang mit Aufgabenverteilungen und Entscheidungen«.


Natürlich können hier auch andere Übungen gemacht werden, insbesondere die Teamübungen 1 bis 5.

Allgemeine Hinweise zum offenen Umgang mit individuellen Reiss-Profile-Ergebnissen in Teamentwicklungen

Einen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf der Teamentwicklung hat die Frage, ob die individuellen Ergebnisse der Teilnehmer im Team-workshop gezeigt werden dürfen. Interessanterweise habe ich hier die Erfahrung gemacht, dass eher Teams mit Mitarbeitern aus dem Bereich der Personalentwicklung kritisch mit der internen Veröffentlichung im Team umgehen.

Meine Erfahrungen zeigen: Je später eine Frage gestellt wird, desto leichter ist sie zu lösen. Wird das Thema bereits im Kick-off-Meeting vor dem eigentlichen Workshop thematisiert, ist der Teambildungsprozess oft noch nicht so weit fortgeschritten, dass alle Teilnehmer der Veröffentlichung zustimmen. Im Übrigen ist es häufig eine Frage des »Wie«: Das Aufhängen der individuellen Reiss Profiles im Workshop an einer Pinnwand ist weniger kritisch als die Integration der Profiles in das Workshopprotokoll. Häufig lässt sich anhand der – offen geführten – Diskussion über Sinn und Unsinn der Veröffentlichung eine Veränderung des Umgangs damit erreichen. Generell habe ich die Erfahrung gemacht, dass letztlich in maximal fünf Prozent der Workshops eine Sichtbarmachung der Reiss Profiles unterbleibt bzw. den Teilnehmern eigenverantwortlich überlassen bleibt.

Zur Unterstützung dieses Denk- und Einstellungsprozesses bietet es sich an, eine Übung zur impliziten Motivbewertung durchzuführen, auf deren Basis die Diskussion um die Sichtbarmachung der einzelnen Reiss Profiles der Teammitglieder neue Impulse bekommen kann:


Eine weitere Möglichkeit besteht darin, sich auf eine Gruppe von für das Team besonders relevanten Motiven zu einigen, deren Ergebnisse veröffentlicht werden. Damit können – je nach Team- und Unternehmenskultur – bestimmte heikle Motive ausgelassen werden (z. B. Essen, Schönheit, Körperliche Aktivität, Idealismus, Familie). Manchmal fallen einem solchen Ausschlussprozess allerdings auch nützliche, businessorientierte Motive (z. B. Status) zum Opfer. Welche Motive letztlich veröffentlicht werden, steht meines Erachtens nicht im Vordergrund. Wichtiger als die Businessrelevanz der ausgewählten Motive ist, dass damit offener über einige wesentliche Bedürfnisse gesprochen werden kann, die die Zusammenarbeit entscheidend beeinflussen (das mag auf meine hohe Ziel- / Zweckorientierung zurückzuführen sein).

Die 16 Lebensmotive in der Praxis

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