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Der Chancen-Blick

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Um als Läufer erfolgreich zu sein, können Sie einfach auch mehr trainieren und Ihre Laufleistung Jahr für Jahr um 5 Prozent steigern. Auch das kann Sie im Laufe der Jahre enorm erfolgreich machen. Schafe jagen und Gummistiefel anziehen ist bestimmt kein Erfolgsrezept. Und ich empfehle Ihnen nicht, Ihre Firma besser zu führen, indem Sie in Hausschuhen zum Meeting gehen und dort Trillerpfeifen blasen. Auch wenn solche magischen Momente wie der in Melbourne 1983 so faszinierend wie unerklärlich für alle Außenstehenden sind: Es geht nicht darum, einfach nur verrücktzuspielen, einfach nur anders zu sein als alle anderen.

Wer versucht anders zu sein als alle anderen, orientiert sich doch genauso wie all die Mitläufer am Mainstream – nur eben andersherum. Anders zu sein kann eine Alleinstellung verleihen, Aufmerksamkeit generieren, und wenn man es geschickt anstellt, die Grundlage für reichlich Erfolg sein. Keine Frage.

Aber mir geht es hier um etwas anderes: nicht um Erfolg durch lineare Steigerung und nicht um Erfolg durch eine Anti-Gewöhnlichkeits-Strategie. Beides ist gut und richtig, und zu beidem wurden schon genug Bücher geschrieben, auch von mir selbst. Ich meine hier eine andere Spezies: Glückskinder. Wie Cliff Young. Die machen nicht mehr vom Gleichen und die machen nicht alles anders. Denen ist es nämlich völlig egal, wie man das so macht, was Usus ist, wie es geht, wie es gelehrt wird, wie es zu funktionieren hat.

Wer sich wie ich fragt, wie es sein kann, dass manchen Menschen ein Durchbruch gelingt, wo alle anderen nur eine unüberwindbare Mauer sehen, muss näher hinschauen, in die Leute hineinschauen, um zu verstehen, WARUM sie tun, was noch keiner vor ihnen getan hat.


Wieso schert es sie keinen Deut, was die anderen denken? Wie die anderen sie belächeln und vielleicht sogar auslachen, nur weil sie sich nicht an die unausgesprochenen Regeln halten? Solche Menschen sind offensichtlich vor allem eines: fokussiert. Sie leben in diesen magischen Momenten radikal aus dem Inneren heraus. Handeln vollkommen klar nach ihrer inneren Überzeugung und sind völlig frei von äußeren sozialen Zwängen und inneren Bremsen.

Und sie machen sich frei von ihrer eigenen Geschichte, von der Geschichte aller. Hab ich noch nie gemacht? Kein Problem. Hat noch nie irgendjemand gemacht? Okay, na und?

Durch diesen unbeirrbaren Fokus haben diese besonderen Menschen einen naiven kindlich-einfachen Blick für die Lücke in der Mauer, anstatt auf die pure Masse der Steine zu starren. Tests belegen, dass bei einer schier unausweichlichen Kollision diejenigen Autofahrer die höchsten Überlebenschancen haben, die sich gerade nicht auf ein plötzlich entgegenkommendes Fahrzeug konzentrieren, sondern auf die rettende Lücke.

Glückskinder haben diese Fähigkeit entweder in die Wiege gelegt bekommen oder erlernt, auf jeden Fall aber perfektioniert: Sie sind durch und durch lösungsorientiert, weit über die Grenzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung hinaus, weil sie sich nur für die Lösung und für sonst gar nichts interessieren.

»Never change a running system« – wenn sich wirklich alle an diese Binsenweisheit der IT-Welt gehalten hätten, dann wäre der PC gar nicht erst erfunden worden. Der Marktgigant IBM glaubte nämlich lange Jahre nur an den Computer als aufwendige Firmenlösung. Ein preiswerter Heimrechner für den Massengebrauch – so etwas war doch allenfalls die lächerliche Idee einiger Spinner. Apple, ein verschrobenes Start-up mit einem bunten angebissenen Apfel als Markenzeichen, erntete zwar ab 1977 erste kommerzielle Erfolge mit solch einem seltsamen Produkt. Doch davon ließ sich die Chefetage des marktbeherrschenden Giganten noch lange nicht irritieren. Es brauchte schon eine kleine Verschwörung, um 1980 im IBM-Forschungslabor in Boca Raton an der legendären Bürokratie des IT-Riesen vorbei den Personal Computer zu entwickeln. 1981 wurde der IBM 5150 PC vorgestellt. Gerade mal auf 250 000 Exemplare bezifferten die Vertriebsfachleute den möglichen Absatz. Es wurde ein Siegeszug – wider alle Prognosen.

Die Zukunft ist eben niemals die lineare Fortsetzung von Vergangenheit und Gegenwart. Trotzdem: Wir alle lieben doch die Linearität! Ich ja auch. Sie funktioniert einfach. Nicht umsonst sorgen wir dafür, dass unser Lebenslauf glatt und perfekt aussieht beim Bewerbungsgespräch, alle Veränderungen im Leben sollen im Nachhinein so aussehen, als wenn sie ursprünglich geplant gewesen wären. Das Leben läuft zwar nicht so – und jeder weiß es –, aber der Hang zur Linearität ist in uns so mächtig, dass wir sie lieber konstruieren als auf sie zu verzichten. Die Chancen im Leben kommen aber nicht aus dem Linearen! Mehr vom Gleichen ergibt einfach nur mehr vom Gleichen.


Natürlich brauchen wir die Gewohnheit, die stillschweigenden Verabredungen, die Zwänge und Bindungen unserer Geschichte und unserer Gemeinschaft. Keine Frage. Denn wenn es nur noch Durchbrüche gäbe, nur noch nichtlineare Sprünge, dann hätten wir nichts als Chaos. Aber bisweilen müssen wir die Linearität zerstören. Wir sind so. Ein paar Mal im Leben genügt, aber ab und zu brauchen wir einen Durchbruch, sonst schmeckt das Leben fad.

Der Moment des Durchbruchs, der totalen Verwirrung, des dekonstruierten Musters, ist der Moment der totalen Freiheit. Das sind vielleicht die einzigen Momente, die wirklich lebenswert sind. Das soll nicht heißen, dass Sie alles auf den Kopf stellen sollen um des Aufden-Kopf-Stellens wegen! Aber ab und zu ein kleines Chaos, um neue Kraft zu schöpfen, um alle Akkus wieder aufzuladen, um noch mal etwas von vorne zu beginnen … Ist es nicht unsere Pflicht, die lineare Lebenskette vielleicht zehnmal im Leben zu durchbrechen?

Die Karriere-Schmiede

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