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Beim Arbeitsdienst

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Niemals vorher hätte ich geglaubt, dass ich einmal so gerne meinen Arbeitsdienst antreten würde. Aber ich brauchte einfach eine neue Umgebung und wollte vergessen können. Die letzten Tage hatten mich so geschockt, dass ich mich darauf freute, Berlin für einige Zeit verlassen zu können. Mein Arbeitsdienstlager war in Segendorf, 12 Kilometer von Neuwied im Rheinland, am Rande des Westerwaldes. Es war wunderschön auf einer Anhöhe am Waldrand gelegen. Unsere Arbeitsaufgabe bestand darin, ein Waldstück zu roden und nutzbares Ackerland daraus zu machen.

Es war eine Arbeit, die nicht leicht war, aber dennoch Spaß machte. Wir waren den ganzen Tag in der frischen Luft und bekamen einen guten Appetit, woran es mir bis dahin meistens gefehlt hatte. Zugleich wurden wir auch militärisch geschult, wenn auch nur mit dem Spaten, aber Disziplin musste sein. Für viele von uns war es sicherlich kein Fehler, ein wenig Ordnung zu lernen. Mir fiel das allerdings ziemlich leicht, und so wurde ich schließlich sogar als Vorbild wegen meiner Schrankordnung und meines Bettenbaus hingestellt. Die ganze Abteilung, und das waren immerhin 160 Mann, musste meinen Schrank und meinen Bettenbau besichtigen und ich war bald im ganzen Lager bekannt. Dies stärkte schon mein Selbstvertrauen und tat mir sichtlich gut. Wahrscheinlich lag es an meinem Beruf, denn als Dekorateur war ich gewohnt, alles exakt und dekorativ zu gestalten.

Ich konnte jedoch noch einen weiteren Titel erwerben. Jeden Morgen wurden fünf Männer zum Kartoffelschälen in die Küche abkommandiert, sodass jeder einmal mit dieser Arbeit drankam. Da ergab es sich fast von selbst, dass man den schnellsten Kartoffelschäler ermitteln wollte. Jeder musste zehn etwa gleich große Kartoffeln schälen, wobei die Zeit gestoppt wurde. Obwohl ich gar nicht damit gerechnet hatte, konnte ich mir den Titel als Meister im Kartoffelschälen holen. Wenn dieser Titel auch kein ruhmreicher war, so durfte ich doch feststellen, dass ich dadurch so manche Vergünstigung hatte. Ich gehörte sogar zu den zehn Auserwählten, die zu Weihnachten fünf Tage in Urlaub fahren durften, was ich natürlich auch gerne in Anspruch nahm. So traf ich am Abend des 23. Dezembers an meinem zwanzigsten Geburtstag in Berlin ein und konnte zusammen mit meinem Bruder Werner bei meinem Stiefbruder Willy und seiner Familie sowohl meinen Geburtstag als auch das Weihnachtsfest feiern. Damals wusste ich noch nicht, dass es die letzte Feier in Berlin sein sollte. Am 27. Dezember musste ich wieder zurückfahren und hatte mich schnell wieder eingelebt. Doch meine Zeit im Arbeitslager verging sehr schnell und ich war froh, als ich am 1. April wieder im Zug saß und Berlin in Sicht war.

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