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Kriegshilfen

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Manchen Familienvater an der Front quälte die Not von Frau und Kindern in der Heimat mehr als die ständige Lebensgefahr in den Schützengräben. Die Werksleitungen der GHH erreichte eine große Zahl von Bittbriefen. Nur ein Beispiel sei ausgewählt: Ende 1915 erkundigte sich ein Unteroffizier, vor dem Krieg Maschinist im Werk Neu-Oberhausen, voller Sorge nach dem Schicksal seiner vier Kinder, das älteste davon neun Jahre. Die Versorgung der Zivilbevölkerung war anscheinend schon zu Beginn des zweiten Kriegswinters so schlecht, dass die Frau ihrem Mann einen verzweifelten Brief geschrieben hatte. Die Werksleitung stellte nach eingehender Prüfung des Falles fest, dass Neu-Oberhausen der Frau eine Krieger-Unterstützung von monatlich 23 Mark zahle, ferner einen Mietzuschuss von acht Mark. Zweimal habe sie eine zusätzliche Unterstützung von 20 Mark erhalten. „Auch haben wir Weihnachten eines ihrer Kinder beschert.“ Die Frau habe sich mehreren Unterleibsoperationen unterziehen müssen. Die Kosten für die erste Operation in Höhe von 26 Mark habe ihr der Arzt bis nach dem Krieg gestundet, die Rechnungen für die weiteren Operationen habe die Armenverwaltung übernommen. Für die Kleidung ihrer Kinder habe sie 43 Mark Schulden gemacht, diese werde das Werk begleichen.

„Die Frau macht einen ordentlichen Eindruck, sie scheint aber etwas hysterisch veranlagt zu sein, denn es liegt kein Grund vor, dass die Frau verzweifelt, da ihre Verhältnisse geordnete sind. […] Gleichzeitig haben wir sie gebeten, ihrem Mann solche Klagebriefe nicht mehr zu schreiben und ihn nicht ganz unnötigerweise aufzuregen.“21

Eine Abschrift dieses Schreibens erhielt der Vorgesetzte des besorgten Unteroffiziers an der Front. Für die Familie würde ausreichend gesorgt, „wie es überhaupt Gepflogenheit der Gutehoffnungshütte ist, überall dort helfend einzuspringen, wo eine besondere Notlage Hülfe notwendig macht.“ Für den Unteroffizier liege also kein Anlass vor, „über das Schicksal seiner Familie beunruhigt zu sein“.22

Sofort mit Kriegsbeginn hatte die GHH der Belegschaft bekannt gegeben, dass die zum Kriegsdienst Eingezogenen sich keine Sorgen über ihre Familien machen sollten. Witwen- und Waisengeld würde für die Hinterbliebenen der Gefallenen genauso bezahlt wie bei Arbeitsunfällen. Die Familien dürften in den Werkswohnungen bleiben, und zwar mietfrei. Die Familien der einberufenen Arbeiter erhielten auch ab 1. September 1914 eine monatliche Unterstützung – Höchstgrenze 46 Mark monatlich bei zehn Kindern. Die Familien der einberufenen „Beamten“, in heutiger Ausdrucksweise also der Angestellten, erhielten drei Monate lang das volle Gehalt, dann zwischen 40 und 80 Prozent je nach Kinderzahl.


Abb. 3: Speisezettel der Kriegsgefangenen 1917

Geschäftsjahr Mietbeihilfe Kriegsunterstützung
1914/​15 183.402 710.892
1915/​16 334.782 1.078.144
1916/​17 305.213 928.133
1917/​18 179.581 541.145

Tabelle 3: Gesamtaufwendungen für die Kriegsunterstützung der Familien von einberufenen Arbeitern bei der GHH 1914 bis 191823

Warum in den letzten beiden Kriegsjahren, als die Not am größten war, die Zahlungen zurück gingen, bleibt eine offene Frage. Zum Vergleich die Handlungsspielräume des Spitzenmanagements: Im November 1916 kaufte Paul Reusch, der Vorstandsvorsitzende der GHH, das Schloss Katharinenhof bei Backnang in Nord-Württemberg mit dem großen umgebenden Park für 215.000 Mark.24

Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 3

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