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Kundenzentrierung

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Da Geschäftsprozesse nur dann effektiv und effizient gestaltet werden können, wenn die Kundenerwartungen bekannt sind, ist es essenziell, die aktuellen Kundenbedürfnisse zu ermitteln. Dies ist natürlich in keinster Weise eine Besonderheit von agilen Unternehmen. Wie in Kapitel 3.1 vorgestellt, ist die Markt- und Kundenorientierung ein generelles Gestaltungsziel von Organisation. Es dürfte kaum ein Unternehmen geben, das nicht von sich behauptet, kundenorientiert zu sein bzw. sein zu wollen. Doch wird der Kundenfokus sowie die Geschwindigkeit, mit der individuelle und dynamische Kundenbedürfnisse antizipiert und in marktfähige Produkte und Leistungen umgesetzt werden, in der VUCA-Welt zum entscheidenden Erfolgsfaktor (vgl. Kapitel 1). Denn immer anspruchsvollere und volatilere Kundenanforderungen gehen einher mit kürzeren Innovations- und Produktlebenszyklen, die Flexibilität im Denken und Handeln der Organisationsmitglieder erfordern.

Gefragt sind schnelle Reaktion, kreatives, flexibles kundenorientiertes Agieren, ohne die operationale Exzellenz aus den Augen zu verlieren. Dementsprechend spielen die Analyse von Kundenbedürfnissen, das regelmäßige Einholen von Kundenfeedback und die kontinuierliche Anpassung an neue Erkenntnisse über die Kundenwünsche eine sehr große Rolle in agilen Projekt- und Prozessmanagementansätzen (vgl. Kapitel 6). Anforderungen werden in User Stories formuliert, es werden Customer Journeys analysiert und optimiert und in manchen Unternehmen (z. B. AMAZON) steht gar in jedem Meeting ein freier Stuhl als Erinnerung dafür, sich jede Entscheidung auch aus der Perspektive des Kunden zu betrachten. Eine besonders exponierte Stellung kommt der Kundenzentrierung dabei im Rahmen von Design Thinking zu. Das Besondere in agilen Organisationen ist also nicht die Kundenausrichtung an sich, sondern das Maß der Kundenfokussierung.

Gerade auch in agilen Unternehmen wird gerne mit einfachen Instrumenten zur Messung der Kundenzufriedenheit, wie z. B. dem NPS (Net Promoter Score), gearbeitet. Untersuchungen zeigen, dass die Umsätze bei Unternehmen mit einem vergleichsweise hohen NPS rund 2,5-mal schneller steigen als bei ihren Wettbewerbern.70 Voraussetzung für diesen Erfolg ist jedoch, dass die zugrunde liegenden Wertströme und Unternehmensprozesse auf die Kundenerwartungen ausgerichtet sind und permanent an diese angepasst werden können. Denn all das Messen „nützt nichts, wenn dieses Ergebnis dann im Vorstandsschreibtisch verschwindet.“71

In agilen Prozessen liefern validierte Informationen über die wirklichen Kundenbedürfnisse die Entscheidungsgrundlage dafür, welche Aufgaben wertschöpfend sind und auf welche Aktivitäten verzichtet werden kann. Hier zeigt sich wiederum die Nähe zu Lean (vgl. Kapitel 2.3), dessen Grundhaltung es ist, kundenorientierte Wertschöpfung ohne Verschwendung zu schaffen. Es gilt der klassische Spruch von PETER DRUCKER: „Nichts ist weniger effizient, als etwas effizienter zu machen, was überhaupt nicht gemacht werden sollte.“

Organisatorisch gliedern sich die Prozesse folglich meist nach dem sogenannten Kunde-zu-Kunde- bzw. End-to-end-Prinzip, mit einer ganzheitlichen und idealerweise „fallabschließenden“ Vorgangsbearbeitung (vgl. Kapitel 3.2). Die Prozess- und Ergebnisverantwortung wird durch cross-funktional zusammengesetzte Teams möglichst eigenständig wahrgenommen (vgl. Kapitel 4.3). Prozessverantwortliche bzw. Process Owner sind dadurch – ähnlich der Rolle eines Product Owner (vgl. Kapitel 6.3) – in der Lage, die Sicht des Kunden einzunehmen und für die Kundeninteressen einzustehen. Sie können, falls nötig, gegenüber den Prozessbeteiligten als „Anwalt des Kunden“ auftreten und argumentieren – eine mächtige Stimme, für deren Durchsetzung es idealerweise keine hierarchische Macht braucht. Schließlich bestimmt der Kunde über den Prozesserfolg.72 Das ermöglicht einerseits, dass Kundenerwartungen und -feedbacks schnell und flexibel aufgegriffen werden können, erfordert aber andererseits Standards im Sinne eines stabilen Rahmens, damit die Effizienz nicht auf der Strecke bleibt (vgl. Kapitel 4.4).73

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